09.11.06

NS-Verharmlosung in Österreich / Novemberpogrom



Zanger und Bruno - beides Figuren von Sacha Baron Cohen?

68 Jahre Novemberpogrom - in Österreich, wo sich manche darüber ärgern, über die Kunstfigur des schwulen Reporters Bruno auch von "Borat" auf die Schippe genommen zu werden, macht die FPÖ wieder einmal mit NS-Verharmlosung von sich reden. "Der Führer" habe auch Gutes getan, über das man heute nur nicht reden darf, verkündet Wolfgang Zanger, vor wenigen Tagen auf die Verfassung und die Gesetze der Republik Österreich angelobt, die er "zu ehren und zu achten" hat.

Eine Dame aus Deutschland hat mir vor kurzem erzählt, in einer großen Gasthausrunde, wo sie dann eigentlich fürchterlich beschimpft worden ist auch, dass damals die Situation so gewesen sei, dass die Menschen keine Arbeit hatten, alle lechzten nach Beschäftigung, nach ein bisschen Hoffnung. Und als dann der Führer gekommen ist, der dann angefangen hat mit verschiedenen Bauideen oder Straßenbau - die Autobahnen sind damals entstanden. Das hat den Leuten Hoffnung gegeben. Und ich glaube schon, dass in so einer Situation, wo man also wirklich ganz unten ist, die Leute dieses alles dankbar aufnehmen. Das denke ich einmal schon. Und umsonst wäre wahrscheinlich dieses Regime nicht gekommen.

Wiesner (ORF): Ja, aber mittlerweile weiß man, dass der Autobahnbau und all das eigentlich nur Kriegsvorbereitungen waren. Zanger: Ja, das mag sein. Das - wie gesagt - kann ich nicht beurteilen, ich war damals nicht auf der Welt.


"Der Führer" ist Hitler also für einen österreichischen Abgeordneten (geb. 1968) und Burschenschafter (Olympia, die Holocaustleugner David Irving einlud, was diesen vor ein heimisches Gericht brachte). Sein Parteikollege Martin Graf (auch Olympia, eben zum Vorsitzenden des Banken-Untersuchungsausschusses gewählt) wird am 8.11. ebenfalls vom ORF interviewt und würde lieber über Pensionen sprechen als sich zu den Aussagen Zangers zu äußern. Dann meint er, weder "nationaler noch internationaler Sozialismus" hätten etwas Gutes und dass er mit Zanger noch nicht gesprochen habe (ist ja auch nicht so wichtig, oder?). Da am 9.11.2006 der 68. Jahrestag des Novemberpogroms ist, habe ich das Verhalten von Zanger und Graf mit "Happy Birthday Novemberpogrom?" kommentiert. Ich widerlege auch die von Zanger und Konsorten gerne kolportierte Vorstellung, dass Menschen, die damals noch nicht auf der Welt waren, nicht so genau wissen können, wie sie was einschätzen können (geb. 1963, also zwischen Zanger und Graf - geb. 1960 - liegend).


Aber vielleicht ist Wolfgang Zanger als blonder Burschenschafter, der "dem Führer" Gutes abgewinnen kann und im österreichischen Parlament sitzt, ja in Wirklichkeit eine Kunstfigur und wir befinden uns in den neuesten Dreharbeiten von Sacha Baron Cohen, ohne dies bisher bemerkt zu haben? So ein Politikertyp kann, bei Parteiversammlungen, an Stammtischen, in Wahlkämpfen, noch ganz andere Reaktionen hervorrufen als die Journalisten Ali G., Borat und Bruno. Als Vorgeschmack auf im Film gezeigte Szenen mögen die Links zu Clips dienen, die ich des Nachts (Tränen lachend) zusammengesucht habe. Und wir dürfen uns natürlich auch eine entsprechende Webseite zum Film vorstellen, Im Borat-Stil auf braun, mit altdeutscher Schrift und "Heimseite" :-)

Borat bei einem Jäger und Antisemiten in Texas
Dating in US and A
Guide to Hobbies
Borat hilft Republikaner
Guide to Jobs
The South of USA
Borat in Cambridge, UK Professor sagt, dass Frauen nicht denken können
Bruno interviewt Pfarrer
Bruno in Alabama
Bruno interviewt Skinhead
Bruno bei einem Medium - er will mit Versace sprechen,
Ali G. und Iran vs. Iraq
Ali G in Nordirland
Ali G narrt die CIA: was, wenn die Terroristen mit Zügen ins Pentagon fahren?
Interview mit Sasha Baron Cohen
Interview mit Cohen bei Letterman

English 68 Years after the Novemberpogrome the Austrian politician Wolfgang Zanger (FPÖ) says on TV that "der Führer" also brought good things but it's not allowed to talk about. We might ask if this is real as he is a parliamentarian who swore an oath to obey constitution and laws of the (democratic) republic of Austria or if Sacha Baron Cohen has created a new figure and a "Borat"-successor is about to be made.

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