30.01.07

Muzicant zu Strache / Polizei / Musiktipp

Wer sich wunderte, warum die Israelitische Kultusgemeinde zunächst mal nichts zum Fall Strache sagte, die/der erfährt heute, was man dort denkt. Nichts Sensationelles, sondern Selbstverständliches, wie aus den Aussagen von Ariel Muzicant hervorgeht. Er habe geglaubt, dass der "Spuk" sich von sich auflöst, unter anderem durch entschiedene politische Stellungnahmen. Stattdessen zeigt sich enttäuschenderweise, dass in den letzten Jahren doch nichts weitergegangen ist. Offenbar hört "es" nie auf, da rechtsextremes Gedankengut nachwächst.

Muzicant hätte sich gerade von Gusenbauer mehr Entschiedenheit erwartet (inzwischen relativiert Gusenbauer seine relativierenden Aussagen - und was hamma davon?) und findet es alarmierend, dass Leon Zelman (Leiter des Jewish Welcome Service und Holocaustüberlebender) der SPÖ den Rücken kehren will. Die Roten sollten, schreibt ihnen Muzicant ins Stammbuch, nicht glauben, durch eine tolerante Haltung gegenüber den Blauen Stimmen zu gewinnen, da man so höchstens etwa ein Drittel der WählerInnen verliere. Auf dem Weg der Akzeptanz des rechten Spuks sind "wir" ja wahrlich schon weit gekommen: für Gusenbauer und Cap waren sog. Wehrsportübungen, der Umgang mit Neonazis und Auftritte bei Kriegsende-Trauerkundgebungen wesentlich weniger schlimm als das Demonstrieren gegen diese Bundesregierung ("Krawallmacher", "Kommunisten", "Hausbesetzerszene") oder "Krawallmacherei" in Deutschland anno 68 und etwas danach.

Strache eierte gestern herum, verfiel vor allem in Beschuldigung anderer und beteuerte, dass er mit dem Nationalsozialismus nichts am Hut habe. Dies in seiner typischen, steifen und starren Art, wie das von sich Geben eingelernter Sätze stets zeigt (so gesehen ist er keine Haider-Kopie, denn Haider versteht etwas von Rhetorik und geht mit seinem Sprachschatz auch flexibler um). Affinität zu historischen Wahrheiten hat der "lupenreine Demokrat" jedenfalls kaum, würde er sich doch sonst für Restitution engagieren und sich bei ganz anderen Kundgebungen als jenen für gefallene deutsche Soldaten rumtreiben. Immer wieder wird in Wien jener gedacht, die beispielsweise von Bahnhöfen aus in aller Öffentlichkeit deportiert wurden - dort fehlt Strache jedoch stets....

Heute abend wurde, nachdem ja auch im Parlament drüber debattiert wurde, noch nachgeeiert, Rückfragen beim inzwischen hoffentlich wieder nüchternen Pressesprecher (hat er nun eine reiche Frau gefunden, die ihm die harte Lohnarbeit erspart?). Niemand außer Strache (und Seinesgleichen) würde in einer Erklärung zum Thema Verhältnis zum Nationalsozialismus bzw.überhaupt Nationalsozialismus andere angreifen, alles in einen Topf werfen, relativieren und schlicht larmoyant sein. Alle anderen, die im Übrigen nie erklären müssen, wie sie zum Nationalsozialismus stehen, schaffen es ohne weiteres, eine Seite lang ausschließlich darzustellen, welch historische Last die NS-Zeit für uns bedeutet, welche Verantwortung für unser Handeln und welche Verpflichtung gegenüber den Opfern und ihren Nachkommen.

Bei Strache klingt es so: In seinem gesamten politischen Handeln und Tun als Mandatar habe er immer einen sehr klaren und deutlichen Trennstrich zur NS-Ideologie gezogen, und dann gehts gegen "Stürmer"-Medien, Jugendtorheiten von Joschka Fischer und das Dollfußbild der ÖVP. Wobei auch der zitierte Satz so nicht stimmt, da das politische Handeln und Tun von Menschen, die einen klaren und deutlichen Trennstrich ziehen, ganz anders aussieht. Die setzen sich nämlich für Restitution ein (haben sie mit erkämpft), unterstützen Projekte, machen sich für Denkmäler stark, sind bei Gedenkveranstaltungen und verfügen über ein reichhaltiges Repertoire an Debattenbeiträgen, Anträgen, Artikeln, die keinen Zweifel über das Verhältnis zum NS aufkommen lassen.

Das ist Realität: drei Überlebende aus Buchenwald erinnern sich 61 Jahre danach und haben Buchenwald immer in sich (was auch auf die zweite Generation zutrifft, die "Kinder der Shoa", die heute z.B. erleben müssen, wie ein Holocaustleugner Fraktionsvorsitzender im EU-Parlament wird). Wieder heißt es, der Antisemitismus in Europa nehme zu. Dies meinen Befragte in mehreren Ländern, die jedoch zugleich fatalerweise sagen, dass man wenig dagegen unternehmen könne. Konkret bedeutet diese ständige Drohung, dass auch in Wien laufend antisemitische Vorfälle beobachtet werden und die Kultusgemeinde (ähnlich wie Frauenberatungsstellen und Notrufe) Verhaltensregeln für den Notfall ausgibt.

@ Polizei und "AusländerInnen": Eine Bekannte ruft mich heute aufgeregt an, sie wurde festgenommen, weil sie mit zwei Hunden, die sie am Halsband hielt, über die Straße zu ihrer Haustür ging. Dem Polizisten fiel wohl ihr leichter (tschechischer) Akzent auf, sie wurde festgehalten und mit aufs Kommissariat genommen. Anscheinend hat man gedacht, eine "Ausländerin" muss irgendwie illegal sein oder geglaubt, die beiden Retriever hätten Drogenpäckchen im Magen. Irgendso was muss bei den "Bullen" abgegangen sein - oder man amtshandelte ganz einfach deshalb unbekümmert, weil sie eine Frau ist. (Wenn Frauen Schutz brauchen, ist die Polizei meist nicht so fix).

Ihr war bewußt, dass sie eigentlich Leinen mithaben hätte sollen, daran auch bei einer kurzen Besorgung hätte denken müssen, auch wenn jeder im Viertel die nun wahrlich harmlosen Hunde kennt. "Das mit einer Strafe verstehe ich auch", meinte sie zu mir, "aber ob die wohl auch andere deswegen gleich verhaften?". Tja, das frage ich mich auch. Wie gut, dass sie - engagierte Kämpferin gegen Frauenhandel und in dieser Funktion der Polizei von Schulungen her bekannt - in ihrer Arbeit auch Anwältinnen kennenlernte. Eine erteilt ihr einen Rat im Schnellverfahren, und dementsprechend formuliert sie dann einen Brief. "Beschwer dich bei der Landespolizeidirektion", ist mein kleiner Beitrag zur wahrlich empörenden Situation. Sie liest mir dann vor, was sie formuliert hat, treffend und auf den Punkt gebracht, bevor sie es abschickt.

Ich sah mich da gerade beim Saturn um, wo ich Gutscheinkarten einlösen wollte. Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch unter 44 ohne DVD-Player, da ich zuerst an ein paar Videos dachte. Angeschrieben ist auch noch, wo es Videos geben soll - allein fiel mir kein einzige auf (aber ich telefonierte ja auch nebenbei :-). Mein Mac spielt zwar schon DVDs ab, ausprobiert habe ich es bisher aber nur mit Beilagen-CDs zu Zeitschriten, wo nicht so wichtig ist, ob es funktioniert oder nicht. Nun, ich schlendere weiter zur Musik, suche und werde nicht fündig, sehe mich bei Electronic und House um, ohne dass ich etwas unbedingt haben muss - und entdecke bei Pop und Rock zwei CDs von John Cougar Mellencamp.

Gekauft! Genau die richtige Musik, wenn man gerne mal lauter aufdreht (die Katzen verzeihen es, wenn es nicht zu oft passiert :-) Auf seiner Webseite kann man dauernd wechselnde Musik hören ("Radio"), aber er ist auch bei Myspace vertreten. Besonders mochte ich schon immer We are the People, das auf diesem Youtube-Clip mit Paul Simon auch vorkommt. Der Text ist passend für alle, die sich als politische Führer verstehen, als kleiner Wink mit dem Zaunpfahl:

....You see yourself as a leader
May my thoughts be with you.
If you try to divide and conquer
Well rise up against you
We know, only the strong will survive
But the meek will inherit
So if you got a coat of arms
Oh friend
I suggest, we wear it


We are the people
And we live forever
We are the people
And our future is written in the wind
On the wind

29.01.07

Wieder ein Orkan über Wien / FPÖ & NS

Nach Kyrill nun wieder ein Orkan, diesmal Olli oder so ähnlich genannt, nicht groß medial angekündigt und zumindest im Osten Österreichs umso heftiger. Manche taten von gestern auf heute kaum ein Auge zu, unter anderem ich und meine Nachbarn. Irgendwann in den Morgenstunden flog uns ein Zaun um die Ohren, der ohnehin eher behelfsmäßig einen Vorgänger ersetzte, der nicht windresistent war. Ich sah es schon kommen, wollte aber niemanden aufwecken, in der Annahme, andere könnten schlafen. Ich wanderte herum, eine ruhige Ecke suchend (die es in der Wohnung nicht gab, da es von beiden Seiten heulte und pfiff), kurz überlegend, ob ich a) schnell beim Holiday Inn in der Nähe einchecke oder b) mit einer Matraze und Bettzeug in die Waschküche gehe, wo es warm sein sollte, sicher aber ruhig.

Ich schlafe vielleicht zwei Stunden, besser gesagt wälze mich herum, habe dann vor lauter Verspannung auf der Flucht vor den Windgeräuschen das Gefühl, mein Kehlkopf werde abgedrückt. Stehe auf, denn so zu "schlafen" hat ja nun wirklich keinen Sinn. Vor den Fenstern befindet sich ein richtiger Windkanal, da der ohnehin oft starke Wind am Wienerberg zwischen zwei Häusern durchrast. Dusche, höre dabei den Wind in der Entlüftung heulen, denke an den Artikel von Rainer Seiß ("Wer baut Wien?") über die "Sie bauen, wir widmen"-Politik der Wiener Stadtplanung, überlege schon, den Autor zu googlen und ihm sofort zu mailen.

Schließlich kriege ich gerade zu spüren, wie sich Planungsfehler anfühlen, die Seiß gerade auch am Beispiel der Wienerberg City ausführt. Mangels ausreichender Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln hatte dieser Bereich Wiens nämlich seitens der Stadt keine Priorität, und dennoch schafften Bauträger dort einen "Stadtteil". Bei harmonischer Planung eines Gesamtkunstwerks hätte man wohl eher ringförmige Bauten mit grünen Höfen dazwischen errichtet anstelle von mehr oder weniger hohen Häusern, die richtige Gassen zur Windbeschleunigung bieten. Im aus meiner Sicht schönsten dieser Häuser (relativ niedrig und viel Grün) wohne ich, allerdings genau dort, wo der Wind im Garten heftig vorbeipfeift. Der Wind verhindert in anderen Bereichen, zwischen den Hochhäusern etwa, dass Kommunikation entstehen kann.

Alle suchen meist so schnell wie möglich Häuser auf, da es einem selbst schwere Einkaufstaschen beinahe wegweht. Im Winter kann es sein, dass man gerade noch ganz normal gehen konnte und plötzlich fast auf vereistem Asphalt ausrutscht. Unter BewohnerInnenvielfalt hat man sich bei der Planung (die ja individuell durch diverse Bauträger erfolgte) anscheinend Menschen mit Auto vorgestellt, die tagsüber abwesend sind und ihre Einkäufe "in der Stadt" vor dem Heimkommen erledigen. Die Infrastruktur vor Ort ist marginal (und hat sich durch die Wohnhäuser nicht verbessert), vieles, das die Geschäfte anderswo führen, haben die Filialen hier nicht. Der öffentliche Verkehr besteht aus zwei Bussen (einer kriecht im Schneckentempo über x Haltestellen zum Reumannplatz, der andere fährt Richtung Simmering bzw. Meidling) und einem Shuttlebus (alle Viertelstunden, am Wochenende erst ab Mittag) zur U 6.

Außerdem kann man zur Straßenbahnlinie 65 gehen, die jedoch relativ weit weg ist (insofern, als dass man den Fußweg leicht unterschätzt und die Bahn, die man kriegen müßte, einem daher meist gerade vor der Nase weggefahren ist) und natürlich auch mit dem Rad fahren (bergab angenehm, bergauf zurück dann Gewohnheitsfrage). Das große Plus ist die Natur rundum, die jedoch von manchen entweder als riesiges Hundeklo oder als Mülleimer verstanden wird. (Mein Neujahrsvorsatz, nur mit Plastiksack spazierenzugehen und Mist einzusammeln, wurde zu "meistens mit Sack", und mittlerweile kenne ich auch die Recyclingcontainer der Siedlungen rund um den Wienerbergteich). Schlußendlich schaffte ich es gegen halb sieben, ein wenig einzudösen (mit Ö1 im Hintergrund als "Gegengeräusch" zum Wind draußen).

Als ich wieder halbwegs da war, stellte ich beinahe erfreut fest, dass es wieder einen Orkan gab und dass manche in Wien ihn als schlimmer als Kyrill erlebt haben. Vielleicht ist erleichtert das bessere Wort, da ich in meinen Versuchen zu schlafen schon befürchtete, es werde jetzt oft so heftiger Wind heulen, den nur wir am Wienerberg so voll abkriegen. Dass es auch anderswo wahrgenommen wurde, bedeutet, dass es hier nicht soooo viel schlimmer ist und dass sicher auch wieder ruhige Nächte kommen (wenn wir schon dabei sind: hoffentlich bald - ich könnte auf der Stelle einschlafen :-).

@ FPÖ (müdebedingt eher kurz): Strache gab heute eine "Ehrenerklärung" ab, die vor allem darin bestand, andere zu bezichtigen. Da wurde behauptet, Ex-Staatssekretär Finz, in dessen Familie es mehrere NS-Opfer gibt, sei ja selber mit Neonaz Küssel an einem Tisch gesessen, oder auf "Linksradikale" verwiesen. Strache sieht sich gar als Medien-Opfer im "Stürmer-"Stil, sich mit den jüdischen NS-Opfern auf eine Stufe stellend (derlei ist ja beliebt: die Wehrmacht war Opfer wie die Juden, detto die Sudetendeutschen, die Opfer des "angloamerikanischen Bombenterrors" usw.). Für HistorikerInnen fehlt freilich sowieso die persönliche Distanzierung Straches vom Nationalsozialismus.

Somit bleibt, dass Strache fünf Bier für Sägewerksarbeiter bestellt hat (so ein Schmäh in Webdiskussionen) und dass er keine Taten setzt, die ihn als erfolgreichen "Vergangenheitsbewältiger" erkennen lassen. Der Holocaustüberlebende Leon Zelman kündigte an, wegen des weichen Umgangs von Kanzler Gusenbauer und SPÖ-Klubobmann Cap mit Strache aus der SPÖ austreten zu wollen. Zu Recht meinte er, dass Auschwitz nur das Ende war, am Anfang aber Haß, Hetze und Feindseligkeiten standen - Kriterien, die heute besonders auf gewisse rassistische Wahlkämpfe anzuwenden sind....

Wie solche Wahlkämpfe auf fruchtbaren Boden treffen, zeigt das Verschwinden eines Afrikaners (Essa T.) bei einem Polizeieinsatz am 23.12.2006. Der Mann, aus Gambia stammend und Asylwerber, sprang während eines Polizeieinsatzes in Panik in den kalten Donaukanal und tauchte nicht am anderen Ufer oder sonstwo wieder auf. Die Feuerwehr suchte ein wenig nach ihm, mußte aber bald weiter zu einem neuen Einsatz. Seltsamerweise wird der Polizeieinsatz jedenfalls Protokollen nach bestritten, während sich Augenzeugen sehr wohl daran erinnern, wie der "Falter" kürzlich berichtete. Der Kanal sei mit Booten, nicht aber Tauchern abgesucht worden. Mit den Aussagen von Feuerwehr und Rettung konfrontiert gab die Polizei dann zu, dass es einen Einsatz im "Flex" gegeben habe, wo nach Personen gesucht wurde, die im Verdacht standen, mit Drogen zu handeln.

T. reiste Ende 2003 nach Österreich ein und wurde zuletzt vom Projekt der tapferen Ute Bock betreut. Von dort kommt auch die Nachricht, dass es sich bei einer in Hainburg angespülten Leiche um den Vermißten handelt. Andere Asylwerber aus Afrika werden von der Polizei beispielsweise angehalten, man nimmt ihnen einen großen Teil ihres mitgeführten Geldes weg und setzt sie dann irgendwo auf einer Bundesstraße aus, weit und breit weg von Taxiständen oder ihrer vertrauten Umgebung. Kein Skandal? Aber nein, werden wir doch immer wieder damit bombardiert, dass Schwarze Drogendealer sind (und Muslime gefährliche Fundamentalisten)....

28.01.07

Seltsame Politik: Grüssen und Zielschiessen

"Alles ein bisserl lockerer" erklärte ich kürzlich einem Bekannten den Unterschied zwischen Deutschland und Österreich. Er wunderte sich über den Gegensatz zwischen martialischen Sicherheitskräften am Flughafen in Köln-Bonn und den vergleichweise gemütlichen Sicherheitskräften in Wien-Schwechat. Zum Glück hat er nicht die Zeit im Bild 3 am 26.1. gesehen, wo neben dem kindischen Beleidigtsein von Ex-ÖGB-Vizepräsident Neugebauer (der bekanntlich vorzog, nicht bei der Wahl dabei zu sein, da ihn seine andere bezahlte Vollzeitfunktion anderswo sein ließ) zweierlei Österreich-Thema war: 1) Hat Strache Hitler gegrüßt oder mit den Fingern "drei Bier" bestellt? und 2) Hat u.a. Minister Platter auf Konterfeis von Personen zum Spaß zielgeschossen?

Ad 1) "Drei Finger" sind, erfahren wir, nicht der Kühnengruß, mit dem der Hitlergruß weniger direkt ausgedrückt wird, sondern die Bestellung von "drei Bier". Dann bedeutet wohl der Hitlergruß "fünf Bier" und sein Entbieten bei Massenversammlungen war einfach eine gigantische Bestellung, der ein Massenbesäufnis folgte. So erklären sich natürlich auch die Gräueltaten der Nazis, die ähnlich wie unter Alkohol durchdrehende "Familienväter" einfach nicht ganz bei sich waren.

An irgendein Kraut denen wohl auch viele, die sich über eine Aussendung des FPÖ-Pressesprechers Karl-Heinz Grünsteidl wundern (der Name könnte von Karl Kraus erfunden worden sein). Diese klingt rätselhaft und wirr und endet mit diesen Worten: Andererseits: Eventuell bin ich Michael J. Fox oder Charlie Sheen... PS.: Falls irgedneine faszinierende reiche junge Frau sich für mich interessiert, bitte hurtig melden! Immerhin kommen keine armen Sudetendeutschen, kein Walter Nowotny und kein Opfer des "angloamerikanischen Bombenterrors" vor.

Die FPÖ kündigt für morgen eine "Ehrenerklärung" von Parteichef Strache an, von der sich selbst die kritischeren unter den PolitikerInnen der anderen Parteien etwas erwarten. Tatsache ist aber, hätte es eine nennenswerte persönliche Entwicklung im Hinblick auf den Umgang mit unserer Geschichte seit den wehrsportgruppenähnlichen Strache-Fotos gegeben, dann wäre uns das bereits aufgefallen. Strache hätte dann:

* Gedenkdienst gemacht, sich sonstwie engagiert, damit die wahren Opfer des NS-Regimes zumindest eine Anerkennung des Erlittenen erfahren (Wiedergutmachung wäre kein passendes Wort)
* sich immer dann besonders aktiv im Landtag beteiligt, wenn es um ebendiese Anerkennung ging (bei Projekten, die gefördert werden, oder die mehr Förderung bedürfen oder initiiert werden sollen)
* sich in den eigenen Reihen gegen die Verklärung der "Bombenterror-"Opfer, der Wehrmacht, der diversen Kameradschaften eingesetzt
* sich entschieden von seinem Fraktionskollegen Zanger abgegrenzt (wenn nicht diesen zum Rücktritt aufgefordert), als dieser Positives am "Führer" fand
* von Andreas Mölzer verlangt, der EU-Fraktion am ganz rechten Rand nicht beizutreten
* in eigenen Medien der FPÖ (inkl. Mölzers Zur Zeit) über das Leid der wahren Opfer berichten lassen, Initiativen gesetzt, damit die letzten ZeitzeugInnen ihre Geschichte überliefern können (Buchprojekte initiiert analog den Buchprojekten, in denen Sudetendeutsche betrauert werden etc,)
* versucht, seine Ex-Kampfsportübungs-Kameraden von den richtigen Proportionen der Geschichtsbetrachtung zu überzeugen
* Veranstaltungen gemieden, bei denen Soldaten als Kriegsopfer betrauert werden, nicht aber die Opfer unter den "rassisch" Verfolgten (die Opfer und nicht irgendwann auch gestorbene Täter waren)

Irgendwas in dieser Art bekannt? Oder Gegenstand dessen, was Strache morgen sagen wird?

Eins steht fest: die FPÖ sieht in der Veröffentlichung von Fotos einen "Racheakt" von Neonazis - haben die vielleicht den Strache im Photoshop dazumontiert?

Inzwischen tauchen neue Bilder auf, wie "Österreich" meldet, und zwar von Strache bei der Burschenschaft Rugia Eisgrub. "Österreich" erwähnt u.a. die "Verweise" (Link auf Sudetendeutsch :-) ua. zur Aula. Straches Gedankengut spiegelt auch Zur Zeit wieder, das Blatt von Andreas Mölzer. Aktuell geht es dort etwa um die Antifa-Hatz gegen Strache und es gibt ein Interview mit Bruno Gollnitsch, seines Zeichens wegen Holocaustleugnung vor Gericht und Vorsitzender von Mölzers EU-Fraktion.

Demnach sind alle Vorwürfe an diese Fraktion Propaganda, was sich z.B. so liest: ....selbst Ihr Fraktionskollege Andreas Mölzer hat festgestellt, er würde den politischen Stil einiger ITS-Partner „nicht unterschreiben“. Gollnisch: So hat er das niemals gesagt. Sie unterschätzen, wie skrupellos die Lügen-Propaganda der Political Correctness sein kann! Ein weiteres Beispiel: Die Tageszeitung „Die Welt“ zitiert in einem Artikel über die Fraktion „Identität, Tradition, Souveränität“ vom 9. Januar einen angeblichen ITS-Politiker, den Rumänen Dumitru Dragomir, mit antisemitischen Äußerungen. Nur: Herr Dragomir gehört der ITS gar nicht an! In einer rumänischen Zeitung wiederum lese ich, Le Pen habe in Frankreich CDs mit Nazi-Inhalten herausgegeben. Ich kenne diese Tonträger, es handelt sich um historische Dokumentationen, die sich mit allen möglichen Epochen befassen, darunter ist eben auch der Zweite Weltkrieg. Auf der entsprechenden Platte finden sich dann neben Zitaten aller möglichen politischen Richtungen der damaligen Zeit eben auch die von Nationalsozialisten.

Ganz humpmäßig klingt auch, was der FPÖ-Abgeordnete Weinzinger von sich gibt: Irgendwelche Neonazi-Kreise wollten der FPÖ Schwierigkeiten machen", was impliziert, dass die FPÖ mit irgendwelchen Neonazi-Kreisen zu tun hat. Und weiter: Es ist zwar für mich schlecht, aber ich sag es trotzdem: Bei diesen Fotos war die so genannte Ehrenerklärung für Küssel dabei. In dieser Ehrenerklärung habe ich die Aussage zurückgezogen, dass ich den Küssel öffentlich einen Idioten genannt habe. Weil das tut man nicht, und ich bin halt einem gewissen Ehrenkodex unterworfen. Und diese Ehrenerklärung konnte nur der Küssel haben und sonst niemand. Komisch, dass andere Politiker (innen) erstens weder in die Verlegenheit kommen, Ehrenerklärungen für Neonazis abzugeben und zweitens auch nicht auf Bildern zu sehen sind, mit denen sich Neonazis rächen könnten. Wären die Bilder soooo furchtbar harmlos, wie die FPÖ behauptet, bestünde kein Grund, sich groß drüber aufzuregen. So aber gibt die FPÖ selbst zu, dass die Fotos empörend sind (daran sollte sich Kanzler Gusenbauer ein Beispiel nehmen :-)

ad 2.) Minister Platter habe nicht auf die Konterfeis von Personen geschossen, da dies nicht seine Art sei. Also kein Grasser-Gesicht beim Bundesheer-Fest am Fliegerhorst, aber auch keine Krone und kein Schwammerl (Pilz). Generalmajor Wolf, verantwortlich für das Eurofighter-Projekt verteidigt - nein, keine Bubenstreiche - das Recht, Spaß zu haben. Der Ex-Beamte Hillingrathner meint hingegen, nur auf seiner Zielscheibe sei ein Grasser-Foto "in Paßbildgröße" gewesen. Was für merkwürdige Spiele laufen bei Bundesheer-Feiern ab? Okay, immerhin robben die Gäste nicht in Tarnkleidung durch den Wald und versammeln sich zum Erinnerungsfoto vor Kriegerdenkmälern....

26.01.07

Gierige Manager & das WEF in Davos

Beim World Economic Forum debattierten sog. Spitzenleute aus Wirtschaft und Politik (beachte die Reihenfolge) miteinander und gehen schon mal auf den Klimawandel ein, ohne dass sich aber aus ihrer Sicht viel ändern müßte. Offenbar haben sie alle noch eine zweite Erde zur Verfügung bzw. im Rausch der Manager-Spitzengehälter ganz vergessen, welche Probleme sie mitverursachen (da ja andere darunter leiden und nicht sie selbst). Manches macht z.B. Daniel Vasella von Novartis nachdenklich, nicht aber sein Monstergehalt (dazu später).

Bei der Gegenveranstaltung zum WEF wird der Public Eye Award an besonders verantwortungslose Konzerne vergeben: Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt haben für die Organisatoren, die Erklärung von Bern (EvB) und Pro Natura, wiederum rund 20 in- und ausländische Konzerne in den Kategorien Umwelt, Soziales und Steuern nominiert.

Nur Nestlé konnte ihren Listenplatz vom letzten Jahr "verteidigen". Dem Schweizer Nahrungsmittelmulti wird unter anderem aggressive Vermarktung von Babynahrung vorgeworfen. Weiter auf der Liste stehen auch Kendris, Alcoa, Bayer AG, Chevron Corp., Citigroup Inc., The Coca-Cola Company, FILA, GAP Inc., Tesco plc, Vattenfall Europe oder The Walt Disney Company. Die Basler Chemiefirmen Novartis, Ciba Speciality Chemicals und Syngenta sind auch nominiert. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Sanierung ihrer giftverseuchten Deponien im Jura zu wenig zu machen.


In Davos wurde auch über Riesenmanagergehälter diskutiert, die u.a. der erwähnte Vasella ganz in Ordnung findet, der in dieser Diskussion bereits vor dem WEF so zitiert wird: De facto ist es ja eigentlich für eine gut verdienende Firma oft irrelevant, ob der CEO nun fünf oder 50 Millionen verdient. Bei Novartis mit sieben Milliarden Gewinn macht ein solcher Betrag nur einen marginalen Unterschied aus.

Der Schweizer Experte Dirk Schütz (Autor von "Gierige Chefs") meint, Vasella habe in sechs Jahren bei Novartis HUNDERT MILLIONEN SCHWEIZER FRANKEN verdient. Dies, indem er sich von einem US-Experten Rat holte, wie man das Gehaltssystem ganz oben nach oben offen machen kann. In Schilling wäre er damit bereits beinahe Milliardär, und die CEOs anderer Großkonzerne stehen ähnlich gut da. Was macht er damit? Kauft er zuerst ein Riesengrundstück, läßt darauf eine Halle errichten und schafft dann jeden Tag einen Ferrari an? Oder ist er ein Fan von Luxustoiletten aus Marmor und Gold und hat in den sechs Jahren tausende um tausende WCs übereinanderstapeln lassen? Hat er sich als Spielzeug einen Airbus gegönnt, samit Privatpiloten und eigenem Flugplatz? Ißt er täglich eine halbe Tonne Austern, spült sie mit literweise teuerstem Wein runter und wechselt dreimal täglich den seidenen Hausanzug, um die abgelegten Klamotten der Caritas zu spenden?

Oder stiftet er Obdachlosenheime, überzieht das Land mit einem Netz an Ausspeisungen für Opfer der neoliberalen Wirtschaft, hilft gar den Opfern dieser Wirtschaft in jenen Ländern, wo Menschen schlicht daran sterben, dass Ressourcen, Nahrung und medizinische Versorgung so ungerecht verteilt sind? Eines scheint sicher: im Gegensatz zu Menschen, die der Unterschied zwischen solchen Absahnern und der zunehmenden Armut ebenso sprachlos macht wie die Unverschämtheit, mit der die Selbstbedienung (Manager sitzen selbst in Aufsichtsräten, die derlei Irrsinn absegnen) auch noch gerechtfertigt wird, schläft Herr Vasella sicherlich ausgezeichnet. Ein gutes Gewissen ist nur dann das beste Ruhekissen, wenn man ein Gewissen hat....

25.01.07

Frauen & Politik / Strache und der 8. Mai

Sind wir Frauen noch aufzuhalten? Erstmals weibliche Croupiers ist eine Agenturmeldung, die zum Anklicken verleitet. Am Opernball wird es drei weibliche (und 27 männliche) Croupiers geben. Da ich nicht zu den OpernballbesucherInnen gehöre (eher das eine oder andere Mal bei der Demo dabei war, früher :-), finde ich schon besser, dass in letzter Zeit in Tageszeitungen oft zwei Seiten Interviews mit Politikerinnen zu finden sind. Heute etwa in "Österreich": Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Oder im "Kurier": die neue Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger und die neue Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely.

Allerdings finde ich im "Kurier" auch weniger positiv Stimmendes: zum einen die ewigen Kurzmeldungen über männliche Gewalt (alles "Bubenstreiche", denken zumindest die Täter selber, aber auch viele andere, nach dem Motto: Männer sind eben so), zum anderen einen Hinweis in der Kolumne von Doris Knecht, wie langsam der ORF als größtes Medienunternehmen in Sachen Frauenförderung tickt. Vom "Falter" befragt, forderte Elmar Oberhauser, einer der Herren Chefs unter dem obersten Herrn Chef, doch noch ein Jahr Geduld zu haben. Knecht wies darauf hin, dass der ORF bereits mehr als 50 Jahre Zeit hatte, mit der Zeit zu gehen.

Bezüglich Diskussionssendungen, die traditionell Männersache sind (alle Jubeljahre einmal sind zur Hälfte Frauen unter den geladenen Gästen, ansonsten reicht eine oder gar keine Frau), gab es schon vor über 20 Jahren eine Liste, die der Grazer Frauenrat bei einer Feier zum Internationalen Frauentag erstellte, und wo wir uns noch maßlos über den Club 2 aufregten. Nicht wegen der Inhalte, sondern wegen der fehlenden weiblichen Gäste, da auf Beschwerden nur kam "wir suchen eh, aber wir finden keine Frauen". Der Standardausrede, die bis heute gerne benutzt wird, konnte abgeholfen werden, da wir einen Schwung Expertinnen relativ einfach fanden und auflisteten (sicher wurde keine von ihnen je in einen Club 2 oder eine der zahlreichen Nachfolgesendungen eingeladen).

Knecht meinte übrigens, die Wiener Stadtregierung zeige vor, wie man/frau es macht: dort sind, entsprechend der Tatsache, dass Frauen in Wien leicht überwiegen, nun auch unter den StadträtInnen mehr als die Hälfte Frauen. Darunter neben den beiden bereits erwähnten Politikerinnen Renate Brauner, die nicht nur für Finanzen zuständig sein wird, sondern auch eines Tages erste Bürgermeisterin sein soll. Die Signale, welche ihre Partei setzt, sieht Nationalratspräsidentin Barbara Prammer überhaupt nur positiv: die Politik sei deutlich weiblicher geworden.

Mit Frauenministerin Doris Bures habe man endlich wieder eine starke Frauenministerin und in viele Kapitel des
Koalitionsabkommens wurden frauenrelevante Maßnahmen hineinverhandelt. Oberste Priorität hat für Prammer, dass die
Frauen-Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik umgesetzt werden. Ziel müsse es sein, die kontinuierliche Arbeit fortzusetzen und die SPÖ-Frauen in der Bundesregierung zu unterstützen, denn gerade in der Frauenpolitik gebe es bekanntlich unterschiedliche Auffassungen zur ÖVP.
Dies entspricht auch Erfahrungen, die Johanna Dohnal gerne zum Besten gibt: jeder frauenpolitischen Maßnahme wurde durch etwas Familienpolitisches gegengesteuert.

Auch heute ist die ÖVP für Familie zuständig, doch sind sich Andrea Kdolsky und Doris Bures weitgehend einig, was gewissen Reformbedarf beim Kindergeld in Richtung Anreize zum frühen Wiedereinstieg betrifft. Auch dass das Frauenministerium im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, wertet Prammer positiv. Damit sei einem Wunsch der SPÖ-Frauen entsprochen worden. Denn die Frauenministerin hat damit Koordinierungsfunktion und kann besser mit den anderen Ministerien kooperieren. "Eine starke Frauenministerin muss sich überall einmischen können", mit dieser Konstellation seien die Voraussetzungen dafür geschaffen, betonte Prammer, die davon überzeugt ist, dass Frauenministerin Doris Bures sich für die Sache der Frauen in der Bundesregierung einbringt - genau das sei in der letzten Bundesregierung nicht geschehen.

Ursprünglich forderte die SPÖ ein eigenständiges Frauenministerium, das sich ja auch dann einmischen kann, wenn es nicht dem Kanzleramt zugeordnet ist (vielleicht sogar noch wirkungsvoller mit Eigenständigkeit?). Erwartungsgemäss wurde Prammer von anderen Parteien kritisiert, etwa von der Frauensprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger, die dazu gratuliert, in Sachen Frauenerwerbsquote ein niedrigeres Ziel als die letzte Regierung festzuschreiben. Die ÖVP unter Wolfgang Schüssel wollte bei ihrem Regierungsantritt 2003 die Frauenerwerbsquote bis 2010 auf 70 % erhöhen. Im SPÖ/ÖVP Regierungsprogramm ist diese Zielsetzung nun auf eine Frauenerwerbsquote von 65 % gesenkt worden. Und das obwohl die Frauenerwerbsquote bereits im September 2006 bei 64,7% lag.

Somit werde es da sicher eine Erfolgsmeldung geben - allerdings sei das bei dieser SPÖ auch wieder nicht sicher, meint Weinzinger. - Mit Frauenpolitik hat auch ein neues Buch zu tun, "Eva go home" von Desirée Nick, das bei den CeiberWeibern ausführlich vorgestellt wird. Die Autorin und Kabarettistin nimmt Eva Hermans "Prinzip" vom Heimchen am Herd gekonnt auf die Schippe - und liefert dabei auch eine Menge an Datenmaterial, da sie Herman überall dort widerlegt, wo diese altbackene Statistiken und Untersuchungen auffährt. Manches ist auch schlicht aus dem Finger gesogen, etwa, dass Kindergarten-Kinder in der Schule schlechter mitkommen als jene mit "Vollzeitmüttern".

@ Strache: während SPÖ-Politiker wie Josef Cap oder Caspar Einem die weiche Haltung von Kanzler Gusenbauer verteidigen, weist der Standard unter Berufung auf eine im Cultural Broadcasting Archive abrufbare Aufnahme (Suchbegriff: Strache) darauf hin, dass es im Jahr 2004 bedenkliche Aussagen gab. Damals war Strache im jugendlichen Alter von 36 Jahren und redete beim Totengedenken der Burschenschaften am 8.5.2004 (Tag der Kapitulation Hitlerdeutschlands). Er wollte ausnahmslos allen Opfern in dieser Zeit gedenken, bringt aber nur Geschichten über Sudetendeutsche, die auch seine Vorfahren sind. Deren Verzweiflung angesichts der Vertreibung nach dem Krieg schildert er in einer Weise, wo einem lupenreinen Demokraten erstmal die Beispiele jüdischer Familien im Angesicht von Krieg und Deportation einfiele.

Es gäbe keine Klassen von Opfern, meint Strache, als ob die einen Opfer nicht nur Opfer waren, und zwar als Opfer jener Täter, die dann durch den Krieg selbst insofern zu Opfern wurden, als dass sie nicht überlebten. Viele tausend Insassen in KZ haben sich befreit gefühlt ist so ziemlich Straches einzige direkte der Erwähnung der nur-Opfer und natürlich unvollständig. Tausende Menschen, die dem Tod näher waren als dem Leben, die so viele andere sterben und in die Gaskammern gehen sahen, wurden von fassungslosen Befreiern in Lagern vorgefunden, die sich diese nicht in ihren ärgsten Alpträumen hätten vorstellen können. Viele überlebten gerade den Tag der Befreiung um wenige Tage und starben danach; alle sind für immer gezeichnet. - dies wäre eine korrekte Erwähnung, die eines Parteichefs der Zweiten Republik würdig ist.

Wir hören aber nur, dass niemand gern am Schlachtfeld starb, egal auf welcher Seite, dass 1,5 Millionen im Bombenhagel starben und dass die Vertreibung nach 1945 sowieso am meisten Opfer kostete (zuvor wurden Millionen Slawen und Juden ermordet, hunderttausende "Zigeuner" und andere Menschen). Schlimm ist auch, dass der begeisterte Flieger für den Führer Walter Novotny zwar nicht umgebettet wurde, sein Grab am Zentralfriedhof seit ein paar Jahren aber nicht mehr als Ehrengrab gilt. (Dies bedeutet u.a., dass die Stadt Wien die Grabpflege nicht mehr übernimmt, aber da bildete sich in Windeseile ein Verein, dem auch der abgesetzte Universitätsrat Pendl angehört).

Abermillionen von Deutschen brachte die Kapitulation die Hölle - in dem Ton stimmte Straches Vorredner die Versammelten auf Stargast Strache ein, während in einiger Entfernung DemonstrantInnen "Nazis raus! Nazis raus!" riefen. Gusenbauer findet die fehlenden Worte also in dieser Aufnahme, wo Strache sich der klassischen Sprachregelung seiner Kreise bedient, wie von den wahren Opfern und Tätern im Zweiten Weltkrieg abgelenkt wird. Außerdem fehlte im Jahr 2006 nach der Wahl eine klare Ansage Straches zu den Aussagen seines Abgeordneten Zanger, der dem Führer auch Positives abzugewinnen wußte.

24.01.07

"Bubenstreiche" / ÖGB-Kongress

FPÖ-Chef Straches an "Wehrsportübungen" erinnernde "Jugendfotos" könnten durch Aufnahmen ergänzt werden, auf denen Strache die Hand zum Hitlergruss erhebt - jedenfalls wollte er dies gestern in der Zeit im Bild 2 nicht ausschließen. Was Buben halt so spielen, wenn sie dem Gesetz nach bereits mündige Bürger sind - oder wie ein User des "Standard" meinte: als nächstes taucht er im Parlament mit einem Nachziehtier auf?! Bei Strache und Co. handelt es sich aber um Kontinuität und Netzwerken, wie ein Artikel in der Jüdischen darstellt.

"Bubenstreiche" machen auch die ewig jungen Mitglieder der neuen ganz rechten Fraktion im EU-Parlament, worauf der einzige Österreicher dort, Andreas Mölzer, offenbar stolz ist. Im "Osten" seien die Abgeordneten noch nicht ganz so politisch korrekt zivilisiert. So freut er sich über den
Bulgaren Dimitar Stojanov, der bereits als Beobachter im EU-Parlament einen Skandal auslöste, indem er gegen eine ungarische Romaabgeordnete in einer E-Mail an alle Abgeordneten polemisierte: in Bulgarien gäbe es viel hübschere Zigeunerinnen, die mann ganz günstig kaufen könne.“ Sein Parteivorsitzender befürchtet eine Ausländerflut und will Türken und Zigeuner aus dem Land werfen. Die USA sind unter jüdischem Einfluss, was nicht nur die Bulgaren in der Rechtsfraktion denken.

Stojanovs rumänischer Kollege Dumitru Dragomir verkündete öffentlich, Juden zu Seife verarbeiten zu wollen. Während ewiggestrige Ösis am 8. Mai in kollektive Trauer ausbrechen, feiern die rumänischen Rechten den Geburtstag des faschistischen Diktators und Nazi-Kollaborateurs Ion Antonescu. Aber auch im Westen gibt es "Bubenstreiche", etwa wenn der Vorsitzende der neuen Fraktion im EP (zugleich stellvertretender Vorsitzender der französischen Front National) Bruno Gollnisch zum Holocaust meint: Nicht ein einziger seriöser Historiker verteidigt mehr hundertprozentig die Ergebnisse des Nürnberger Prozesses. Ich bestreite nicht, dass Konzentrationslager existiert haben, aber die Zahl der Toten betreffend gäbe es Diskussionsstoff für die Historiker. Und hinsichtlich der Existenz von Gaskammern liegt es an den Historikern, sie festzustellen. Laut dem oben verlinken Artikel in der "Jüdischen" ist Gollnisch vom EP an Frankreich ausgeliefert und dort rechtskräftig verurteilt worden.

Mit John Gudenus, gegen den hierzulande mehrfach ermittelt wurde, weil auch er so gewisse Gaskammer-Zweifel hatte, würde Gollnisch sicher einiges zu plaudern haben (Erinnerung an die Zeiten von "Bubenstreichen"?), aber auch mit dem FPÖ-Abgeordneten Zanger, der fand, dass nicht alles im Nationalsozialismus schlecht war, es auch positive Seiten gab. Aber alles nur harmloser jugendlicher Überschwang, so wie damals bei denen, die nach der Hitlerjugend weitermachen wollten. Oder die sich nicht mit Häusern für den Modelleisenbau begnügten oder Städte aus Karton bastelten, sondern die Germania erschaffen wollten. Nicht zu vergessen jene, die nach dem Doktorspielen mit Puppen ("tut das weh?") auch mit richtigen Menschen experimentieren wollten, wozu man ihnen ganze Konzentrationslager einrichtete. Alles ewige Buben, an deren Treiben nur der Rest von Österreich absolut gar nichts "doch auch irgendwie Positives" findet,

Der Rest? Nun, Kanzler Gusenbauer dürfen wir ausnehmen, denn er artikulierte Verständnis für Straches "Bubenstreiche" im Erwachsenenalter (mit Video). Kurzfristig dachte ich, etwas hat mich um sieben Jahre zurückgebeamt und Schüssel entschuldigt den Koalitionspartner, dessen Chef ja beispielsweise die Waffen-SS-Veteranen als durchaus anständige Menschen bezeichnet hat. Auch Gusenbauer kommt es auf das "Heute" an, und auch er negiert die Tradition und die Seilschaften, die vom Gestern zum Heute führen und wo kein Bruch zu erkennen ist. Laut "Österreich" hat Gusenbauer in letzter Zeit acht Kilo abgenommen - per Krautsuppendiät, Dinner Chancelling oder Grundsatz-Diät (alles abwerfen, was lästiger Ballast ist?).

Die "Presse", von der FPÖ geklagt, da sie über ein Dossier über Strache berichtete, das kursieren soll, schreibt, dass Strache jedwede eventuell auftauchende Hitlergruß-Fotos als dumme Provokation bezeichnet. Nicht als SEINE dumme Provokation, wohlgemerkt. Aber immerhin wurde das Dollfuß-Bild im Kanzleramt abgehängt und die Regierung von angeketteten "Widerständigen" im Kanzleramt empfangen (vor dem Ministerrat, nach dem dann der Verständnis-Sager abgegeben wurde). Presseaussendung von "News", das bekanntlich nicht immer recht hat:

NEWS berichtet zudem, dass Strache während seiner Zeit als Verlobter der Tochter des NDP-Chefs Norbert Burger den VAPO-Gründer Gottfried Küssel kennen gelernt hat und zu diesem private Kontakte hatte. Küssel, der zuletzt im August 2006 bei einer FPÖ-Veranstaltung in Oberösterreich aufgetreten ist, spielt im Konflikt eine zentrale Rolle. Im Oktober 2006 ist er gemeinsam mit dem Rechtsextremisten Andreas Thierry, der auch auf den jetzt veröffentlichten Strache-Fotos von den Wehrsportübungen zu sehen ist, bei einem Treffen von Rechtsextremisten in Gumpoldskirchen aufgetreten. Und man hat ein umfangreiches Dossier.

@ ÖGB: Die Gewerkschaftsplattform berichtete auch mittels eigener Kongresszeitung täglich vom zu Ende gegangenen ÖGB-Kongress. Darin nahm man sich kein Blatt vor den Mund, bemängelte fehlende Reformen und das ungebrochene Weitermachen einer Führung, die sich kaum von denen unterscheidet, die mit der BAWAG auch den ÖGB in den Sand setzte. Nachvollziehbarer Frust, da der mit 84% ohne Gegenkandidat gewählte Präsident Hundstorfer am 23.1. im "Report" zum Einschlafen war. Dass kein Streikfonds mehr da ist, stört ihn nicht weiter, den gibts ja z.B. in Italien auch nicht, und dort wird ja manchmal gestreikt.

Eine Direktwahl seiner Funktion wäre zu aufwändig und zu teuer (und würde, können wir hinzufügen, im Fall von Gegenkandidaten oder überhaupt auch nicht dazu führen, dass er Präsident wird/bleibt). Atypisch Beschäftigte sind Gegenstand von "Projekten", offenbar nach dem Motto, mal sehen, ob wir uns irgendwie für die einsetzen können. Immerhin will die neue Regierung, dass sie künftig arbeitslosenversichert sind. Ganz vergessen hat der Herr Präsident, dass Gewerkschaften ja wegen der Rechtlosigkeit von Menschen gegründet wurden, die mangels Besitz, von dem sie leben können, auf Lohnarbeit angewiesen waren und jederzeit entlassen werden konnten. Die keine geregelten Arbeitszeiten hatten, keine Mindestlöhne, keinerlei soziale Sicherheit.

Ändert sich der ÖGB nicht dramatisch, wird dies bald auf die meisten Arbeitenden in Österreich zutreffen (es sei denn, sie sind im öffentlichen Dienst oder in Institutionen wie dem ÖGB beschäftigt), und mann entdeckt vielleicht wieder, warum es doch ganz gut war, früher mal kämpferische Gewerkschaften zu haben. Eigentlich hätte der ÖGB - statt Karibikträume mit Elsner und Flöttl zu wälzen - VERHINDERN sollen, dass es so viele Atypisch Beschäftigte gibt. Man kann es nicht oft genug betonen: VERHINDERN, VERHINDERN, VERHINDERN. Wie die Gewerkschaftsplattform aber feststellt, bewegt sich der ÖGB in jenem Verhandlungsspielraum, den ihm die Vertreter der Wirtschaft zugestehen.

Die Herren machen, gefördert vom Herrn Bürgermeister, so weiter wie bisher, schreibt Gerfried Sperl im "Standard" und nennt als Beispiel, dass GPA-Chef Katzian zum Präsidenten des Fußballclubs Austria Wien gewählt wurde. Mit dem Versprechen, sich nur in der Freizeit um dieses Hobby zu kümmern, das ihm nicht nur Sperl nicht abnimmt. Renate Csörgits wollte wieder ÖGB-Vizepräsidentin werden, erhielt aber zuwenig Stimmen, sodass Roswitha Bacher nachträglich als Kandidatin aufgestellt (und gewählt) wurde.

Die Delegierten waren besonders darüber empört, dass sie keine Ahnung hat, wieviel sie eigentlich verdient. Dadurch ist sie schon vor ein paar Jahren aufgefallen, als es um das Doppeleinkommen aus Nationalratsmandat und Gewerkschaftsfunktion noch in Schilling ging. Wie mögen wohl die vielen vielen Frauen, die jeden Cent mehrfach umdrehen müssen, so eine "Vertreterin" empfinden? Davon abgesehen, dass sie immer weniger Frauen rein formal vertreten hat, da dem ÖGB die Zunahme atypischer Beschäftigungen ja weitgehend entgangen ist. Achja, die Frauen im ÖGB: immerhin strebt man(n) nun an, dass sie dem Anteil an den Mitgliedern entsprechend auch in Gremien vertreten sind (zu 1/3). Schade nur, dass Frauen unterproportional 1) ÖGB-Mitglieder sind (bezogen auf die ordentlich Beschäftigten) und b) überproportional atypisch beschäftigt sind. Gerade da bräuchten sie eine kämpferische Gewerkschaft, in der sie sich SELBST vertreten können (aber bitte nicht in Doppelfunktion mit nonchalantem Vergessen, was frau eigentlich in vielen tausend Schilling und einigen tausend Euro verdient)....

23.01.07

Politisches / Religiöses / Hokuspokus

Medien-Zwist: Die "Wiener Zeitung", die dank staatlicher Unterstützung (amtliche Verlautbarungen zum Anzeigentairf) finanziell gut dasteht, enthüllt die Situation der "Presse". Diese wiederum sieht einen Zusammenhang mit der Trennung von Andreas Unterberger, so Styria-Vorstandschef Host Pirker: Ja, ich würde es wieder tun und Andreas Unterberger als Chefredakteur der Presse ablösen, weil es ihm einfach an Format fehlt. Er neigt dazu sich zu verbeißen, nicht selten in kleinen Strukturen. Und so ist er leider längst verbissen. Und das verträgt sich eben nicht mit der bürgerlich-liberalen 'Presse' und erst recht nicht mit deren traditionell 'großen Horizont'.

Davon abgesehen bringt die "Presse" (nicht als einzige) natürlich auch, dass die Israelitische Kultusgemeinde die Absetzung Unterbergers fordert, der einen Gastkommentar von Herbert Schaller, Anwalt von Holocaustleugner David Irving, gegen das NS-Verbotsgesetz in der "Wiener Zeitung" veröffentlichte. Was Unterberger selbst in seinem "Tagebuch" meist schreibt, ist kurz gesagt, dass die ÖVP in vielen Bereichen zu wenig konservativ ist und dass zu viele Menschen bereits im 21. Jahrhundert angekommen sind. Aktuell widmet er sich dem, was Strache unter "Paintball" versteht, und meint, er sei diesem Alter nie entwachsen. Und er kritisiert die "Presse"-Kritik. Ist David Irving auch noch im postpubertären Stadium, fragen wir uns, und bastelt nichtfunktionierende Gaskammermodelle, während sich andere in Kampfmontur prügeln?

@ Studiengebühren: Mittlerweile fordern Feuerwehr, Rettung, Katholische Jugendgruppen und sogar Blasmusikgruppen eine Befreiung ihrer ehrenamtlichen studentischen MitarbeiterInnen von der Studiengebühr. Es ist auch von einer Liste die Rede, für die auch die ÖH Vorschläge hat, etwa dass Studierende mit Kind nicht auch noch nebenbei die Gebühren abarbeiten müssen. Eben interviewt das "Mittagsjournal" Laura Rudas, die vom Wiener Gemeinderat ins Parlament wechselt. Sie will innerhalb der SPÖ für die Abschaffung der Studiengebühren kämpfen. Die erste Gelegenheit dazu hat sie leider krankheitsbedingt versäumt, denn in der ersten Parlamentssitzung mit der neuen Regierung brachten die Grünen einen SPÖ-Antrag auf Abschaffung der Gebühren neuerlich ein. Mittlerweile gibt es, etwa auf der Satireplattform Scholem and Friends, schon Blankoformulare für Bestätigungen über gemeinnützige Arbeit. Ernst gemeint ist ein Angebot in dem Zusammenhang: gerne nehmen wir Praktikantinnen im Sommer, redaktionelle Arbeit schnuppern (Women Only :-)

Die ÖVP präsentiert sich als offene Partei, die sich auch gerne anhört, was Nichtmitglieder zu sagen haben, und lanciert dafür eine Perspektivengruppe. Dies ist SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina zu wenig: Er erinnerte daran, dass es die SPÖ war, die im Regierungsprogramm jene Punkte durchgesetzt hat, die für eine moderne Gesellschaft unabdingbar sind: Dazu gehört der hohe Stellenwert von Bildung und von gleichen Chancen für alle Kinder ebenso wie neue Antworten auf die Armutsgefährdung, eine starke, offensive Frauenpolitik oder moderne Rechtsregeln für neue Formen des familiären Zusammenlebens. "In all diesen Bereichen ist in den letzten sieben Jahren leider nichts weitergegangen; oft gab es sogar einen Rückschritt. Hier hat auch Josef Pröll wenig von der Modernität erkennen lassen, die er jetzt gerne propagiert."

Dies täte auch anderen gut, wie der Brief zeigt, mit dem Kanzler Gusenbauer interne KritikerInnen besänftigen will (Eintrag 20.1.). Außerdem gibt es einen Brief der ÖH-Vorsitzenden Barbara Blaha an den Kanzler (Eintrag 22.1.), in dem sie genau ausführt, was sie an der Fortsetzung der schwarzblauorangen Hochschulpolitik stört. Eine neue kritische Seite ist übrigens nichtlockerlassen.at

@ FPÖ: Diese hat grad eine Klausur, bei der Parteichef Strache seine jugendlichen Kriegsspiele als harmlos bezeichnete, zugleich aber Verteidigungsminister Darabos angriff, weil dieser nicht mit der Waffe gedient habe. So kann man die Dinge auch umdrehen: inzwischen sind Bilder aufgetaucht, wo dezidiert sog. Wehrsportübungen sehr sehr an die Strache-Fotos erinnern, aber wir sollen wieder damit zugetextet werden, dass ein Zivi nicht fürs Heer verantwortlich sein kann. Was aber, wenn wir mal Verteidigungsministerin, Bundeskanzlerin, Bundespräsidentin haben?

Apropos Frauen in Regierungen: Die Wiener Stadtregierung besteht erstmals aus mehr Frauen als Männern. Renate Brauner beerbt Sepp Rieder im Bereich Finanzen, für Stadtrat Werner Faymann (nunmehr Minister) rückt Gemeinderat Michael Ludwig nach, Brauner wird von Sonja Wehsely als Gesundheits- und Sozialstadträtin beerbt und Gemeinderätin und WAFF-Vorsitzende Sandra Frauenberger wird Frauenstadträtin. Ist das Glas also halbvoll? Wenn frau auf den ÖGB-Kongress und die Personalentscheidungen sieht, wohl eher halbleer. Dort sollen wir zwar entsprechend dem Anteil unter den Mitgliedern künftig in Gremein sitzen dürfen, allerdings berücksichtigt dies nicht, dass viele Frauen atypisch beschäftigt und nicht in der Gewerkschaft sind....

Vor zwei Wochen hatte 3sat einen Thementag zu Religionen, wirklich interessant, wollte auch drüber schreiben. Unter anderem wurden Filme gezeigt, die auf satirische Weise die Absurdität von Klischees und Vorurteilen zeigen. Da ging es um die Moschee in einer bayerischen Gemeinde oder darum, dass ein jüdisches Ehepaar in einem Schweizer Spital auf eine palästinensische Krankenschwester trifft. Die Ehefrau macht unfreiwillig einen Ausflug mit der jungen Frau, bei dem beide nicht über die Grenze nach Deutschland wollen und den Bus zum Anhalten zwingen. Die eine will um nichts in der Welt das Land betreten, das sie einst nach Auschwitz brachte, die andere hat kein Visum. Als sie von der Polizei aufgegriffen werden und an der Grenze halten, läuft die alte Jüdin kurz hinüber nach Deutschland und zurück, während ihre neue Freundin sie filmt.

Es gab auch einen Beitrag über die Methoden christlicher Fundamentalisten, die Jugendliche bei Veranstaltungen mit Musik und gemeinsamen Gebeten rekrutieren. Jesus heilt dabei angeblich alles, und die Kids sind mächtig beeindruckt und weinen vor Ergriffenheit. Dann werden sie auf die Straße geschickt, um weitere Jugendliche zu gewinnen - und siehe da, die meisten lassen sich gerne vom Glauben erzählen und diskutieren eifrig. Das Ganze nennt sich The Call und wird von der katholischen Kirche sehr kritisch betrachtet. Denn hier geht der freie Wille des Menschen ab, und die Ziele der sog. Evangelikalen negieren Nächstenliebe und Bergpredigt. Diese Gruppen, die in den USA sehr stark sind, bekämpfen in anderen das "Böse", wozu ihnen jedes Mittel recht ist. Sie lehren bereits kleine Kinder das Schießen, empfehlen, Kinder selbst zu unterrichten, da sie in der Schule beispielsweise mit der Evolutionstheorie in Kontakt kommen, und sind dafür, auf Grundlage von Sätzen im Alten Testament die Todesstrafe für mannigfache Vergehen, von Homosexualität bis Ehebruch einzuführen.

Es ist erschreckend, wie leicht sich Jugendliche "verführen" lassen - andererseits sagt man das auch bei Esoterikbegeisterung junger Menschen. Die jedoch ebenso Erwachsene erfaßt, jedenfalls in der Form, dass Instant-Rat bei "HellseherInnen" gesucht wird. Dazu gibt es bereits einen eigenen Sender, "Astro TV", nach einem aus den USA kommenden Trend. Nicht wirklich unterhaltsam, außer für kurzes Verweilen, während Parodien (siehe Links weiter unten) sehr zu empfehlen sind. Zu 80% sind Frauen "astro-süchtig", rufen immer wieder bei Mehrwertnummern an und haben dann hohe Telefonrechnungen. Ich habe darüber einen Artikel geschrieben und die Probe aufs Exempel gemacht: wie kommt eine "Hellseherin mit Kristallkugel" zu ihren Schlußfolgerungen? Resultat: durch Konzentration auf die Stimme der Anrufenden, die Art, wie sie zur Sache kamen, hatte ich die gleichen Ergebnisse. Allerdings lege ich schon lange Karten und dies mit zutreffenden Aussagen :-)

Why I am a Pagan Druid / Kontrastprogramm zu den Kirchenfundis :-) /Ritual in Riga - sieh an, "Heidnisches" überlebt überall /
Hevia - spanisch-keltische Musik /Ein Lieblingsstück von Hevia

Und das sind die Astro-Infos und Ver**** : Astro TV / Kritik daran / Harald Schmidt über Astro TV / Konsumtest / Artikel über Astro TV / Selbstversuch / Kalkofes Parodie über Kartenlegen mit Metadron /
Diskussion im Esoterikforum / Diskussion in einem Frauenforum / Sterndeuter bei ATV+ / Astro-Abzocke / Astro-Sucht /Das Geschäft mit dem Hokuspokus / Sendung Astro-Line /Die Rauchleserin / Artikel über Mike Shiva

22.01.07

Die SPÖ, Armut und Arbeit

Wenn frueh am Morgen die Werksirene droehnt
und die Stechuhr beim Stechen lustvoll stoehnt,
in der Montagehalle die Neonsonne strahlt
und der Gabelstaplerfuehrer mit der Stapelgabel prahlt,
ja, dann wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.


Aus "Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug

Frau/mann kann auch sagen: eine frühe prophetische Kurzfassung des Regierungsprogrammes :-)

Der ÖGB tagt ab heute, mit diversen Protesten vor und bei der Veranstaltung. Wie üblich bei Gewerkschaftskongressen mit Politprominenz einschließlich Bundespräsident und Bundeskanzler, der u.a. meinte:

Die Armut soll in Zukunft bekämpft und nicht nur finanziert werden, Arbeitslose wieder den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Konkret ist das jedoch meist eine Bekämpfung der Armen im Sinne von: sie nur ja jede Sekunde spüren lassen, dass staatliche Leistungen eine Gnade darstellen und keine Solidarität. Etwa, wenn das Arbeitsmarktservice, Wirkungsbereich der Buchingers, sich eine Verschlechterung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose wünscht, was Arbeiterkammer und ÖGB zurückweisen. Immerhin ist der Einkommenschutz bei uns ohnehin viel schwächer als etwa in Deutschland, und das AMS hat sich als Dienstleister gegenüber Arbeitslosen als KundInnen zu verstehen. Dass deren Zufriedenheit in den letzten Jahren stark gesunken ist, hat dazu geführt, dass das Koalitionsübereinkommen Verbesserungen verlangt.

In diesem Fall ist der ÖGB mit an Bord, ansonsten kann frau zur dringend benötigten Erneuerung nur GÄÄÄÄHN! sagen. Die alte Garde ist nach wie vor am Ruder, es ist in den Entscheidungsfunktionen ein Männerverein, der Präsident hatte bislang kein Problem damit, doppelt bezahlt zu bekommen (auch für ein Wiener Gemeinderatsmandat, dass er erst jetzt zurückgelegt hat), die Reaktion auf BAWAG/ÖGB-Skandal ist ein bisserl umbenennen und umstrukturieren. Zuständig fühlt man(n) sich aber nach wie vor nur für die aussterbende Gruppe der auf Jahre abgesichert Arbeitenden, die weder arbeitslos noch atypisch beschäftigt werden. Irgendwann kommt man dann wieder bei den Gründen für Gewerkschaftsgründen an - inzwischen bleibt die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung aber vielfach vergessen. Einstmals ging es nämlich genau darum, Arbeitenden sichere und ausreichende Löhne und Schutz zu erstreiten. Heute hat anscheinend wieder Pech gehabt, wer aus diesen Errungenschaften raus fällt....

Bundeskanzler Gusenbauer wurde in einem auch auf seiner Kanzlerwebseite veröffentlichten Interview zu innerparteilichem Widerstand befragt: Wir erkennen, dass in Zeiten der Globalisierung die Lohnunterschiede immer größer werden, dass es eine immer stärkere Spaltung der Gesellschaft gibt. Wir versuchen hier ganz bewusst gegenzusteuern - durch unser System der bedarfsorientierten Mindestsicherung, durch einen Generalkollektivvertrag von 1000 Euro und durch die Anhebung der Mindestpensionen. Bei den tausend Euro ist natürlich die Rede von Nettobeträgen für Ganztagsarbeiten - bei denen gerade in diesem unteren Segment vielfach Praxis ist, die von solchen Löhnen abhängigen Menschen über den Tisch zu ziehen, Arbeitsstunden (z.B. bei Reinigungsfirmen) zu bestreiten oder die Abrechnung von Überstunden vorzuenthalten.

Gusenbauer unbeirrt weiter: Ich bin gerne bereit, mit jedem Kritiker zu diskutieren, um auf die Kurskorrekturen hinzuweisen. Österreich wasserdicht gegen die Armut zu machen, ist, glaube ich, eine der ganz wesentlichen Veränderungen. Wie bitte? Wasserdicht gegen die Armut mit Hartz IV auf österreichisch und Mini-Mindestlöhnen? Wo lebt unser Kanzler (als SPÖ-Chef brutto um die 13.000 Euro, als Kanzler 19.000 und noch was Euro, seit dem 21. Lebensjahr via Parteifunktionen oder Mandate gesichertes gutes Einkommen)? Ich schätze, da wäre mal wirklich Nachhilfe angebracht: einen Monat von der "bedarfsorientierten Mindestsicherung" leben, damit alle Ausgaben einschließlich Wohnen bestreiten.

Man kann Gusenbauer nicht vorwerfen, er sei "machtgeil" im Sinne von: alles, nur um Kanzler zu werden. Ich vermute, er möchte wirklich gestalten, kann aber nicht über den langen Schatten der ihn jahrelang tragenden Strukturen springen. Während heutige Jung-SozialdemokratInnen kritisch und unabhängig wirken, dienten Gusenbauer, die Caps und andere in den achtziger Jahren eher als Beschwichtiger und als Stimmenfänger (im Sinne von: kommt doch zu uns, in den Alternativbewegungen werdet ihr nichts, wir haben die Macht und die Karriere, und ein bisserl kritisch simma doch auch). Jene, die ihnen damals gegenübersaßen (und Fahrtkosten, Transparente, Konsumationen etc. irgendwie zusammenstotterten z.B. in der Friedensbewegung) hatten das wasserdichte Netz der SPÖ nicht zur Verfügung.

Dafür bekamen sie mit, was so außerhalb der großen Mutter Partei passierte - viele engagieren sich immer noch, viele sind nur besorgt über gesellschaftliche Entwicklungen und versuchen, für sich eine Nische zum Überleben zu schaffen. Gestern habe ich mit einem Bekannten aus Köln geredet, engagierter Linker, als Redakteur Experte für Geheimdienstfragen. "Habt ihr auch Suppenküchen in Wien?" fragte er beim Spazieren über den Graben. "Es gibt schon Ausspeisungen, von Klöstern und so", meinte ich, da ich um Weihnachten herum einen Bericht gelesen habe, wo eine Nonne erzählt, wie dankbar Pensionistinnen für die warme Mahlzeit am Tag sind.

Nun, in Köln gab es vor ein paar Jahren nur wenige Suppenküchen, in denen beispielsweise unterernährte Schulkinder sich mal sattessen konnten. Heute sind es jedoch bereits einige derartige Institutionen, als Folge von Hartz IV (der nach dem kürzlich vor Gericht gestandenen VW-Manager benannnten Asozialreform), das zu einem völligen Abbau von persönlichen Ressourcen führt. Menschen, die alles zu Geld machen müssen, ehe sie in Arbeitslosigkeit und Not unterstützt werden, haben dann nichts mehr, worauf sie Hoffnungen gründen und der sich einstellenden Lethargie entrinnen können. Längst gibt es Ghettos in deutschen Städten, wo kaum mehr jemand Arbeit hat und die meisten keine Aussicht, je einen (dauerhaften) Job zu bekommen.

"in Europa wird es wie in den USA", meint mein Gesprächspartner, wenn nicht gegengesteuert wird. Dort existieren längst Parallelwelten, wo die Motivierteren der Armen auf eigene Faust eine Minimalversorgung im Bereich Bildung und Gesundheit organisieren, deren Inhalte an das erinnern, was wir von Entwicklungshilfeprojekten aus Afrika kennen. Die große Masse ist aber lethargisch und man kann froh sein, wenn sie zumindest den Rat annehmen, der ihnen in den Projekten beispielsweise in Sachen Hygiene erteilt wird. Umverteilung, Vermögensbesteuerung und Grundsicherung sind aus der Sicht des Journalisten die Wegweiser aus der Krise - doch wer wird dies wohl im Paket anpacken, sowohl in Deutschland als auch in Österreich und in der EU an sich?

Die Krankenschwester kriegt 'nen Riesenschreck,
schon wieder ist ein Kranker weg.
Sie amputierten ihm sein letztes Bein
und jetzt kniet er sich wieder maechtig rein,
ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Geier Sturzflug

Wer glaubt, sich von der Leistungsgesellschaft verabschieden zu wollen, dem muss klar sein, dass er sich vom Wohlstand verabschiedet. Ich habe eine klare Perspektive: Wir müssen schauen, dass möglichst viele Menschen zur gesamtwirtschaftlichen Leistung beitragen können. Selbst jene, die unter prekären Verhältnissen leben, überlassen wir nicht der Lethargie der Armut, sondern versuchen sie herauszuführen. Unser Modell der Existenzsicherung ist an sehr klare Zumutbarkeitsbestimmungen geknüpft. Je mehr leistungsbereite Menschen vorhanden sind, desto wohlhabender wird eine Gesellschaft sein. Ich habe einen völlig unverkrampften Zugang zur Leistung. Alfred Gusenbauer - zum Zugang zu Leistung in der persönlichen Biografie siehe weiter oben....

Kanzler Gusenbauer tut seine innerparteilichen KritikerInnen (und auch diejenigen außerhalb der SPÖ) gerne ab als winzige Minderheit, die in jugendlichem Elan agiert. Also einerseits StudentInnen, andererseits KommunistInnen, Hausbesetzerszene und so weiter. Was machen dann aber die vielen namentlichen UnterstützerInnen von wirsindspoe.at? Wie etwa: Irmtraut Karlsson, Nationalratsabgeordnete a.D., Krimi Autorin: In mühseligen Verhandlungen Kompromisse eingehen zu müssen, ist eine Sache. In arroganter Weise unsere jungen Genossinnen und Genossen abzukanzeln- gewaltbereite Demonstranten, Bummelstudenten- ist unakzeptabel. Ich bin dabei, weil ich will, dass unsere Partei auch eine Zukunft haben soll. Mit Umfallern wird sie diese nicht bekommen, sondern nur mit klaren Positionen.

Oder: Hans Sallmutter, ehemaliger Vorsitzender Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA): Wenn man für die Bildung einer Regierung einen Partner braucht, muss man Kompromisse eingehen. Aber, als SPÖ muss man auch wissen, welche eigene politische Positionen, Forderungen und Versprechungen sich unbedingt im Koalitionspakt finden müssen. Leider sind SPÖ-Kernforderungen der ÖVP geopfert worden. Die SPÖ hat Glaubwürdigkeit verloren, leider! Daher unterstütze ich die Initiative "Wir sind SPÖ".

Ein Mann stellt sich schlicht vor als: Christian Rechberger, Mitglied: Am 11. Jänner habe ich schweren Herzens erstmals gegen meine eigene Partei demonstriert. Gegen jene Partei, der ich als Jugendlicher beitrat, um meinen Beitrag gegen die damals schwarz-blaue Regierung zu leisten; gegen jene Partei, für die ich unermüdlich agitiert habe. Nun sitzen 10 SPÖ-Mitglieder in der neuen Bundesregierung - doch die sozialdemokratische "Handschrift" vermisse ich schmerzlich. Für solch ein Regierungsprogramm haben ich und viele andere weder wahlgekämpft noch gewählt.

Die enttäuschten SozialdemokratInnen werben keineswegs für den Austritt aus der Partei, sondern wollen im Gegenteil, dass auch Nicht-SPÖ-Mitglieder ihrer Initiative oder / und der Protestsektion beitreten.

Wenn sich Opa am Sonntag auf sein Fahrrad schwingt
und heimlich in die Fabrik eindringt,
dann hat Oma Angst, dass er zusammenbricht,
denn Opa macht heute wieder Sonderschicht,
ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Haende gespuckt.


Wasserdicht gegen Armut und geringe Pensionen??? Scherz beiseite: vieles, was verschärft, geändert, mit Ausnahmen entschärft werden soll, bewirkt letztlich keine Einsparungen, sondern mehr Bürokratie, mit dem Nebeneffekt, dass sich die Leute mehr getriezt fühlen. Beispielsweise Arbeitslose, die zwecks Verringerung der offiziellen Arbeitslosenzahlen in Schulungen gesteckt werden, deren Sinn schwer erkennbar ist. Einmal hatte ich das Vergnügen, bei einem Schulunginstitut, wo ich kurzfristig ohne klare Aufgabenbeschreibung eingestellt war, mit ein paar Büchern schnell Bewerbungstraining zu machen und die Leute dann - ohne Schmäh! - folgendermaßen zu beschäftigen: sie tippten auf eigens besorgten Computern Datensätze mit Kellerbeständen des AMS. Beispielsweise Listen über Listen von Bundespräsidentenbildern aus dem Jahre Schnee...

21.01.07

Schweinebraten statt "Satansbraten" :-)

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky eckt fröhlich gleich mehrmals an, bevor sie in ihrem Amt Maßnahmen setzen kann: Sie bekennt sich zum Schweinebraten (freilich nicht als Dauernahrung), sie raucht, sie steht zum "Wohlfühlgewicht" und sie hat als eine Gesprächspartnerin für das Buch "Kinderlos? Na und!" von Birgit Kofler unter anderem gestanden, dass Kinder auch unheimlich nerven können, wenngleich sie gerne Tante ist, aber auch froh ist, Kids wieder abgegeben zu können.

Ein Sturm der Entrüstung, jedoch auch Verteidigung für Kdolsky waren die Folge. Wobei jene, die sich für sie einsetzten, es in einer anderen politischen Konstellation wohl meist nicht getan hätten. So aber legen sie sich nun darauf fest, dass sie auch akzeptieren, wie sich manches geändert hat. Und das ist ja doch ein positiver Effekt - obwohl es öd ist, dass Frauen immer noch so rasch für unfähig erklärt werden bzw. sich selbst für Kleinigkeiten wie Eßgewohnheiten oder Gewicht rechtfertigen müssen....

Wollen wir hoffen, dass sich die Einsicht, in der Moderne angekommen zu sein, auch politisch auswirkt - beispielsweise, indem homosexuelle Paare heterosexuellen gleichgestellt werden (auch was Adoption etc. betrifft) und indem erkannt wird, dass Diskriminierung nicht nur Frauen mit Kindern trifft, sondern auch Frauen an sich.... siehe auch Anmerkungen der CeiberWeiber (samt allen Kdolsky-Buchzitaten im richtigen Zusammenhang).

Übrigens: Nachdem uns "Österreich" letztes Jahr über einige Wochen fast täglich Eva Hermans Steinzeitthesen verkauft hat, musste nun der "Kurier" die Dame zu Andrea Kdolsky befragen (was geht's eine deutsche Karrierefrau eigentlich an, was eine österreichische Ministerin sagt?!). Da lesen wir dann Aussagen wie: Das Sozialversicherungssystem muss genau wie das Arbeitssystem komplett verändert werden. Eine Frau, die zu Hause bleibt und mehr Kinder bekommt, tut für das Brutto-Sozialprodukt ungleich mehr als eine, die arbeitet. Sie bringt der Gesellschaft Kinder, die später natürlich mannigfaltig Beiträge zahlen.

Abgesehen vom Uraltrollenbild, das hier des Bücherverkaufens willen vermittelt wird: was, wenn eine Frau nur Töchter bekommt, die natürlich KEINE mannigfachen Beiträge zahlen, sondern erst ihre Kinder (sofern es sich zu 100% um Söhne handelt und zu 0% um Töchter? Ups, da haben wir ja noch das Problem, das als Folge von Pestiziden usw. usf. die Spermienanzahl sinkt, dh der Mann immer weniger zeugungsfähig ist. Was machen wir mit Männern, die nicht zur Produktion netter kleiner Rädchen im Bruttosozialprodukt-Getriebe beitragen? Müssen die zu TransGenders werden, dürfen sie Lohnarbeiten bis zum Umfallen, wie können sie sich nützlich betätigen?

Da hilft nur Ironie: hier ist der Text von Bruttosozialprodukt.

Wenn frau Zeitungen ausmistet, ist übrigens manchmal zu sehen, dass sich viel geändert hat. Da gibt es zuerst ein Interview mit Justizministerin Maria Berger, dann mit Außenministerin Ursula Plassnik, und bei Internationales geht es zuerst um die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, dann um den angekündigten Rücktritt des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, der letztlich durch den Widerstand der Landrätin Gabriele Pauli ausgelöst wurde. Sie ließ sich nicht gefallen, was die Herrschaften über Jahre hinweg toleriert haben, sieht sich aber nun damit konfrontiert, dass diese Männer nun nicht schnell genug Ansprüche auf die Stoiber-Nachfolge und weitere Funktionen anmelden.

Freilich bringt sich Pauli mittlerweile zumindest als mögliche stellvertretende CSU-Chefin ins Spiel, immerhin. Auch im Bereich Internationales finden wir die Reisen von US-Außenministerin Condoleezza Rice und die Ankündigung der Präsidentschaftskandidatur von Hillary Clinton für 2008 (wobei noch Vorwahlen zu absolvieren sind). Alles ganz nett, aber was hat es mit weniger "mächtigen" Frauen zu tun? Nicht unbedingt viel, denn zugleich steigt die Zahl der Frauen, die knapp über oder unter der Armutsgrenze leben. Dabei entscheidende Faktoren: geringe Ausbildung oder / und Kinder....

In Sachen Koalition sehen wir aber auch schon, wie gegenseitig eingebremst wird: da stellt sich Justizministerin Berger einen anderen Umgang mit Zuwanderern vor, um sofort von Innenminister Platter Konter zu bekommen (der übrigens auch nicht einsehen wollte, dass in einer Demokratie selbst PolizistInnen ein Demonstrationsrecht haben, das manche am 11.1. für sich beanspruchten - wie das auch StaatsbürgerInnen taten, die NICHT bei der Polizei sind....).

Ich dachte mir, ich maile mal die SPÖ-Bundesgeschäftsführung an, wie sie sich den Dialog auch mit der Bevölkerung vorstellen. Das streckenweise vage Koalitionsabkommen muss ja nicht bedeuten, dass alles in den eher unkonkreten Bereichen so bleibt, wie es ist, sondern dass man mal die Bevölkerung fragen kann, wie sie sich diesen und jenen Bereich vorstellt. Ich wandte mich (als Wählerin, die des öfteren die SPÖ angekreuzt hat) an Geschäftsführer Kalina, aber no reply. Natürlich hätte ich jene anschreiben können, die mich gut kennen, aber ich wollte ein "repräsentatives" Experiment durchführen.

Naja, als Parteimitglied hätte ich schon was bekommen - einen Formbrief, der mich davon überzeugen soll, dass eh alles in Ordnung ist und das Abkommen super (anbetracht dessen, dass es leiderleider keine andere Option gab....). Dies entnehme ich den "widerständigen" Webseiten von SPÖ-Leuten wie wirsindspoe.at - wo mittlerweile mehr als tausend UnterstützerInnen erklären, dass man SO NICHT mit ihnen umgehen kann....

@ FPÖ-Troubles: Inzwischen stellt sich heraus, dass die Fotos von Strache und Jugendfreunden im Militäroutfit vor einem Kriegerdenkmal am Ulrichsberg aufgenommen wurde. Das DÖW weist darauf hin, dass die Wiking-Jugend (heute verboten) damals sowas wie Wehrsportübungen durchführte. In der FPÖ wirft man(n) sich inzwischen gegenseitig Fotos um die Ohren: auch Stadler ist abgebildet, allerdings eher im fundi-christlichen Bereich (unter anderem ist er Mercedarier).

"Frühstück bei mir" mit Gusenbauer als Podcast - für alle, die wissen wollen, wie's unserem Kanzler geht, der's ja wirklich net leicht hat :-) Was er sagt, ist übrigens in der Kurzfassung (ohne die Musik dazwischen) durchaus hörenswert. Er reflektiert und betrachtet sich selbst doch kritisch, weiß, dass alles seinen Preis hat, auch die "Macht" - hier könnten jene ansetzen, die bei ihm Haltungsänderungen erreichen wollen. Arrogant wirkt er in dem Interview nicht, spricht freilich mehr über Persönliches als über "rein politisches". Aber wie heißt es doch so schön? Das Private ist politisch....

@ Klimawandel: in Berichten zum Orkan Kyrill fehlen Hinweise nicht, womit solche Unwetter und vor allem deren Häufung zu tun haben. Freilich sieht das Drumherum manchmal so aus wie in der Sonntagsausgabe von "Österreich": Am Titelbild und danach dramatische Bilder und Worte, dazu aber auch ein Preisausschreiben, wo Flugreisen zu gewinnen sind. Jeder Flug verschlechtert aber die ganz persönliche Klimabilanz drastisch, will sagen: dafür kann man lange und viel mit dem Auto fahren. Womit wir bei einem zweiten beliebten Gewinn bei Preisausschreiben sind. Warum verlost niemand Fahrräder oder eine Ladung Biolebensmittel? So werden gutgemeinte Artikel ad absurdum geführt, wenn gleich daneben angeboten wird, gratis massig Treibhausgase zu emittieren....

19.01.07

Orkan über Österreich / die FPÖ in Troubles

Wie war der Orkan, werde ich in einer Mail von jenseits des Atlantik gefragt. Abseits der Kurznachrichten, wo natürlich nur Spektakuläres vorkommt, wäre zu sagen, dass das Warten auf ein Unwetter schon was Gespenstisches an sich hat. Sicher wurden überall Vorkehrungen getroffen, aber eher, damit niemand zu Schaden kommt, denn verhindern kann man einen Sturm nicht. Dennoch gab es zahlreiche Tote in anderen Ländern; in Österreich nur gewaltige materielle Schäden (die dennoch vergleichsweise "klein" sind, wenn man etwa an Bilder aus Deutschland denkt).

Viele Menschen verbrachten eine mehr oder weniger schlaflose Nacht - sei es, weil das eigene Haus abgedeckt wurde oder eines gegenüber, oder weil, selten, auch Fensterscheiben zerbrachen und die BewohnerInnen nur durch Glück gerade woanders waren. In Wien peitschte der Wind durch Straßen und Innenhöfe, wo ständig etwas herunterfiel, oder er tobte sich zwischen Häusern aus. So war es bei uns, Heulen von beiden Seiten, nirgendwo ein ruhiges Plätzchen. Plötzlich entdecke ich, dass der Zaun ganz schief ist, gehe doch hinaus (nicht zu empfehlen, es hätte z.B. eine gläserne Balkonverkleidung von oben kommen können), sehe, dass die Verankerung am Querzaun gelöst ist. Ich versuche, den Zaun wieder gerade zu ziehen, natürlich hoffnungslos mitten im Sturm.

Ich schätze im ersten Moment, dass ein paar Leute notwendig sind, um ihn wieder aufzurichten. Zwei Katzen nutzen den Augenblick, um mitten im Sturm ins Freie zu schlüpfen. Das ist für sie nicht so gefährlich, wie es klingen mag, denn sie können hinunter in den Graben springen und dann ins Dickicht gehen - der heftigste Wind ist im Garten. Zum Glück sind sie bald wieder da, sodass wir zu schlafen versuchen können. Ich schalte immer wieder NTV aus und ein, alles nur Deutschland, und die Nachrichten wiederholen sich. Irgendwann schlafe ich doch ein, bin morgens aber wie gerädert, wie so viele andere auch.

Kurz war ich im Sturm, habe den vorbeieilenden Wolken am Nachthimmel zugesehen, mich um das Flugzeug gesorgt, das noch unterwegs war (gerade wurden vorher im Fernsehen deutsche Passagiere interviewt, die eine heftige Landung in Frankfurt hinter sich hatten). In Wien gab es keine Probleme im Flugverkehr, hiess es dann heute morgen. Der Sturm ist ein Vorbote dessen, was uns der Klimawandel noch bringt. Wir konnten uns jetzt darauf einstellen, es gab eine Vorwarnzeit, es konnten Maßnahmen getroffen werden - was aber, wenn dies nicht mehr geht, weil etwas plötzlich auftritt oder immer wieder, wenn mehrere Ereignisse zusammentreffen?

Die Katastrophentouristen sind da ganz unbekümmert - damit meine ich jene, die direkt am Meer eine Flasche Bier trinken, die hohen Wellen und die Windstärke zum Surfen nutzen oder die trotz Sturmwarnung noch schnell eine Runde im Wald joggen oder mit den Hunden gehen. Diesen Menschen ist nichts passiert, wohl aber manchen, die einfach noch rasch nach Hause wollten oder beruflich mit dem Auto unterwegs sein mußten. - Mein Zaunproblem habe ich übrigens gerade selbst gelöst: mit einem Seil konnte ich die Pfosten langsam in die Senkrechte ziehen, beginnend bei jenen, die am wenigsten zur Seite gedrückt waren, dann jene, die mehr Neigung hatten, und immer wieder bei allen etwas ziehend, bis alle aufrecht waren.

Mit einem Teil des Seiles band ich dann den Zaun am Querpfosten fest, wo ja irgendwelche Schrauben abgesprungen und in den Graben gefallen waren. Im Nachhinein war ich erstaunt, wie leicht es eigentlich ging. wo sich die Pfosten bei direktem Zug mit den Händen gar nicht rührten. Starke Frau? :-) Eher schlau: Ausnützen der Hebelwirkung oder so was Ähnliches. Vielleicht, weil ich genau zugesehen hatte, wie das Aufrichten der Steine von Stonehenge nachgestellt wurde. Aus "das schaff' ich nicht allein, der Zaun ist ja ganz schön schief und schwer" wurde ein "siehst du, geht doch!". Was nicht heisst, dass frau nicht doch, wenns nicht anders geht, mal Hilfe von körperlich (noch? :-) Stärkeren in Anspruch nehmen soll....

@ Politik: FPÖ-Chef Hans-Christian Strache kommt von den eigenen Leuten unter Druck, mit Fotos, die ihn als 18jährigen bei Kampf"spielen" zeigen, die an Wehrsportübungen erinnern. Alles harmlos, meint er, auch die drei Rechtsextremisten, die der ORF auf den Fotos zählte, waren damals nicht straffällig gewesen. Es handelte sich um ganz "normale" Paintball-Spiele, wo man einander mit Farbmunition beschießt. Im Wald? Offenbar, obwohl Paintball laut Wikipedia in Österreich nur auf Spielfeldern stattfinden darf. Allerdings war das in der Frühzeit wohl kaum genau geregelt, und wenn Strache vor 20 Jahren "spielte", war dies erst wenige Jahre nach Erfindung des "Spiels" in den USA.

Die Militärkleidung erklärte er in der Zeit im Bild 2 am 18.1. übrigens damit, dass man billige Klamotten brauchte, die ruhig dreckig werden konnten, und die halt im Army Shop besorgte. Was allerdings ein Schlagstock, mit dem jemand auf einem Foto auf einem am Boden liegenden weit ausholend hinzuhauen scheint, in einem "Spiel" mit Farbmuntion zu tun hat, konnte er nicht sagen (die Moderatorin fragte allerdings nicht beharrlich danach). Die Bilder sind u.a. bei einem Standard-Artikel anzusehen. Außerdem erinnert bis auf vielleicht die Kleidung nur wenig an Selbstdarstellungen von Paintball-Spielern: diese inszenieren sich mit Farbtreffern, Schutzbrille und "Waffen". Außerdem tragen sie keine Deutschlandwappen und posieren nicht vor Kriegerdenkmälern, wie auch die Szene anmerkt, die Paintball spielt (bei uns und in Deutschland auch, nach einem Film, Gotcha genannt).

Ende der 80er Jahre waren die Spielenden hierzulande noch überschaubar, erst nach und nach entstanden Klubs und Spielfelder, wurde Originalzubehör aus den USA ímportiert. Anfangs irritierten jedoch Gruppen, die in den Wäldern um Wiener Neustadt Krieg spielten, sodass sich die Paintball-Szene entschieden von der rechtsextremen Szene distanzierte, die das "Spiel" nur als Aufhänger verwendete. Heutzutage zieht der Hinweis auf die Verschmutzung von Klamotten durch Farbe auch nicht mehr, da die Kugeln leicht auswaschbar sind (und Ausrüstung auch in Vereinen mit Spielfeldern vorhanden ist). Besonders interessant (pikant?) ist der Weg der Bilder an die Öffentlichkeit, denn dafür macht Strache den nunmehrigen Abgeordneten Ewald Stadler verantwortlich.

Dies sei eine infame Unterstellung, kontert dieser. Er habe die Bilder an seinen Nachfolger in der Volksanwaltschaft, Hilmar Kabas weitergegeben, nachdem man sie ihm zuspielte. Kabas wollte das "Problem" parteiintern behandeln, doch sei der Inhalt einer entsprechenden Sitzung sofort dem BZÖ zugespielt worden, das sich seither über "Wehrsportübungen" mit Strache empört. Ein Background ist, dass Stadler nicht der Freiheitlichen Parteiakademie vorsteht, in die Gelder für politische Bildung fließen, sondern Hilmar Kabas. Stadler möchte eine eigene "katholische" Akademie der FPÖ gründen, was den "Antiklerikalen" in seiner Partei nicht paßt. Er versteht sich als Christ im eher fundamentalistischen Sinne, dh back to the roots (Vatikan anno Schnee) statt modern und offen zu sein.

Unter anderem kämpft er gegen den angeblich so massiven Einfluss der Freimaurer in der Politik. Er bezeichnet u.a. den Chef der Grünen, Van der Bellen, als Freimaurer. Die Ziele der Freimaurer sind, ihren eigenen Quellen entnommen, ja so schlimm nicht. Der Orden Hermetica schreibt beispielsweise: Es ist für einen Menschen oft nicht leicht, nach gefassten Grundsätzen zu leben, insbesonders wenn hohe Maßstäbe gesetzt werden; doch können wir stets versichert sein, dass bemerkenswerte Menschen uns als Vorbild dienen, und, wenn wir die erlangten Erkenntnisse dieser großen Meister in unser Inneres führen, wird ein Weg sich öffnen, auf dem wir sicher wandeln können. Bei unseren Treffen in den Logen erlangen wir durch Meditation und auch durch gemeinsame Rituale eine große Kraft, um in der Welt mit Zuversicht unsere Werke zu vollbringen.

Freimaurer knüpfen (obwohl sie keinen Unterschied hinsichtlich der religiösen Bekenntnisse ihrer Mitglieder machen) an alte Überlieferungen an, derer sich auch das Christentum bediente, das ja beispielsweise ägyptisch-sumerische Kulte via Judentum adaptierte. Außerdem sind sie emanzipiert: längst nehmen viele Logen Frauen auf, werden Logen neu gegründet, die selbstverständlich für Frauen und Männer offen sind. Sie erweitern die einstigen Prinzipien des Umgangs von Maurern / Baumeistern miteinander und mit der Umwelt darum, dass Kriege verhindert und die Umwelt geschützt werden soll. Freimaurerei wird als nicht geheim, aber als schwer vermittelbares individuelles Erlebnis der "Brüder und Schwestern" beschrieben.

@ StudentInnenproteste: dazu ein Bericht bei den CeiberWeibern von Brigitte Theissl.

16.01.07

Die Regierung erklärt sich

Debatte im Parlament, vom ORF übertragen, Kanzler Gusenbauer stellt Regierungsprogramm in etwas mehr als einer Stunde vor (Zusammenfassung: Teil 1 und Teil 2). Während er die Eurofighter ausklammert, bietet er an, selbst in einer Wiener Schule Nachhilfe zu geben, vielleicht als gutes Vorbild für StudentInnen (was manche angesichts seines Einkommens zynisch finden). Seitens der Grünen kritisiert Klubchef Van der Bellen, dass Gusenbauers Rede wenig inspiriert war, auch weil dieser frei besser spreche als vom Blatt.

Sonderlich gut wirkt aber auch Van der Bellens Rhetorik nicht, es zieht sich kein Faden durch. Highlight ist das Wiedereinbringen eines SPÖ-Antrags vom November 2006 zur Abschaffung der Studiengebühren. Nach ihm kommt SPÖ-Klubobmann Cap, der meint, er habe zum Glück gerade Kaffee getrunken, bevor Van der Bellen sprach. Bei den Studiengebühren sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er zitiert Aussagen der nunmehrigen Opposition, die ja eine Große Koalition befürwortet hat, und hält Van der Bellen die Kritik von dessen Parteikollegen Voggenhuber an genau dieser Haltung vor.

Vieles ist für Cap "absolut vorzeigbar", etwa die Frauenpolitik, aber auch Energie und Umwelt ("das liest sich wie ein grünes Programm"). Nach ihm ist FPÖ-Chef Strache an der Reihe, der dauernd nach seinen Sätzen "net?" oder "net wahr?" sagt, als hielte er eine Marktplatzrede vor Publikum. Die Inhalte lassen erst später erkennen, dass er sich dessen bewußt ist, wo er spricht, da er dann doch auf das Regierungsprogramm eingeht. Dann hat Wolfgang Schüssel sein Debüt als Klubobmann und kann sich einen Seitenhieb auf Cap nicht verkneifen, der vorhin den Zustand des übernommenen Budgets kritisierte:

Cap habe noch ein Übergangsproblem, das versteht niemand besser als ich. Seltsam dann sein Sager zu Van der Bellen, bei dem er Melancholie, wieder nicht dabei zu sein, vermutet. Man solle nicht jede andere Möglichkeit einer Mehrheitsbildung ausschließen, immerhin sind alles Demokraten im Parlament (Schwarzblauorange III; woran er da denkt?).
Schüssel stehe "voll hinter dem Regierungsprogramm", möchte Gusenbauer aber etwas korrigieren: dieser hat nur von "transatlantischen Beziehungen" gesprochen, die ebenso wie jene zur Russischen Föderation gepflegt werden sollen; tatsächlich "verdanken wir den USA aber viel".

Nach der Männer-Rederunde kommen auch Frauen zu Wort (zuerst allerdings Vizekanzler Molterer), und da hören wir bspw. Renate Csörgits (SPÖ) von "Arbeitslosenbekämpfung" sprechen. Was sie sicher nicht so meinte, da sie von Gesprächen mit "Leuten" berichtete, die betroffen sind. Eva Glawischnig (Grüne) ging auf Umwelt ein und ein wenig auf Frauen (wo sie mehr das Ministerium ohne eigenes Budget störte als die Inhalte des Regierungsprogrammes). Seitens der FPÖ kritisierte Barbara Rosenkranz die Zuwanderung und "Parallelgesellschaften", in denen es keine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gäbe.

Nun, diese gibt es bei FPÖ und BZÖ auch nicht, sehen wir uns den Frauenanteil in den Fraktionen an (zwei bzw. eine Frau unter den Abgeordneten). Sie warf der SPÖ vor, die Prekarisierung am Arbeitsmarkt ebenso verschlafen zu haben wie die Gewerkschaft. Allerdings sieht sie einen Gegensatz zwischen Arbeitnehmerrechten und Zuwanderung, offenbar in der Annahme, alle Neuankömmlinge würden ihre Arbeitskraft zu Dumpingpreisen anbieten. Es gäbe in Wien Bezirke, wo man sich als Frau nachts nicht mehr auf die Strasse trauen kann, meint sie, explizit den 15. erwähnend.

Ein Anliegen ist der zehnfachen Mutter auch, Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky wegen ihrer Aussagen im Buch "Kinderlos? Na und..." zu kritisieren. Dies tut auch die BZÖ-Abgeordnete Ursula Haubner, die meint, es sei bei einer auch für Familien zuständigen Ministerin inakzeptabel, "kinder- und familienfeindliche Kommentare" abzugeben. Kdolsky sprach nur aus, was viele denken, die gerade nicht Kleinkinder versorgen: dass es ungeheuer nervend sein kann, wenn Kinder im öffentlichen Raum (in Restaurants oder Flugzeugen) ungehindert herumtoben und schreien dürfen, weil manche Eltern dies modern finden.

Sicher sehen es viele Politiker auch so, die ihren Nachwuchs, solange er klein ist, nur stundenweise sehen und erst später, wenn man mit Kindern auch "vernünftig" reden kann, mehr mit ihnen anzufangen wissen. Aber Männer dürfen ja so denken... Kdolsky hat jedenfalls einige erfrischende Aussagen gemacht: so werde Mutterschaft "verklärt" und sie steht dazu, ein "Wohlfühlgewicht" zu haben, sprich ein paar Kilo zuviel auf den Hüften. Und, ja, sie sagt, dass ihre eigene Beziehung wohl weniger gut funktionieren würde, hätte sie Kinder. Das sollte nicht Grund zur Empörung sein, sondern all jene, die das ärgert, zum Nachdenken verleiten: ja, woran liegt das wohl?

Erstens ist es das Recht jeder Frau, selbst zu entscheiden, ob sie Kinder haben will oder nicht. Zweitens fiele es jenen, die sich nicht klar gegen KInder entscheiden, wohl leichter, welche zu bekommen, wenn sie damit rechnen könnten, dass sie beruflich ebenso gut oder gebremst vorankommen wie Väter.... (Übrigens verteidigte Kdolskys Vorgängerin Maria Rauch-Kallat, nun Abgeordnete, sie gerade)

Ob man/frau Doris Bures an Johanna Dohnal messen kann, ist Thema eines CeiberWeiber-Textes. Bei historischer Betrachtung zeigt sich, dass die damalige Zeit ein Zusammentreffen mehrerer günstiger Umstände mit sich brachte, was nicht wiederholbar ist. Allerdings kann sich Bures etwas von Dohnal abschauen - das geschickte Nutzen von nicht genau festgelegten Kompetenzen, um sich überall als Anwältin der Frauen einzumischen. Übrigens besteht das Ministerium seit 1990 (mit sieben Jahren Unterbrechung) im wesentlichen in jener Form, die Dohnal damals Vranitzky abtrotzte. Sollte sich da nicht mal was ändern im Sinne von: mehr Kompetenzen, mehr Geld (es gab seither Budgetsteigerungen, aber es muss noch mehr sein....)?!

Im Parlament gab es übrigens noch eine sichtbar gute Gesprächsbasis zwischen Schüssel und Scheibner (BZÖ) und unfreiwillig komische Szenen. Etwa, als Strache (zum 2. Mal am Redepult) gegen die sog. Mindestsicherung anführte, dass diese nicht viel niedriger ist als die niedrigsten Löhne. Er führte unter anderem die Billa-Verkäuferin an - na, da könnte er doch bei den Orangen, die bei den Blauen sitzen, Herrn Veit Schalle fragen, warum diese armen Frauen nicht mehr verdienen, wo Billa doch so viel Gewinn macht. (Vielleicht muss Schalle aber erst im Wirtschaftsprogramm der NSDAP nachschlagen, also lassen wir das Thema besser :-)

Ex-BZÖ-Staatssekretär Dolinschek meinte dann, es müsse ein Unterschied zwischen Mindestsicherung und Mindesteinkommen bestehen. Wüßte man nicht, was diese Frage für viele Leute am Ende der Einkommensskala bedeutet, könnte man fast lachen über eine Debatte unter 183 BezieherInnen eines Grundeinkommens (da ja Abgeordnete nicht nach Leistung oder Stunden bezahlt werden und mit einmal oder zweimal 800 Euro weniger immer noch sehr gut verdienen würden) darüber, ob man auch anderen die eigenen "Privilegien" zukommen lassen will, ohne sie "zu verwöhnen" oder "faul" zu machen.

Auch Werner Amon von der ÖVP gjng darauf ein und widersprach einer Grundsicherung unter dem Aspekt der christlichen Soziallehre (die Katholische Sozialakademie ist genau deswegen dafür). Arbeit sei Teil eines sinnerfüllten Lebens, meinte er. "Dauerhaft kein Einkommen zu haben", sei "gegen die Würde des Menschen". Na, wie wäre es dann damit, etwas vom üppigen Abgeordnetengehalt der Gesellschaft zurückzugeben in Form eines Coachings für eine kleinere Gruppe Arbeitsloser, Herr Amon?!

15.01.07

Regierungsnormalität und weitere Proteste

Eigentlich bin ich noch recht lebendig.

Wolfgang Schüssel (61), Klubobmann der ÖVP, ZiB 2, 15.1.2007

Der gutgelaunte Ex-Kanzler wurde u.a. nach der leidigen (ewigen) Ortstafelsache gefragt, in der Neo-Justizministerin Maria Berger sich auch Schritte gegen Landeshauptmann Haider (Amtsenthebung) vorstellen kann. Dies findet er "unklug" und pocht auf den die letzten paar Jahre hergestellten Konsens.

Naja, warum gibt es dann nicht schon längst ordnungsgemäße zweisprachige Ortstafeln? Ist doch normal, wenn irgendwo zwei Sprachen in der (angestammten) Bevölkerung vorkommen. Bzw. haben manche Länder, wo auch andere Schriftzeichen verwendet werden, zusätzlich englischsprachige Tafeln. Haben Haider und Co. Probleme mit der Aussprache im Slowenischen?

Dann sollten sie froh sein, dass in Österreich, dem vermutlichen Ursprungsland der Kelten, keine keltische Sprache mehr gesprochen wird, sondern deutsch. Ein normaler Text würde sich ansonsten vielleicht so lesen: Mae un o gyfrannwyr papur bro Y Bigwn yn cofio'r hen draddodiad o fynd o fferm i fferm yn ardal Dinbych ar ddiwrnod cynta'r flwyddyn yn hel Calennig.

Mehr davon gibt's auf der BBC-Webseite in Cymru (Walisisch). Dann hätten wir Ortsnamen wie: Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch, wobei man noch die deutsche Übersetzung: Marienkirche in einer Mulde weißer Haseln in der Nähe eines schnellen Wirbels und in der Gegend der Thysiliokirche, die bei einer roten Höhle liegt, ins Slowenische übertragen muss. Allerdings wurde dieser Name im 19. Jahrhundert künstlich geschaffen, als eine Art Marketinggag im damaligen Tourismus.

Der längste Ortsname der Welt, natürlich aus der Maori-Sprache entstanden, ist übrigens < Taumatawhakatangihangakoauau- otamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu (seien wir froh, dass in Kärnten SlowenInnen und keine Maori leben :-)

Aber werden wir wieder ernst: in der SPÖ formiert sich Widerstand bei den ChefInnen der Landesparteien in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark.

Die Grünen setzen sich im Parlament, genauer im Präsidium (via Eva Glawischnig) für einen Ausbau von Minderheitenrechten, also für BZÖ und FPÖ ein. Am gleichen Tag, wie Glawischnig diese Vorhaben per Pressekonferenz verkündet, formiert sich im EU-Parlament eine rechte Fraktion unter Beteiligung der FPÖ. Andreas Mölzer arbeitet nun zusammen u.a. mit: Jean-Marie Le Pen und dessen Tochter, Bulgaren und Rumänen, die schon mal die Liquidierung von Roma und Sinti fordern oder Roma-Frauen per Mail als billig zu kaufen anpreisen. Auch Alesssandra Mussolini ist mit von der Partie und Fraktionschef ist ein Holocaustleugner.

Zum BZÖ waren die Grünen besonders nett, haben sie doch die Wahl nicht angefochten, obwohl es chancenreich gewesen wäre, da das BZÖ mit unterschiedlichen Listenbezeichnungen angetreten ist. Gut möglich, dass der Weg zu Rot-Grün (oder auch: Schwarz-Grün oder auch: Rot-Schwarz mit mehr Rot als Schwarz im Programm) per Verfassungsgerichtshof freigemacht worden wäre. Aber nein, man wollte nicht für die eigenen Interessen kämpfen. Umso mehr jetzt dafür, dass das BZÖ mit sieben Abgeordneten einen Untersuchungssausschuss beantragen kann.

Haben sich je andere für Minderheitenrechte der Grünen eingesetzt, als diese nur acht MandatarInnen hatten? Haben die Grünen darauf vertraut, dass andere ihre Rechte erkämpfen werden? Glawischnig sieht sich jedenfalls als Anwältin der Opposition gegenüber den beiden anderen PräsidentInnen. Vor einigen Wochen wurde noch, Barbara Prammer ergänzend, an die ÖVP appelliert, doch im Sinne von Frauenpolitik auch eine Vertreterin ins Präsidium zu entsenden. Heute wäre es wichtig, dass das Frauenministerium im Kanzleramt mit seinen Anliegen auch parlamentarische Unterstützung bekommt - aber Geduld, erstmal die Rechte des BZÖ sichern!

Laura Rudas, Jung-Gemeinderätin der SPÖ in Wien (25), wird nun das Nationalratsmandat von Frauenministerin Doris Bures übernehmen. Sie meint ihre Hauptaufgabe sei es, die begonnene Rückholaktion für Jugendliche in die SPÖ verstärkt fortzusetzen. So einfach ist das - Jugendliche sind angfressen, und ehe man es sich versieht, hat schon eine Rückholaktion begonnen (vielleicht unmittelbar nach der Demo am 11.1.?). Sie will beweisen, dass es auch wichtig ist, dass es kritische Geister innerhalb der SPÖ gibt.

Das war auch die Aufgabe von Josef Cap, heute Klubobmann, als er dem burgenländischen Landeshauptmann Kery drei kritische Fragen stellte. Manche meinen, das waren die letzten kritischen Fragen, die je als seinem Mund zu hören waren, doch diese erfüllten ihren Zweck, Mittels Vorzugsstimmenkampagne kostete Cap der Alternativen Liste das Grundmandat in Wien bei der Nationalratswahl 1983 - und daran bastelten SPÖ-Leute mit, die wenige Jahre später, siehe da, plötzlich bei den Grünen auftauchten. Die AL erholte sich nie richtig davon, wie mit ihr umgegangen wurde; und umso leichter war das Spiel mit den 1986 entstandenen Grünen (bei denen kaum jemand von der AL übriggeblieben ist...).

Heute haben sich die Zeiten wohl geändert, denn gerade SJ und VSStÖdenken nicht daran, klein beizugeben. Die ÖH-Vorsitzende Barbara Blaha und die VSStÖ-Vorsitzende Sylvia Kuba sind aus der SPÖ ausgetreten, statt bereit zu sein, die Studiengebühren doch irgendwie rüberzubringen. Es wird wieder demonstriert, etwa in Wien:

Mittwoch, 17. Jänner 2007 - 14.00 Uhr - Minoritenplatz, vor dem Wissenschaftsministerium und danach zur Kundgebung zum Kanzleramt (Aufruf der ÖH)

In Linz wird am 18.Jänner um 11 Uhr auf dem Hauptplatz gegen die große Koalition demonstriert.

In Graz gab es am 11.1. eine Kundgebung auf dem Hauptplatz und am 17. Jänner startet um 14 Uhr eine Demo vor dem Uni-Hauptgebäude.

Die Seiten der SJ in den Bundesländern verweisen stets auf die Protestsektion, auf Wir sind SPÖ (wo auch das Regierungsprogramm analysiert wird) und die Plattform Minderheitsregierung.