Nach der Wahl kehrt Ernüchterung ein, denn die siegreiche SPÖ hat derzeit nur eine Koalitionsoption, mit dem Verlierer ÖVP. Was bedeutet, dass die Schwarzen die Sache recht "teuer" machen können beziehungsweise sich die Hintertür geheimer Verhandlungen mit Blau und Orange offenhalten können. Sowas hatten wir ja schon anno 2000, und diesmal konnten die Blauen getrennt marschieren, mit doppelter medialer Aufmerksamkeit, um dann vereint zu schlagen. Absurd? Nun, beim Lesen von nach der Wahl 1999 Geschriebenem stellt sich ein déjá vu-Effekt ein.
Beispielsweise beim Interview mit Barbara Prammer, zu diesem Zeitpunkt noch Frauenministerin, bei einer Tagung von Frauenprojekten Mitte Oktober 1999. Ich habe danach eigentlich gesucht, weil auch diesmal Frauen Rotgrün gewählt haben (und Männer schwarzblau) und ich mich zu erinnern meinte, dass Prammer dazu damals etwas sagte. Der Spielraum für Frauenpolitik wird heute nicht wesentlich größer sein als vor sieben Jahren, als die SPÖ mit der ÖVP verhandelte.
Sehen wir uns den Wahlkampf im Jahr 2002 an, so war damals mehr von Frauenpolitik die Rede - einerseits mehr Aufmerksamkeit für die Kandidatinnen, andererseits auch mehr Initiativen, um frauenpolitische Vorstellungen beizeiten unters Wählerinnenvolk zu bringen.
Keine Frage, dass Rot und Grün in Sachen Frauenpolitik recht eng beisammen liegen, sicher mehr möglich ist als bei Rot und Schwarz. Erinnert sei hier an die Erfahrungen von Johanna Dohnal, die sie beispielsweise vor ein paar Wochen bei der Diskussion Welche Frauenpolitik braucht Österreich? schilderte. Frauenpolitik sei in einer großen Koalition ein "Nullsummenspiel", da die ÖVP stets jede Maßnahme durch Familienpolitik "ergänze".
Rot und Grün ist jedoch erstmal "gegessen", da das BZÖ durch die Wahlkartenstimmen hinausfallen müßte, was als sehr unwahrscheinlich gilt. Manche freut dies auch in den Grünen, da es anscheinend ein erhebendes Gefühl ist, nicht vom Fleck zu kommen. Andererseits könnte die nächste Wahl-Bewährungsprobe früher anstehen als manchen lieb ist, da schon mal eine große Koalition nach einem Jahr scheiterte (1995) und theoretisch passieren kann, dass niemand eine Regierung zustande bringt. Derlei soll in manch einem anderen Land schon des öfteren geschehen sein.
Am Tag vor der Wahl war ich in meinem Bezirk unterwegs, zu zwei Flohmärkten, einer davon in einem berühmt-berüchtigten Gemeindebau, der Per Albin Hansson-Siedlung. "Jede/r fünfte da wird morgen FPÖ wählen" war ein unvermeidbarer Gedanke, der das Vergnügen ambivalent gestaltete. Tatsächlich erzielte die FPÖ in Favoriten 20%, als zweitstärkste Partei, während sich die Grünen gerade mal der 10%-Marke nähern, was für Wien wenig ist. Der offensive Kampf der FPÖ um den Viktor Adler-Markt als Zentrum des Bezirks, den Haider und Westenthaler begannen und den Strache fortsetzt, scheint sich zu lohnen. Und dies in einer multikulturellen Ecke des Bezirks, da gerade um den Markt herum Menschen verschiedenster Herkunft leben und arbeiten. Dass Favoriten ein schöner Bezirk ist, mit Grünoasen wie dem Wienerberg, dem Laaer Berg oder der Heuberggstätten, geht im Angstwahlkampf völlig unter...
02.10.06
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