08.02.07

Ist der Eurofighter-Einbruch wirklich rätselhaft?

"Österreich" macht heute eine Verschwörungsgeschichte daraus, dass von 6. auf 7. Februar in Büros der Grünen eingebrochen wurde: Wie bei 'Watergate': Heiße Akten gestohlen wird bereits auf der Titelseite verkündet. Fragt sich, ob sie "Watergate" meinen (Nixon stolperte über einen Einbruch ehemaliger CIA-Agenten bei den Demokraten, Enthüller war Bob Woodward) oder Watergate. Das Watergate ohne Anführungszeichen kann ein bevorstehender Skandal gewesen sein, angesichts dessen die Notbremse gezogen wurde, da von CIA-Militärhilfe für die griechische Junta, die mit US-Hilfe an die Macht gekommen war, Gelder für Nixons Spendensammlung abgezweigt wurden. Besser war dann offenbar noch, er stolpiert über das Skandalisieren des Einbruches.

Oder Nixon verschaffte sich Gegner in den Geheimdiensten, da diese reformieren wollte, sodass "Ehemalige" zu Werk gingen und ihn durch das Auffliegen des Einbruchs in schlechtes Licht rücken konnten. Len Colodny und Robert Gettin behaupten in "Silent Coup", es sei um eine Intrige des Pentagon gegen Nixons Außenpolitik gegangen. Dabei seien Top Secret-Dokumente zur Vereitelung politischer Entscheidungen entwendet worden. Bob Woodward hat einst Einsatzbesprechungen im Pentagon geleitet und verfügte über eine hohe "Security Clearance". Er hatte auch als Navy-Leutnant mit General Haig zu tun (später Minister). Woodward hatte in Sachen "Watergate" Erfolg dank seines Informanten "Deep Throat".

Lang wurde spekuliert, wer sich dahinter verbirgt, doch Woodward selbst nennt 2005 den FBI-Mann W.Mark Felt, der damals, als sehr alter Mann, auch selbst an die Öffentlichkeit trat. Colodny und Gettin nehmen jedoch an, dass "Deep Throat", der nur mit Woodward sprach, niemals mit dessen Co-Autor Bernstein, Alexander Haig selbst war, der Nixons außenpolitische Strategien kannte und z.B. von Geheimverhandlungen mit China wußte. Nixon engagierte sich für das SALT-Abkommen mit der UdSSR zur Begrenzung strategischer Waffen und wollte die amerikanischen Soldaten aus Vietnam abziehen.

Welches Watergate meint "Österreich" nun? Wer gab Auftrag für den Einbruch? fragt eine Schlagzeile im Blattinneren. Täter suchten gezielt nach Eurofighter-Akten, aber auf welche Weise: Um direkt bei Pilz ins Büro zu kommen, hatten die Täter eine gefährliche Kletter-Aktion über einen kaum zehn Zentimeter schmalen Fenstersims in Kauf genommen. Für Pilz ist alles klar: Mein Büro wurde ganz gezielt ausgesucht. Allerdings fehlt aus diesem Büro nach bisherigem Wissensstand genau - NICHTS. Pilz selbst weilte in Tirol, wie LeserInnen seinem Tagebuch am 6.2. entnehmen konnten.

Offenbar hatte er es nicht eilig, den Schaden selbst in Augenschein zu nehmen. Zum Fenstersims noch ein Tipp: LeserIn, nimm ein Lineal und miß mal ab, wie lang und wie breit dein Schuh ist. Ungefähre Werte: Breite ca. 10 cm, Länge (Schuhgröße 39, was anderes hab ich nicht zur Hand) etwa 25 cm. Jetzt haben wir eine Vorstellung, was da in einer Höhe von einigen Metern vor sich gegangen sein soll. "Österreich" bildet das Fenster ab, dessen Glas in einem Flügel beschädigt ist. Es steht offensichtlich in rechtem Winkel zum Gangfenster, grenzt jedoch nicht an dieses, sodaß man nicht einfach rüberlangen und Scheibe einschlagen kann. Die Fenster sind typisch für ältere Häuser, zwei Flügel, mit Drehriegel zu schließen. Wer solche Fenster schon mal von innen geputzt hat, weiß, dass sie sich manchmal verhaken und dass der Riegel manchmal einfach runtergeht und einrastet. Sie sind also oft auch von innen schwer zu öffnen (besonders, wenn sie schon mehrmals überstrichen wurden).

Nun gab es also eine gefährliche Kletter-Aktion und dann den geglückten Versuch, beinahe ohne Halt für die Füße mit einer Hand zuerst eine Scheibe einzuschlagen, den Riegel zu öffnen, dann noch eine Scheibe und noch einen Riegel....wahlweise auch: beide Scheiben einschlagen, dann der Reihe nach durchgreifen und Riegel drehen. Wenn wir schon dabei sind: wo hielt sich der wagemutige Akrobat mit seiner zweiten Hand fest? Immerhin soll es irgendwo Blutspuren geben, die von wegen DNA untersucht werden sollen. Fingerabdrücke sind massig vorhanden und werden auch von Grünen genommen, um diese auszusortieren. Pilz zu "Österreich" über die Polizei: Die Beamten haben mir gesagt, dass auf den ersten Blick alles nach einer Durchsuchung aussieht.

Nun frage ich dich, LeserIn, CSI-SeherIn etc., wie würdest du, Krimi-geeicht, bei einem Raub und bei einer Durchsuchung vorgehen? Bei Raub, antwortest du nach kurzem Überlegen, ist mir vielleicht egal, ob ich Spuren hinterlasse, ich schlage schon mal eine Scheibe ein, wenn's nicht anders geht, werfe was um, wenn ich nach Wertgegenständen suche und haue so schnell wie möglich mit reichlicher Beute ab. Wenn ich aber was durchsuchen will, erklärst du, brauche ich dafür Zeit und falle daher so wenig wie möglich auf. Ich werd also ein Schloß knacken (möglichst ohne Spuren zu hinterlassen) und alles systematisch durchchecken, wo ich was zu finden glaube. Wenn's mir egal ist, ob das Opfer was merkt, nehm ich Sachen einfach mit; wenn ich ein bißchen verwirren möchte, schnappe ich mir noch etwas, das nach Raub aussieht.

Wenn ich unbemerkt bleiben will, kopiere ich Dokumente oder fotografiere sie mit einer Spezialkamera und dann mache ich mich so leise und unauffällig wieder davon, wie ich gekommen bin. Eben, liebe LeserInnen, und was haben wir hier? Unauffällige Durchsuchung? Spurloses unauffälliges Eindringen, das auch etwaige Nachtarbeitende in anderen Büros oder gar die BewohnerInnen der Luxusappartements unterm Dach nicht bemerken? Hier haben wir ein Mischmasch aus halbherzigem Raub, halbherziger Durchsuchung, halbherzigem Einsacken von Papieren (bis heute kann keiner genau sagen, was denn nun mitgenommen wurde) und einer spektakulären halsbrecherischen Art des Eindringens. Wer zynisch ist, könnte sagen, dass die Einbrecher irgendwie auch rücksichtsvoll waren: sie nahmen Peter Pilz nicht mal die teure Digitalkamera weg, sie warteten, bis ihr Zielobjekt (wir erinnern uns: um direkt bei Pilz ins Büro zu kommen, hatten die Täter eine gefährliche Kletter-Aktion über einen kaum zehn Zentimeter schmalen Fenstersims in Kauf genommen) in Tirol war, was sie direkt vor ihrer Tat auch im Internet lesen konnten.

Sie brachen also zu einem Zeitpunkt ein, wo vielleicht sogar weniger von dem vor Ort war, das an Pilzens Infos so brisant sein soll (immerhin hatte er ja wirklich seinen Laptop mit, während ein anderer mitgenommen wurde). Sie wählten eine (unnötig?) riskante Variante des Hineingelangens, während gewöhnliche Büroeinbrecher nicht auf Fassaden herumklettern, sondern ganz einfach das Schloß knacken. Vielleicht haben die Opfer normaler Bürodiebstähle das eine oder andere Mal Erklärungsbedarf bei der Kripo, ob denn wirklich ein Einbruch stattfand - den Grünen bleibt diese Verlegenheit erspart, da ja niemand durch die Tür gekommen sein soll. Die Täter haben offenbar auch darauf Rücksicht genommen, hatten jedoch eigentlich nur den Erfolg, wie Spiderman herumgeklettert zu sein.

Zur Tasche mit Wäsche, die Werner Kogler laut Pressekonferenz heute vermißte, fiel einem Standard-User schlicht ein, dass sich dafür wohl nur die MA 48 (Müllabfuhr) interessieren kann. Während viele leidgeprüfte Opfer von Büroeinbrüchen ihre Arbeitswoche mit der Begutachtung des Schadens beginnen, der am Samstag oder Sonntag angerichtet wurde, haben diese Täter ihre Aktion auf einen Wochentag gelegt. Ungewollt kamen die damit den Opfern entgegen, die des öfteren unter der Woche Pressekonferenzen in ihren Räumlichkeiten abhalten, wie es ja auch am 7. Februar 2007 der Fall war, mit dem unfreiwilligen Programm 9 Uhr Spurensicherung, 10.30 Pressekonferenz.

Sämtliche Akten auf seinem Schreibtisch und Ordner in seinen Schränken waren wild durchwühlt. So schildert "Österreich" den Anblick im Pilz-Büro, der Medienvertretern gezeigt wurde. Wieder taucht da die Frage auf nach Tätern, die etwas suchen, oder nach Tätern, die den Eindruck erwecken wollen, sie suchten etwas. Suchen ist mit auffälligem Eindringen wohl unvereinbar, doch wir wissen, Grüne und Polizei hängen der Spiderman-Version an. Täter, die ablenken wollen, aber durch die Tür kamen, können seelenruhig herumwühlen, es weist ja kein Scheibenklirren, keine Kletterei an der Fassade und kein kaputtes Fenster darauf hin, dass hier etwas nicht stimmen könnte. Sie werfen vielleicht ein paar Scheiben ein, bevor sie sich (durch die Tür) vertschüssen.

Einbruch nach dem brisanten Interview in Österreich bringt uns natürlich auf die richtige Spur: da gab Pilz letzten Sonntag ein Interview, und kündigte darin an, über brisante Unterlagen zu verfügen, die er ab der heißen kommenden Woche kontinuierlich dem Ausschuss präsentieren wollte. Eine Ankündigung, die einige Betroffene sehr nervös gemacht haben dürfte - denn bei dem Einbruch wurde ausschließlich nach Akten gesucht. Alfred Worm weilt ja leider nicht mehr unter uns, aber ein bißchen Hausverstand würde den Kollegen von "Österreich" auch weiterhelfen. Ein Einbruch, bei dem ausschließlich nach Akten gesucht wird ist wohl eher eine Sache der unauffälligen Sorte und hat mehr Beute als: ein Laptop, der nichts mit EF-Akten zu tun hat, eine Videokamera, die ebenfalls nichts damit zu tun hat, eine Mappe mit Papieren, die in "Offen gesagt" zitiert wurden, und ein paar T-Shirts und Kosmetikartikel. Übrigens ließen die Täter die Pilz-Kamera einfach da - ohne zu sehen, ob da vielleicht brisante Bilder am Chip gespeichert sind?

Werner Schima kommentiert das Ganze u.a. so: Einen positiven Effekt, den die Täter wohl kaum beabsichtigt haben, hat die Aktion aber auch: Der Ausschuss bekommt jetzt endgültig die Aufmerksamkeit, die er verdient. Woher will er wissen, was die Täter nicht oder gerade doch beabsichtigt haben?

Weiteres siehe Blogeintrag vom 7.2. "Der Eurofighter-Einbruch".

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gut Arbeit! :)