15.12.06

Gender und Piktogramme / Tierschutzhaus

In Wien werden Piktogramme im öffentlichen Raum weiblich - jedenfalls soweit es sich nicht um Verkehrsschilder handelt. Dies ist der auffällige Teil der neuen Gender Mainstreaming-Kampagne der Stadt, die am 14.12. präsentiert wurde. Freilich gehört dazu noch weit mehr als veränderte optische Zeichen, doch sollen diese zur Diskussion anregen. Die User (innen?) im Standard debattieren bereits heftig, meist in verurteilenden Worten.

Es sei überflüssig und lächerlich, sozusagen ZA WOS BRAUCH MA DES - allerdings ist das genau die Reaktion, die auch die Einführung gendergerechter Sprache begleitete oder Kampagnen für eine gerechte Aufteilung der Haus- und Familienarbeit. Wir BRAUCHEN "DES" durchaus, da Zeichen im öffentlichen Raum Frauen unsichtbar machen, ebenso wie wir früher in der Amtssprache nicht vorkamen und uns auch heute noch vielfach in männlichen Formen mitgemeint fühlen sollen.



Wäre doch nett, wenn bald sowas überall auf den Fluchtweg (die Fluchtwegin? :-) hinweist, oder?

Ich hab mir jedenfalls nach der Präsentation der Gender Mainstreaming-Kampagne mal genau angesehen, was alles an Piktogrammen Männer darstellt. Um es kurz zu machen: ich konnte gar nicht alles fotografieren, was einen Kommentar wert gewesen wäre. Frauen kommen ausschliesslich mit Kindern vor (schwanger, Kind auf dem Schoss, am Wickeltisch, Kind an der Hand), Männer bewegen sich fort (Rad, Auto, Motorrad, Fussgängerüberquerung, Ampel).

Für Männer gibt es sogar Fotoautomaten und sie sind es, die vor herabfallenden Ästen und Glatteis gewarnt werden. Die Behinderte kommt nicht vor, wohl aber der Behinderte (als Blinder, im Rollstuhl, als Gebrechlicher). Selbst im Bereich Kinder nehmen die Männerfiguren den Frauenfiguren Präsenz weg, da sie in Wohnstrassen Fussball spielen und (als "guter Onkel"?) ein Mädchen an der Hand führen.

Nun zum Tierschutz: Ich bin ja durchaus ambivalent gegenüber dem Wiener Tierschutzhaus, das nun in Konkurs geht. Einerseits sind die verantwortungslosen Leute, die Tiere einfach "wegwerfen", daran schuld, dass es immer voll ist. Andererseits fragt man sich bei Besuchen, ob man das Ganze nicht besser, schöner, sauberer machen kann. Selbst Tierheime, in denen die meiste Arbeit von freiwilligen HelferInnen erledigt wird (jede Woche zu sehen in Tierisch Tierisch), kriegen das nämlich besser auf die Reihe. Trübes, brackiges Wasser für die Vögel, Hundekot monatelang vor den Katzengehegen, Hunde mit Maulkorb und Leine auf und abgeführt (nur toben sich währenddessen in einem Auslauf aus), nicht gerade kommunikatives Personal....

Genau genommen hat mir das Personal vermiest, mal eine Katze aus dem Tierheim zu nehmen. Ich wollte meiner Blume nämlich eine solche Gefährtin geben, jedoch unter der Bedingung, dass dieses Tier auch gesund ist. IHRENE WIRD A FIP HOBN! war die Antwort auf meine diesbezüglichen Fragen. Natürlich hat meine kein FIP gehabt (und hat es auch heute nicht), und so kam ihre "Gesellschafterin" auch von einer Züchterin. Freilich habe ich auch Tierschutzkatzen, hätte jedoch nie im Leben eine aus dem Tierschutzhaus aufgenommen - da wäre mir das Krankheitsrisiko zu gross gewesen.

Tierschutz leistet in Wien nicht nur das Tierschutzhaus, es gibt auch eine Menge Menschen (meist Frauen), die regelmässig Pflegeplätze anbieten und / oder dann die Tiere selbst vermitteln. Ausserdem existieren noch andere Tierheime, die nicht im Focus der Öffentlichkeit stehen, wie das Katzenhaus Freudenau. Bezeichnend war auch, was jene Frauen erlebten, die Katzen einfingen, welche von einer vor ein paar Jahren ermordeten Frau in Simmering auf einem aufgelassenen Fabriksgelände versorgt wurden. Die Angelegenheit war in den Medien, das Tierschutzhaus nahm Spenden für die Tiere entgegen - die Retterinnen der Tiere bekamen keinen Cent davon und konnten die Versorgung der Katzen privat bezahlen (bzw. freuten sich über Futterspenden von Geschäften oder von privat).

Es komme ja eh armen Katzen zugute, soll Frau Loube gesagt haben, der man nun vorwirft, nicht nachvollziehbar mit den Tierheimgeldern umgegangen zu sein. Mit Tierschutz-Märtyerinnenstatus kann man sich Kritik wunderbar vom Leibe halten, denn wer wagt es schon, als "Tierfeind" abgestempelt zu werden, der womöglich all die Tierheim-Tiere dem Tod ausliefert? In Wahrheit tun Tierfreundinnen alles für Tiere, was sie schaffen können und was innerhalb ihrer Grenzen liegt. Würde eine Tierfreundin merken, dass sie mit der Organisation und den Abläufen überfordert ist, würde sie sich Hilfe holen. Niemand kann mir erzählen, dass die Zustände im Tierheim tierfreundlich sind. (Auch die Tiere, die in "Tierisch, Tierisch" vermittelt werden, leiden unter dem Abgeschobensein - aber zumindest haben sie eine schöne Umgebung im Heim.)

Heute hat um 10.000 Euro Futter gekauft, was sicher lobenswert ist. Freilich sollte man die Mängel nicht übersehen, die weniger mit Geld als mit mangelnder Organisation (und Motivation?) zu tun haben. Und nicht vergessen, dass es viele private Initiativen gibt, die oft hart an der Grenze sind, etwa wenn ein gerettetes Tier hohe Tierarztkosten verursacht. Das Ausmass dieses Engagements ist natürlich immer selbstgewählt, doch spielt eine Rolle, dass viele Menschen Tieren dieses Tierheim nicht zumuten wollen. (Ich wollte den gesunden Kater Gandalf, der mir im Sommer zulief, auch auf keinen Fall ins Tierheim bringen - allerdings hat ihn Kater Athos adoptiert und "Gandi" hat mich adoptiert, also ist Vermittlung in ein anderes Zuhause sowieso kein Thema. Zumal er vielleicht ohnehin frei geboren ist und sich aus freier Wahl uns angeschlossen hat...)

Die größte Tierfreundin ist aber weder Frau Loubè noch Eva Dichand von "Heute" noch Fiona Swarowski, die auch als Tierheim-Retterin kolportiert wird. Nein, die größte Tierfreundin ist bekennender Pelzfan und heisst Uschi Fellner. Wer gegen Pelz ist, hat aus ihrer Sicht ein Psycho-Problem und wurde in der Kindheit nicht richtig geliebt (in "Östereich" am 7.12.). Welches Psychoproblem muss frau erst haben, wenn es sie kalt lässt, dass Tiere massenweise für die Pelzindustrie in kleinen Käfigen gehalten und getötet werden? Oder dass Hunde und Katzen in China zu Millionen eingefangen, in winzige Käfige gepfercht und weit transportiert werden und dass man ihnen dann das Fell bei lebendigem Leib abzieht?

Vielleicht hat Frau Fellner - und mit ihr die gemeine Pelzträgerin - das Problem, dass für sie Pelz gleich Luxus und Status ist und genauso wie für manche eine "Schönheits"-OP zum Beeindrucken dient. Muss ja immer noch irgendwo Männer gegen, die es beeindruckt, wenn Frauen sich als Luxusweibchen gebärden, die ohne mt der Wimper zu zucken über Tierleichen gehen. (Sofern ein Fifi vorhanden ist, bekommt der sicher nur das Beste einschliesslich Designerkram für Hunde - während viele Frauen Tieren konkret helfen und um das Geld von all dem Schnickschnack ein paar mehr versorgen könnten).

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hmmm dachte mir wir sind alle menschen

Anonym hat gesagt…

mich regt diese ZA WOS BRAUCH MA DES - argumentation auch auf. die kommentare auf orf.at, standard oder fm4 - das ist manchmal kaum zu glauben.. vor allem kommen immer die selben argumente von "das wird nicht die welt verbessern" bis "wenn schon gleichberechtigung, dann frauen auch zum bundesheer". ps. habe den bebilderten stadtspaziergang sehr interessant gefunden!

alexandra bader hat gesagt…

liebe gitti, danke für die blumen :-) ich fand den spaziergang bewusstseinsbildend, denn ich rechnete mit viel weniger beispielen. ich habe sicher nicht alles entdeckt, zb war ich nicht in einer u-bahn-station, wo doch, glaube ich, am ende der bahnsteige männer gewarnt werden, weiter in den tunnel zu gehen (wenn wir an die warnungen vor rutschigen flächen und herabfallenden ästen denken, wundert mich nicht, dass männer gefährlich leben und früher sterben :-)

@ anonym: sind wir ja - aber warum muss mensch durch mann dargestellt werden? soll sich frau durch mann mitgemeint fühlen, mann aber nicht durch frau?

Anonym hat gesagt…

....na, na, man kann es auch übertreiben: "der Fluchtweg (die Fluchtwegin?" :-) Ich bin eher für eine Vereinfachung der Sprache indem man sie geschlechtsneutral macht und nicht für eine Komplizierung, indem man die Geschlechtsbezeichnungen einfach umkehrt. (Auch wenn es eine Bibelausgabe gibt, in der neben dem Mann die Männin steht - ich habe sie zu Hause - siehe unter:) http://belibaste-xyz.blogspot.com/ Das bringt den Frauen keinerlei Vorteile. Ob auf Schildern Männlein, oder Weiblein sind, ist mir eigentlich egal - ich habe mit weiblichen Schildern kein Problem und mit männlichen auch nicht. Will man da gerecht sein, müßte man immer eine vierköpfige Famile zeichnen, damit sich jeder angesprochen fühlt. So gesehen herrscht Geschlechtergleichheit schon jetzt und vor allem am stillen Örtchen. ;)

alexandra bader hat gesagt…

hallo, "die fluchtwegin" ist natürlich ironisch gemeint :-)

hatte einst in meiner frühfeministischen phase mit freundinnen herumgealbert und alle alltagsgegenstände verweiblicht. gemerkt hab ich mir die aschenbecherin - die ich aber schon lang nimma brauche :-)