12.01.07

Der Alltag nach der Regierungsbildung

Politischer Alltag kehrt ein, eine neue Koalition, die zu arbeiten beginnt, vorerst noch unter Irritationen. In der SPÖ kritisieren öffentlich vor allem Erich Haider (OÖ) und Franz Voves (Steiermark), in der ÖVP ist es Erwin Pröll (NÖ). All dem gemeinsam ist, dass die WählerInnen so einen kleinen Einblick erhalten, wie es sonst hinter den Kulissen abläuft. Enttäuschte SPÖ- WählerInnen sammeln für das Forum Zwischenruf übrigens Stellungnahmen aus dem Parteivorstand. Da die Plattform gerade erst geschaffen wurde, ist bislang neben bekannten Statements nur eine Rede von Günther Tolar (von SoHo, Sozialdemokratie und Homosexualität) im Web abrufbar, die es aber in sich hat.

Wer nicht nur diskutieren möchte, kann auch der Protestsektion beitreten, die die SJ Linz geschaffen hat. Deren Webauftritt Abtreten ist eine getreuliche satirische Nachbildung der Webseite des Bundeskanzlers. Dieser nimmt nun immer wieder Stellung, behauptet jedoch beispielsweise, eine Art Sozialdienst für StudentInnen sei eine Erfindung, die ihm untergejubelt wurde. Hat er das Koalitionsabkommen denn nicht gelesen, wo von einer Tätigkeit im Rahmen "neuer sozialer Herausforderungen" u.a. im Hospiz die Rede ist? Dabei trägt es ja seine Handschrift, wie uns bspw. SPÖ-Klubobmann Josef Cap mitteilt....

Der Salzburger Drehpunkt Kultur beurteilt die neue Unterrichts- und Kunstministerin Claudia Schmied, die vor allem von Empängern der Großsubventionen im Kulturbereich Vorschußlorbeeren bekommt. Unter dem Stichwort Kompetenz und Professionalität wird die Vergabe von Regierungsposten per Anruf in letzter Minute kritisiert. In der Tat wirkt es ein wenig seltsam, wie da in letzter Sekunde herumtelefoniert wurde (den Interviews mit Betroffenen zu entnehmen oder gar als Live-Performance).

Gehören nicht Schattenkabinette zur Tradition von Oppositionsparteien, die sich auf die Regierungsarbeit vorbereiten, mit PolitikerInnen, die sich bereits in jenen Bereichen profilieren, die sie später einmal als MinisterIn übernehmen sollen? Natürlich kann man gerade bei QuereinsteigerInnen nicht monatelang vorher bekanntgeben, an wen gedacht wird - aber jemanden erst gegen Mitternacht überhaupt fragen, damit sie/er anderntags präsentiert werden kann? Unfair ist es jedenfalls, Leuten, die noch keine Regierungsämter hatten, gleich mal die Qualifikation abzusprechen, nur weil sie dem Umfeld des Auswählenden entstammen.

Im Zweifelsfall scheint sowas besonders gegen Frauen zu sprechen, sehen wir uns die ganz unterschiedliche Kritik an Norbert Darabos (Verteidigung, früher Bundesgeschäftsführer) und Doris Bures (Frauen, früher Bundesgeschäftsführerin) an. Manche Poster im Web trauen ihr grad zu, Gusenbauer einen Kaffee zu kochen, als ob dies bisher die Aufgabe einer Bundesgeschäftsführerin gewesen wäre. Warum kommt niemand bei Darabos auf die Idee, seinen Job und seine Eignung so zu betrachten? Da geht es höchstens darum, dass er Zivildiener war und nun fürs Heer zuständig ist (und dass er es nicht schaffen wird, den Eurofighter-Preis runterzuhandeln oder aus dem Vertrag auszusteigen).

Apropos: dazu wird auch heftig gepostet, etwa bei der standard, und eine Stellungnahme fand ich besonders witzig - es ging darum, dass ja sicher irgendjemand anderer ein paar Flieger braucht:

Der einzige Kunde in Österreich

Wo wäre Ihrer Meinung nach weitere Zielgruppen für Kampfflugzeuge in Österreich zu finden?
Kahlköpfige Veranstalter von Wehrsportübungen?
Unzufriedene SPÖ Wähler mit Rachegelüsten? (nur mit Luft Boden Fähigkeit)
Kärnter Porschefahrer (nur ohne mehrsprachige Software)?
Vorschläge an die Eurofighter GmBH und das Innenministerium...


Man könnte da auch die Fantasie weiter spinnen lassen und vorschlagen, wir nehmen stattdessen ein oder zwei Airbus A 380 und lassen unsere StudentInnen (für 6 Euro die Stunde, Unterkunft, Verpflegung und Anreise selbst zu bezahlen) ein Jahr lang den Riesenjet montieren helfen. Mit dem A 380 könnte man dann fliegende Parlamentssitzungen machen oder eine Riesengruppenreise nach Brüssel....

Oder die Eurofighter für ein Museum in Zwentendorf anschaffen, wo nicht so ganz gute Entscheidungen und wirtschaftliche Projekte ausgestellt werden (Konsum und Bawag eingeschlossen :-).

Der Sager zu den gebrochenen Wahlversprechen ist:

ich verstehe die kritik an gusi nicht ..
erinnert ihr euch noch an die kälte im letzten winter der schüssel regierung? seit gusi die wahl gewonnen hat, ist es viel wärmer geworden: ERSTES VERSPRECHEN ERFÜLLT

und ein neuer (kräftiger) wind weht auch bereits - ZWEITES VERSPRECHEN ERFÜLLT


Die UserInnen beim Standard schwingen sich auch zu neuer Kreativität in der Nickname-Gebung auf: Dr. Busenklauer, PräsidentIn der Gesellschaft für Geschlechtsstudien, Ministerium für Landesbeleidigung oder schlicht Ab Kanzler und vieles mehr...

Bei den CeiberWeibern gibts einen Kommentar zum Thema, was nun mit der großen Koalition ist, der auch darauf eingeht, wie Medien Gusenbauer gezielt ein Loserimage verpaßten, mit dem es sicher recht schwer ist, erfolgreich(er) zu verhandeln. Niemand kann ja (samt seinem Umfeld und einer ganzen Partei) gänzlich unberührt von den Etikettierungen sein, die man ihm mal verpaßt hat.

Diese Woche wurde Al Gores Film An Inconvenient Truth in Wien mit einem einleitenden Referat der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb vorgeführt. Die CeiberWeiber waren dabei und berichten - was auch Gelegenheit bietet, auf eine Aktion von Greenpeace hinzuweisen. Als Reaktion auf warmes Wetter und fehlende Ansätze in Richtung Reduktion der CO2-Emissionen im Regierungsprogramm wurde ein Badetag am Ballhausplatz veranstaltet, in Bikini und Badehose.

Ich fahre fast täglich an einem einsam gelegenen Zigarettenautomaten mit dem Rad vorbei. Meistens kann ich dort die Summe unvernünftigen Verhaltens beobachten: Person (überwiegend Mann) kommt mit dem Auto extra gefahren, läßt Motor laufen und holt sich Zigaretten. Was das Rauchen betrifft, wird übrigens die neue Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky den strikten Kurs von Maria Rauch-Kallat nicht fortsetzen. Sie möchte Lokalen keine strengen Vorschriften machen. Schade, die Selbstbeschränkung (Nichtraucher- und Raucherzonen) sorgt bereits für sehr angenehme Luft im Nichtraucherbereich (kürzlich im Griensteidl erlebt, wo rauchfreie Atmosphäre wirklich was Auffälliges ist).

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