02.12.06

Litwinenko und "Berufsrisiken"

Die Panikmache um "vergiftete Flüge" (mit radioaktivem Polonium) erinnert an Vogelgrippe-Medienhype und an die Folgen des liquid bomber hoax (dass im August KEIN komplexer Terrorplot vorbereitet wurde, ist inzwischen allen klar - nur nicht manchen Medien und der EU-Kommission). Was die Ermordung des Ex-KGB-Agenten Litwinenko betrifft, so starb er langsam und auf furchtbare Weise, aber das ist "Berufsrisiko". Gerade weil sich jene Geheimdienste, mit denen Ex-Agenten nichts mehr zu tun haben wollen, auf fremdem Territorium schwerer tun als zuhause, pflegen Dissidenten in andere Länder zu emigrieren. Dies gilt genauso für Whistleblower, die Unangenehmes über die CIA enthüllen (und mitunter in Kuba, aber auch in Westeuropa Zuflucht nehmen) oder über den Mossad (wie etwa Victor Ostrovsky, der sich in Kanada niederliess).

Ein ähnliches "Berufsrisiko" haben auch Menschen, die nicht als ausgebildete Agenten im Dienst der Dienste stehen und dann die Seiten wechseln beziehungsweise enthüllen, worüber sie Bescheid wissen und woran sie mitwirkten. Ein gewisses "Berufsrisiko" besteht auch für Politiker und Journalisten, die nie den Diensten dienten, sondern durch ihre Arbeit auf deren Machenschaften stießen und sich als nicht aufhaltbare Gegner erwiesen. Die Liste wäre hier lang, doch in einem Fall gab es jüngst neue Erkenntnisse, die jedoch medial totgeschwiegen werden: Uwe Barschel, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, wurde 1987 vom Mossad getötet, weil er einen über Deutschland laufenden Waffendeal Israels mit dem kriegführenden Iran aufdecken wollte (siehe dazu letzter Blogeintrag "Skandale und Skandalisierer").

Da es im letzten Post auch um den Lucona-Ausschuss ging, sei noch manches nachgereicht, das viele nicht mehr so im Gedächtnis haben. Erstmal zu Udo Proksch als angeblich unter dem Decknamen "Prokurist" agierendem obersten Stasi-Agenten in Österreich. Für "Aufdecker" Pretterebner, der zeitweise Seite an Seite mit Pilz agierte, ist das mit den Stasi-Decknamen ganz einfach: zumindest der Nachname hat frappierende Ähnlichkeit mit dem Klarnamen, dazu kommt dann oft noch ein identer Vorname. Wäre ein sehr praktisches System gewesen - jedenfalls für den BND, denn wenn einmal Namen zugeordnet werden, kann man dann sicher einige weitere aus Berichten und dem Umfeld identifizieren. So lief die Sache aber nicht, wie Experten schreiben:

Jeder Spitzel besaß beim MfS einen eigenen, individuellen Decknamen. Vergeben wurde er mit der Verpflichtungserklärung des IM. Bei der Kontaktaufnahme mit seinem Führungsoffizier hatte sich der inoffizielle Mitarbeiter unter diesem Decknamen zu melden, seine Berichte für die Staatssicherheit mussten mit demselben Namen unter- schrieben werden. Dafür blieb es im Gegenzug den Spitzeln der Stasi vorbehalten, ihre Pseudonyme frei zu wählen. Hin und wieder schlug das MfS Decknamen vor, die dann von ihren Trägern akzeptiert werden mussten. Häufig wurden Kurzformen des eigenen Vornamens mit dem Kosesuffix »I« gebildet. »IM Siggi« hieß ursprünglich Silke, »IM Addi« stand für Adelheid und »IM Hardy« für Harald. Anspielungen auf den Familiennamen waren mindestens ebenso verbreitet. DDR-Bürger namens Licht und Winter nannten sich »IM Dunkel« und »IM Sommer«. Auffällig ist auch die enge Verbindung zwischen beruflicher Tätigkeit und Pseudonym. Juristen bezeichneten sich als »IM Notar«, Lehrer im Hochschuldienst als »IM Pädagoge«, Kellner gaben sich als »IM Biermann« aus, Friseusen schließlich als »IM Figaro«.

Beim - nie enttarnten - Prokuristen kann wohl kaum ein Vorname variiert worden sein, aber vielleicht eine Berufsbezeichnung, die etwas mit Wirtschaft zu tun hat und durchaus auch über gleiche Buchstaben mit dem Decknamen eine Eselsbrücke bildet? Wie dem auch sei: Udo Proksch war, was Widersprüche und Ungereimheiten in der zeitweise umfassenden, auch mal aus Desinformationen bestehenden Berichterstattung nahelegen, wohl nicht einmal "einfacher" Stasi-Mitarbeiter. (Auch der BND ist bei Decknamen nur begrenzt kreativ, wie der Artikel über die Bespitzelung von Journalisten zeigt.)

Hinter "Topas" verbarg sich Rainer Rupp, der "NATO-Geheimnisse" an die DDR verriet, um nach eigenen Angaben einen Atomkrieg zu verhindern. Die "Rosenholz-Dateien", benannt nach der CIA-Operation "Rosewood", um kostbare Stasi-Karteikarten an sich zu bringen, haben nach der Rückgabe an Deutschland noch den oder die eine oder anderen auffliegen lassen, sind jed0ch sicher von all jenen gesäubert, die man längst in amerikanischen Diensten oder sonstwie nützlich weiss. Aufdecker Wallraff bekam den Namen Wagner verpasst, war jedoch nie für die Stasi tätig, sondern Zielobjekt bei Besuchen in der DDR.

Was das Unternehmen Lucona betrifft, muss noch angemerkt werden, dass Proksch den Zeitabläufen nach kaum Gelegenheit hatte, sich mit dem verwendeten Schiff vertraut zu machen, da dieses erst wenige Wochen vor Start der Fracht Richtung Pazifik für ein ursprünglich ausgesuchtes einsprang. Außerdem ist Österreich bekanntlich ein Binnenland, sodass ein in Wien lebender Geschäftsmann es nur durch Anreise in einem Hafen zu Gesicht bekommen konnte.

Wer war mit dem Bauplan vertraut ist also durchaus eine wichtige Frage, auch weil es damals, 1976/77 noch keine Möglichkeit gab, Zeitzünder über mehr als 10 Tage vorzuprogrammieren. Das Schiff konnte eigentlich nur durch einen per Peilung auf den Rumpf zusteuernden Sprengkörper versenkt werden. (Ob Peilung per Funk oder Radar in Frage kommt, verwechsle ich immer: es ist jenes, welches der Erdkrümmung folgt) Damit ist aber unmöglich, dass Udo Proksch und Hans-Peter Daimler von Europa aus fernzündeten - und es ist wie gesagt auch unmöglich, dass sie ganz perfide eine Sprengladung mit Zeitzünder an Bord mitgaben. Wohl kein Zufall ist es, dass Hans-Peter Daimler, dessen Prozess nach jenem von Proksch stattfand, den Seefahrtskenner und einstigen Barschel-Anwalt Dr. Samson als Rechtsbeistand nahm. Daimler hoffte, es liefe fairer ab, wenn das Verfahren in Kiel und nicht in Österreich stattfindet (anbetracht Barschels Schicksal und dem Umgang damit jedoch eine vergebliche Hoffnung, wie sich zeigte).

Zurück zu Litwinenko, bei dem auch ohne allzu viel Artikellektüre auffällt, dass der FSB (KGB) wohl kaum auf den Status eines plump und ungeschickt agierenden Dienstes zurückfällt, wenn er bislang (wie Mossad, CIA und Co.) Menschen so tötete, dass dies in der öffentlichen Wahrnehmung als Selbstmord, Unfall. Raubüberfall und dergleichen dargestellt werden konnte. Warum sollte man jemanden plötzlich in einer Weise töten, die kontraproduktiv zu den eigenen Zielen ist (dass der FSB Putin nicht schaden will, nehme ich mal an)? HALLO! HIER! kann man nicht deutlicher rufen als mit dem Einsatz einer geradezu exotisch wirkenden radioaktiven Substanz, die zudem eher ungeeignet ist für den vorgeblichen Zweck. Mit der Fertigung von Polonium-210 aus Bismuth-209 beginnt nämlich schon sein Zerfall, der bei höheren Temperaturen noch beschleunigt wird.

Im Wayne Madsen Report (dessen Autor früher bei der NSA arbeitete) lesen wir, dass es eine "polnische Connection" geben könnte: Poland's neo-con government has been threatening to use its European Union veto power to block the Baltic Sea gas pipeline deal between Russia and Germany. The Polish company that has been blocked by the Baltic Sea route was formerly owned by Yukos at the time Boris Berezovsky's now jailed tycoon friend, Mikhail Khodorkovsky, led the firm. Das Sushi, welches als vergiftet in Frage kommt, wurde von der polnischen Kellnerin Ella Malek serviert, die nun Angst hat, auch etwas abbekommen zu haben.

Allerdings sagt sie auch, dass die Sushi-Portionen zuvor in versiegelten, mit Folie überzogenen Boxen sind, sodass Litwinenkos Sushi eigentlich erst nach dem Servieren vergiftet worden sein konnte. Wismut-209 stammt, so Madsen, unter anderem aus der Mine Gierczyn, wo es aus Abfällen des Zinnabbaues gewonnen wird. Polnische Atomanlagen sind russischer Bauart, was Ähnlichkeiten mit russischen Isotopen erklären kann. The Institute of Nuclear Physics (Polish Academy of Sciences) maintains a cyclotron that produces heavy radioactive isotopes like polonium. A great deal of research work on isotopes, focusing on medical uses, is conducted in Lublin at Marie Curie-Sklodowska University. Research work with bismuth and polonium also takes place at the Gdansk Institute of Technology. (Gdansk is Defense Minister Radek Sikorski's home base).

Some media sources have incorrectly reported that dangerous dosages of polonium-210 can be bought fairly easily on the open market. For example, United Nuclear Scientific Supplies of Sandia Park, New Mexico sells "exempted" polonium-210 to U.S. addresses only from a licensed Nuclear Regulatory Commission reactor in Oak Ridge, Tennessee, but in amounts too small to be dangerous. There have also been press reports casting light on the activities of one of Litvinenko's contacts, an Italian security specialist named Mario Scaramella, who met Litvinenko in London the day the former Russian spy became ill. Although some media speculated that Scaramella was a suspect, it is reported that he, too, has been contaminated with polonium-210 but that it is not life threatening. One intelligence expert observed that the Russian-Israeli mob seems to be trying to eliminate all incriminating witnesses, one by one.


Madsens Eintrag vom 30.11. fragt, ob die Verwendung von Polonium ein Signal sein sollte: There is increasing evidence that the radioactive poisoning assassination of ex-KGB and FSB agent and Kremlin critic Alexander Litvinenko was the result of a plot by anti-Vladimir Putin criminal syndicates based in Britain, Israel, Ukraine, and Poland to embarrass the Russian government. Suspicions about the role of the exiled Russian-Israeli criminal syndicates in the poisoning of Litvinenko, including that headed by Litvinenko's friend, wanted oligarch Boris Berezovsky, re-surfaced after former Russian Prime Minister Yegor Gaidar became violently ill after eating breakfast at a conference he was attending in Dublin, Ireland. Ireland's banking secrecy laws has made it a favorite location for the Russian-Israeli Mafia.

Gaidar's sudden illness occurred a day after Litvinenko died in a London hospital from poisoning from polonium-210, a deadly radioactive isotope when ingested. Radioactive traces were later discovered at sites around London, including Berezovsky's offices in the West End. Gaidar was moved from a Dublin hospital to a Moscow hospital where he received a telephone call from Putin wishing him a speedy recovery. Putin's Mafiosi critics in Britain, Israel, Moscow, and other countries have accused the Russian leader of poisoning Litvinenko and attempting to kill Gaidar. However, Russian officials are claiming that the attacks were carried out by Putin's criminal opponents who want to create tension between Moscow and the West.


Polonium wurde 1897 von Marie Curie entdeckt und nach Polen (in lateinischer Form) benannt, um so Unterstützung für die Unabhängigkeit ihres Landes von Russland, Deutschland und Österreich auszudrücken. Madsen erinnert an frühere Pläne, eine Gaspipeline durch Polen nach Deutschland zu bauen, "bevor Putin kam, um Yukos Öl von den russischen kriminellen Syndikaten zu übernehmen". After Poland was taken over by a neo-con team of identical twins Lech and Jaroslaw Kaczynski, who serve as President and Prime Minister, respectively, Poland not only began to conduct a witch hunt against ex-Communists but also became a base of operations for the anti-Putin Russian-Israeli exiled gangsters and oligarchs. Named as Defense Minister was former American Enterprise Institute resident scholar Radek Sikorski, who also happens to be married to Washington Post editorial board member and leading neo-con journalist Anne Applebaum, also a leading critic of Putin (along with a number of so-called "liberals," including Clinton ambassador to the UN Richard Holbrooke).

After Putin decided, along with former German Chancellor Gerhard Schroeder, to bypass Poland and build the Russo-German pipeline under the Baltic Sea, Sikorski unleashed a barrage against Russia and Germany. He likened the pipeline deal to the 1939 Molotov-Ribbentrop Agreement that carved up Eastern Europe, including Poland, between Nazi Germany and the Soviet Union. Sikorski asked German Chancellor Angela Merkel to cancel the pipeline deal but she refused. We now know that Litvinenko was working on unspecified "energy issues" in London. We also know he has been described as a Russian-Israeli "double agent" and was reported to have transferred classified Russian documents in Yukos to a Russian-Israeli exiled oligarch in Tel Aviv. Double agents are always in danger from the party they are working against. Litvinenko's killers' use of polonium, named by Marie Curie in support of Polish independence, may mean that the assassins are more likely found in Warsaw's Russian-Israeli mob infested intelligence apparatus than in the Kremlin.


Boris Berezovsky hat übrigens einen interessanten Freund und Geschäftspartner: Neil Bush, ein Bruder des US-Präsidenten. Bei der Softwarefirma Ignite! ist er gemeinsam mit Barbara und George H.W. Bush Investor. Der vergiftete Spion besuchte Israel mit einem geheimen Öldossier, was eine der weniger beachteten Aktivitäten vor seinem Tod ist. Wieviele wurden noch vergiftet?, wird oft gefragt und dann geschrieben: Detectives and scientists expressed open astonishment that such an elaborate and evil Cold War-style hit could happen Britain, describing the murder as ‘unprecedented’ and ‘mind-boggling’.It threatened to cause a serious diplomatic rift between Britain and Russia, at a time when relations are at their worst since the end of the Cold War. Cui bono?

Warum Putin wohl nicht dahintersteckt, wird so erläutert: Boris Berezovsky has admitted that he is plotting the violent overthrow of the Russian government and was "warned" by Jack Straw, (who was subsequently sacked from his position as British Foreign Secretary) not to "abuse" his asylum status in Britain. Putin has demanded that Berezovsky be extradited to Russia. Blair had refused to do so. Boris Berezovsky's lawyer is Alexander Goldfarb. Goldfarb helped Berezovsky secure asylum in the UK. Goldfarb is a Russian dissident who now holds American citizenship.Goldfarb was also a close friend of Litvinenko. Litvinenko's death bed accusation that Putin was being his killer was publicly read out by Goldfarb in a recent BBC broadast. Goldfarb claims that the document was dictated to him by Alexander Litvinenko- Now, tell me again who killed Alexander Litvinenko....

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke für den erhellenden Beitrag. Gut zu wissen, dass es in Österreich noch Journalisten gibt, die noch ganz altmodisch recherchieren.

alexandra bader hat gesagt…

vielen dank für die blumen :-) freut mich, dass es wahrgenommen wird - es gibt am 4.12. nochmal was zu diesem Thema (und ich schätze mal, dass ich, obwohl auch vieles anderes Anmerkungen verdient, wohl nochmal was dazu sagen werde...)