Das Wiener Budget stelle ich mir immer als dicken Wälzer vor - wohl weil ich es einst in so einer Form intensiv studiert habe, um in jedem Bereich "Frauenaspekte" zu finden. Das war Ende der 8oer / Anfang der 90er Jahre, als sowas noch nicht Gender Budgeting genannt wurde. Dieser Zugang ergab sich nahezu logisch aus Vorformen des Gender Mainstreaming, was damals frauenspezifische Kommunalpolitik genannt wurde.
Darunter verstand frau das Einbringen von anderen Sichtweisen in alle Politikbereiche, was besonders dort auch gut nachvollziehbar war, wo die politischen Entscheidungen nah an den BürgerInnen stattfanden. Politikerinnen begannen, "männliche" Verkehrspolitik zu hinterfragen, die sich am autofahrenden Mann orientierte. "Stadtplaner sind autofahrende Männer" war ein viel zitiertes Bonmot der deutschen Stadtplanerin Petra Rau, die dann auch mal ein Projekt für die Wiener MA 57 durchführte (die Frauenangelegenheiten auch sehr umfassend und unter Einbeziehung etwa von Sicherheit im öffentlichen Raum und Verkehrspolitik verstand).
In Graz gingen Mitte der 80er Jahre Frauen bei der Alternativen Liste daran, auch Bereiche jenseits des "Sozialen" und von etwaigen Frauenquoten als frauenspezifisch zu verstehen. Ich war eine von ihnen und habe auch gemeinsam mit Gemeinderätin Irene Windisch, die unser Werk dann in der Budgetdebatte 1988 vortrug, an der ersten frauenspezifischen Budgetrede gearbeitet. Dabei brachten wir zu jedem Bereich Anmerkungen aus Frauensicht an - etwas, das nicht so sehr überraschte, standen die Alternativen doch auch dafür ein, weibliche Formen im Sprachgebrauch zu verwenden (heute als gendergerecht bezeichnet).
Später in Wien (bei den Grünen) wollte ich aufbauend auf die Grazer Erfahrungen für ein Frauenkommunalprogramm die Feststellung für uns ist jeder Budgetsektor frauenspezifisch auf die Geschäftsgruppen beim klarerweise umfassenderen Budget einer viel grösseren Stadt anwenden. Nunja, die Begeisterung mancher damaliger Parteikollegen hielt sich in Grenzen - heute kann ich aber beobachten, wie einstige Forderungen aufgegriffen und sogar als Koalitionsbedingungen genannt werden (Wirtschaftsförderung mit Frauenförderung koppeln oder Parteienförderung an den Frauenanteil im Parlament binden :-)
Freilich waren die frühen Bestrebungen Richtung Gender Budgeting bei weitem nicht so detailliert wie jene Vorgaben, die heute die Stadt Wien macht. Stadtrat Rieder präsentierte am 24.10.2006 den Budgetvoranschlag für 2007, zu dem festgestellt wird:
Zugleich wurden in allen Ressorts alle Budgetansätze auf ihren Beitrag zur Verbesserung des Geschlechterverhältnisses überprüft, NutzerInnen-Quoten erstellt und geschlechtsspezifische Ziele formuliert. Hier reichen die Ansätze von der Fachhochschul- und Forschungsförderung, die eine Erhöhung der Frauenquote zum Ziel haben, über die Finanzierung der Kindergärten, dem Gesundheits- und Sozialbereich, bis zur gezielten Ausrichtung der Wohnbeihilfe auf mehr Geschlechtergerechtigkeit. Besonderer Schwerpunkt liegt natürlich auch hier bei der Verbesserung der Investitionen im Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialbereich.
Dies wird in einem eigenen Papier penibel ausgeführt hinsichtlich der Möglichkeiten der Gendergerechtigkeit, die jede Magistratsabteilung wahrnehmen soll. Darin wird auch auf die MA 57 eingegangen, die Gender ja als ureigenstes (mittlerweile eben nicht mehr als einzige MA) Anliegen hat:
Ermöglichung gleicher Lebenschancen für Frauen und Männer, Abbau struktureller Defizite und Förderung von gesellschaftspolitischen Veränderungen durch Grundlagenarbeit, Abwicklung von gezielten Projekten in Kooperation mit anderen Einrichtungen sowie problem- und zielgruppenspezifische Beratungs- und Serviceleistungen und gezielte Hilfestellung. Abbau von frauenspezifischen Benachteiligungen durch spezifische Frauenförderung. Und überhaupt:
Der gesamte Ansatz der MA 57 ist im Sinne des Gender Mainstreaming und Gender Budgeting in höchstem Ausmaß
relevant.
Klingt trocken, meint aber beispielsweise Punkt 757 in Geschäftsgruppe 4, Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung:
Laufende Transferzahlungen an private Organisationen ohne Erwerbszweck: Rechnungsabschluss 2005: 5.595.876,43 Budget 2006: 5.775.000 Voranschlag 2007: 5.885.000. Den grössten "Brocken" stellt die Unterstützung der Wiener Frauenhäuser dar, die aber eine flächendeckende Versorgung mit Frauenhausplätzen garantieren, worauf Wien zu Recht stolz ist (dies ist in Österreich nicht überall gegeben).
Eine Debatte über Frauenförderung fand bspw. in der letzten Gemeinderatssitzung vom 19.12. statt, in der noch ein paar Förderungen beschlossen wurden (die freilich üblicherweise schon lange vorher eingereicht wurden). Es beteiligten sich Sandra Frauenberger (SPÖ und Berichterstatterin), Veronika Matiasek (FPÖ und eine, die etwas zuviel Feministisches sah, aber dann den Anträgen zustimmte), Monika Vana (Grüne und dort Frauensprecherin, die übrigens das Gender Budgeting in Wien als Etikettenschwindel sieht), Nicole Krotsch (auch SPÖ) und Barbara Feldmann (ÖVP und auch 2005 zu dem Thema am Wort).
Es gibt in Wien zwei Arten von Frauenprojekten: die einen haben Dreijahresverträge und daher auch Rechtssicherheit, die anderen suchen jedes Jahr um Subventionen an und haben die Sicherheit des Bedeckungsvorschlages, wie ihnen gerne mitgeteilt wird. Dies bedeutet aus dem Budgetdeutsch übersetzt, dass die Subvention vorgesehen sein muss - allein ist der online abrufbare Voranschlag (siehe Laufende Transferzahlungen an private Organisationen ohne Erwerbszweck) so konkret nun auch wieder nicht. Heisst das, für die ohne Dreijahresverträge bleibt die bange Frage, ob sie auch im nächsten Jahr als förderwürdig gelten?
Das kann's aber nicht sein, heisst es doch wie erwähnt in den Gender Budgeting-Leitlinien: Der gesamte Ansatz der MA 57 ist im Sinne des Gender Mainstreaming und Gender Budgeting in höchstem Ausmaß relevant. Und wir können uns angesichts der Projektevielfalt in Wien ziemlich sicher sein, dass niemand ein Förderansuchen einreicht, die nicht Gender Mainstreaming und Gender Budgeting unterstützt, also Geschlechtergerechtigkeit und den Abbau frauenspezifischer Benachteiligungen anstrebt.
PS: die Hammermeldung des Tages und zu Finanzangelegenheiten durchaus passend: nach einer Studie der AK, entnommen der Webseite der SPÖ-Frauen, kann jeder zweite Mann nach der "Babypause", also dem Kindergeldbezug an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, aber nur jede dritte Frau. Und da zögere noch einer, selber wg. Nachwuchs zu pausieren mit dem Jobargument - obwohl Männer in Karenz nach wie vor weit seltener sind als Frauen ist ihr Risiko viel geringer als jenes der Frauen. Für Männer ist also das Untypische nicht so oft mit Arbeitsplatzverlust gekoppelt wie für Frauen das "Typische". Leisten Frauen, die wegen Kindern pausieren, weniger und sind verzichtbar im Gegensatz zu Männern? Frau könnte da leicht ins Grübeln kommen...
28.12.06
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