15.01.07

Regierungsnormalität und weitere Proteste

Eigentlich bin ich noch recht lebendig.

Wolfgang Schüssel (61), Klubobmann der ÖVP, ZiB 2, 15.1.2007

Der gutgelaunte Ex-Kanzler wurde u.a. nach der leidigen (ewigen) Ortstafelsache gefragt, in der Neo-Justizministerin Maria Berger sich auch Schritte gegen Landeshauptmann Haider (Amtsenthebung) vorstellen kann. Dies findet er "unklug" und pocht auf den die letzten paar Jahre hergestellten Konsens.

Naja, warum gibt es dann nicht schon längst ordnungsgemäße zweisprachige Ortstafeln? Ist doch normal, wenn irgendwo zwei Sprachen in der (angestammten) Bevölkerung vorkommen. Bzw. haben manche Länder, wo auch andere Schriftzeichen verwendet werden, zusätzlich englischsprachige Tafeln. Haben Haider und Co. Probleme mit der Aussprache im Slowenischen?

Dann sollten sie froh sein, dass in Österreich, dem vermutlichen Ursprungsland der Kelten, keine keltische Sprache mehr gesprochen wird, sondern deutsch. Ein normaler Text würde sich ansonsten vielleicht so lesen: Mae un o gyfrannwyr papur bro Y Bigwn yn cofio'r hen draddodiad o fynd o fferm i fferm yn ardal Dinbych ar ddiwrnod cynta'r flwyddyn yn hel Calennig.

Mehr davon gibt's auf der BBC-Webseite in Cymru (Walisisch). Dann hätten wir Ortsnamen wie: Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch, wobei man noch die deutsche Übersetzung: Marienkirche in einer Mulde weißer Haseln in der Nähe eines schnellen Wirbels und in der Gegend der Thysiliokirche, die bei einer roten Höhle liegt, ins Slowenische übertragen muss. Allerdings wurde dieser Name im 19. Jahrhundert künstlich geschaffen, als eine Art Marketinggag im damaligen Tourismus.

Der längste Ortsname der Welt, natürlich aus der Maori-Sprache entstanden, ist übrigens < Taumatawhakatangihangakoauau- otamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu (seien wir froh, dass in Kärnten SlowenInnen und keine Maori leben :-)

Aber werden wir wieder ernst: in der SPÖ formiert sich Widerstand bei den ChefInnen der Landesparteien in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark.

Die Grünen setzen sich im Parlament, genauer im Präsidium (via Eva Glawischnig) für einen Ausbau von Minderheitenrechten, also für BZÖ und FPÖ ein. Am gleichen Tag, wie Glawischnig diese Vorhaben per Pressekonferenz verkündet, formiert sich im EU-Parlament eine rechte Fraktion unter Beteiligung der FPÖ. Andreas Mölzer arbeitet nun zusammen u.a. mit: Jean-Marie Le Pen und dessen Tochter, Bulgaren und Rumänen, die schon mal die Liquidierung von Roma und Sinti fordern oder Roma-Frauen per Mail als billig zu kaufen anpreisen. Auch Alesssandra Mussolini ist mit von der Partie und Fraktionschef ist ein Holocaustleugner.

Zum BZÖ waren die Grünen besonders nett, haben sie doch die Wahl nicht angefochten, obwohl es chancenreich gewesen wäre, da das BZÖ mit unterschiedlichen Listenbezeichnungen angetreten ist. Gut möglich, dass der Weg zu Rot-Grün (oder auch: Schwarz-Grün oder auch: Rot-Schwarz mit mehr Rot als Schwarz im Programm) per Verfassungsgerichtshof freigemacht worden wäre. Aber nein, man wollte nicht für die eigenen Interessen kämpfen. Umso mehr jetzt dafür, dass das BZÖ mit sieben Abgeordneten einen Untersuchungssausschuss beantragen kann.

Haben sich je andere für Minderheitenrechte der Grünen eingesetzt, als diese nur acht MandatarInnen hatten? Haben die Grünen darauf vertraut, dass andere ihre Rechte erkämpfen werden? Glawischnig sieht sich jedenfalls als Anwältin der Opposition gegenüber den beiden anderen PräsidentInnen. Vor einigen Wochen wurde noch, Barbara Prammer ergänzend, an die ÖVP appelliert, doch im Sinne von Frauenpolitik auch eine Vertreterin ins Präsidium zu entsenden. Heute wäre es wichtig, dass das Frauenministerium im Kanzleramt mit seinen Anliegen auch parlamentarische Unterstützung bekommt - aber Geduld, erstmal die Rechte des BZÖ sichern!

Laura Rudas, Jung-Gemeinderätin der SPÖ in Wien (25), wird nun das Nationalratsmandat von Frauenministerin Doris Bures übernehmen. Sie meint ihre Hauptaufgabe sei es, die begonnene Rückholaktion für Jugendliche in die SPÖ verstärkt fortzusetzen. So einfach ist das - Jugendliche sind angfressen, und ehe man es sich versieht, hat schon eine Rückholaktion begonnen (vielleicht unmittelbar nach der Demo am 11.1.?). Sie will beweisen, dass es auch wichtig ist, dass es kritische Geister innerhalb der SPÖ gibt.

Das war auch die Aufgabe von Josef Cap, heute Klubobmann, als er dem burgenländischen Landeshauptmann Kery drei kritische Fragen stellte. Manche meinen, das waren die letzten kritischen Fragen, die je als seinem Mund zu hören waren, doch diese erfüllten ihren Zweck, Mittels Vorzugsstimmenkampagne kostete Cap der Alternativen Liste das Grundmandat in Wien bei der Nationalratswahl 1983 - und daran bastelten SPÖ-Leute mit, die wenige Jahre später, siehe da, plötzlich bei den Grünen auftauchten. Die AL erholte sich nie richtig davon, wie mit ihr umgegangen wurde; und umso leichter war das Spiel mit den 1986 entstandenen Grünen (bei denen kaum jemand von der AL übriggeblieben ist...).

Heute haben sich die Zeiten wohl geändert, denn gerade SJ und VSStÖdenken nicht daran, klein beizugeben. Die ÖH-Vorsitzende Barbara Blaha und die VSStÖ-Vorsitzende Sylvia Kuba sind aus der SPÖ ausgetreten, statt bereit zu sein, die Studiengebühren doch irgendwie rüberzubringen. Es wird wieder demonstriert, etwa in Wien:

Mittwoch, 17. Jänner 2007 - 14.00 Uhr - Minoritenplatz, vor dem Wissenschaftsministerium und danach zur Kundgebung zum Kanzleramt (Aufruf der ÖH)

In Linz wird am 18.Jänner um 11 Uhr auf dem Hauptplatz gegen die große Koalition demonstriert.

In Graz gab es am 11.1. eine Kundgebung auf dem Hauptplatz und am 17. Jänner startet um 14 Uhr eine Demo vor dem Uni-Hauptgebäude.

Die Seiten der SJ in den Bundesländern verweisen stets auf die Protestsektion, auf Wir sind SPÖ (wo auch das Regierungsprogramm analysiert wird) und die Plattform Minderheitsregierung.

Keine Kommentare: