Wenn frueh am Morgen die Werksirene droehnt
und die Stechuhr beim Stechen lustvoll stoehnt,
in der Montagehalle die Neonsonne strahlt
und der Gabelstaplerfuehrer mit der Stapelgabel prahlt,
ja, dann wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Aus "Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug
Frau/mann kann auch sagen: eine frühe prophetische Kurzfassung des Regierungsprogrammes :-)
Der ÖGB tagt ab heute, mit diversen Protesten vor und bei der Veranstaltung. Wie üblich bei Gewerkschaftskongressen mit Politprominenz einschließlich Bundespräsident und Bundeskanzler, der u.a. meinte:
Die Armut soll in Zukunft bekämpft und nicht nur finanziert werden, Arbeitslose wieder den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Konkret ist das jedoch meist eine Bekämpfung der Armen im Sinne von: sie nur ja jede Sekunde spüren lassen, dass staatliche Leistungen eine Gnade darstellen und keine Solidarität. Etwa, wenn das Arbeitsmarktservice, Wirkungsbereich der Buchingers, sich eine Verschlechterung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose wünscht, was Arbeiterkammer und ÖGB zurückweisen. Immerhin ist der Einkommenschutz bei uns ohnehin viel schwächer als etwa in Deutschland, und das AMS hat sich als Dienstleister gegenüber Arbeitslosen als KundInnen zu verstehen. Dass deren Zufriedenheit in den letzten Jahren stark gesunken ist, hat dazu geführt, dass das Koalitionsübereinkommen Verbesserungen verlangt.
In diesem Fall ist der ÖGB mit an Bord, ansonsten kann frau zur dringend benötigten Erneuerung nur GÄÄÄÄHN! sagen. Die alte Garde ist nach wie vor am Ruder, es ist in den Entscheidungsfunktionen ein Männerverein, der Präsident hatte bislang kein Problem damit, doppelt bezahlt zu bekommen (auch für ein Wiener Gemeinderatsmandat, dass er erst jetzt zurückgelegt hat), die Reaktion auf BAWAG/ÖGB-Skandal ist ein bisserl umbenennen und umstrukturieren. Zuständig fühlt man(n) sich aber nach wie vor nur für die aussterbende Gruppe der auf Jahre abgesichert Arbeitenden, die weder arbeitslos noch atypisch beschäftigt werden. Irgendwann kommt man dann wieder bei den Gründen für Gewerkschaftsgründen an - inzwischen bleibt die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung aber vielfach vergessen. Einstmals ging es nämlich genau darum, Arbeitenden sichere und ausreichende Löhne und Schutz zu erstreiten. Heute hat anscheinend wieder Pech gehabt, wer aus diesen Errungenschaften raus fällt....
Bundeskanzler Gusenbauer wurde in einem auch auf seiner Kanzlerwebseite veröffentlichten Interview zu innerparteilichem Widerstand befragt: Wir erkennen, dass in Zeiten der Globalisierung die Lohnunterschiede immer größer werden, dass es eine immer stärkere Spaltung der Gesellschaft gibt. Wir versuchen hier ganz bewusst gegenzusteuern - durch unser System der bedarfsorientierten Mindestsicherung, durch einen Generalkollektivvertrag von 1000 Euro und durch die Anhebung der Mindestpensionen. Bei den tausend Euro ist natürlich die Rede von Nettobeträgen für Ganztagsarbeiten - bei denen gerade in diesem unteren Segment vielfach Praxis ist, die von solchen Löhnen abhängigen Menschen über den Tisch zu ziehen, Arbeitsstunden (z.B. bei Reinigungsfirmen) zu bestreiten oder die Abrechnung von Überstunden vorzuenthalten.
Gusenbauer unbeirrt weiter: Ich bin gerne bereit, mit jedem Kritiker zu diskutieren, um auf die Kurskorrekturen hinzuweisen. Österreich wasserdicht gegen die Armut zu machen, ist, glaube ich, eine der ganz wesentlichen Veränderungen. Wie bitte? Wasserdicht gegen die Armut mit Hartz IV auf österreichisch und Mini-Mindestlöhnen? Wo lebt unser Kanzler (als SPÖ-Chef brutto um die 13.000 Euro, als Kanzler 19.000 und noch was Euro, seit dem 21. Lebensjahr via Parteifunktionen oder Mandate gesichertes gutes Einkommen)? Ich schätze, da wäre mal wirklich Nachhilfe angebracht: einen Monat von der "bedarfsorientierten Mindestsicherung" leben, damit alle Ausgaben einschließlich Wohnen bestreiten.
Man kann Gusenbauer nicht vorwerfen, er sei "machtgeil" im Sinne von: alles, nur um Kanzler zu werden. Ich vermute, er möchte wirklich gestalten, kann aber nicht über den langen Schatten der ihn jahrelang tragenden Strukturen springen. Während heutige Jung-SozialdemokratInnen kritisch und unabhängig wirken, dienten Gusenbauer, die Caps und andere in den achtziger Jahren eher als Beschwichtiger und als Stimmenfänger (im Sinne von: kommt doch zu uns, in den Alternativbewegungen werdet ihr nichts, wir haben die Macht und die Karriere, und ein bisserl kritisch simma doch auch). Jene, die ihnen damals gegenübersaßen (und Fahrtkosten, Transparente, Konsumationen etc. irgendwie zusammenstotterten z.B. in der Friedensbewegung) hatten das wasserdichte Netz der SPÖ nicht zur Verfügung.
Dafür bekamen sie mit, was so außerhalb der großen Mutter Partei passierte - viele engagieren sich immer noch, viele sind nur besorgt über gesellschaftliche Entwicklungen und versuchen, für sich eine Nische zum Überleben zu schaffen. Gestern habe ich mit einem Bekannten aus Köln geredet, engagierter Linker, als Redakteur Experte für Geheimdienstfragen. "Habt ihr auch Suppenküchen in Wien?" fragte er beim Spazieren über den Graben. "Es gibt schon Ausspeisungen, von Klöstern und so", meinte ich, da ich um Weihnachten herum einen Bericht gelesen habe, wo eine Nonne erzählt, wie dankbar Pensionistinnen für die warme Mahlzeit am Tag sind.
Nun, in Köln gab es vor ein paar Jahren nur wenige Suppenküchen, in denen beispielsweise unterernährte Schulkinder sich mal sattessen konnten. Heute sind es jedoch bereits einige derartige Institutionen, als Folge von Hartz IV (der nach dem kürzlich vor Gericht gestandenen VW-Manager benannnten Asozialreform), das zu einem völligen Abbau von persönlichen Ressourcen führt. Menschen, die alles zu Geld machen müssen, ehe sie in Arbeitslosigkeit und Not unterstützt werden, haben dann nichts mehr, worauf sie Hoffnungen gründen und der sich einstellenden Lethargie entrinnen können. Längst gibt es Ghettos in deutschen Städten, wo kaum mehr jemand Arbeit hat und die meisten keine Aussicht, je einen (dauerhaften) Job zu bekommen.
"in Europa wird es wie in den USA", meint mein Gesprächspartner, wenn nicht gegengesteuert wird. Dort existieren längst Parallelwelten, wo die Motivierteren der Armen auf eigene Faust eine Minimalversorgung im Bereich Bildung und Gesundheit organisieren, deren Inhalte an das erinnern, was wir von Entwicklungshilfeprojekten aus Afrika kennen. Die große Masse ist aber lethargisch und man kann froh sein, wenn sie zumindest den Rat annehmen, der ihnen in den Projekten beispielsweise in Sachen Hygiene erteilt wird. Umverteilung, Vermögensbesteuerung und Grundsicherung sind aus der Sicht des Journalisten die Wegweiser aus der Krise - doch wer wird dies wohl im Paket anpacken, sowohl in Deutschland als auch in Österreich und in der EU an sich?
Die Krankenschwester kriegt 'nen Riesenschreck,
schon wieder ist ein Kranker weg.
Sie amputierten ihm sein letztes Bein
und jetzt kniet er sich wieder maechtig rein,
ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt. Geier Sturzflug
Wer glaubt, sich von der Leistungsgesellschaft verabschieden zu wollen, dem muss klar sein, dass er sich vom Wohlstand verabschiedet. Ich habe eine klare Perspektive: Wir müssen schauen, dass möglichst viele Menschen zur gesamtwirtschaftlichen Leistung beitragen können. Selbst jene, die unter prekären Verhältnissen leben, überlassen wir nicht der Lethargie der Armut, sondern versuchen sie herauszuführen. Unser Modell der Existenzsicherung ist an sehr klare Zumutbarkeitsbestimmungen geknüpft. Je mehr leistungsbereite Menschen vorhanden sind, desto wohlhabender wird eine Gesellschaft sein. Ich habe einen völlig unverkrampften Zugang zur Leistung. Alfred Gusenbauer - zum Zugang zu Leistung in der persönlichen Biografie siehe weiter oben....
Kanzler Gusenbauer tut seine innerparteilichen KritikerInnen (und auch diejenigen außerhalb der SPÖ) gerne ab als winzige Minderheit, die in jugendlichem Elan agiert. Also einerseits StudentInnen, andererseits KommunistInnen, Hausbesetzerszene und so weiter. Was machen dann aber die vielen namentlichen UnterstützerInnen von wirsindspoe.at? Wie etwa: Irmtraut Karlsson, Nationalratsabgeordnete a.D., Krimi Autorin: In mühseligen Verhandlungen Kompromisse eingehen zu müssen, ist eine Sache. In arroganter Weise unsere jungen Genossinnen und Genossen abzukanzeln- gewaltbereite Demonstranten, Bummelstudenten- ist unakzeptabel. Ich bin dabei, weil ich will, dass unsere Partei auch eine Zukunft haben soll. Mit Umfallern wird sie diese nicht bekommen, sondern nur mit klaren Positionen.
Oder: Hans Sallmutter, ehemaliger Vorsitzender Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA): Wenn man für die Bildung einer Regierung einen Partner braucht, muss man Kompromisse eingehen. Aber, als SPÖ muss man auch wissen, welche eigene politische Positionen, Forderungen und Versprechungen sich unbedingt im Koalitionspakt finden müssen. Leider sind SPÖ-Kernforderungen der ÖVP geopfert worden. Die SPÖ hat Glaubwürdigkeit verloren, leider! Daher unterstütze ich die Initiative "Wir sind SPÖ".
Ein Mann stellt sich schlicht vor als: Christian Rechberger, Mitglied: Am 11. Jänner habe ich schweren Herzens erstmals gegen meine eigene Partei demonstriert. Gegen jene Partei, der ich als Jugendlicher beitrat, um meinen Beitrag gegen die damals schwarz-blaue Regierung zu leisten; gegen jene Partei, für die ich unermüdlich agitiert habe. Nun sitzen 10 SPÖ-Mitglieder in der neuen Bundesregierung - doch die sozialdemokratische "Handschrift" vermisse ich schmerzlich. Für solch ein Regierungsprogramm haben ich und viele andere weder wahlgekämpft noch gewählt.
Die enttäuschten SozialdemokratInnen werben keineswegs für den Austritt aus der Partei, sondern wollen im Gegenteil, dass auch Nicht-SPÖ-Mitglieder ihrer Initiative oder / und der Protestsektion beitreten.
Wenn sich Opa am Sonntag auf sein Fahrrad schwingt
und heimlich in die Fabrik eindringt,
dann hat Oma Angst, dass er zusammenbricht,
denn Opa macht heute wieder Sonderschicht,
ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Wasserdicht gegen Armut und geringe Pensionen??? Scherz beiseite: vieles, was verschärft, geändert, mit Ausnahmen entschärft werden soll, bewirkt letztlich keine Einsparungen, sondern mehr Bürokratie, mit dem Nebeneffekt, dass sich die Leute mehr getriezt fühlen. Beispielsweise Arbeitslose, die zwecks Verringerung der offiziellen Arbeitslosenzahlen in Schulungen gesteckt werden, deren Sinn schwer erkennbar ist. Einmal hatte ich das Vergnügen, bei einem Schulunginstitut, wo ich kurzfristig ohne klare Aufgabenbeschreibung eingestellt war, mit ein paar Büchern schnell Bewerbungstraining zu machen und die Leute dann - ohne Schmäh! - folgendermaßen zu beschäftigen: sie tippten auf eigens besorgten Computern Datensätze mit Kellerbeständen des AMS. Beispielsweise Listen über Listen von Bundespräsidentenbildern aus dem Jahre Schnee...
22.01.07
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