24.01.07

"Bubenstreiche" / ÖGB-Kongress

FPÖ-Chef Straches an "Wehrsportübungen" erinnernde "Jugendfotos" könnten durch Aufnahmen ergänzt werden, auf denen Strache die Hand zum Hitlergruss erhebt - jedenfalls wollte er dies gestern in der Zeit im Bild 2 nicht ausschließen. Was Buben halt so spielen, wenn sie dem Gesetz nach bereits mündige Bürger sind - oder wie ein User des "Standard" meinte: als nächstes taucht er im Parlament mit einem Nachziehtier auf?! Bei Strache und Co. handelt es sich aber um Kontinuität und Netzwerken, wie ein Artikel in der Jüdischen darstellt.

"Bubenstreiche" machen auch die ewig jungen Mitglieder der neuen ganz rechten Fraktion im EU-Parlament, worauf der einzige Österreicher dort, Andreas Mölzer, offenbar stolz ist. Im "Osten" seien die Abgeordneten noch nicht ganz so politisch korrekt zivilisiert. So freut er sich über den
Bulgaren Dimitar Stojanov, der bereits als Beobachter im EU-Parlament einen Skandal auslöste, indem er gegen eine ungarische Romaabgeordnete in einer E-Mail an alle Abgeordneten polemisierte: in Bulgarien gäbe es viel hübschere Zigeunerinnen, die mann ganz günstig kaufen könne.“ Sein Parteivorsitzender befürchtet eine Ausländerflut und will Türken und Zigeuner aus dem Land werfen. Die USA sind unter jüdischem Einfluss, was nicht nur die Bulgaren in der Rechtsfraktion denken.

Stojanovs rumänischer Kollege Dumitru Dragomir verkündete öffentlich, Juden zu Seife verarbeiten zu wollen. Während ewiggestrige Ösis am 8. Mai in kollektive Trauer ausbrechen, feiern die rumänischen Rechten den Geburtstag des faschistischen Diktators und Nazi-Kollaborateurs Ion Antonescu. Aber auch im Westen gibt es "Bubenstreiche", etwa wenn der Vorsitzende der neuen Fraktion im EP (zugleich stellvertretender Vorsitzender der französischen Front National) Bruno Gollnisch zum Holocaust meint: Nicht ein einziger seriöser Historiker verteidigt mehr hundertprozentig die Ergebnisse des Nürnberger Prozesses. Ich bestreite nicht, dass Konzentrationslager existiert haben, aber die Zahl der Toten betreffend gäbe es Diskussionsstoff für die Historiker. Und hinsichtlich der Existenz von Gaskammern liegt es an den Historikern, sie festzustellen. Laut dem oben verlinken Artikel in der "Jüdischen" ist Gollnisch vom EP an Frankreich ausgeliefert und dort rechtskräftig verurteilt worden.

Mit John Gudenus, gegen den hierzulande mehrfach ermittelt wurde, weil auch er so gewisse Gaskammer-Zweifel hatte, würde Gollnisch sicher einiges zu plaudern haben (Erinnerung an die Zeiten von "Bubenstreichen"?), aber auch mit dem FPÖ-Abgeordneten Zanger, der fand, dass nicht alles im Nationalsozialismus schlecht war, es auch positive Seiten gab. Aber alles nur harmloser jugendlicher Überschwang, so wie damals bei denen, die nach der Hitlerjugend weitermachen wollten. Oder die sich nicht mit Häusern für den Modelleisenbau begnügten oder Städte aus Karton bastelten, sondern die Germania erschaffen wollten. Nicht zu vergessen jene, die nach dem Doktorspielen mit Puppen ("tut das weh?") auch mit richtigen Menschen experimentieren wollten, wozu man ihnen ganze Konzentrationslager einrichtete. Alles ewige Buben, an deren Treiben nur der Rest von Österreich absolut gar nichts "doch auch irgendwie Positives" findet,

Der Rest? Nun, Kanzler Gusenbauer dürfen wir ausnehmen, denn er artikulierte Verständnis für Straches "Bubenstreiche" im Erwachsenenalter (mit Video). Kurzfristig dachte ich, etwas hat mich um sieben Jahre zurückgebeamt und Schüssel entschuldigt den Koalitionspartner, dessen Chef ja beispielsweise die Waffen-SS-Veteranen als durchaus anständige Menschen bezeichnet hat. Auch Gusenbauer kommt es auf das "Heute" an, und auch er negiert die Tradition und die Seilschaften, die vom Gestern zum Heute führen und wo kein Bruch zu erkennen ist. Laut "Österreich" hat Gusenbauer in letzter Zeit acht Kilo abgenommen - per Krautsuppendiät, Dinner Chancelling oder Grundsatz-Diät (alles abwerfen, was lästiger Ballast ist?).

Die "Presse", von der FPÖ geklagt, da sie über ein Dossier über Strache berichtete, das kursieren soll, schreibt, dass Strache jedwede eventuell auftauchende Hitlergruß-Fotos als dumme Provokation bezeichnet. Nicht als SEINE dumme Provokation, wohlgemerkt. Aber immerhin wurde das Dollfuß-Bild im Kanzleramt abgehängt und die Regierung von angeketteten "Widerständigen" im Kanzleramt empfangen (vor dem Ministerrat, nach dem dann der Verständnis-Sager abgegeben wurde). Presseaussendung von "News", das bekanntlich nicht immer recht hat:

NEWS berichtet zudem, dass Strache während seiner Zeit als Verlobter der Tochter des NDP-Chefs Norbert Burger den VAPO-Gründer Gottfried Küssel kennen gelernt hat und zu diesem private Kontakte hatte. Küssel, der zuletzt im August 2006 bei einer FPÖ-Veranstaltung in Oberösterreich aufgetreten ist, spielt im Konflikt eine zentrale Rolle. Im Oktober 2006 ist er gemeinsam mit dem Rechtsextremisten Andreas Thierry, der auch auf den jetzt veröffentlichten Strache-Fotos von den Wehrsportübungen zu sehen ist, bei einem Treffen von Rechtsextremisten in Gumpoldskirchen aufgetreten. Und man hat ein umfangreiches Dossier.

@ ÖGB: Die Gewerkschaftsplattform berichtete auch mittels eigener Kongresszeitung täglich vom zu Ende gegangenen ÖGB-Kongress. Darin nahm man sich kein Blatt vor den Mund, bemängelte fehlende Reformen und das ungebrochene Weitermachen einer Führung, die sich kaum von denen unterscheidet, die mit der BAWAG auch den ÖGB in den Sand setzte. Nachvollziehbarer Frust, da der mit 84% ohne Gegenkandidat gewählte Präsident Hundstorfer am 23.1. im "Report" zum Einschlafen war. Dass kein Streikfonds mehr da ist, stört ihn nicht weiter, den gibts ja z.B. in Italien auch nicht, und dort wird ja manchmal gestreikt.

Eine Direktwahl seiner Funktion wäre zu aufwändig und zu teuer (und würde, können wir hinzufügen, im Fall von Gegenkandidaten oder überhaupt auch nicht dazu führen, dass er Präsident wird/bleibt). Atypisch Beschäftigte sind Gegenstand von "Projekten", offenbar nach dem Motto, mal sehen, ob wir uns irgendwie für die einsetzen können. Immerhin will die neue Regierung, dass sie künftig arbeitslosenversichert sind. Ganz vergessen hat der Herr Präsident, dass Gewerkschaften ja wegen der Rechtlosigkeit von Menschen gegründet wurden, die mangels Besitz, von dem sie leben können, auf Lohnarbeit angewiesen waren und jederzeit entlassen werden konnten. Die keine geregelten Arbeitszeiten hatten, keine Mindestlöhne, keinerlei soziale Sicherheit.

Ändert sich der ÖGB nicht dramatisch, wird dies bald auf die meisten Arbeitenden in Österreich zutreffen (es sei denn, sie sind im öffentlichen Dienst oder in Institutionen wie dem ÖGB beschäftigt), und mann entdeckt vielleicht wieder, warum es doch ganz gut war, früher mal kämpferische Gewerkschaften zu haben. Eigentlich hätte der ÖGB - statt Karibikträume mit Elsner und Flöttl zu wälzen - VERHINDERN sollen, dass es so viele Atypisch Beschäftigte gibt. Man kann es nicht oft genug betonen: VERHINDERN, VERHINDERN, VERHINDERN. Wie die Gewerkschaftsplattform aber feststellt, bewegt sich der ÖGB in jenem Verhandlungsspielraum, den ihm die Vertreter der Wirtschaft zugestehen.

Die Herren machen, gefördert vom Herrn Bürgermeister, so weiter wie bisher, schreibt Gerfried Sperl im "Standard" und nennt als Beispiel, dass GPA-Chef Katzian zum Präsidenten des Fußballclubs Austria Wien gewählt wurde. Mit dem Versprechen, sich nur in der Freizeit um dieses Hobby zu kümmern, das ihm nicht nur Sperl nicht abnimmt. Renate Csörgits wollte wieder ÖGB-Vizepräsidentin werden, erhielt aber zuwenig Stimmen, sodass Roswitha Bacher nachträglich als Kandidatin aufgestellt (und gewählt) wurde.

Die Delegierten waren besonders darüber empört, dass sie keine Ahnung hat, wieviel sie eigentlich verdient. Dadurch ist sie schon vor ein paar Jahren aufgefallen, als es um das Doppeleinkommen aus Nationalratsmandat und Gewerkschaftsfunktion noch in Schilling ging. Wie mögen wohl die vielen vielen Frauen, die jeden Cent mehrfach umdrehen müssen, so eine "Vertreterin" empfinden? Davon abgesehen, dass sie immer weniger Frauen rein formal vertreten hat, da dem ÖGB die Zunahme atypischer Beschäftigungen ja weitgehend entgangen ist. Achja, die Frauen im ÖGB: immerhin strebt man(n) nun an, dass sie dem Anteil an den Mitgliedern entsprechend auch in Gremien vertreten sind (zu 1/3). Schade nur, dass Frauen unterproportional 1) ÖGB-Mitglieder sind (bezogen auf die ordentlich Beschäftigten) und b) überproportional atypisch beschäftigt sind. Gerade da bräuchten sie eine kämpferische Gewerkschaft, in der sie sich SELBST vertreten können (aber bitte nicht in Doppelfunktion mit nonchalantem Vergessen, was frau eigentlich in vielen tausend Schilling und einigen tausend Euro verdient)....

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