17.12.06

Bei der Polizei in Favoriten

Ich sollte am 16.12. eine Aussage machen, weil zwei Polizisten eine Anzeige wegen Gefährlicher Drohung im Sommer nicht aufgenommen haben. "Komm'S morgen, da ist bei uns weniger los", so der Anruf am 15.12. Ich werde alles einer von zwei diensthabenden Polizistinnen erzählen. Na gut, denke ich mir, dann verbinde ich dies mit Einkaufen, Kommissariat liegt Richtung FussgängerInnenzone. Und wenn ich ein bisserl warten muss, auch recht, ist sicher interessant.

Um es vorwegzunehmen: das war es - allerdings hätte sich das Warten ein paar Stunden hingezogen, was mir dann doch zuviel wurde. Für eine dreiviertel Stunde (solange reichte mein Geduldreservoir) konnte ich jedoch einen Eindruck davon bekommen, wie es bei der Polizei zugeht. Zu meinem Entsetzen scheint es (vielleicht untypisch vor Weihnachten) eine Menge an Diebstählen zu geben. Sozusagen am laufenden Band kamen Opfer hereinspaziert. Ich machte mich nützlich, indem ich mir, während sie warteten, erzählen liess, was Sache ist.

Und ihnen dann half, es rüberzubringen, denn die Opfer waren (FPÖ BITTE LESEN!!!) MigrantInnen. Da kamen etwa zwei türkische Brüder. Einer war gestern ambulant im Spital, bekam jedoch irgendwelche Hämmer, die in wegdösen liessen. Als er wieder aufwachte, war sein Handy weg. Das Krankenhauspersonal wusste, wer es gestohlen hatte, da es offenbar jüngere Diebe gibt, die sowas regelmässig machen. Er solle es der Polizei melden, diese rufe dann im Krankenhaus an und erfahre den Namen.

"Wahrscheinlich wegen Datenschutz", meine ich zu dem Mann und frage ihn, ob er das Handy wohl habe sperren lassen. "Mein Sohn arbeitet bei Telering", sagt er, hat also im Vergleich zu anderen in ähnlicher Lage Glück. Ich weiss nicht, ob das eine urban legend ist, aber es gibt Menschen, die eine halbe Stunde nach dem Handydiebstahl Rechnungen von 700 Euro hatten. (Seitdem passe ich nicht nur auf die Geldbörse, sondern auch auf das Handy besonders gut auf :-)

Die PolizistInnen haben ziemlichen Stress, ich beneide sie wahrlich nicht. Einer wird ungeduldig, weil er das Anliegen der beiden Brüder nicht auf Anhieb versteht. Sofort fragen sie mich, ob das normal sei, als der Polizist kurz weggeht. Als er wiederkommt, fasse ich zusammen, was ich von der Sache verstanden habe. Kaum gibt der beraubte Mann seine Aussage zu Protokoll, kommt eine ältere Dame, ebenfalls Türkin, völlig verzweifelt. Ihr wurde die Geldbörse gestohlen, Burschen, die auch eine andere Frau beklauten, sie habe gerade 400 Euro abgehoben.

Die Polizei ist auch mit Menschen befasst, die als Täter einvernommen werden (jedenfalls liess sich dies ableiten und auch daran erkennen, dass Opfer anderer Menschen zu ihnen auf Abstand gingen, als fühlten sie es). Ich helfe der Türkin, als sie einen Zettel bekommt und gebeten wird, zu notieren, was ihr gestohlen wurde und woran sie sich erinnert. Sie ist etwas verwirrt, weiss nicht, welchen Sinn es hat; ich erkläre ihr, dass ich auch mal beklaut wurde und ganz genau sagte, welche Kundenkarten ich in meiner Geldbörse hatte.

"Sie müssen Ihre Bankomatkarte sofort sperren lassen!" betone ich. Sie versteht nicht, warum dies so wichtig ist und wie sie es machen soll. "Bei jeder Bank steht eine Telefonnummer, wo man anrufen kann", erkläre ich und wäre, wüsste ich eine Bank in der Nähe, sofort losgefahren, um die Nummer rauszufinden. (Allerdings müsste die Polizei das doch haben, oder?). Ich hoffe, dass sie den PIN-Code nicht aufgeschrieben hat, was angeblich immer noch viele Menschen machen. Für mich besteht keine Chance, so bald dranzukommen - die beiden diensthabenden Frauen sind voll beschäftigt; eine muss wegen einer Vernehmung auf den Amtsarzt warten.

Und ich warte sicher nicht drei Stunden wegen etwas, das die Polizisten bei ihrem Einsatz dienstpflichtgemäss hätten machen sollen, und sage das auch. "Sie sehen ja, was bei uns los ist!", höre ich. Natürlich tue ich das, aber man kann mir ja sagen, dass es sehr lange dauert und dass ich ein andermal wiederkommen soll. Ich fahre (mit dem Rad) Richtung FussgängerInnenzone, und dort habe ich gleich die nächste Begegnung mit der Polzei.

PelzgegnerInnen machen eine Art Kundgebung, Megafon und Transparent, vorm Kleiderbauer. Angemeldet haben sie eine Kundgebung zu "Umweltschutz und Frieden" und die Hausnummmern auf der anderen Seite angegeben. Ein Polizist kommt und will sie zum Zurückweichen bewegen, meint zu einem Tierschützer, er solle "nicht frech" werden. Da mische ich mich nun ein und versuche zu vermitteln (ehe ich es mich versehe). Die Anmeldung ist tatsächlich etwas anderes, sodass die Polizei schon kompromissbereit ist, wenn sie sagt "geht's doch a bisserl zurück", also mehr in Richtung Mitte des Weges.

"Wenn wir es als Tierschutzkundgebung anmelden, wird es untersagt, die untersagen sowas jetzt immer", meint der Tierschützer. Ist mir klar, aber vielleicht wirds ja wieder besser nach den Feiertagen, wenn sich die Lage beruhigt hat (es wurden Scheiben bei Geschäften eingeschlagen, von bislang Unbekannten, TierschützerInnen oder auch nicht). Nun war ich genug bei Demos (früher, ach wie doch die Zeit vergeht :-) um zu wissen, dass man sich leicht auf einen Stellvertreterkonflikt einlässt. Also "Siege" über "die Bullen" feiert, die zwischen die Fronten geraten und von beiden Seiten kritisiert werden.

Dabei vergisst man leicht, dass - in diesem Fall - wohl ein "Sieg" wäre, wenn jemand von Kleiderbauer rauskommt, um sich einem Gespräch zu stellen. Nicht aber, einen "Bullen" zu nerven, der gerade angesichts dessen, was ich grad mitgekriegt habe, besser im Strassenbild präsent ist, um ein paar Diebstähle zu verhindern. "Ich war gerade auf dem Kommissariat", appelliere ich an die TierschützerInnen, "die haben wirklich alle Hände voll zu tun, ein Diebstahl nach dem anderen", und sage auch das mit der Präsenz auf der Strasse. Manche (junge Männer :-) stehen aber auf einem Justamentstandpunkt und wollen sich keinen Millimeter Richtung Strassenmitte bewegen (bis die Versammlung von einem Vertreter des Innenministeriums aufgelöst wird).

Einige Minuten später schaue ich in einen Laden, der etwas alternativ wirkt (Mischung aus Teegeschäft, T-Shirts, Figuren und Esoterik), was in Favoriten nicht an jeder Ecke anzutreffen ist. Während ich mir nachgemachte ägyptische Figuren und Gegenstände mit Pentagrammen (in Richtung Wicca) ansehe, höre ich, wie ein Kunde dem Inhaber erzählt, was vorm Kleiderbauer los ist (er zu Fuss unterwegs, ich mit dem Rad, also ist meine Wahrnehmung wohl die aktuellere): "Polizei, alles abgeriegelt, die Vier Pfoten". Stille Post oder urban legend? Abgeriegelt war nichts, und die Vier Pfoten waren es auch nicht :-)

Übrigens bin ich auch gegen das bisschen Pelz, das Kleiderbauer noch führt, Besätze am Kragen und dergleichen. Erstens gibt es keine artgerechte Pelztierhaltung, zweitens wären Pelztiere ohne Zucht nicht ausgestorben, es gäbe weniger von ihnen und sie lebten in freier Natur, und drittens kommen nach wie vor Hunde- und Katzenfelle aus China unter Fantasiebezeichnungen, die Wildtiere suggerieren sollen, in den Handel. Ich denke aber, dass man das Anliegen auch anders
rüberbringt: Pelztiere sind Tiere wie andere auch, die nicht wegen ihres Fells ihr Leben lassen sollen. Frauen, die Pelz tragen, beneiden diese Tiere um ihre atemberaubende Schönheit und oft auch um die Wildheit, die mit solchen Tieren assoziiert wird. Meinetwegen könnte ihr euch die Falten wegschnippeln oder die Brüste aufpumpen lassen, aber nehmt anderen Wesen nicht das Leben einer vermeintlichen Schönheit willen. Pelz ist nur schön am Tier, dem er gehört!

PS: Der Typ in dem Geschäft hatte in einem doch recht: die Lobaubesetzung ist nicht Hainburg, Hainburg war einmalig, Zeit und Stimmung passten. Damals war ich (von Graz aus) gesamt 14 Tage in der Au, organisierte Busse, ging kilometerweit mit schwerem Rucksack und Zelt ins "Dreierlager" (am weitesten vom Dorf entfernt) - heute habe ich es nicht mal geschafft, vor dem Ende der Aktion eine kleine Radtour zu machen, ein paar Bilder zu schiessen und mit Leuten für eine nette kleine Geschichte zu reden.

Okay, das Radfahren wäre jetzt schon eine recht kalte Angelegenheit gewesen, aber es ist ja erst seit kurzem einigermassen winterlich kalt. Bleibt ehrlicherweise, dass ich es auch so sah: Hainburg war einmalig und ist nicht wiederholbar. Auch deshalb, weil man inzwischen daraus gelernt hat, es beispielsweise bei der Lobauautobahn eine Menge Auflagen gibt, damit die Natur nicht gestört und zerstört wird (nicht umsonst ist der Bürgermeister Biologe oder umgekehrt :-).

Ich denke, man kann gewisse Erfolge der Ökobewegung schon eingestehen - es wäre ja nur mehr Frust, so rein gar nichts zu erreichen. Zu tun gibt es eh noch genug: ich wünsche mir z.B., das wir RadlerInnen in dieser Jahreszeit nicht seltsame ExotInnen (Fans "exotischer" Gegenden wie Grönland, Nordkap, Alaska oder Feuerland? :-), sondern der Normalfall in der Stadt sind....

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