Für die Berliner Zeitung ist Schwarzer nur konsequent "endlich unter der Haube" und vertritt Spießerfeminismus und Islamphobie. Wer sich der Islamfeindlichkeit nicht anschließt, gerät leicht ins Kreuzfeuer der Kritik wie es der Rechtsprofessor Mathias Rohe in Erlangen- Nürnberg erleben mußte. Seltsam war schon vor Jahren, dass Schwarzer nicht bereit war, ein einziges Mal mit Bascha Mika zu reden, die sie porträtieren sollte. Das Buch erschien trotzdem, nur kamen halt auch KritikerInnen zu Wort - und prompt gab es auch eine Biografie von einem mit Schwarzer befreundeten Ehepaar (beide Bücher sind gemeinsam bei den Ceiberweibern vorgestellt).
Mikas Erfahrungen kann ich nachvollziehen, doch war es enttäuschend zu erleben, dass sich Alice Schwarzer bei einem Besuch in Wien von einer Frau nicht interviewen liess, aber wohl mit einem ganz begeisterten jungen Mann flirtete, der zu einem Presseteam gehörte. Ich konnte sie, bei einer Signierstunde, überhaupt nur deswegen ganz kurz ein par Fragen auf Band beantworten lassen, weils auch peinlich ausgesehen hätte, mich hängen zu lassen. (Eigentlich muss man die Interviewwünsche bei ihrem Büro in Köln deponieren, doch die gaben mir nicht Bescheid.)
Dann fand keine Autorisierung statt, obwohl ich alles vor einer Schwarzer-Abendveranstaltung transkribierte und nach Köln faxte, aber nie eine Reaktion erhielt. Es erschien eben nach ein paar Tagen unautorisiert (soll sie mich klagen, mir doch egal, nur peinlich für sie, dachte ich mir). Niemand hat je solche Zicken gemacht (okay, bis auf Che Guevaras Sohn, der zum vereinbarten Termin gar nicht erschien :-), gerade in der Politik etwa läuft alles freundlich und professionell ab und auch mit Wertschätzung. Was solche Aha-Erlebnisse für Frauen bedeuten, für die EMMA einst eine wichtige Begleiterin war, kann Schwarzer entweder nicht abschätzen oder es stört sie nicht.
In Schwarzers Gästebuch kann frau lesen, wie viele Fans zuerst dachten, Bild hätte Schwarzer heimlich auf Plakate gedruckt. Etwas naiv sicher, aber es zeigt, welche Hoffnungen manche in sie setzen, immer noch. Ich finde sie amüsant und charmant, wenn sie irgendwo öffentlich redet oder im TV zu Gast ist, aber die Distanz ist hier das Schüsselwort. Feministische Gedanken zu allen möglichen aktuellen Ereignissen formulieren bringe ich selber ganz gut und manchmal wohl auch besser auf die Reihe. Enttäuschend und überraschend war für einige der Kampf gegen den Islam, doch für mich hat Schwarzer die Grenze bereits bei ihrem Buch "Eine tödliche Liebe" über Petra Kelly und Gert Bastian überschritten.
Es ist eine jener Grenzen, nach deren Passieren es kein Zurück mehr gibt, da man immer mehr von dem annimmt, was auf der Seite der Grenze liegt. Was das Buch so fies macht, ist im Detail in Warum demontierte Alice Schwarzer Petra Kelly? bei den Ceiberweibern ausgeführt. Zufall oder nicht, der Stil und die Konnotationen, die besonders Kelly, aber auch Bastian verpasst werden, erinnern an jene Literatur, die graue Propaganda heisst und von Hintergründen ablenken soll. Keineswegs durch pure Erfindungen, sondern durch Halbwahrheiten, unzulässige Schlussfolgerungen und psychologisch ausgefeilte Beiworte.
Dadurch werden Kelly und Bastian, am 19.10.1992 tot in ihrer Wohnung aufgefunden, laut Polizei durch Mord/Selbstmord umgekommen, wie ein ganz normales Paar dargestellt, das in einer schwierigen Beziehung lebte, die unausweichlich auf eine Tragödie zusteuerte. "Schwierig" mag die Beziehung ja gewesen sein, aber der Alltag eben ganz anders als wenn man von 9 bis 5 arbeitet und sich darüber in die Haare kriegt, ob man ein zweites Auto kaufen soll oder nicht, und das waren dann auch schon die Aufregungen des Lebens an einem normalen Tag.
Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu lesen. Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muß so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz grade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun. Max Goldt über die Bildzeitung, die das CIA-Opfer Khaled al Masri verfolgt
Schwarzer ist besonders brutal zu Kelly, als es um die traumatischen Erfahrungen der gezielten Verfolgung durch die seltsame LaRouche-Organisation geht, die sie richtiggehend mit allen Mittel stalkt, als sie Spitzenkandidatin bei den Bundestagswahlen 1983 ist und die Grünen dann erstmals im Parlament sind (Details dazu im Artikel). Frau stelle sich vor, dass sie einem anderen Stalkingopfer vorwirft, doch nur eine Ausrede, einen "Grund" für diffuse Ängste gefunden zu haben (wer wird sich denn weiter aufregen bei Drohungen, Hetzkampagnen, Inseraten, die einen in Nazinähe rücken, dem Auftauchen von Widmungen aus Büchern daheim in Zeitungen veröffentlicht, der ständigen Gefahr, dass Stalker nicht nur in Deutschland bei Veranstaltungen auftauchen? "sie liess sich terrorisieren", meint die "Feministin" lapidar).
Schwarzers Buch dient mit dem Argument, dass Bezeichnungen wie "Doppelselbstmord" typisch patriachale Verharmlosungen sind, zur Untermauerung der Feststellung, es habe keine Einwirkung Dritter gegeben. Warum dazu aber Kelly posthum eine nach der anderen reingewürgt werden muss, bleibt rätselhaft - es sei denn, Mitgefühl soll verhindert werden, weil dies auch zu Zweifeln führen kann. Schwarzer bringt sogar ihre eigene Biografie ein, um Kelly daneben als schwach zu zeichnen: sie selbst hatte einen tollen Großvater, Kelly aber nur eine ungewöhnliche Grossmutter, die dem Mädchen irrigerwiese vermittelte, die Welt stünde ihr offen.
Schwarzer hat weder Ahnung von Rüstungsfragen, den Auseinandersetzungen um die sog. Nato-Nachrüstung noch vom Kampf um die Grünen oder gar davon, wozu Geheimdienste fähig sind. Dennoch maßt sie sich an, Kelly als ängstlich, ohne Mann hilflos, nur symbolischer Politik zugetan, von diffusen Ängsten geplagt (die nichts mit LaRouches Aktionen und anderem zu tun haben), klammernd, den Inhalten der Frauenbewegung hinterherhinkend (die Schwarzer stets mit der EMMA verwechselt), und als inhaltlich von Männern abhängig hinzustellen. Sich mit Rüstungsfragen und Atomkriegsgefahr zu befassen erschöpft sich nun mal nicht darin zu sagen: ich bin eine tolle Feministin die Waffen sind alle so böse patriarchal, ich finde die aus dem Bauch heraus ganz furchtbar.
Ich habe mich auch mal mit solchen "Männerthemen" beschäftigt und beispielsweise umfassend über "Neutralität und EU" recherchiert, mit Quellen, die in Österreich ansonsten noch niemand herangezogen hatte. Damit macht frau sich besonders bei Frauen nicht beliebt, aber auch bei jenen nicht, die derlei Wissen verhindern wollen. Ja klar, in dieser Zeit lief ich nicht von Frauenmeeting zu Frauenmeeting, um das Patriarchat zu beklagen. Ich denke mal, wenn ich einiges auch selber checken konnte, wird das auf Frau Kelly auch zugetroffen haben, selbst mit einem Ex-General als Freund.
Was die diffusen Ängste betrifft, so stellen die Bedrohungen durch die LaRouche-Organisation für Kelly wohl den Punkt des Verlustes der Welt dar. Das ist die erschütternde Erfahrung, dass scheinbar fix geltende Regeln, was alles möglich ist und was nicht, plötzlich obsolet sind. Da muss man es schaffen, die Welt wiederzufinden und zu ertragen, dass sie nie wieder so sein wird wie vorher, man hat die Unschuld verloren. Man muss lernen, übelste Provokationen und Diffamierungen zu überstehen, den Verlust von durch Intrigen aufgehetzten Freunden, auch den Verlust der materiellen Existenz, auch mehrmals. Besonders schlimm ist auch das Wissen, dass diese illegalen Aktionen gegen integre Personen weder ein NATO-Staat noch ein neutrales Land dulden darf, es aber tut.
Hast du noch eine Heimat, bist du staatenlose Staatsbürgerin oder schlicht "AusländerIn im Ausland", vor Willkür nicht geschützt durch die amerikanischen Verfassung? Wenn du die Europäische Menschenrechtskonvention hast, die dein Staat mit der Verpflichtung unterschrieben hat, sie zu wahren, kannst du dir damit die Wände deiner Toilette tapezieren. Frau Schwarzer, würden Sie dies aushalten, Sie ach so starke Frau? Würden Sie es wagen, dem ins Auge zu sehen und den Kampf gegen "die" aufzunehmen? Einen Kampf, für den es keine Mobbingberatungsstelle, keine Opferhotline, kaum Vorbilder gibt, wo jeder Schritt selbst erdacht sein muss?
Jutta Ditfurth wird das zwar nicht gerne hören, aber irgendwie ist sie, in all ihrer Unermüdlichkeit, doch auch eine Gezeichnete. In ihren Abrechnungen mit dem Grünen betont sie, dass sie sich nicht von der CIA anwerben liess, während andere weniger Hemmungen hatten. Ich kann verdammt gut nachfühlen, wie das für sie gewesen sein muss, und auch die Erschütterung über die Entwicklung der deutschen Grünen nachvollziehen, weils hierzulande ja ähnlich ist. Aber muss sie dann beinhart auch bei anderen abrechnen, besonders bei EsoterikerInnen, die ja nicht alle "braun" sind? Im Web findet man fassungslose Reaktionen aus dieser Szene, da die meisten aus den konkreten Andeutungen über die Grünen nicht erahnen, wie schlimm es für Ditfurth gewesen sein muss, und auch irgendwie stellvertretend seh streng beurteilt werden.
Ein Beispiel ist der Schlagabtausch Jutta Ditfurth - Nina Hagen bei Maischberger und bei Kalkofe parodiert, der impliziert, Hagen kriege gar nichts mehr vom Weltgeschehen mit.
Nina Hagen klagt in ihrem Blog über diese Ungerechtigkeit, und der Blog an sich zeigt schon, dass hier auch politisch gedacht wird. Esoteriker wehren sich gegen den Kampf der radikalen Linken gegen Esoterik, und Ditfurth wird sogar im "Spiegel" lobend erwähnt gegen Trutz Hardo (wo der Spiegel ansonsten gar nicht so Ditfurth-freundlich ist). Trutz Hardo schreibt an Jutta Ditfurth, die ihm Antisemitismus vorwirft, weil er eine Reinkarnation einstiger Täter als Opfer und umgekehrt für üblich hält. Das klingt vielleicht abgefahren, ist aber noch immer keine Holocaustverharmlosung (auch wenn manche sich in Gedanken versteigen, dass die Opfer eh längst z.B. als Deutsche wieder leben).
Ditfurth ist Abgeordnete im Frankfurter Römer, für die Ein-Frau-Nichtfraktion Ökologische Linke, für die alle anderen Parteien praktisch eins sind. Ihre Gruppe sieht 9/11 nicht als islamischen Terrorismus, sondern als Kampf zwischen Kapitalinteressen, was ja schon mal ein Ansatzpunkt ist. Näheres fand ich dazu leider nicht, obwohl die 911 Truth Bewegung immer Verstärkung gebrauchen kann. Apropos: 60 nichtbeantwortete Fragen an die US Embassy / CIA in Österreich, voila, seit 6. August 2007 bei uns im Web.
Außerdem: Nie wieder Hiroshima und Die Märchen des Spiegel (Teil 1) und Video- und Audio-Webtipps zu 9/11 und Merkwürdigkeiten um die Geisterflüge und der Summer of Love mit Musikvideo-Links....
PS: Um das in Worte zu fassen, was mich bei Ditfurth etwas befremdet: es sieht mir aus wie ein Verlust der Freude, während ich möglichst viel normalen Alltag wiederhaben will, Sonne, Baden, Tiere, Lesen, was Unternehmen - und nicht alles, was mir vielleicht naiv vorkommt oder wo möglicherweise bedenkliche Tendenzen sind, auch kommentieren, mich damit befassen "müssen". Ich denke, dass ich auch so ganz schön viel an kritischem Output habe :-)
2 Kommentare:
Viele erinnern sich an die Enthüllungen von Günter Wallraff, die auch für mich in Graz Pflichtlektüre waren. Ich war ganz stolz, als ich 1982 mein allererstes Interview mit ihm führen konnte.
Und Wallraffs Stasi-Kontakte stören Sie nicht?
Klar! Hauptsache nicht die CIA!
Warum ich das in ein ohnehin totes Blog reinmülle? Weil ich mich so freue, DASS es tot ist.
Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website alexdailynotes.blogspot.com Links tauschen
Kommentar veröffentlichen