19.01.07

Orkan über Österreich / die FPÖ in Troubles

Wie war der Orkan, werde ich in einer Mail von jenseits des Atlantik gefragt. Abseits der Kurznachrichten, wo natürlich nur Spektakuläres vorkommt, wäre zu sagen, dass das Warten auf ein Unwetter schon was Gespenstisches an sich hat. Sicher wurden überall Vorkehrungen getroffen, aber eher, damit niemand zu Schaden kommt, denn verhindern kann man einen Sturm nicht. Dennoch gab es zahlreiche Tote in anderen Ländern; in Österreich nur gewaltige materielle Schäden (die dennoch vergleichsweise "klein" sind, wenn man etwa an Bilder aus Deutschland denkt).

Viele Menschen verbrachten eine mehr oder weniger schlaflose Nacht - sei es, weil das eigene Haus abgedeckt wurde oder eines gegenüber, oder weil, selten, auch Fensterscheiben zerbrachen und die BewohnerInnen nur durch Glück gerade woanders waren. In Wien peitschte der Wind durch Straßen und Innenhöfe, wo ständig etwas herunterfiel, oder er tobte sich zwischen Häusern aus. So war es bei uns, Heulen von beiden Seiten, nirgendwo ein ruhiges Plätzchen. Plötzlich entdecke ich, dass der Zaun ganz schief ist, gehe doch hinaus (nicht zu empfehlen, es hätte z.B. eine gläserne Balkonverkleidung von oben kommen können), sehe, dass die Verankerung am Querzaun gelöst ist. Ich versuche, den Zaun wieder gerade zu ziehen, natürlich hoffnungslos mitten im Sturm.

Ich schätze im ersten Moment, dass ein paar Leute notwendig sind, um ihn wieder aufzurichten. Zwei Katzen nutzen den Augenblick, um mitten im Sturm ins Freie zu schlüpfen. Das ist für sie nicht so gefährlich, wie es klingen mag, denn sie können hinunter in den Graben springen und dann ins Dickicht gehen - der heftigste Wind ist im Garten. Zum Glück sind sie bald wieder da, sodass wir zu schlafen versuchen können. Ich schalte immer wieder NTV aus und ein, alles nur Deutschland, und die Nachrichten wiederholen sich. Irgendwann schlafe ich doch ein, bin morgens aber wie gerädert, wie so viele andere auch.

Kurz war ich im Sturm, habe den vorbeieilenden Wolken am Nachthimmel zugesehen, mich um das Flugzeug gesorgt, das noch unterwegs war (gerade wurden vorher im Fernsehen deutsche Passagiere interviewt, die eine heftige Landung in Frankfurt hinter sich hatten). In Wien gab es keine Probleme im Flugverkehr, hiess es dann heute morgen. Der Sturm ist ein Vorbote dessen, was uns der Klimawandel noch bringt. Wir konnten uns jetzt darauf einstellen, es gab eine Vorwarnzeit, es konnten Maßnahmen getroffen werden - was aber, wenn dies nicht mehr geht, weil etwas plötzlich auftritt oder immer wieder, wenn mehrere Ereignisse zusammentreffen?

Die Katastrophentouristen sind da ganz unbekümmert - damit meine ich jene, die direkt am Meer eine Flasche Bier trinken, die hohen Wellen und die Windstärke zum Surfen nutzen oder die trotz Sturmwarnung noch schnell eine Runde im Wald joggen oder mit den Hunden gehen. Diesen Menschen ist nichts passiert, wohl aber manchen, die einfach noch rasch nach Hause wollten oder beruflich mit dem Auto unterwegs sein mußten. - Mein Zaunproblem habe ich übrigens gerade selbst gelöst: mit einem Seil konnte ich die Pfosten langsam in die Senkrechte ziehen, beginnend bei jenen, die am wenigsten zur Seite gedrückt waren, dann jene, die mehr Neigung hatten, und immer wieder bei allen etwas ziehend, bis alle aufrecht waren.

Mit einem Teil des Seiles band ich dann den Zaun am Querpfosten fest, wo ja irgendwelche Schrauben abgesprungen und in den Graben gefallen waren. Im Nachhinein war ich erstaunt, wie leicht es eigentlich ging. wo sich die Pfosten bei direktem Zug mit den Händen gar nicht rührten. Starke Frau? :-) Eher schlau: Ausnützen der Hebelwirkung oder so was Ähnliches. Vielleicht, weil ich genau zugesehen hatte, wie das Aufrichten der Steine von Stonehenge nachgestellt wurde. Aus "das schaff' ich nicht allein, der Zaun ist ja ganz schön schief und schwer" wurde ein "siehst du, geht doch!". Was nicht heisst, dass frau nicht doch, wenns nicht anders geht, mal Hilfe von körperlich (noch? :-) Stärkeren in Anspruch nehmen soll....

@ Politik: FPÖ-Chef Hans-Christian Strache kommt von den eigenen Leuten unter Druck, mit Fotos, die ihn als 18jährigen bei Kampf"spielen" zeigen, die an Wehrsportübungen erinnern. Alles harmlos, meint er, auch die drei Rechtsextremisten, die der ORF auf den Fotos zählte, waren damals nicht straffällig gewesen. Es handelte sich um ganz "normale" Paintball-Spiele, wo man einander mit Farbmunition beschießt. Im Wald? Offenbar, obwohl Paintball laut Wikipedia in Österreich nur auf Spielfeldern stattfinden darf. Allerdings war das in der Frühzeit wohl kaum genau geregelt, und wenn Strache vor 20 Jahren "spielte", war dies erst wenige Jahre nach Erfindung des "Spiels" in den USA.

Die Militärkleidung erklärte er in der Zeit im Bild 2 am 18.1. übrigens damit, dass man billige Klamotten brauchte, die ruhig dreckig werden konnten, und die halt im Army Shop besorgte. Was allerdings ein Schlagstock, mit dem jemand auf einem Foto auf einem am Boden liegenden weit ausholend hinzuhauen scheint, in einem "Spiel" mit Farbmuntion zu tun hat, konnte er nicht sagen (die Moderatorin fragte allerdings nicht beharrlich danach). Die Bilder sind u.a. bei einem Standard-Artikel anzusehen. Außerdem erinnert bis auf vielleicht die Kleidung nur wenig an Selbstdarstellungen von Paintball-Spielern: diese inszenieren sich mit Farbtreffern, Schutzbrille und "Waffen". Außerdem tragen sie keine Deutschlandwappen und posieren nicht vor Kriegerdenkmälern, wie auch die Szene anmerkt, die Paintball spielt (bei uns und in Deutschland auch, nach einem Film, Gotcha genannt).

Ende der 80er Jahre waren die Spielenden hierzulande noch überschaubar, erst nach und nach entstanden Klubs und Spielfelder, wurde Originalzubehör aus den USA ímportiert. Anfangs irritierten jedoch Gruppen, die in den Wäldern um Wiener Neustadt Krieg spielten, sodass sich die Paintball-Szene entschieden von der rechtsextremen Szene distanzierte, die das "Spiel" nur als Aufhänger verwendete. Heutzutage zieht der Hinweis auf die Verschmutzung von Klamotten durch Farbe auch nicht mehr, da die Kugeln leicht auswaschbar sind (und Ausrüstung auch in Vereinen mit Spielfeldern vorhanden ist). Besonders interessant (pikant?) ist der Weg der Bilder an die Öffentlichkeit, denn dafür macht Strache den nunmehrigen Abgeordneten Ewald Stadler verantwortlich.

Dies sei eine infame Unterstellung, kontert dieser. Er habe die Bilder an seinen Nachfolger in der Volksanwaltschaft, Hilmar Kabas weitergegeben, nachdem man sie ihm zuspielte. Kabas wollte das "Problem" parteiintern behandeln, doch sei der Inhalt einer entsprechenden Sitzung sofort dem BZÖ zugespielt worden, das sich seither über "Wehrsportübungen" mit Strache empört. Ein Background ist, dass Stadler nicht der Freiheitlichen Parteiakademie vorsteht, in die Gelder für politische Bildung fließen, sondern Hilmar Kabas. Stadler möchte eine eigene "katholische" Akademie der FPÖ gründen, was den "Antiklerikalen" in seiner Partei nicht paßt. Er versteht sich als Christ im eher fundamentalistischen Sinne, dh back to the roots (Vatikan anno Schnee) statt modern und offen zu sein.

Unter anderem kämpft er gegen den angeblich so massiven Einfluss der Freimaurer in der Politik. Er bezeichnet u.a. den Chef der Grünen, Van der Bellen, als Freimaurer. Die Ziele der Freimaurer sind, ihren eigenen Quellen entnommen, ja so schlimm nicht. Der Orden Hermetica schreibt beispielsweise: Es ist für einen Menschen oft nicht leicht, nach gefassten Grundsätzen zu leben, insbesonders wenn hohe Maßstäbe gesetzt werden; doch können wir stets versichert sein, dass bemerkenswerte Menschen uns als Vorbild dienen, und, wenn wir die erlangten Erkenntnisse dieser großen Meister in unser Inneres führen, wird ein Weg sich öffnen, auf dem wir sicher wandeln können. Bei unseren Treffen in den Logen erlangen wir durch Meditation und auch durch gemeinsame Rituale eine große Kraft, um in der Welt mit Zuversicht unsere Werke zu vollbringen.

Freimaurer knüpfen (obwohl sie keinen Unterschied hinsichtlich der religiösen Bekenntnisse ihrer Mitglieder machen) an alte Überlieferungen an, derer sich auch das Christentum bediente, das ja beispielsweise ägyptisch-sumerische Kulte via Judentum adaptierte. Außerdem sind sie emanzipiert: längst nehmen viele Logen Frauen auf, werden Logen neu gegründet, die selbstverständlich für Frauen und Männer offen sind. Sie erweitern die einstigen Prinzipien des Umgangs von Maurern / Baumeistern miteinander und mit der Umwelt darum, dass Kriege verhindert und die Umwelt geschützt werden soll. Freimaurerei wird als nicht geheim, aber als schwer vermittelbares individuelles Erlebnis der "Brüder und Schwestern" beschrieben.

@ StudentInnenproteste: dazu ein Bericht bei den CeiberWeibern von Brigitte Theissl.

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