01.12.06

Skandalisierungen und Skandalisierer

ÜBER STANDPILZGERICHTE

Die Geschichte der Eurofighter-Beschaffung ist hier gut nachzulesen, und auf jener Webseite werden auch in einem Forum aktuelle Entwicklungen diskutiert. Wer sich dafür brennend interessiert, die/den kann ich also beruhigt weiterverweisen :-)

Ich werde mir sicher keine Vertragsdetails reinziehen, bin jedoch durch die Skandalisierung aufgeschreckt, die nun einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Alles dreht sich um eine Mail aus dem Finanzministerium, deren Wortlaut nachzulesen ist. Darin heisst es z.B.: HBM wünscht zwischen Euch und mir koordinierte, d.h. ausgearbeitete Einleitungsspeakingnotes zu folgenden Themen (max. 2-3 Seiten) pro Thema:
1.) Beweisthema 1. Vorbereitung der Nachfolgebeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen
2.) Beweisthema 2: Typenentscheidung (inkl. Bewertung)
3.) Beweisthema 3: Vertragsverhandlungen und Budgetbeschluss
4.) Beweisthema 4: Vorgänge nach Vertragsabschluss
Weiters soll ich als Hintergrundinfo meine "dicke" Unterlage an die Beweisthemen anpassen.


Wer des öfteren Konferenzen besucht oder zu Runden Tischen in Ministerien eingeladen war, hat da die Assoziation, dass bei solchen Anlässen präsentierte Inhalte wohl auch "koordiniert" und an ausgeteilte Unterlagen "angepasst" werden, da man ja informieren und nicht verwirren will. Ähnlich kann auch gedacht werden, wenn zu einer Monstermaterie in einem U-Ausschuss Stellung genommen wird. Es müßte Miniminiressorts geben, wenn MinisterInnen alles im Kopf hätten, das ihren Bereich betrifft. So aber sind PolitikerInnen darauf angewiesen, dass einiges für sie aufbereitet wird (im kleinerem Maßstab auch Praxis in den Parlamentsklubs, ergo auch für Peter Pilz eine übliche Arbeitsmethode)

Von derlei Nüchternheit ist der "Aufdecker" Peter Pilz, hier fatalerweise auch noch Ausschußvorsitzender, jedoch weit entfernt, und in seinem Schlepptau agiert Werner Kogler ähnlich (der immer schon Vorbildern nacheiferte). Finanzminister Karl-Heinz Grasser lud gestern zur spontan einberufenen Pressekonferenz und bezeichnete das Vorgehen von Pilz. aus dieser Mail Zeugenbeeinflussung und Absprachen abzuleiten, als "Frechheit" und behielt sich rechtliche Schritte gegen Pilz vor. Der Beamte, der die Mail an Pilz weitergab, hat mit Disziplinarmaßnahmen zu rechnen, die sicher irgendeine formale Grundlage haben, jedoch die Aufbauschung der Mail zu einem Skandal bestärken.

So arbeiten Typen wie Pilz, sie machen aus einer Mücke einen Elefanten, und wer sich nicht mit geschickter Strategie wehrt, sorgt gerade in seiner Empörung dafür, dass der Elefanten-Eindruck betont wird. So dreht sich dann die Spirale des Skandalisierens weiter und es wird ein Puzzle zusammengesetzt, das wenige reale Einzelteile hat, aber beispielsweise 997 von 1000 dazuerfindet. Auf diese Weise wird angebliches Aufdecken zum Zudecken und Verschleiern der Wahrheit. Derlei war z.B., unter maßgeblicher Beteiligung von Peter Pilz, im Lucona-Ausschuss der Fall. Damals deuteten Zweifler, derer es angesichts der entwickelten Dynamik in Politik und Medien wenige gab. maximal an, was aber andere nicht beirrte und auch nicht zu weiteren eigenständigen Überlegungen führte.

Pilz kam in den Ausschuss, weil er wollte, dass der "Aufdecker" Hans Pretterebner, dessen Buch ich einmal sehr gründlich und mit vielen anderen Quellen auf Desinformationen untersuchte, die Grünen berät. Andere, auch die damalige Klubobfrau Freda Meissner-Blau, bezweifelten Pretterebners Seriosität. Nun ging man daran, Meissner-Blau autoritären Führungsstil zu unterstellen, um sie so loszuwerden. Damals war ich im Vorstand der Grünen und sprach aus, dass dies eine Intrige von Pilz und Pius Strobl sei - niemand wagte es, gegen die beiden aufzutreten, und wenn Blicke töten könnten.... Immer wieder wurde versucht, mich einzuschüchtern, auch als ich nicht mehr im Vorstand war (und Pilz, nachdem drei Grüne zurückgetreten waren, freie Bahn für Lucona hatte und mit Pretterbner gemeinsame Sache machen konnte).

Die Grünen erschienen mir fassadenartig, was ich heute "Front" nennen würde. Zweifel an Dingen, die offenbar hinter den Kulissen eingefädelt wurden, waren nicht erwünscht; die Reaktionen waren eisig (was die meisten abschreckte, Fragen zu stellen, mich jedoch erst recht davon überzeugte, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging). Als Peter Pilz gerade im Februar 1989 in seinen Lucona-Staraufdecker-Medienberichten schwelgte und im Ausschuss Zeugen durch Schüsse ins Blaue verwirrte und fertigmachte, gab es eine Solidaritätskundgebung für Ingrid Strobl (mir als feministische Autorin vertraut) vor der deutschen Botschaft in Wien. Die damalige Emma-Mitarbeiterin hatte einen Wecker gekauft, der angeblich für einen Terroranschlag der "Revolutionären Zellen" verwendet wurde (mittlerweile wird ihnen, ebenso wie der "RAF", Geheimdienst-Hintergrund in kritischer Literatur bescheinigt; Pilz meinte übrigens vor ein paar Wochen in einem ORF-Treffpunkt Kultur, dass man derlei Background doch gar nicht recherchieren könne).

Peter Pilz kannte Ingrid Strobl, im Gegensatz zu mir und anderen, die sich bei der Kundgebung einfanden, da er mit ihr in der überschaubaren Gruppe Revolutionärer Marxisten war. Er sagte auch zu, zu kommen, wie vor Ort erzählt wurde, könne jedoch nicht vorbeischauen, da er im Zug nach Westösterreich sitze. "Aber wieso denn, den hab ich doch gerade noch gesehen", meinte ich ganz naiv, da ich mit einer anderen Grünen aus dem Grünen Klub zur Aktion gefahren war. Bei der nächsten Gelegenheit drohte mir Pilz, ich solle die Grünen doch endlich verlassen, und liess im Raum stehen, was mit mir passiere, wenn ich ihn noch einmal "denunziere". Außerdem brachte man den (formalen) Chef der Grünen, der für mich Sympathien hatte, systematisch gegen mich auf, indem man mir (erfundene) Behauptungen über ihn zuschrieb, schliesslich sogar, dass ich in einem Brief behaupten würde, ich hätte "ein Verhältnis mit einem hochrangigen Grünfunktionär, wodurch mir politisch alles offenstehe".

Dummerweise reagierte der ja nicht namentlich genannte Funktionär, indem er ihnen ins offene Messer iief und überhaupt reagierte. Es war psychologisch perfekt ausgefeilt, indem es mich als eiskalt und berechnend hinstellte, und gerade durch die fehlende Nennung eines Namens im angeblichen Brief eine Falle für jenen Mann war. Sicher gab es längst ein psychologisches Profil von ihm, indem seine Schwächen hinsichtlich einer Möglichkeit zur Manipulation aufgeführt wurden (das war mir ein paar Jahre später klar, als ich den Background von alldem zuordnen konnte). Als Schwäche gelten emotionale Reaktionen und Neigungen, Fachbegriff "Disposition" in Dossiers (entlarvenderweise wurde später einmal der Fachbegriff offen verwendet). Der Funktionär forderte zwar Aufklärung, wich mir jedoch zugleich aus. Ich schrieb ihm einen Brief, indem ich verzweifelt beteuerte, dass ich nichts Schlimmes getan hätte (soweit bringt die perfide Strategie von Pilz und Co. ehrliche und anständige Menschen!) und meinte, dass im Gegenteil etwas mit der Rolle von Pilz in Sachen Lucona und Noricum nicht stimme. Man solle aber davon lieber die Finger lassen, es sei zu gefährlich.

Der Adressat war schon zu sehr "in ihren Händen", sodass Pilz Kenntnis von diesem Brief bekam und prompt bei den Wiener Grünen (meiner Zuflucht) aufmarschierte, um eines seiner Standgerichte abzuhalten. Ich hatte das bei derlei Anlässen seltene Glück, dass mir Leute beistanden, eine Person schwieg jedoch einfach und unternahm nichts: Madeleine Petrovic, die sich durch ihr Wohlverhalten einer späteren Karriere würdig erwies. Wenig später wurde mir durch die Kopie einer Autowerbung mit dem Kennzeichen des Bundeslandes, aus dem der Funktionär stammte, mitgeteilt, wie sich die Lage geändert hatte: "Erfolg bei Frauen" war dazugeschrieben, sprich: es gibt eine weibliche Betreuungsperson für ihn. Ich habe jedoch, so schlimm es auch war, ihnen nie abgekauft, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll. (Damals kam ein gerade pensionierter Staatspolizist in eine grüne Bezirksgruppe und warnte "ihr habt's einen hochrangigen Spitzel in den Grünen".)

Drei Jahre später, als Pilz als Abgeordneter Parteichef werden sollte (was bis dahin unvereinbar war), gab es wieder eine Zeit verstärkter Einschüchterungen, Intrigen und "guter Ratschläge". Unter anderem wurde ein fingierter Brief gegen mich verwendet, wo eine nicht existente Absenderin in der Steiermark (aus der ich stamme) sich höchst diffamiereend über mich äußerte (im Stil von: erfolglos, daher neidisch auf Pilz, mit den Falschen verbündet, paranoid, daran interessiert, die Grünen zu zerstören). Das Ganze klang nicht nur strange, es sollte mich auch schamhaft schweigen machen aus Angst, was dann noch alles kommen würde. Ich checkte, welche Reaktion von mir erwartet wird - und tat das genaue Gegenteil. Dies würde ich auch Minister Grasser raten, der das nun Geschilderte leicht als Anregung für eine Strategie in seiner Lage anwenden kann. Es kommt darauf an, die beabsichtigte Wirkung auf den Gegner zurückfallen zu lassen, und zwar mit dem Mittel der Steigerung.

Ich schickte Freunden in der Steiermark ein Kuvert, indem sich ein Briefkuvert mit der fingierten Marina Braun, Schörgelgasse, Graz - Absenderadresse befand, mit der Bitte, dies in einen Grazer Briefkasten zu werfen. So erreichte das Schreiben auf "authentische" Weise das Szeneblatt "akin", das dafür bekannt war, alles abzudrucken. Dies geschah auch, und es löste empörte Reaktionen aus ("Marina Braun" war für meine Einschüchterung massgeschneidert, nicht jedoch ganz passend für andere LeserInnen). Außerdem landete der Brief in der profil-Redaktion: ein Abschnitt, der als Reaktion auf einen Bericht gelten konnte, wurde via Steiermark an das Magazin gefaxt und veröffentlicht. Ein Eingeweihter regte sich in seiner Stellungnahme an die akin besonderts über den perfiden anonymen Schreiber auf ("sogar im profil erschien ein Ausschnitt" - den wir zusammen ausgewählt hatten) - und warf auf einem Ausflug nach Niederösterreich eine Abo-Bestellkarte für "Marina Braun" an "impuls grün" in einen Briefkasten ein, die damalige Parteizeitung (deren Redakteur mir den Marina-Braun-Brief gab). Manche liefen mit immer längeren Gesichtern herum, und es gab auch absurde Szenen.

So sass ich mit einer Freundin, die Bezirksrätin war, in einem Café und wir amüsierten uns gerade darüber, wie sehr "Marina Braun" nach hinten losgegangen war, da kam ein besorgter "Basisgrüner", der meinte, ich solle vorsichtig sein, wo ich doch schon öffentlich in Briefen diffamiert werde, was komme dann noch alles. Wir prusteten los, und ich schaffte es gerade, halbwegs verständlich "aber ich hab den Brief doch selbst verbreitet" zu sagen. Natürlich war dies nicht der letzte Aufdtritt von "Marina Braun", denn wenig später forderte Pilz per profil eine US-Militärintervention in Bosnien. Ein völliger Bruch aller grünen Grundsätze, eine Geiselhaft für Friedensbewegte (da Pilz zu Unrecht medial als eine Art Sprecher der Friedensbewegung bezeichnet wurde), und totales Abblocken von Kritik in den Medien, zugleich auch innerhalb der Grünen. Manche Journalisten waren für die Veröffentlichung von Stellungnahmen empörter Grüner, sagten jedoch, es bestehe keine Chance, dies durchzusetzen.

Merkwürdig, dass sich das so durchziehen konnte. Aber nicht genug damit, Statements wütender Grüner wurde konzertiert gekontert: es gab schriftliche Stellungnahmen von anderen Basisleuten, in denen Pilz stereotyp dafür gelobt wurde, so unsicher zu sein und so sympathisch, weil er endlich mal unsicher und nicht eiskalt ist. Man lenkte die Aufmerksamkeit gezielt von den Aussagen auf die persönliche Ebene, auf der dann auch gleich den Pilz-GegnerInnen nicht-integre Motive unterstellt wurden. Da es auch Versuche gab, Hartnäckige auszuhorchen, fasste ich schließlich alles in Zitaten in einem Schreiben "an das Redaktionskollektiv" zusammen (auch "Marina Braun" wurde hier einbezogen, da diese Aktion dazugehörte) und sprach von einer konzertierten Aktion (heute sage ich schlicht: Desinformationskampagne, so nennt man sowas nämlich). Als Reaktion gab es zwar keine weitere schriftlichen Belobigungen des "sympathischen Tabubrechers" Peter Pilz mehr, doch wurde mir ausgerichte, ich "isoliere" mich mit Feststellungen wie "konzertierte Aktion".

In jenem an Aufregungen wahrlich reichen Sommer 1992 ergab sich dann auch noch, dass eine wichtige Person nicht ihrer vorgeblichen Rolle nach agierte, sondern eher so, wie sie tatsächlich war. Wieder wurde mir gedroht (mit Parteiausschluss), da ich als einzige darauf aufmerksam wurde, doch danach war Schweigen im Walde. Es passierte noch einiges mehr, sodass ich zurückkam zu "ihr habt einen hochrangigen Spitzel in den Grünen" und ein älterer Mann, der mit mir gemeinsam ermittelte, einen informellen Kontakt zur Stapo nutzen wollte. "Österreich oder Ausland? Männlich oder weiblich?" waren die Fragen, auf die "Ich darf dazu nichts sagen, ich darf dazu nichts sagen" stereotyp und doch vielsagend geantwortet wurde. Natürlich war mir klar, dass der KGB wohl kaum Werbung für eine US-Militärintervention in einem europäischen Land machen würde.

Bezeichnend war auch, dass ein grüner Abgeordneter (der 1989 noch wichtiger Funktionär war) gewaltige Schwierigkeiten bekam, weil er sich Pilz entgegenstellte. Zur Forderung nach Militärintervention schrieb er nämlich, dies sei ihm "nur erklärbar als immer kopflosere Flucht§" von Peter Pilz "aus der eigenen Vergangenheit (aber wohin?)", was irgendwie ins Schwarze getroffen haben muss.... Niemals haben sich die Grünen den Vorfällen in ihren eigenen Reihen gestellt, die für sie der allergrößte Skandal wären, wenn in einer anderen Partei auch nur ein winziges Detail (wie der Marina-Braun-Brief) passiert wäre. Medien waren auch nie daran interessiert, die Schattenseiten der Grünen zu untersuchen.

Der Fall Lucona hätte ausgehend von zwei einfachen Fragen angegangen werden können:
1. Besteht eine Beziehung zwischen der Firma "Zapata" des Udo Proksch zu den CIA front compagnies namens "Zapata", die weltweit als Vehikel für Operationen dienten? Der Name war eine Leihgabe von G.H.W.Bush, dessen Ölfirma Zapata immer dort aktiv war, wo auch die CIA Interessen hatte. G.H.W.Bush war CIA-Chef, als die Lucona sank, und US-Präsident, als die U-Ausschüsse zu Lucona und Noricum (= österreichische Irangate-Komponente) stattfanden.
2. Wer kannte den Bauplan der Lucona ganz genau? (Z.B. der Mossad, der mit dem völlig identen Schwesterschiff Scheersburg Komponenten für das geheime Atomprogramm Israels schmuggelte).

Pretterebner, als Berater von Pilz zusätzlich aufgewertet, machte einst weis, es bestünde ein Zusammenhang zwischen (dem zum Superdrahtzieher stilisierten) Proksch und der Ermordung von Uwe Barschel und dem Tod des Lucona-Konstrukteurs (der Schweizer stürzte mit einem Auto von einer Brücke). Was jedoch seit Jahren in den Büchern von Viktor Ostrovsky, Ex-Mossad-Agent steht, wird nun durch Recherchen des deutschen Autors Wolfgang Baentsch bestätigt: Uwe Barschel wurde von einem kidon-Team des Mossad exekutiert, weil er einem Waffendeal mit dem damals kriegführenden Iran im Weg stand, der über Deutschland lief. Baentsch widmete dem drei Jahre seines Lebens, da Barschel nicht nur physisch ermordet wurde, sondern seinem Tod ein Rufmord vorangegangen war, der bis heute anhält.

Zurück zu den Eurofightern: Viele spielen ein doppeltes Spiel, meint etwa Gerald Freihofner in der Wiener Zeitung. Er hat Archive mit früheren Aussagen herangezogen, was sicher eine nützliche Methode ist. Für Oliver Pink in der Presse ist Pilz der "große Übertreiber": Er kleckert nicht, er klotzt. Und trägt gerne etwas dicker auf. Denn irgendetwas wird schon hängen bleiben. Sowas sollte eigentlich gerade bei einem Ausschuss-Vorsitzenden nicht die Methode sein, da dieser ja nicht parteilich sein darf, sondern an der objektiven Prüfung von Fakten interessiert sein sollte.

Im Zuge der Vergabe eines Forschungsauftrags des Wissenschaftsministeriums an einen Wirtschaftsprofessor über "Rüstungskonversion" (Umstellung von militärischer auf zivile Produktion) verdächtigte er den am Projekt mitarbeitenden Sozialwissenschafter Peter Pilz der Ost-Spionage, da dieser viel auf Reisen gewesen sei. Der Wissenschaftsminister, dem diese Attacke eigentlich galt, hieß Heinz Fischer. Und der Wirtschaftsprofessor Alexander Van der Bellen. Pink schließt mit der Bemerkung, Pilz habe die Sache "locker" genommen, was jedoch nicht zu Pilz-Aussagen passt, dies sei für ihn die größte Bedrohung in seiner (frühen) Laufbahn gewesen. Warum war es 1989 Denunziation, dass Pilzens Ausrede für das Fernbleiben von einer (von KPÖ-Frauen initiierten) Kundgebung für eine ehemalige GRM-Mitstreiterin fernblieb? Hatte das nicht Hingehen etwas mit gewechselten Seiten zu tun, mit dem engagierten "Aufdecken"? Übrigens deutete auch der damalige Pilz-Mitstreiter Pretterebner im Lucona-Buch an in Sachen Pilz und Van der Bellen.

Primär ging es Pretterebner natürlich darum, Proksch zum Residenten der Stasi in Wien zu machen, also zum obersten Spion Ostdeutschlands in Österreich. Er berief sich dabei auf ein Buch des Stasi-Überläufers Stiller, in dem derlei nicht behauptet wird. Stiller soll nämlich, obwohl er so ein guter Fang gewesen sein soll, erst vom Bundesnachrichtendienst erfahren haben, dass Proksch der gesuchte Welche ist. Besonders komisch ist aber, dass Pretterebner in der Vita von Proksch auch ein Zwischenspiel im Dienst des Opus Dei vermerkt - und einiges andere, das der Stasi nicht gerade nahesteht...

Zurück zu den Eurofightern: Der Ausschuss sollte schlicht diese paar Fragen klären:
1. War der Beschaffungsvorgang korrekt?
2. Gibt es Lobbyisten unter den Politikern (für EADS, British Aerospace, Lockheed Martin, Saab), auch unter jenen, die im Ausschuss arbeiten?
@ Eurofighter siehe auch Post vom 8.11.2006

Und ein Letztes zur Psychostuktur von Pilz: Komplexe Analysen und differenzierte Herangehensweise sind seine Sachen nicht; Positionspapiere lasen sich immer etwas flach, hölzern, unfreiwillig komisch (besonders, wenn man Sätze daraus in Gedichtform aufschreibt :-). Also muss er skandalisieren, weil derlei einfach ist: dieser Brief -> großer Skandal, der hat das gesagt -> großer Skandal, der hat das nicht gesagt -> großer Skandal. Pilz ist, sofern er glücklich sein kann, dies wohl nur dann, wenn er jemanden reintunken kann. Er hat dann das starre, maskenhafte Gesicht, das seine jetzigen TV-Auftritte kennzeichnet. Es ist für ihn eine Möglichkeit, Kontrolle zu bekommen - bevorzugt über Menschen, von denen er meint, dass sie etwas haben, das ihm fehlt. Dies kann eine Position sein, dies kann auch Glück sein, es können Gefühle sein. Menschlichkeit ist für ihn menschliche Schwäche, etwas, das er ausnutzen kann, um menschliche Menschen sich schlechter fühlen zu lassen, sie zu verletzen.

An Menschen, denen es nicht nur um Karriere geht, sondern die einen anderen Menschen vor seiner Brutalität schützen wollen, kann er sich richtig austoben. Niemals würde er selbst etwas für einen anderen tun, ohne auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein. Wenn wir die Personen Grasser und Pilz vergleichen, fallen auch ohne nähere Kenntnis der beiden drei Dinge sofort auf: Grasser ist privat glücklich, was dank Seitenblickegesellschaft die ganze Welt mitbekommt. Grasser scheint es im Leben leicht gehabt zu haben, erreicht alles scheinbar mühelos. Grasser kann, den Polit-Gerüchten zufolge, eventuell Vizekanzler werden (für Pilz auch im Falle einer rotgrünen Koalition irgendwann unerreichbar). Ein Schattenpilz gegen einen Sonnyboy - wobei ich dem Sonnyboy durchaus auch anlaste, dass er es "zu leicht" hat.

Die Frage ist (für uns alle), ob wir wollen, dass Politiker, die möglicherweise Vizekanzler werden, mit der Mücke aus Elefanten-Masche abgeschossen werden. Dabei geht es nicht darum, ob gerade die Person Grasser ein großer Verlust wäre - das nächste Mal ist es jemand anderer, es geht ums Grundsätzliche. Gerade wird nämlich eifrig über eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP verhandelt, mit Annäherung auch in Bereichen, wo dies bislang nicht möglich war (Grundsicherung, was freilich nicht jene für alle ist, die etwa die Katholische Sozialakademie fordert, aber IMMERHIN....). So gesehen richten sich die Angriffe von Pilz und Kogler (auch sekundiert von Cap, SPÖ) gegen die Regierungsverhandlungen und dagegen, dass es bald eine stabile Regierung gibt....

PS: Habe mir gerade die Postings im Standard zu den Berichten in Sachen Eurofighter-Ausschuss angesehen. Viele machen Grasser genau die Reaktion der Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten zum Vorwurf. Diese Vorgehensweise ist natürlich möglich, wenn der Inhalt einer Mail vertraulich war. Allerdings kann man im Grunde alles, was innerhalb von Ministerien gemailt wird, als vertraulich bezeichnen, und sei es nur "wann hast du mittagspause? gehen wir zum xy, ich habe die kopien mit, die du von uns brauchst" - Mails in dieser Art gibt es außerhalb und sicher auch innerhalb von Ministerien.

Außenstehende und nicht mit der Standpilzgericht-Methode Vertraute glauben, an der Reaktion einer Person Schuld ablesen zu können. Muss man sich mal ganz nüchtern vorstellen: jemand schießt ins Blaue auf eine/n andere/n, und wenn diese Person dann reagiert, bestätigt sie, das "was dran" ist. Sicher gibt es verräterische Reaktionen, aber jene, die signalisieren, dass ein (ganz konkreter, durchüberlegter, mit Indizien untermauerter!) Verdacht richtig ist, sehen nicht so aus wie in diesem Fall. Dazu wäre es zu einfach und auch zu plump - erstens müßte eine wirklich kompromittierende Mail einen viel konkreteren Inhalt haben und zweitens wäre jemand, der Böses im Schild führt, nicht so dumm, dies per Mail nachweisbar zu machen.

Wo Rauch ist, ist auch Feuer - glaubt der Volksmund, dabei gibt es auch Rauch ohne Feuer, wenn Brandstifter am Werk sind. Tendenziell reagieren Menschen gerade dann heftig auf Anschuldigungen, wenn ihnen damit Unrecht getan wird (außer es handelt sich um psychopathologische Persönlichkeiten ohne Bewußtsein für Recht und Unrecht). Sie denken, was um Himmels Willen wird mir da denn unterstellt, und gerade weil es mit ihnen so wenig zu tun hat, sind sie voll Sorge, jemand könne dies glauben (denn Zielpersonen sind auch die anderen). Dagegen hilft nur, alles auf die Brandstifter zurückfallen zu lassen....
Übrigens: ich bin kein Fan von Grasser, und auch kein Fan von Finanzministern - ich wünsche mir eine Finanzministerin, die Gender Budgeting nicht bloss plant, sondern sofort macht!

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