10.12.07
Diskussion zum Tschad-Einsatz
Dies mag anschaulich klingen, ist aber vor allem vage und stimmt atmosphärisch auf die Diskussion ein. Unweigerlich erscheint, wenn man keine kritische Haltung einnimmt, die Mission als unmögliches Unterfangen. Heinz Assmann, der Kommandant der im Tschad eingesetzten ÖsterreicherInnen meint, die Lage werde seit Monaten auch im Austausch mit anderen teilnehmenden Staaten bewertet. Selbstverständlich werden die SoldatInnen geschützt, unter anderem mit kugelsicheren Westen (dass man dies noch erwähnen muss, zeugt vom erzeugten Bild des Einsatzes).
Die EU-Truppe dient nur dem Schutz der Flüchtlinge und der Wirksamkeit der UN-Mission zur Versorgung dieser Menschen. Außerdem werden die Grundlagen für den Aufbau einer Polizeitruppe der UN geschaffen, die dann übernehmen soll. Verteidigungsminister Norbert Darabos nennt die Diskussion in Österreich eigenartig, so als handle es sich beim Einsatz um sein Privatvergnügen (allerdings hat ein Minister sicher noch verschärfte mediale und oppositionelle Bedingungen, der im Sommer ein nationales Sicherheitsinteresse der USA, den geplanten Raketenschild zu kritisieren wagte - was ihn aber in keiner Hinsicht einschränken sollte, denn wo samma denn? das ist unser Land!).
Alle 27 EU-Staaten haben den Einsatz beschlossen, der laut Mandat dem Schutz von Zivilpersonen und Flüchtlingen dient und humanitäre Hilfe erleichtern soll. 20 EU-Staaten beteiligen sich daran, und fehlende Humanität konnte man Österreich noch nie vorwerfen. "Ich habe gesehen, welches Elend dort herrscht", meinte Darabos. "Herr Pilz war in Paris, ich war im Tschad." Peter Pilz von den Grünen, der zumindest an Innenministern schon mal direkt fehlenden Kniefall vor US-BotschafterInnen kritisiert (z.B. in seinem Tagebuch am 15.2.007), sagt nun immerhin, dass man sich in den Grundfragen einig sei und das Flüchtlinge auch militärischen Schutz brauchen können.
Er bezieht sich auf den eingangs zugeschalteten Spiegel-Reporter, der den entscheidenden Grund dagegen anspricht, die politische Situation (womit Pilz vor allem unsere Neutralität meint). Er war in Paris, sagt er mit der typischen schneidende Stimme, wenn er ein potenzielles Opfer ins Visier nimmt, da Darabos und Außenministerin Ursula Plassnik nicht voll über das Risiko informiert sind. Der Tschad sei nämlich in Wahrheit ein Landflugzeugträger der französischen Armee, da Frankreich den Diktatur stütze. Der multinationale Mantel von EUFOR verschleiere eine französische Aktion. Man sei an der Seite Frankreichs im Bürgerkrieg und an der Seite des Diktators.
Minister Darabos, der eindeutig aus einer anderen Welt stammt als Peter Pilz, weist die unwahren Behauptungen zurück und betont nochmals, das EUFOR unabhängig auf der Basis eines UN-Mandats agiert. Er lasse sich bestimmt nicht auf eine Diskussion ein, in der Pilz falsche Behauptungen aufstellt. Was den vermeintlichen Kampf von Peter Pilz um die angeblich ausgerechnet durch Minister Darabos gefährdete Neutralität betrifft, sei nur an eines erinnert:
"Die Forderung nach der ersten amerikanischen Militärintervention in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg wurde in Österreich, dem neutralen Nachbarland Jugoslawiens, über den Grünexponenten Peter Pilz gestellt. Kritik daran war in Medien tabu (wie heute Kommentare pro Neutralität und pro Darabos' Handlungen als souveräner Minister eines souveränen Staates tabu sind), grüninterne KritikerInnen wurden mit wie von unsichtbarer Hand verfassten Beiträgen diskreditiert und manche auch ausgehorcht." (Wie die Grünen wurden wie sie sind, September 2007).
Die Journalistin Marie-Roger Biloa ist erstaunt, dass Armeen offenbar nur dort hingehen sollen, wo kein Risiko besteht. Man sagt aber dauernd, man müsse was tun und habe Verantwortung als Mitmensch. Das ist anscheinend im Kosovo kein Problem, da gibt es keine Debatte, was Österreich dort verloren hat. Darabos bekräftigt nochmals, dass es sich um eine humanitäre Mission handelt, was Pilz naturgemäss und seiner Agenda entsprechend kaltlässt. Man dürfe nicht kompensieren, indem man auf das Elend der Menschen verweist. Pilz würde nicht einmal als Kompensation die Not anderer Menschen erwähnen, da können wir uns sicher sein.
Die Frage sei eindeutig mit Ja zu beantworten, dass man in diesen Konflikt auf der Seite Frankreichs steht (tut es ihm leid, dass die USA an keiner Mission im Tschad beteiligt sind? wurde wieder einmal einer Botschafterin oder einem stellvertretenden Botschafter die Huld verweigert?). Er war in Paris, betont Pilz nochmal, der sich anscheinend so viel Mühe gibt wie Medien, die vor Ort im Tschad gegen den Einsatz recherchieren. Pilz in Flüchtlingslager und sichtbar betroffen wäre ja auch eine absurde Vorstellung. Ob sich Darabos über die französische L'Epervier-Operation informiert habe, die die Hauptstadt des Tschad schützt.
Der Minister habe ein politisches Problem, woraus Pilz dann auch macht, dass Darabos selbst ein politisches Problem sei (für wessen Politik? diesseits oder jenseits des Atlantik?). Man habe ihn in gutem Glauben hineingestossen, will Pilz seinem potenziellen Opfer dann auch noch den Hieb verpassen, dass er ja nicht ganz für seine Handlungen Rechenschaft ablegen könne. Darabos fehlen der Zynismus und die Menschenverachtung von Pilz, sodass er relativ verhalten reagiert: "Glauben Sie, ich als Verteidigungsminister weiss das nicht?" Tatsächlich herrscht, was auch durch die seltsame Art der Berichterstattung zustande kommt, vielfach die Ansicht, man betreibe im österreichischen Verteidigungsministerium nicht die in aller Welt übliche gründliche Einsatzvorbereitung.
Ganz so, als sei Darabos angewiesen auf die Zettel, die Pilz immer wieder aus seiner Mappe zieht, und wüßte nicht ein X-faches über den Einsatz und die Kapazitäten des Heeres als Pilz. Darabos verweist nochmals darauf, dass EUFOR Stabilität bieten soll für den Schutz der Flüchtlinge und sonst nichts. Die Grünen hatten komischerweise nichts gegen einen Afghanistan-Einsatz unter NATO-Kommando, sodass Pilz unseriös agiere und die eigene Partei in Geiselhaft nehme. Peter Fichtenbauer von der FPÖ verweist auf die gute Tradition von Einsätzen unter UN-Mandat, durch die Österreich bewiesen habe, dass es sich an humanitären Missionen beteiligt.
Diese müssten aber jedesmal neu bewertet werden, das Humanitäre dürfe nicht alle anderen Punkte überdecken. Üblicherweise gibt es UN-Mandate, wenn kriegerische Auseinandersetzungen bereits mehr oder weniger beendet sind. Hier handelt es sich aber um ein Bürgerkriegsgebiet, für das der Einsatz zu gering dimensioniert sei. Außerdem versteht sich EUFOR zwar als neutral, doch wird dies von anderen Parteien nicht akzeptiert. Fichtenbauer war recht sachlich und brachte nachvollziehbare Kritik - was eigentlich von der angeblichen Menschenrechtspartei Grüne zu erwarten sein müsste.
Vom UNHCR war Roland Schönbauer eingeladen, der anschaulich das Leben der Menschen in den Lagern schilderte. Die Lage habe sich für sie in den letzten Wochen sehr verschlechtert. Frauen werden vergewaltigt, wen sie außerhalb der Camps Feuerholz suchen, Männern getötet, wenn sie Ziegen auf die Weide treiben. Mit Polizeikräften und durch Selbstorganisation der Flüchtlinge kann man hier keine Sicherheit herstellen. Es braucht das Militär, und sowas sagt gerade das UNHCR nicht leichtfertig. Er fragt die blaugrüne Opposition, wie sie Flüchtlingen helfen wolle, und meint, EUFOR müsse die Neutralität der Mission kommunizieren.
Es gebe marodierende Truppen, die auch über die Grenze in den Sudan nach Darfur wechseln. Wenn nicht bald etwas geschieht, müsse das UNHCR die Hilfe einschränken, und das wird dann auch viele Menschenleben kosten. Assmann spricht ebenfalls von Frauen und Kindern, die vergewaltigt und verschleppt werden, wenn sie die Lager verlassen. Die allerersten SoldatInnen, unter denen sich auch unsere befinden, werden eine Informationskampagne machen, damit alle wissen, dass die Mission nur der Sicherheit der Flüchtlingslager dient. Man verwendet keine Native Speaker, da diese auch eigene Spielchen spielen könnten, sodnern eigene Dolmetscher.
Peter Pilz fängt wieder damit an, dass man in einen bürgerkriegsartigen Konflikt komme und darauf vorbereitet sein müsse, und erklört dem Kommandanten, was Sache ist. Wenn man ihm zuhört, möchte man meinem, er wolle locker nicht nur Minister Darabos, sondern auch den Generalstab, die Einsatzplanung und alle 160 SoldatInnen ersetzen, so gut scheint er sich eigener Einschätzung nach auszukennen und zu wissen, was zu tun ist. Vor allem hat er auch eine Menge an der Ausrüstung des Heeres auszusetzen, gegen die er sich allerdings meist wandte, wenn es um Neuanschaffungen ging. Unsägliche Schlamperei und noch nie eine derartig schlampige Vorbereitung erlebt (hat er denn je eine Vorbereitung direkt erlebt?) und ein angebliches, aber wieder einmal unwahres Angebot nicht wüstentauglicher Hubschrauer durch den Minister gehört zu seiner weiteren Munition.
Darabos verwehrt sich dagegen, dass pausenlos Fakten ignoriert werden und erwähnt nochmals die Ziele der Mission, den Schutz von Zivilpersonen, Flüchtlingen, UN-Personal. Er habe mit vielen MitarbeiterInnen in Lagern geredet, die ihn, was er nicht gerne so deutlich sage, händeringend um Hilfe gebeten hatten. Die zitierte US-Studie (mit zweifelhafter Intention) gehe von der falschen Voraussetzung aus, es gehe um mehr als um Sicherheit zwischen den Lagern. Die Grünen hätten auch dem Afghanistan-Einsatz zugestimmt, der Anfang 2002 nach nur einem Monat Vorbereitung startete, erinnert Darabos.
Das "profil" brachte schon ein Rebelleninterview, das eigenartigerweise neben Frankreich nur Österreich und nicht 18 weiteren EU-Staaten drohte (wobei ich nirgendwo explizite Drohungen gegen diese anderen Ländern fand). Nun machte, sagt Moderatorin Ingrid Thurnher, diese Rebellen wiederum im "profil" Darabos ein Angebot, er solle doch für Friedensverhandlungen sorgen. Der Minister meint, genau in diese Falle einer Parteilichkeit werde er nicht gehen, sodass er das Schrieben an die EU weitergeleitet haben. Wenn er sich da einmische, sei dies genau das falsche Signal.
Man versucht also mit allen (auch leicht durchschaubaren) Mitteln, ihn zu desavouieren, sodass er für sich eigentlich nur die Entscheidung treffen kann, sich in keinster Weise einschüchtern und beirren zu lassen oder gar seine Integrität einzubüssen. Es gibt für alles eine Gegenstrategie, sodass Querschüsse nach hinten losgehen - oder auch mal überraschenderweise darauf verzichtet wird, weil man sich schon denken kann, dass etwas so schwer nach hinten losgeht, dass man es gar nicht erst versucht. Immerhin ist die Republik Österreich souverän und neutral, es gilt die Bundesverfassung einschliesslich der Europäischen Menschenrechtskonvention auch für Bundesminister...
06.12.07
Nachts im Parlament
Das Plenum begann viele Stunden zuvor mit einer Fragestunde mit Frauen- und Medienministerin Doris Bures, bei der sie sich zur Unabhängigkeit des ORF und zu Qualitätsansprüchen bekannte. Wie der ORF selbst seine Unabhängigkeit sieht, zeigt die Art und Weise, wie auf orf.at über den Misstrauensantrag berichtet wird: "Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) darf weitermachen. Der Nationalrat lehnte kurz nach 1.00 Uhr Nacht einen von der FPÖ eingebrachten Misstrauensantrag gegen den Ressortchef ab."
Darf weitermachen? Seit wann ist dafür maßgebend, was die FPÖ fordert? Über Misstrauensanträge gegen andere MinisterInnen wird nicht in diesem beinah enttäuschten Tonfall berichtet. Es geht aber in dem Stil weiter: "FPÖ-Wehrsprecher Peter Fichtenbauer begründete sein Begehr damit, dass mit dem Einsatz im Tschad die österreichischen Soldaten fahrlässig gefährdet würden. Darabos selbst verteidigte einmal mehr die geplante Mission." Immerhin wird dann erwähnt, dass der Minister humanitär argumentiert und meint, es wäre "ein Verbrechen an der Menschlichkeit" wegzusehen.
"Unterstützt wurde er auf der Regierungsbank auch zu nächtlicher Stunde - neben dem Verteidigungsminister saßen Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Infrastrukturminister Werner Faymann (SPÖ) sowie Frauenministerin Doris Bures (SPÖ)." Vermutlich ist das symbolisch notwendig, wenn der Widerstand gegen den Einsatz auf einer unehrlichen Ebene läuft, was der Minister auch mehrmals ansprach - und wir können annehmen, dass auch die abwesenden MinisterInnen Schmied, Berger und Buchinger ihren Regierungs- und Parteikollegen nicht im Stich lassen.
"Das BZÖ fand jede Menge Punkte, warum Misstrauen gegen Darabos angebracht sei und schloss sich der FPÖ an. Vor allem kritisiert wurde, dass die Kosten für den Tschad-Einsatz nicht absehbar seien und diese auch noch dem Bundesheer mit seinem ohnehin kargen Budget umgehängt würden." So endet die Nachricht des ORF, die doch deutlich mit der Kritik am Minister und seiner Politik sympathisiert. Wir dürfen gespannt sein, wie über die Fragestunde am 6.12. mit Außenministerin Ursula Plassnik berichtet werden wird, bei der es auch stark um den Tschad-Einsatz ging. Die Ministerin verteidigt die Mission ebenso und war auch an ihrem Zustandekommen beteiligt - allerdings bislang ohne Misstrauensantrag.
Aber der 6.12. bedeutet ja einen weiteren langen Plenartag, an dem der FPÖ noch etwas einfallen könnte (oder auch eingeflüstert wird). In der nächtlichen Debatte argumentierte Minister Darabos mehrfach mit dem humanitären Aspekt (u.a. damit, das Frauen vergewaltigt werden) und wunderte sich einmal mehr über die ganz andere Haltung von Medien und Opposition, die in keinem der anderen teilnehmenden Ländern ähnlich ist. Er verwies auf die Einstimmigkeit in der EU, die ja von der UNO ersucht wurde, Hilfsmaßnahmen im Tschad durch Peaecekeeper abzusichern. Die Grüne wandten dazu ein, dass dass EU-Parlament aber nicht so einmütig abstimmte, da die Grünen dagegen waren.
Die Grünen hätten ihren Anspruch auf moralische Autorität und Humanität verspielt, meinte Darabos zur fortwährenden Kritik. Seitens der SPÖ legte Klubobmann Josef Cap noch nach, indem er auf den Zusammenhang zwischen Asylgerichtshof-Debatte, die am Vormittag geführt wurde, und Flüchtlingen in Afrika hinwies. Einerseits soll als die Politik der Regierung menschenverachtend sein, andererseits aber ist man so menschenverachtend, Flüchtlinge im Stich zu lassen. Da distanzierte sich Peter Pilz dann doch recht deutlich vom xenophob motivierten Misstrauensantrag der FPÖ...
Ergänzung: Strache sieht das Ganze ganz anders als ich (gewissermaßen diametral entgegengegesetzt), wie eine Presseaussendung verrät:
"Offenbar drückt etliche Abgeordnete in SPÖ und ÖVP das schlechte Gewissen wegen des unverantwortlichen Tschad-Einsatzes", meinte heute FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache. Anders sei es nämlich nicht zu erklären, dass gestern nur 115 Abgeordnete der Regierungsparteien für diesen Kriegs- und Kampfeinsatz gestimmt hätten. Insgesamt hätten 34 Abgeordnete für den FPÖ-Antrag gegen die Entsendung unserer Soldaten nach Afrika gestimmt. (Anmerkung: Strache meint den Misstrauensantrag spät nachts)Wie sehr Strache am Boden der Realität ist oder doch nicht, zeigte ja auch eine Auseinandersetzung mit der SPÖ-Abgeordneten Bettina Stadlbauer, die sich darüber empörte, dass er Müttern die Schuld an Misshandlungen und Missbrauch von Kindern durch Männer gibt. Eben nach dem Motto, es sind immer die Frauen schuld am Verhalten von Männern - und getreu den Aktivitäten der FPÖ für "mehr Männerrechte".
Strache bezeichnete die mitternächtliche Debatte als hochinteressant. Hier seien die Emotionen zwischen Rot und Schwarz hochgegangen. Massenweise hätten sich SPÖ-, ÖVP- und Grün-Abgeordnete vor der Abstimmung über den Tschad-Einsatz und über den Misstrauensantrag gegen den Verteidigungsminister gedrückt, um sich bloß nicht deklarieren zu müssen. Peter Pilz wiederum habe sich dezidiert gegen den freiheitlichen Misstrauensantrag ausgesprochen und habe somit offenbar nichts gegen einen parteiischen Kampfeinsatz an der Seite der Franzosen. Pilzens Neutralitäts- und Glaubwürdigkeitslack sei damit endgültig abgeblättert.
Beim Misstrauensantrag habe zudem kein einziger ÖVP-Minister Verteidigungsminister Darabos auf der Regierungsbank gestützt. Obwohl Außenministerin Plassnik für den Kriegseinsatz federführend mitverantwortlich sei, habe sie sich in dieser Phase gedrückt und durch Abwesenheit geglänzt. Dies lasse einige Schlüsse über das Koalitionsklima zu, meinte Strache.
Im "Falter" gibt es am 5.12. einen Kommentar von Minister Darabos zum Tschad-Einsatz
Ceiberweiber zu dieser Thematik u.a.:
Warum werden Österreichs Truppen von Rebellen bedroht? (explizit als Einzige neben den Franzosen)
Welchen Zweck hat die US-Studie zum Tschad-Einsatz? (Der Background des Autors offenbart keineswegs uneigennützige Interessen)
Anneliese Rohrer im "Kurier" gegen Minister Darabos (Beispiel für platte Medien-Argumentation)
Dazu passend: Gender und Peacekeeping und auch Asylpolitik, Sicherheit und Klimawandel
Im Web kann man Parlamentssitzungen übrigens hier verfolgen:
www.parlament.gv.at
www.ots.at
15.08.07
Embedded Bullshit
Der Empörung nach zu schliessen darf das patriarchal-konservative Österreich wohl auch nie eine Verteidigungsministerin oder Bundespräsidentin haben (Oberbefehlshaberin) haben. Die Herren Journalisten sind in Sachen Kriegsgerät oft detailverliebt bis zur letzten Schraube, lassen aber nun jede Sorgfalt fallen: Dieses Alpha-Handy ist nämlich "jenes Mobilfunkgerät, mittels dessen der Verteidigungsminister binnen Sekunden über Leben und Tod entscheiden muss. Etwa wenn ein Passagier-Jet mit einer Horde Islamisten an Bord den Stephansdom im Visier hat. Dann gilt es am Alpha-Handy zu entscheiden: Abschuss oder nicht.".
Interesanterweise stand bei den Ceiberweibern am 13.8.2007 etwas ganz anderes zu lesen, O-Ton Darabos: "Die Abwehr einer Bedrohung aus der Luft im Sinne eines strafrechtswidrigen Angriffes fällt hingegen in den Zuständigkeitsbereich des Innenministers. Diesbezüglich werden Militärpiloten - da das Bundesministerium für Inneres weder über geeignete Mittel noch über entsprechendes Personal verfügt - ausschließlich im Rahmen des sicherheitspolizeilichen Asisstenzeinsatzes nach den für die Polizei geltenden Bestimmungen (Sicherheitspolizeigesetzt, Waffengebrauchsgesetz) und unter der Letztverantwortung des Bundesministers für Inneres tätig. Dieser kann in solchen Situationen einen Waffengebrauch nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen freigeben."
Der "Passagierjet mit der Horde Islamisten an Bord" spielt in Darabos' Träumen, aus denen ihn zufälligerweise ein Unbekannter nachts per Anruf auf dem "Alpha-Handy" gerissen hatte, keine Rolle: "Die aussschließliche Fokussierung auf den Abschuss oder nicht Abschuss einer besetzten Passagiermaschine findet keineswegs meine Zustimmung (allein schon deshalb, als andere Szenarien weitaus mehr Realitätsgehalt haben; auch hier ist das jeweilige Vorgehen selbstverständlich im Rahmen der Gesetzgebung klar geregelt) - und in diesem Punkt sind wir vermutlich einer Meinung." Warum muss der "Kurier" also wieder 9/11 ins Spiel bringen, das für Darabos, aber auch Kanzler Gusenbauer nicht auf Österreich übertragen werden kann?
Genau diese Unübertragbarkeit drückt sich auch mit der Zuständigkeit Innenministerium aus, was im Gegensatz etwa zur Aktivierung von Art. 5 des NATO-Vertrags durch die USA nach 9/11 steht (als handle es sich um den Angriff eines Nicht-NATO-Staates und der Bündnisfall sei eingetreten). Indirekt will der "Kurier" daher klarstellen, dass auch für die österrreichische Regierung 9/11 ein militärischer Angriff auf die USA war bzw. zu sein hat (die Alternativen sind: Terroranschlag oder inside job). Da ruft nun also jemand auf dem Alpha-Handy nachts an und weiss offenbar, wen er auf diese Weise erreicht, sehr seltsam. Zuvor gehörte diese Nummer, so "Kurier"-Recherchen, einem seit Jahren pensionierten Brigadier.
"Vielleicht wäre ein neues Alpha-Handy jetzt aber auch mal drinnen", beendet der "Kurier" das Kapitel Darabos - nicht ohne vorher zu verraten, dass man selbstverständlich die Nummer hat, unter welcher der Minister im Notfall zu erreichen ist. Was soll das? Darabos ist eine Null im Vergleich zur Macht und den Beziehungen des "Kurier"? Autor Theuretsbacher befasst sich ansonsten mit Stapo und Co. und schreibt über die manchmal auffliegenden Aktivitäten ausländischer Geheimdienste. Darüber spricht er auch gerne, der erfahrene Journalist mit Connections, insbesondere wenn sich jemand jünger und weiblich dafür interessiert. "Kann man mit denen (CIA) auch Kontakt aufnehmen?" , fragte ich ihn einmal vor ein paar Jahren nach seinen spannenden Erzählungen. Ich werde nie vergessen, wie er mich dann musterte - für naiv und harmlos hielt er mich jedenfalls nicht mehr, da er sich wohl dauernd fragte, wieso ich ihn dies frage :-)
Die "Presse" wiederum befasst sich mit dem ersten Jahrestag der Kür von Alexander Wrabetz zum ORF-Generalintendanten. Norbert Mayer klagt in einem Kommentar: "Alles beim ORF ist heute Proporz, auf breitester Basis. Daraus wird dann eben eine Anstalt der Mittelmäßigkeit. Wo aber bleiben heute die Kritiker des ORF? Man erinnere sich an die Diskussion im Frühsommer des Vorjahres. Lindner muss weg, Mück muss weg, hieß es, der ORF gehöre entpolitisiert. Was aber ist geschehen? Neue Farben braucht das Land. Der grüne Ex-Politiker und Stiftungsrat Pius Strobl, der Wrabetz zur Mehrheit verholfen hatte, wurde von diesem an eine wesentliche Schaltstelle der Macht gehievt, eine postmoderne Rotation sozusagen. Unter Rot, Schwarz und Blau nannte man das Freunderlwirtschaft. Dass inzwischen auch die Grünen diesem Prinzip lustvoll huldigen, zeigt wohl auch der Fall Wabl. Man lässt sich die Oppositionsrolle abkaufen. Ein Hoch dem Regenbogen!"
Wabl wird als Gusenbauers Klimabeauftragter übrigens 70 Euro die Stunde verdienen, so die "Kronen Zeitung" heute (macht mehr als 10.000 im Monat, sofern als 40 Stunden-Job gedacht). Ist er das auch wirklich wert? Und Strobl sein Direktorengehalt, natürlich - da sich der ORF-Klatsch gerne über ihn beschwert. Mich kann nichts überraschen oder erschüttern, sage ich in solchen Fällen, ich kenne den Pius doch! Ein Trost für euch: auch er kann nicht alles haben und auch nicht jede, oh ja, nicht alle Frauen finden Männermachtgehabe und Ränkeschmieden bewunderswert :-)
Alternativprogramm zum ORF: Okto.tv, heute war dort z.B. Hagazussa TV sehenswert (wird wiederholt, keine Bange, und kann bei I-Tunes downgeloaded werden)
12.08.07
Die weite Welt nach Ion Holender und Georg Hoffmann-Ostenhof
9/11 sei "mit Sicherheit nicht" eine "Eigeninszenierung der Amerikaner" gewesen, behauptet Holender, kritisiert aber auch, dass "die Ursachen des Anlasses unbeleuchtet bleiben", die Folgen aber lebendig gehalten werden. Herr Holender, woher nehmen Sie Ihre Sicherheit? Haben Sie sich jemals mit 9/11 befasst, statt sich auf Medien mit embedded journalists zu verlassen? Können Sie vielleicht die 60 9/11-Fragen an die US-Botschaft in Wien beantworten, die dort nur schweigend quittiert werden? (Kann irgendjemand im Bereich Medien und Politik diese Fragen beantworten?)
Im "profil" vom 13.8. 2007, das bei mir als Noch-Abonnentin am Sonntagmorgen vor der Tür lag, fragt Georg Hoffmann-Ostenhof, ob Bush doch Recht hatte: "Der heilige Krieg und Bin Laden werden in der moslemischen Welt zunehmend unpopulär." Ob das gut oder schlecht ist, fragt sich in dieser Form: "Ist das der Anfang vom Ende der islamischen Terrorwelle?" Im Irak seien mehr Gebiete unter amerikanischer Kontrolle, die Situation beruhige sich, liest man staunend im Gegensatz zu internationalen Berichten. Auch in Großbritannien lassen sich die Leute keine Irakkriegsbären aufbinden, sondern unterstützen den Labour-Rebellen und Kriegsgegner George Galloway.
Nach altvertrautem Muster beruft sich Hoffmann-Ostenhof auf den "Spiegel", der ein "Tabu brach", indem er behauptete, Frieden im Irak sei möglich. Wir haben 9/11-Märchen des "Spiegel" in bislang Folge 1 & 2 zerpflückt. (Spiegel und profil spielen oft ähnliche Rollen bezogen auf ihr Land, etwa bei Kovosokrieg 1999 in der Verbreitung des Desinformationspapiers "Hufeisenplan" für eine ethnische Säuberung, der dem NATO-Krieg propagandistische Rechtfertigung verlieh.) Das "profil" vom 13.8.2007 zitiert in einem Artikel zum Rummel um Natascha Kampusch deren Ex-Medienberater Dietmar Ecker: "Ich habe damals (2006) verstanden, wie die Amerikaner ihre Kriege medial vorbereiten. Es gibt Geschichten, bei denen selbst in Qualitätsmedien die Reflexionsphase ausbleibt. In dieser Zeit kann man ihnen alles reindrücken."
Falsch beobachtet, Herr Ecker, es mag in Österreich so sein, doch etwa in britischen Medien ist sofort Reflexion zugelassen, sodass auch unterschiedliche Standpunkte in die Berichterstattung einfliessen. Und ich kann Ihnen viele Beispiele nennen, wo unser winziges Magazin Ceiberweiber (ohne embedded journalists) offenbar das einzige Qualitätsmedium Österreichs war, etwa eben beim Kosovokrieg. Hier stand als allererstes (in diesem Fall überhaupt), was vom "Hufeisenplan" zu halten ist, und zwar am 28.4.1999: "Exklusiv - Der Spionagebericht, der die NATO zum Handeln zwang" titelt das "profil" diese Woche. Ja, genau, das Medium, indem vor drei Jahren oder so von massenweise sowjetischen Waffenlagern ebenso exklusiv die Rede war. Gefunden wurden dann, wenn überhaupt, Mülldeponien. Motiv vermutlich: kann doch nicht sein, daß nur die Amis - für Gladio - Waffendepots in Österreich angelegt haben. Wobei, diesmal war, scheint's , nicht die CIA mit ihrem riesigen Apparat aktiv, auch nicht die National Security Agency, die weltweit größten Lauscher, Horcher und Aufklärer, sondern - das vergleichsweise bescheidene österreichische Heeresnachrichtenamt....
Anfang Jänner nun wurde nicht nur unsere Regierung, sondern auch die der anderen EU-Staaten und die USA von einer sog. "Aktion Hufeisen" informiert. Das HNA will ausgespäht haben, daß dabei neun Divisionen, sechs davon Sonderpolizei, Ende März die Albaner aus dem Kosovo vertreiben wollten. Ende Jänner warnte man wieder davor, mittels Luftkrieg eine Lösung anzustreben, im Februar meinte man, militärische Schläge ohne politisches Konzept würden die Lage im Kosovo nicht verbessern. "Die UCK könnte dazu motiviert werden, wieder verstärkt tätig zu werden." Man sah auch voraus, was nicht so schwer war, daß die Albaner den Rambouillet-Vertrag unterschreiben würden, "die Serben" aber nicht.
Das Profil schreibt weiters: "Nach dem Beginn der NATO-Angriffe begann die systematische Massenvertreibung der Albaner aus dem Kosovo: So sieht die Weltöffentlichkeit die Chronologie des Balkankriegs. Auch die Regierung in Belgrad versucht das Bild zu vermitteln, die humanitäre Katastrophe sei eine Folge der NATO-Offensive. Westliche Geheimdienste können das allerdings widerlegen. Schon Monate vor Kriegsbeginn verfolgten und dokumentierten sie detailliert die Aktivitäten der jugoslawischen Armee - und kamen zu der Erkenntnis, daß Milosevic die Großoffensive im Kosovo minutiös vorbereitete und die Deportation der Albaner seit längerem systematisch plante.Der Beginn der 'Operation Hufeisen', wie Belgrad die militärische 'Endlösung' der Kosovo-Frage nannte, war für Ende März angesetzt. Wenige Tage, bevor sie anlaufen sollte, kam ihr die NATO-Offensive zuvor. Westliche Regierungen brachten für die Rechtfertigung der Bombenschläge gegen Jugoslawien immer wieder vor, sie hätten Informationen über eine bevorstehende serbische Großoffensive. Die brisanten, nun enthüllten Geheimdienstberichte dürften wesentlicher Teil ihrer Entscheidungsgrundlagen gewesen sein. Und kaum jemand war über die 'Operation Hufeisen' so gut informiert wie das HNA." (Zitat Ende)
Am 29.4.1999 schrieb ich: Daß die "Operation Hufeisen" nunmehr - angeblich - enthüllt wird, könnte ein Hinweis darauf sein, daß es eine Operation wirklich gibt: "Roots", die CIA covert action zur Destabilisierung des Balkan, von der der leider nicht namentlich bekannte "Insider" sprach (siehe Tagebuch 27.4.). Ein Ablenkungsmanöver also, damit niemand darüber allzu sehr nachdenkt...
Weitere Fundstücke aus unseren damaligen Berichten: 9.5.1999, Hoffmann-Ostenhof gegen Kriegsgegner Johannes Voggenhuber, Kandidat bei den EU-Wahlen, der seine Kritik inserieren musste, weil Medien sie nicht brachten. 12.5.1999, Neues zur Bombardierung der chinesischen Botschaft, ein Fehler?!
Wieder zurück ins Jahr 2007: Nun werden Terrorexperten zitiert, die Bin Laden sowas wie Autoritätsverlust bescheinigen und meinen, er sei von den USA "zum Übermenschen" aufgebaut worden, mache aber nur "leere Versprechungen". Kritische unembedded journalists werden bei Aussagen wie dieser stutzig und fragen sich, ob uns da ein leerer aufgebauter Übermensch verkauft werden soll. Nicht umsonst handeln zwei der 60 Fragen an die US-Botschaft von Bin Laden: war er am 10.9.2001 in Behandlung im Militärspital von Peshawar/Pakistan? Ist Bin Laden im Dezember 2001 nahe der afghanischen Grenze gestorben (was mehrfach berichtet wurde)?
War Bin Laden ein Patsy, ein Sündenbock nach aussen hin, Ziel einer sogenannten STING Operation, wo gezielt ein Image aufgebaut wird, Situationen geschaffen, mediale Erwähnungen lanciert werden? Beim Artikel haben wir auch "die wichtigsten Anschläge seit 9/11" aufgelistet, u.a. London 7/7, das mit seinen Antiterrorübungen zur exakt gleichen Zeit an den exakt gleichen Orten mit der exakt gleichen Annahme wie das reale Geschehen genau betrachtet werden sollte (Video Ludicrous Diversion), und bei den missglückten Anschlägen die "liquid bombers" des Sommers 2006, die dem ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan Craig Murray von Anfang an spanisch vorkamen. Bei den Anschläge auf Vorortezüge in Madrid 2004 vor den Parlamentswahlen hatten die späteren Angeklagten enge Beziehungen zu den Sicherheitskräften.
Ehe sich Hoffmann-Ostenhof zu Terrorthemen äußerte, machte er uns beispielsweise den EU-Beitritt schmackhaft. Allerdings ohne so genau zu wissen, worum es da eigentlich geht, was sich etwa in einer Diskussion im Mai 1993 mit dem damaligen Parlamentsabgeordneten der Grünen Voggenhuber zeigte. Ich war damals unembedded political activist und stellte Hoffmann-Ostenhof Fragen in der Art von "Man kann ja für den EU-Beitritt sein, aber verraten Sie uns doch bitte mal, was Sie an Artikel soundso des Maastricht-Vertrags gut finden?" Während ich dies für ein paar Artikel tat, sackte Hoffmann-Ostenhof immer mehr in sich zusammen und viele hatten das rare Vergnügen, einmal nicht eine Übermacht von EU-Fans gegen eine Person sprechen zu sehen bzw. eine der vielen reinen Befürworterrunden.
Woran ich mit dem "profil" war, wusste ich da ohnehin schon, gab es doch im Sommer 1992 einen Tabubruch nicht hinsichtlich eines Irakfriedens, sondern hinsichtlich der Forderung nach einer amerikanischen Militärintervention in Bosnien. Im neutralen Nachbarstaat Jugoslawiens, Österreich, in dem auch viele Menschen aus dem nun zerfallenden Land leben, konnte eine Unterstützung für derlei bislang Undenkbares wohl am besten herbeigeführt werden, in dem einem Grünen der Tabubrecher-Part zugeschrieben wurde. (Später bemerkten deutsche Grüne mit Entsetzen, dass der Kosovokrieg durch ihre Partei ermöglicht wurde, da es bei einer anderen Regierungsform viel viel stärkere Proteste gegeben hätte.)
Peter Pilz war als Parteichef in spe vorgesehen und, warum auch immer, für die Tabubrecher-Rolle, den Part der medialen Bühne übernahm das "profil". Anfang August 1992 ging die Sache über die Bühne und einige dachten, sie träfe der Schlag. Von Pilz, sonst angeblich so mutig und konfliktfreudig, war längere Zeit nichts zu sehen oder zu hören: auf Tauchstation. Einige Grüne übten schriftlich und in internen Diskussionen Kritik, forderten den Parteiausschluss von Pilz, der die Grundsätze basisdemokratisch und gewaltfrei verletzte, schrieben Leserbriefe und bemerkten zu ihrem Erstaunen, dass derlei bis auf ein paar Zeilen der Stellungnahme eines Vorstandes nicht veröffentlicht wurde. In den Monaten zuvor war immer wieder Kritik an einem anderen Grünen bereitwillig gedruckt und in Artikeln verwendet worden: an Johannes Voggenhuber, der Anfang 1992 zum Rücktritt als Mandatar gebracht werden sollte (was bedeutet hätte, dass ihm Peter Pilz nachfolgt, der damals im Wiener Landtag war, und ich für Pilz nachgerückt wäre).
aus der eigenen Vergangenheit (aber wohin???)..."
schriftliche Stellungnahme zu Peter Pilz,
die ins Schwarze traf, da er nun massiven
koordinierten Anfeindungen ausgesetzt war
Nun aber waren die Medien "dicht", außer für jene Abgeordnete, die Pilz halbherzig und zaghaft irgendwie ein bisschen recht gaben. Zugleich gab es schriftliche Stellungnahmen gegen die Kritiker, durch die sich ein roter Faden zog, der sich auch in Medienkommentaren wiederfand: Pilz hat vielleicht nicht recht in der Sache, aber es ist sympathisch, wie unsicher er ist; seine Kritiker handeln hingegen nicht aus integren Motiven. Als ich fein säuberlich zusammenstellte, wie das alles zusammenpasst, war Funkstille angesagt - man richtete mir aber aus, ich "sähe Gespenster" und würde mich damit "isolieren". Aha, dann gibt es also Gespenster, dachte ich mir bei dieser und anderen kryptischen Warnungen. Mir war auch bekannt, dass viele, die mal zum inneren Kern der Grünen gehörten oder Zugang hatten, von "es gibt Hintermänner" sprachen, was an "Du-weißt-schon-wer" für Lord Voldemort im Harry Potter erinnert, nur dass hier die meisten keine konkrete Vorstellung hatten und es auch nicht rausfinden wollten, im Gegensatz zu mir.
Embedded journalism kratzt in vielen Fragen nur an der Oberfläche; bewusst, während jene, die einfach nur naiv sind, gar nicht weiter denken WOLLEN. So erklären sich wohl auch Kommentare, bei denen allzu laut überlegt wird, ob vielleicht CIA-Folteropfer vor ihren furchtbaren Erfahrungen auch schon irgendwann mal unbeherrscht geweseen sind. Offenbar darf man, wenn man etwa Khaled El Masri heisst, auch nicht mit der Ehefrau streiten, denn dann ist man selber schuld, wenn einen die CIA kidnappt. Werte Redakteure bei Süddeutsche, Welt, Bild, Zeit, Spiegel, profil, Kurier, Presse, Salzburger Nachrichten, Standard, Heute, Österreich, Kronen Zeitung, ORF, ARD, ZDF usw. usf (und natürlich alle Politiker, die nichts besonderes dran finden):
Wie wär es mit eigenen Erfahrungen? Folter und Entführung? Einmal? Oder darf's zweimal sein? Vielleicht mit ein bisschen Guantanamo dazu? Oder auch nur das, was die CIA auch für nichtmuslimische BürgerInnen westlicher Länder im Angebot hat: Existenzverlust? Im Paket mit Rufschädigung? Auf Wunsch auch mehrmals, gibt's auch mit Draufgabe Wohnungsverlust! Haben Sie persönliche Beziehungen, die Ihnen viel bedeuten? Auch da gibt es Abhilfe, man kann alles kaputtmachen mit den richtigen Mitteln! Brauchen Sie ein wenig Bananenrepublikfeeling hinterher? Dann versuchen Sie, von wegen Verfassung, Menschenrechte, Souveränität, Verletzung Ihrer Rechte Hilfe zu erhalten! Wenn Sie immer noch nichts gecheckt haben: es gibt auch, auf besonderen Wunsch, das Spiel: können Sie Ihre körperliche Unversehrtheit wahren?
Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihre nächste CIA-Dienststelle, c/o American Embassy Vienna, z.B. an Mr. Scott F. Kilner, Stellvertretender Botschafter und CIA-Agent ("naming names", "geheim" vom 31.3.2007, Seite 26, Zeitschrift ging als PDF an die Bundesregierung)
Aber Vorsicht: hinterher fühlen Sie sich, genau wie andere CIA-Opfer, um einiges anders als Menschen, deren Pauschalurlaub durch Kakerlaken im Hotelzimmer oder Algen am Strand versaut wurde (auch wenn Sie bislang Khaled El Masri, Murat Kurnaz und andere so behandeln, als sei ihnen nur derlei widerfahren).
Schliesslich noch ein Trost: Auch Angela Merkel muss da noch einiges dazulernen....
PS: Beispiel für strange journalism: "Österreich" will, dass Frauen Heimchen am Herd werden, die sich gutsituierte ältere Männer aus Berechnung angeln (eigentlich wollte Uschi Fellner mit der Zeitung die politisch interessierte Frau ansprechen, und das wurde dann daraus. Auch diestandard.at wird erwähnt, die nach dem Kosovokrieg und dem Wahlkampf 1999 als Gegenprojekt zum Ausbau der CeiberWeiber zu einem Magazin gestartet wurde.)
Und der "Kurier" ergeht sich in Mutmaßungen über eine Klischeegeneration 50plus, die sogar schon mit Internet und Handy umgehen kann (was denkt man denn in der Redaktion, was diese Altersgruppe in ihrem Job braucht?)
Webtipp: Nachrichtenportal mit alternativen und Mainstream-Quellen: netnews.de
02.04.07
Von wegen Osterferien
Ansonsten haben wir: Molterers Haushaltstipps - was der Finanzminister zu seiner "frauenlosen Budgetrede in den Strassen Wiens verteilen liess, kommentieren wir. Die netten Sparideen der ÖVP für den Privathaushalt sind für die durchschnittliche Arbeitnehmerin Peanuts, haben Frauen doch um 600 Euro pro Monat weniger zur Verfügung als Männer (mit anderen Worten: Frauen fehlt fast ein sogenanntes Grundeinkommen).
Nicht fehlen dürfen auch die "Rechnungen" für das Eurofighter-Lobbying, die nebenbei bemerkt sicher für von Entlassung bedrohte MitarbeiterInnen in den Werkshallen des EADS-Konzerns interessant sind, mit denen niemand derart grosszügig umgeht. Wir haben uns die 96.000 Euro-Pressekonferenz angesehen, bei der wahllos irgendwelche "Posten" aufgelistet, aber nicht beziffert sind (weder in Euros noch in Stückzahlen von etwas und dergleichen).
Vieles kommt demnach auch doppelt vor, wie die Pressekonferenzeinladung via APA oder die Presseunterlagen und die Medienbetreuung. Nichts ist aussergewöhnlich, alles reine Routine, die kein Ausrufzeichen verdient (wie die Anwesenheitsliste!) oder gar Superlative (wie "Raumgestaltung", worunter wir uns vielleicht Blumen auf den Tischen oder / und eine einrollbare Wand mit EF-Logo vorstellen dürfen). Auf der Webseite von Peter Pilz finden alle, die sich andere "Rechnungen" im Detail ansehen und sie zerpflücken wollen, unter dem Stichwort Luftraum -> Scheingeschäfte genug Spielmaterial.
In Sachen Iran gibt es (wohl ein Glück angesichts der gespannten Situation) nicht allzu viel Neues. Allerdings betont die US Navy, dass ihre Leute ganz anders reagiert hätten - sie hätten das Feuer auf sich nähernde iranische "Revolutionsgarden" eröffnet. Angeblich haben sich amerikanische und iranische Armee zumindest auf dem Wasser längst miteinander arrangiert, sodass man einander ausweicht und in Ruhe lässt, doch dies schliesst die Revolutionsgarden nicht ein. Bei den Verhandlungen zwischen GB und dem Iran soll was weitergehen, sodass der Iran erklärte, keine weiteren Videos der Gefangenen mehr im Fernsehen zu zeigen.
Die Webseite der BBC veröffentlicht eine Mail aus Teheran, in der davon die Rede ist, dass das Verhalten der eigenen Regierung unterschiedlich eingeschätzt wird. Manche meinen, eine Freilassung der Gefangenen sei nicht so ohne weiteres möglich, da die Regierung dann schwach erscheine und Angriffen seitens der Hardliner ausgesetzt sei. Inzwischen schrieb Faye Turney, die einzige weibliche Gefangene, einen zweiten Brief, indem sie einen Truppenrückzug aus dem Irak fordert. Immer noch besteht Gefahr, dass die Situation eskaliert, da beide Seiten sie mit einem Imagegewinn auf Kosten der anderen für sich entscheiden wollen.
Israel dementiert, bei einem Angriff auf den Iran mit von der (amerikanisch geführten) Partie zu sein. Ann Wright, Retired Colonel der US-Armee und Antikriegsaktivistin, verteidigte das Recht des Iran, Navyangehörige zu verhaften, um die eigene nationale Souveränität zu schützen. Sie sagte dies in einem Interview für FOX News (The Factor) basierend auf ihrer früheren Tätigkeit, Truppen über die Genfer Konvention zu unterrichten. Freilich fürchtet auch sie sehr, dass der Konflikt eskaliert und verlangt, dass dies unbedingt verhindert wird.
Wir sollten aufmerksam beobachten, wie die Wortwahl von "Gefangenen" zu "Geiseln" wechselt, wie ja auch die Sprachregelung des Weissen Hauses ist. Bekanntlich wird dort abgelehnt, fünf im irkaischen Arbil (Irbil) festgenommene Iraner freizulassen, da diese mit den "Geiseln" nichts zu tun hätten. "Geiseln" ist aber untrennbar verbunden mit der einstigen Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft in Teheran und soll wohl entsprechende Emotionen hochkochen lassen.
Für das Festsetzen von "Geiseln" in den Köpfen der Menschen dürfte genug Zeit sein, da der Iran die Sache nicht schnell regeln will, auch damit die Regierung gegenüber dem eigenen Land "Stärke" zeigen kann. Dieses fatale Begehren haben etwas weiter nördlich auch die Briten, sodass hierin erst recht Gefahr für eine nicht mehr zu bremsende Dynamik besteht.
"How I know Blair faked Iran map" ist wieder einmal Lesenswertes von Craig Murray (den übrigens, oh Wunder, mittlerweile auch österreichische Medien wie der "Standard" zitieren). Murray begründet die Feststellung, Blair lüge (er wird auch u.a. wegen dem Irakkrieg "Bliar" genannt), derart - und dem ist nichts hinzuzufügen: For eight months I also worked with Royal Naval and Defence Intelligence Service personnel in the Embargo Surveillance Centre, a secret unit operating 24 hours a day from an underground command centre in Central London to prevent Iraqi attempts at weapons procurement.
We analysed information from intelligence and other sources, and could instruct Royal Naval craft in the Gulf to board and inspect individual ships. I was responsible for getting the political clearance for operations just like the one now in question, in this exact location. So I know what I'm talking about. There is no agreed boundary in the Northern Gulf, either between Iran and Iraq or between Iraq and Kuwait. The Iran-Iraq border has been agreed inside the Shatt al-Arab waterway, because there it is also the land border. But that agreement does not extend beyond the low tide line of the coast.
Even that very limited agreement is arguably no longer in force. Since it was reached in 1975, a war has been fought over it, and ten-year reviews - necessary because waters and sandbanks in this region move about dramatically - have never been carried out. But what about the map the Ministry of Defence produced on Tuesday (29.3.), with territorial boundaries set out by a clear red line, and the co-ordinates of the incident marked in relation to it? I have news for you. Those boundaries are fake. They were drawn up by the MoD. They are not agreed or recognised by any international authority. To put it at its most charitable, they are a potential boundary. It is accepted practice, where no boundary exists, to work by a rule-of-thumb idea of where a boundary, based on a median line between the two coasts, might be.