12.08.07

Die weite Welt nach Ion Holender und Georg Hoffmann-Ostenhof

Embedded journalism abseits der Kriegsschauplätze in zwei aktuellen Beispielen: In "Österreich" kommentiert Operndirektor Ion Holender gerne alles und jedes, was passend sein kann oder doch ein Zeichen dafür, dass man seinen Senf nicht überall "berufsfern" dazugeben sollte. Am 11.8.2007 befasst er sich mit "eiskalten Kriegszaren, sechs Jahre nach 9/11". Er kritisiert (zu Recht) "Riesengeschäfte" mit dem Krieg gegen den Terror, womit er natürlich die Rüstungsindustrie meint. Er befürchtet auch, das "große, fette Beispiel der amerikanischen Firmen" werde bald auch in Rußland Schule machen.

9/11 sei "mit Sicherheit nicht" eine "Eigeninszenierung der Amerikaner" gewesen, behauptet Holender, kritisiert aber auch, dass "die Ursachen des Anlasses unbeleuchtet bleiben", die Folgen aber lebendig gehalten werden. Herr Holender, woher nehmen Sie Ihre Sicherheit? Haben Sie sich jemals mit 9/11 befasst, statt sich auf Medien mit embedded journalists zu verlassen? Können Sie vielleicht die 60 9/11-Fragen an die US-Botschaft in Wien beantworten, die dort nur schweigend quittiert werden? (Kann irgendjemand im Bereich Medien und Politik diese Fragen beantworten?)

Im "profil" vom 13.8. 2007, das bei mir als Noch-Abonnentin am Sonntagmorgen vor der Tür lag, fragt Georg Hoffmann-Ostenhof, ob Bush doch Recht hatte: "Der heilige Krieg und Bin Laden werden in der moslemischen Welt zunehmend unpopulär." Ob das gut oder schlecht ist, fragt sich in dieser Form: "Ist das der Anfang vom Ende der islamischen Terrorwelle?" Im Irak seien mehr Gebiete unter amerikanischer Kontrolle, die Situation beruhige sich, liest man staunend im Gegensatz zu internationalen Berichten. Auch in Großbritannien lassen sich die Leute keine Irakkriegsbären aufbinden, sondern unterstützen den Labour-Rebellen und Kriegsgegner George Galloway.

Nach altvertrautem Muster beruft sich Hoffmann-Ostenhof auf den "Spiegel", der ein "Tabu brach", indem er behauptete, Frieden im Irak sei möglich. Wir haben 9/11-Märchen des "Spiegel" in bislang Folge 1 & 2 zerpflückt. (Spiegel und profil spielen oft ähnliche Rollen bezogen auf ihr Land, etwa bei Kovosokrieg 1999 in der Verbreitung des Desinformationspapiers "Hufeisenplan" für eine ethnische Säuberung, der dem NATO-Krieg propagandistische Rechtfertigung verlieh.) Das "profil" vom 13.8.2007 zitiert in einem Artikel zum Rummel um Natascha Kampusch deren Ex-Medienberater Dietmar Ecker: "Ich habe damals (2006) verstanden, wie die Amerikaner ihre Kriege medial vorbereiten. Es gibt Geschichten, bei denen selbst in Qualitätsmedien die Reflexionsphase ausbleibt. In dieser Zeit kann man ihnen alles reindrücken."

Falsch beobachtet, Herr Ecker, es mag in Österreich so sein, doch etwa in britischen Medien ist sofort Reflexion zugelassen, sodass auch unterschiedliche Standpunkte in die Berichterstattung einfliessen. Und ich kann Ihnen viele Beispiele nennen, wo unser winziges Magazin Ceiberweiber (ohne embedded journalists) offenbar das einzige Qualitätsmedium Österreichs war, etwa eben beim Kosovokrieg. Hier stand als allererstes (in diesem Fall überhaupt), was vom "Hufeisenplan" zu halten ist, und zwar am 28.4.1999: "Exklusiv - Der Spionagebericht, der die NATO zum Handeln zwang" titelt das "profil" diese Woche. Ja, genau, das Medium, indem vor drei Jahren oder so von massenweise sowjetischen Waffenlagern ebenso exklusiv die Rede war. Gefunden wurden dann, wenn überhaupt, Mülldeponien. Motiv vermutlich: kann doch nicht sein, daß nur die Amis - für Gladio - Waffendepots in Österreich angelegt haben. Wobei, diesmal war, scheint's , nicht die CIA mit ihrem riesigen Apparat aktiv, auch nicht die National Security Agency, die weltweit größten Lauscher, Horcher und Aufklärer, sondern - das vergleichsweise bescheidene österreichische Heeresnachrichtenamt....

Anfang Jänner nun wurde nicht nur unsere Regierung, sondern auch die der anderen EU-Staaten und die USA von einer sog. "Aktion Hufeisen" informiert. Das HNA will ausgespäht haben, daß dabei neun Divisionen, sechs davon Sonderpolizei, Ende März die Albaner aus dem Kosovo vertreiben wollten. Ende Jänner warnte man wieder davor, mittels Luftkrieg eine Lösung anzustreben, im Februar meinte man, militärische Schläge ohne politisches Konzept würden die Lage im Kosovo nicht verbessern. "Die UCK könnte dazu motiviert werden, wieder verstärkt tätig zu werden." Man sah auch voraus, was nicht so schwer war, daß die Albaner den Rambouillet-Vertrag unterschreiben würden, "die Serben" aber nicht.

Das Profil schreibt weiters: "Nach dem Beginn der NATO-Angriffe begann die systematische Massenvertreibung der Albaner aus dem Kosovo: So sieht die Weltöffentlichkeit die Chronologie des Balkankriegs. Auch die Regierung in Belgrad versucht das Bild zu vermitteln, die humanitäre Katastrophe sei eine Folge der NATO-Offensive. Westliche Geheimdienste können das allerdings widerlegen. Schon Monate vor Kriegsbeginn verfolgten und dokumentierten sie detailliert die Aktivitäten der jugoslawischen Armee - und kamen zu der Erkenntnis, daß Milosevic die Großoffensive im Kosovo minutiös vorbereitete und die Deportation der Albaner seit längerem systematisch plante.

Der Beginn der 'Operation Hufeisen', wie Belgrad die militärische 'Endlösung' der Kosovo-Frage nannte, war für Ende März angesetzt. Wenige Tage, bevor sie anlaufen sollte, kam ihr die NATO-Offensive zuvor. Westliche Regierungen brachten für die Rechtfertigung der Bombenschläge gegen Jugoslawien immer wieder vor, sie hätten Informationen über eine bevorstehende serbische Großoffensive. Die brisanten, nun enthüllten Geheimdienstberichte dürften wesentlicher Teil ihrer Entscheidungsgrundlagen gewesen sein. Und kaum jemand war über die 'Operation Hufeisen' so gut informiert wie das HNA." (Zitat Ende)

Am 29.4.1999 schrieb ich: Daß die "Operation Hufeisen" nunmehr - angeblich - enthüllt wird, könnte ein Hinweis darauf sein, daß es eine Operation wirklich gibt: "Roots", die CIA covert action zur Destabilisierung des Balkan, von der der leider nicht namentlich bekannte "Insider" sprach (siehe Tagebuch 27.4.). Ein Ablenkungsmanöver also, damit niemand darüber allzu sehr nachdenkt...

Weitere Fundstücke aus unseren damaligen Berichten: 9.5.1999, Hoffmann-Ostenhof gegen Kriegsgegner Johannes Voggenhuber, Kandidat bei den EU-Wahlen, der seine Kritik inserieren musste, weil Medien sie nicht brachten. 12.5.1999, Neues zur Bombardierung der chinesischen Botschaft, ein Fehler?!

Wieder zurück ins Jahr 2007: Nun werden Terrorexperten zitiert, die Bin Laden sowas wie Autoritätsverlust bescheinigen und meinen, er sei von den USA "zum Übermenschen" aufgebaut worden, mache aber nur "leere Versprechungen". Kritische unembedded journalists werden bei Aussagen wie dieser stutzig und fragen sich, ob uns da ein leerer aufgebauter Übermensch verkauft werden soll. Nicht umsonst handeln zwei der 60 Fragen an die US-Botschaft von Bin Laden: war er am 10.9.2001 in Behandlung im Militärspital von Peshawar/Pakistan? Ist Bin Laden im Dezember 2001 nahe der afghanischen Grenze gestorben (was mehrfach berichtet wurde)?

War Bin Laden ein Patsy, ein Sündenbock nach aussen hin, Ziel einer sogenannten STING Operation, wo gezielt ein Image aufgebaut wird, Situationen geschaffen, mediale Erwähnungen lanciert werden? Beim Artikel haben wir auch "die wichtigsten Anschläge seit 9/11" aufgelistet, u.a. London 7/7, das mit seinen Antiterrorübungen zur exakt gleichen Zeit an den exakt gleichen Orten mit der exakt gleichen Annahme wie das reale Geschehen genau betrachtet werden sollte (Video Ludicrous Diversion), und bei den missglückten Anschlägen die "liquid bombers" des Sommers 2006, die dem ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan Craig Murray von Anfang an spanisch vorkamen. Bei den Anschläge auf Vorortezüge in Madrid 2004 vor den Parlamentswahlen hatten die späteren Angeklagten enge Beziehungen zu den Sicherheitskräften.

Ehe sich Hoffmann-Ostenhof zu Terrorthemen äußerte, machte er uns beispielsweise den EU-Beitritt schmackhaft. Allerdings ohne so genau zu wissen, worum es da eigentlich geht, was sich etwa in einer Diskussion im Mai 1993 mit dem damaligen Parlamentsabgeordneten der Grünen Voggenhuber zeigte. Ich war damals unembedded political activist und stellte Hoffmann-Ostenhof Fragen in der Art von "Man kann ja für den EU-Beitritt sein, aber verraten Sie uns doch bitte mal, was Sie an Artikel soundso des Maastricht-Vertrags gut finden?" Während ich dies für ein paar Artikel tat, sackte Hoffmann-Ostenhof immer mehr in sich zusammen und viele hatten das rare Vergnügen, einmal nicht eine Übermacht von EU-Fans gegen eine Person sprechen zu sehen bzw. eine der vielen reinen Befürworterrunden.

Woran ich mit dem "profil" war, wusste ich da ohnehin schon, gab es doch im Sommer 1992 einen Tabubruch nicht hinsichtlich eines Irakfriedens, sondern hinsichtlich der Forderung nach einer amerikanischen Militärintervention in Bosnien. Im neutralen Nachbarstaat Jugoslawiens, Österreich, in dem auch viele Menschen aus dem nun zerfallenden Land leben, konnte eine Unterstützung für derlei bislang Undenkbares wohl am besten herbeigeführt werden, in dem einem Grünen der Tabubrecher-Part zugeschrieben wurde. (Später bemerkten deutsche Grüne mit Entsetzen, dass der Kosovokrieg durch ihre Partei ermöglicht wurde, da es bei einer anderen Regierungsform viel viel stärkere Proteste gegeben hätte.)

Peter Pilz war als Parteichef in spe vorgesehen und, warum auch immer, für die Tabubrecher-Rolle, den Part der medialen Bühne übernahm das "profil". Anfang August 1992 ging die Sache über die Bühne und einige dachten, sie träfe der Schlag. Von Pilz, sonst angeblich so mutig und konfliktfreudig, war längere Zeit nichts zu sehen oder zu hören: auf Tauchstation. Einige Grüne übten schriftlich und in internen Diskussionen Kritik, forderten den Parteiausschluss von Pilz, der die Grundsätze basisdemokratisch und gewaltfrei verletzte, schrieben Leserbriefe und bemerkten zu ihrem Erstaunen, dass derlei bis auf ein paar Zeilen der Stellungnahme eines Vorstandes nicht veröffentlicht wurde. In den Monaten zuvor war immer wieder Kritik an einem anderen Grünen bereitwillig gedruckt und in Artikeln verwendet worden: an Johannes Voggenhuber, der Anfang 1992 zum Rücktritt als Mandatar gebracht werden sollte (was bedeutet hätte, dass ihm Peter Pilz nachfolgt, der damals im Wiener Landtag war, und ich für Pilz nachgerückt wäre).

".... mir nur mehr erklärbar als immer kopflosere Flucht
aus der eigenen Vergangenheit (aber wohin???)..."

Johannes Voggenhuber, 12.8.1992,
schriftliche Stellungnahme zu Peter Pilz,

die ins Schwarze traf, da er nun massiven
koordinierten Anfeindungen ausgesetzt war



Nun aber waren die Medien "dicht", außer für jene Abgeordnete, die Pilz halbherzig und zaghaft irgendwie ein bisschen recht gaben. Zugleich gab es schriftliche Stellungnahmen gegen die Kritiker, durch die sich ein roter Faden zog, der sich auch in Medienkommentaren wiederfand: Pilz hat vielleicht nicht recht in der Sache, aber es ist sympathisch, wie unsicher er ist; seine Kritiker handeln hingegen nicht aus integren Motiven. Als ich fein säuberlich zusammenstellte, wie das alles zusammenpasst, war Funkstille angesagt - man richtete mir aber aus, ich "sähe Gespenster" und würde mich damit "isolieren". Aha, dann gibt es also Gespenster, dachte ich mir bei dieser und anderen kryptischen Warnungen. Mir war auch bekannt, dass viele, die mal zum inneren Kern der Grünen gehörten oder Zugang hatten, von "es gibt Hintermänner" sprachen, was an "Du-weißt-schon-wer" für Lord Voldemort im Harry Potter erinnert, nur dass hier die meisten keine konkrete Vorstellung hatten und es auch nicht rausfinden wollten, im Gegensatz zu mir.

Embedded journalism kratzt in vielen Fragen nur an der Oberfläche; bewusst, während jene, die einfach nur naiv sind, gar nicht weiter denken WOLLEN. So erklären sich wohl auch Kommentare, bei denen allzu laut überlegt wird, ob vielleicht CIA-Folteropfer vor ihren furchtbaren Erfahrungen auch schon irgendwann mal unbeherrscht geweseen sind. Offenbar darf man, wenn man etwa Khaled El Masri heisst, auch nicht mit der Ehefrau streiten, denn dann ist man selber schuld, wenn einen die CIA kidnappt. Werte Redakteure bei Süddeutsche, Welt, Bild, Zeit, Spiegel, profil, Kurier, Presse, Salzburger Nachrichten, Standard, Heute, Österreich, Kronen Zeitung, ORF, ARD, ZDF usw. usf (und natürlich alle Politiker, die nichts besonderes dran finden):

Wie wär es mit eigenen Erfahrungen? Folter und Entführung? Einmal? Oder darf's zweimal sein? Vielleicht mit ein bisschen Guantanamo dazu? Oder auch nur das, was die CIA auch für nichtmuslimische BürgerInnen westlicher Länder im Angebot hat: Existenzverlust? Im Paket mit Rufschädigung? Auf Wunsch auch mehrmals, gibt's auch mit Draufgabe Wohnungsverlust! Haben Sie persönliche Beziehungen, die Ihnen viel bedeuten? Auch da gibt es Abhilfe, man kann alles kaputtmachen mit den richtigen Mitteln! Brauchen Sie ein wenig Bananenrepublikfeeling hinterher? Dann versuchen Sie, von wegen Verfassung, Menschenrechte, Souveränität, Verletzung Ihrer Rechte Hilfe zu erhalten! Wenn Sie immer noch nichts gecheckt haben: es gibt auch, auf besonderen Wunsch, das Spiel: können Sie Ihre körperliche Unversehrtheit wahren?

Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihre nächste CIA-Dienststelle, c/o American Embassy Vienna, z.B. an Mr. Scott F. Kilner, Stellvertretender Botschafter und CIA-Agent ("naming names", "geheim" vom 31.3.2007, Seite 26, Zeitschrift ging als PDF an die Bundesregierung)

Aber Vorsicht: hinterher fühlen Sie sich, genau wie andere CIA-Opfer, um einiges anders als Menschen, deren Pauschalurlaub durch Kakerlaken im Hotelzimmer oder Algen am Strand versaut wurde (auch wenn Sie bislang Khaled El Masri, Murat Kurnaz und andere so behandeln, als sei ihnen nur derlei widerfahren).

Schliesslich noch ein Trost: Auch Angela Merkel muss da noch einiges dazulernen....

PS: Beispiel für strange journalism: "Österreich" will, dass Frauen Heimchen am Herd werden, die sich gutsituierte ältere Männer aus Berechnung angeln (eigentlich wollte Uschi Fellner mit der Zeitung die politisch interessierte Frau ansprechen, und das wurde dann daraus. Auch diestandard.at wird erwähnt, die nach dem Kosovokrieg und dem Wahlkampf 1999 als Gegenprojekt zum Ausbau der CeiberWeiber zu einem Magazin gestartet wurde.)

Und der "Kurier" ergeht sich in Mutmaßungen über eine Klischeegeneration 50plus, die sogar schon mit Internet und Handy umgehen kann (was denkt man denn in der Redaktion, was diese Altersgruppe in ihrem Job braucht?)

Webtipp: Nachrichtenportal mit alternativen und Mainstream-Quellen: netnews.de

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