05.12.06

Abendspaziergang / Animal Hoarding

Abendlicher Spaziergang mit Kater Baghira: er streift durchs Gebüsch, läuft vergnügt auf dem Weg vor mir oder hinter mir, wartet auf einer Bank. Ich beobachte die Abenddämmerung, die blassrosa Wolken, den "feurigen" Horizont, vor dem auch ferne Hochhäuser sehr schön aussehen. Während Baghira einen Hang erkundet, sehe ich beleuchtete Flugzeuge beim Landeanflug, die mir recht niedrig vorkommen. Durch die kahlen Büsche schimmert im Tal der Reflex des Himmels orange, es handelt sich um riesige Wasserpfützen. In der Gegend werden Siedlungen gebaut, man sieht Kräne, es ist im Bereich der einstigen Kabelwerke. Natur und unsere technisierte Welt treffen aufeinander, wobei sich die Natur, siehe immer größere Wasserflächen, wo einst ein großer Teich war, durchsetzt.

Hundeleute werden solche Momente kennen, wo uns die Tiere dazu bringen, mehr in der Natur zu sein als wir es unsretwegen wären, obwohl es auch uns so guttut. Baghira orientiert sich immer an meinem Standort, egal wo er herumstöbert, und taucht scheinbar aus dem Nichts auf. Wenn jemand mit Hund irgendwo vorbeispaziert, verharrt er unbeweglich. Bei unseren Ausflügen erkenne ich bald auch, ob etwas unsere Aufmerksamkeit verdient, und reagiere intensiver auf Geräusche und Bewegungen als sonst. Früher hätte ich mir nie gedacht, dass es so einfach sein kann, mit einer Katze spazierenzugehen - aber Baghira steht immer dann sofort schnurrend an der Tür und wartet auf sein Halsband, wenn ich mit ihm eine Runde drehen will (obwohl das nicht so oft der Fall ist wie es bei Hunden wäre).

Wer Tiere hortet, ist zu bedauern (abgesehen vom Leid, das dabei den Tieren selbst zugefügt wird), denn ihr/ihm entgehen solche Erfahrungen. Und auch, dass jedes Tier eine unverwechselbare Persönlichkeit, Eigenheiten und Vorlieben hat. Animal Hoarding nennt man dies mit der Fachbezeichnung, die in den USA mittlerweile für eine psychische Erkrankung steht. In Amerika wird ein interdisziplinärer public health-Ansatz forciert, da Hoarding keine reine Tierschutzfrage ist. Immerhin lassen HoarderInnen, zu 75% übrigens Frauen, ihre Wohnungen und Häuser verwahrlosen (oder Grundstücke, auf denen Tiere mit wenig oder gar keinem Futter herumlaufen), alles ist voller Extremente, auch Tierkadaver und stinkt mindestens nach Ammoniak, wenn nicht noch ärger.

Dennoch halten es viele für etwas aus dem Ruder gelaufene Tierliebe - so auch der noch im Amt befindliche "Landesveterinärdirektor" für Niederösterreich, als vor drei Jahren eine kranke Frau inmitten von 80 Pudeln auf 15m2 verstorben war. Zuvor übten sich alle im Wegsehen und Verharmlosen, obwohl Frau wie Tiere dringend Hilfe benötigt hätten. Für die MitarbeiterInnen des Tierheims Krems war es wohl der schlimmste Einsatz, Pudel mit teilweise bis 14 kg verdreckten verfilzten Fellzoten von den Kadavern ihrer Artgenossen und einer Kotschicht wegzuholen. Animal Hoarding ist, Herr Veterinärdirektor bitte aufpassen, oft weitaus schlimmer als bewusste Tierquälerei. Ein Fall, wo es noch nicht zu toten Tieren kam, da rechtzeitig TierfreundInnen eingeschaltet wurden, ereignet sich gerade in Niederösterreich - und war Anlass für einen ausführlichen Artikel über Animal Hoarding.

Eine Frau wollte Bengalkatzen züchten, eine bei uns noch seltene Rasse, und besorgte sich Katze und Kater, mit Stammbaum versehen. Anscheinend hat sie bei den Bienen und Blumen in der Schule gefehlt, denn bald verlor sie den Überblick über ihre Katzenschar, die sich in Inzucht rasend vermehrte. Mittlerweile lebt sie mit 60 (!!!!) Katzen in Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, wobei die "Rudel" in etwa zu gleichen Teilen die Räume bewohnen. Man kann wohl auch sagen: die Legebatterie, denn das Tierschutzgesetz sieht artgerechte Haltung, sprich genügend Raum inklusive Rückzugsmöglichkeiten vor - gar nicht zu Reden von ausreichender Ernährung und medizinischer Versorgung. Als Resultat sind die Tiere, denen billiges Trockenfutter und Wasser hingestellt wird, unterernährt - viele liegen sehr sehr weit unter der Untergrenze, die in Rassebeschreibungen für Bengalen angegeben werden (Inzuchttiere sind kleiner, ergo auch leichter, aber trotzdem - 1,5 oder 2 oder 2,5 statt mindestens 5 kg erklärt dies nicht).

Mit Spenden werden die Tiere nun nach und nach kastriert und gechippt (letzteres wohl auch, um den Überblick zu haben, wer schon an der Reihe war und wer in welchem Gesundheitszustand ist). Impfen müssen die zukünftigen BesitzerInnen sie selbst, und solche Menschen werden nun fieberhaft gesucht. Der Amtstierarzt schreibt eine Bestandsreduzierung bis Ende Dezember um 53 Katzen vor (wobei ich angesichts von Hoarding als Krankheit nicht verstehen kann, wieso die Frau immerhin sieben Katzen behalten darf - diese sind ja bloss der Grundstock für neuerliches Hoarding, da HoarderInnen ohne Auflagen und / oder Therapie eine Rückfallquote von nahezu 100% haben).

Die TierfreundInnen haben Angst, nicht alle Katzen zu vermitteln oder auf Pflegeplätzen unterzubringen, da sie das Tierheim als Endstation für die Tiere ansehen. Wenn zufällig jemand helfen will und immer schon eine Katze (oder zwei, oder eine zweite) haben wollte, hier stehen alle Infos auf einer eigens zur Katzenvermittlung geschaffenen Webseite - natürlich mit Bildern von den wunderschönen Katzen im Raubtierlook. Übrigens sollen sie alle sehr lieb und zutraulich sein, dh ihr Wesen und das Verhalten gegenüber Menschen hat nicht gelitten....

In den USA gibt es eine nachahmenswerte Webseite, wo Fälle von Animal Hoarding, Tierwegnahme und Tierquälerei in einer Datenbank gesammelt werden. UserInnen sind dazu aufgefordert, nach Personen zu suchen, die sich für von ihnen abzugebende Haustiere interessieren. Auch die MitarbeiterInnen von Tierheimen verwenden die Datenbank, um potentielle neue Eigentümer unter die Lupe zu nehmen. Amerikanische TierschützerInnen sind mit ihren Tipps auch viel pragmatischer als manche hierzulande - so raten sie, von Interessenten Ausweise zu verlangen und die Identität zu überprüfen. Gegen das Verschenken von Tieren ohne Schutzgebühr führen sie an, was jemand alles mit einem Gratistier tun könnte - Schlangenfutter steht an erster Stelle....

Warum ist Hoarding eine Frauenkrankheit? Zum einen haben die ForscherInnen, die daran in den USA (interdisziplinär) arbeiten, wohl recht, wenn sie meinen, dass ein Zusammenhang zwischen trister, instabiler Kindheit mit Haustieren als einzigem konstantem Faktor und späterem Hoarden besteht. Grob gesprochen gaben die Tiere Liebe, aber nie genug (da es ja um elterliche Zuwendung ging), weswegen dann immer mehr Tiere angeschafft werden (die aber auch in der Masse das einstige Defizit nie kompensieren können).

Zum anderen erscheint mir Hoarding aber auch als ein Entgleisen der süßlichen Art von Tierliebe, die bei manchen Frauen zu beobachten ist (und wo ich bislang noch kein männliches Pendant entdeckte, egal wie aufmerksam ich von Zeit zu Zeit Tierforen lese oder Erfahrungen austausche). Auch in moderaterer Form ist diese Gefühlsduselei oft schwer auszuhalten, da alles entsetztlich dramatisiert wird. Nicht unbedingt aus wirklicher Tierliebe, wie ein Beispiel zeigt: eine Frau pflegt ihre Katze jeden Tag sieben Stunden lang "rauszuwerfen", da sie sonst an Möbeln kratzt, wenn sie allein in der Wohnung ist. Einzige Sorge sind die niedrige Temperaturen und dass die Katze, wie eine Vorgängerin auch, auf der nahen Strasse überfahren werden könnte.

Posterinnen überbieten sich in den geweinten Tränen und den schlaflosen Nächten wegen Katzen, die ähnlich behandelt wurden und auch dort Freigang hatten, wo es gefährlich war. Der schlichte Hinweis darauf, dass eine Katze Gesellschaft braucht, wenn sie allein zu Hause ist, und dass Freigänger gerade im Winter nach ein, zwei Stunden heimkommen und erwarten, dass man sie hereinlässt, löst Beschimpfungen der Gefühlsdusel-Katzenliebhaberinnen aus. Das Ganze sieht nach einem Tränen-Marathon aus, in dem nur die ihre Tiere liebt, die schon oft welche verloren hat (Hoarden in Serie ist da ein böser Gedanke :-).

Perfid sind Frauen, die nicht mal genetische Grundbegriffe kennen oder Krankheiten oder Rassen richtig schreiben, aber "züchten" wollen. Sie labern dich schon virtuell voll mit einem Gestammel über "geliebte Katzis", um die sie sich neben einer Horde Hunde und einigen Kindern natürlich "ganz lieb" kümmern. Ähnliche Persönlichkeiten, aber leider auch ganz normale, unerfahrene Menschen, die nicht wissen, dass es anders auch geht, fallen dann rein auf derlei Charaktere - und verbringen das meist kurze Leben ihres "Katzis" vor allem in der Tierarztpraxis.

Wohl kein Zufall ist es, dass gerade seriöse Züchterinnen gerne von anderen Frauen angefeindet werden: einerseits von Gefühlsduseligen, die wütend sind, dass die "ich hab alle Katzen lieb"-Tour keinen Preisnachlass bewirkt (und dass nicht jede, die eine bestimmte Katze will, diese auch bekommt!), andererseits von Vermehrerinnen, die mitunter mit einer gerade verhungernden und verdurstenden Katze im einem Käfig neben dem Computer Hasspostings absondern (so einen Fall gab es wirklich!). Die Abgründe weiblicher "Tierliebe" sind beispielsweise auf der Seite Züchterszene dokumentiert - es sind Frauen, die neben Tränendrüse und emotionaler Erpressung zu allen möglichen Tricks greifen.

Und es sind leider auch Frauen, die Alarmsignale und Hausverstand ausschalten, wenn jemand versucht, sie auf emotionaler Ebene einzuwickeln. Wenn sie dann reingefallen sind, lesen sich ihre Schilderungen wie eine Aneinanderreihung von SO NICHT! - Punkten. Ob Hundewelpe oder Katzenjunges, es handelt sich um kranke, verschnupfte Tierchen, die oft auch unterernährt sind und keinen vollen Impfschutz haben. Ein Stammbaum wird versprochen, doch angeblich stellt der Verein gerade keinen aus wegen dem Kölner Karneval (so eine tatsächlich bei einem Fall verwendete Masche!), und natürlich wird auch nie einer geschickt. Wenn Tiere krank werden, ist das die Schuld der neuen Besitzer - vielleicht haben sie den Pilz ja von den Kindern der Zweibeiner geerbt, so eine unverschämte "Züchterin"...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

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