28.01.07

Seltsame Politik: Grüssen und Zielschiessen

"Alles ein bisserl lockerer" erklärte ich kürzlich einem Bekannten den Unterschied zwischen Deutschland und Österreich. Er wunderte sich über den Gegensatz zwischen martialischen Sicherheitskräften am Flughafen in Köln-Bonn und den vergleichweise gemütlichen Sicherheitskräften in Wien-Schwechat. Zum Glück hat er nicht die Zeit im Bild 3 am 26.1. gesehen, wo neben dem kindischen Beleidigtsein von Ex-ÖGB-Vizepräsident Neugebauer (der bekanntlich vorzog, nicht bei der Wahl dabei zu sein, da ihn seine andere bezahlte Vollzeitfunktion anderswo sein ließ) zweierlei Österreich-Thema war: 1) Hat Strache Hitler gegrüßt oder mit den Fingern "drei Bier" bestellt? und 2) Hat u.a. Minister Platter auf Konterfeis von Personen zum Spaß zielgeschossen?

Ad 1) "Drei Finger" sind, erfahren wir, nicht der Kühnengruß, mit dem der Hitlergruß weniger direkt ausgedrückt wird, sondern die Bestellung von "drei Bier". Dann bedeutet wohl der Hitlergruß "fünf Bier" und sein Entbieten bei Massenversammlungen war einfach eine gigantische Bestellung, der ein Massenbesäufnis folgte. So erklären sich natürlich auch die Gräueltaten der Nazis, die ähnlich wie unter Alkohol durchdrehende "Familienväter" einfach nicht ganz bei sich waren.

An irgendein Kraut denen wohl auch viele, die sich über eine Aussendung des FPÖ-Pressesprechers Karl-Heinz Grünsteidl wundern (der Name könnte von Karl Kraus erfunden worden sein). Diese klingt rätselhaft und wirr und endet mit diesen Worten: Andererseits: Eventuell bin ich Michael J. Fox oder Charlie Sheen... PS.: Falls irgedneine faszinierende reiche junge Frau sich für mich interessiert, bitte hurtig melden! Immerhin kommen keine armen Sudetendeutschen, kein Walter Nowotny und kein Opfer des "angloamerikanischen Bombenterrors" vor.

Die FPÖ kündigt für morgen eine "Ehrenerklärung" von Parteichef Strache an, von der sich selbst die kritischeren unter den PolitikerInnen der anderen Parteien etwas erwarten. Tatsache ist aber, hätte es eine nennenswerte persönliche Entwicklung im Hinblick auf den Umgang mit unserer Geschichte seit den wehrsportgruppenähnlichen Strache-Fotos gegeben, dann wäre uns das bereits aufgefallen. Strache hätte dann:

* Gedenkdienst gemacht, sich sonstwie engagiert, damit die wahren Opfer des NS-Regimes zumindest eine Anerkennung des Erlittenen erfahren (Wiedergutmachung wäre kein passendes Wort)
* sich immer dann besonders aktiv im Landtag beteiligt, wenn es um ebendiese Anerkennung ging (bei Projekten, die gefördert werden, oder die mehr Förderung bedürfen oder initiiert werden sollen)
* sich in den eigenen Reihen gegen die Verklärung der "Bombenterror-"Opfer, der Wehrmacht, der diversen Kameradschaften eingesetzt
* sich entschieden von seinem Fraktionskollegen Zanger abgegrenzt (wenn nicht diesen zum Rücktritt aufgefordert), als dieser Positives am "Führer" fand
* von Andreas Mölzer verlangt, der EU-Fraktion am ganz rechten Rand nicht beizutreten
* in eigenen Medien der FPÖ (inkl. Mölzers Zur Zeit) über das Leid der wahren Opfer berichten lassen, Initiativen gesetzt, damit die letzten ZeitzeugInnen ihre Geschichte überliefern können (Buchprojekte initiiert analog den Buchprojekten, in denen Sudetendeutsche betrauert werden etc,)
* versucht, seine Ex-Kampfsportübungs-Kameraden von den richtigen Proportionen der Geschichtsbetrachtung zu überzeugen
* Veranstaltungen gemieden, bei denen Soldaten als Kriegsopfer betrauert werden, nicht aber die Opfer unter den "rassisch" Verfolgten (die Opfer und nicht irgendwann auch gestorbene Täter waren)

Irgendwas in dieser Art bekannt? Oder Gegenstand dessen, was Strache morgen sagen wird?

Eins steht fest: die FPÖ sieht in der Veröffentlichung von Fotos einen "Racheakt" von Neonazis - haben die vielleicht den Strache im Photoshop dazumontiert?

Inzwischen tauchen neue Bilder auf, wie "Österreich" meldet, und zwar von Strache bei der Burschenschaft Rugia Eisgrub. "Österreich" erwähnt u.a. die "Verweise" (Link auf Sudetendeutsch :-) ua. zur Aula. Straches Gedankengut spiegelt auch Zur Zeit wieder, das Blatt von Andreas Mölzer. Aktuell geht es dort etwa um die Antifa-Hatz gegen Strache und es gibt ein Interview mit Bruno Gollnitsch, seines Zeichens wegen Holocaustleugnung vor Gericht und Vorsitzender von Mölzers EU-Fraktion.

Demnach sind alle Vorwürfe an diese Fraktion Propaganda, was sich z.B. so liest: ....selbst Ihr Fraktionskollege Andreas Mölzer hat festgestellt, er würde den politischen Stil einiger ITS-Partner „nicht unterschreiben“. Gollnisch: So hat er das niemals gesagt. Sie unterschätzen, wie skrupellos die Lügen-Propaganda der Political Correctness sein kann! Ein weiteres Beispiel: Die Tageszeitung „Die Welt“ zitiert in einem Artikel über die Fraktion „Identität, Tradition, Souveränität“ vom 9. Januar einen angeblichen ITS-Politiker, den Rumänen Dumitru Dragomir, mit antisemitischen Äußerungen. Nur: Herr Dragomir gehört der ITS gar nicht an! In einer rumänischen Zeitung wiederum lese ich, Le Pen habe in Frankreich CDs mit Nazi-Inhalten herausgegeben. Ich kenne diese Tonträger, es handelt sich um historische Dokumentationen, die sich mit allen möglichen Epochen befassen, darunter ist eben auch der Zweite Weltkrieg. Auf der entsprechenden Platte finden sich dann neben Zitaten aller möglichen politischen Richtungen der damaligen Zeit eben auch die von Nationalsozialisten.

Ganz humpmäßig klingt auch, was der FPÖ-Abgeordnete Weinzinger von sich gibt: Irgendwelche Neonazi-Kreise wollten der FPÖ Schwierigkeiten machen", was impliziert, dass die FPÖ mit irgendwelchen Neonazi-Kreisen zu tun hat. Und weiter: Es ist zwar für mich schlecht, aber ich sag es trotzdem: Bei diesen Fotos war die so genannte Ehrenerklärung für Küssel dabei. In dieser Ehrenerklärung habe ich die Aussage zurückgezogen, dass ich den Küssel öffentlich einen Idioten genannt habe. Weil das tut man nicht, und ich bin halt einem gewissen Ehrenkodex unterworfen. Und diese Ehrenerklärung konnte nur der Küssel haben und sonst niemand. Komisch, dass andere Politiker (innen) erstens weder in die Verlegenheit kommen, Ehrenerklärungen für Neonazis abzugeben und zweitens auch nicht auf Bildern zu sehen sind, mit denen sich Neonazis rächen könnten. Wären die Bilder soooo furchtbar harmlos, wie die FPÖ behauptet, bestünde kein Grund, sich groß drüber aufzuregen. So aber gibt die FPÖ selbst zu, dass die Fotos empörend sind (daran sollte sich Kanzler Gusenbauer ein Beispiel nehmen :-)

ad 2.) Minister Platter habe nicht auf die Konterfeis von Personen geschossen, da dies nicht seine Art sei. Also kein Grasser-Gesicht beim Bundesheer-Fest am Fliegerhorst, aber auch keine Krone und kein Schwammerl (Pilz). Generalmajor Wolf, verantwortlich für das Eurofighter-Projekt verteidigt - nein, keine Bubenstreiche - das Recht, Spaß zu haben. Der Ex-Beamte Hillingrathner meint hingegen, nur auf seiner Zielscheibe sei ein Grasser-Foto "in Paßbildgröße" gewesen. Was für merkwürdige Spiele laufen bei Bundesheer-Feiern ab? Okay, immerhin robben die Gäste nicht in Tarnkleidung durch den Wald und versammeln sich zum Erinnerungsfoto vor Kriegerdenkmälern....

Keine Kommentare: