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28.08.07

Kostbares Gut Verfassung

Die SPÖ hat gerade eine Herbstklausur in Burg Schlaining und orientiert sich wieder stärker links, was mich nicht überrascht, manche aber als bloßen Populismus abtun: "Das kommt bei den Menschen gut an - übrigens ebenso wie die in der "Presse" geäußerte Kritik von Verteidigungsminister Norbert Darabos am US-Plan, ein Raketenabwehrsystem in Europa aufzubauen. Das bedient den stark ausgeprägten antiamerikanischen Reflex. David gegen Goliath - überhaupt unsere liebste Rolle! Österreich werde sich von niemandem den Mund verbieten lassen, spielt Gusenbauer dank empörter US-Reaktionen auf diesem Klavier gerne weiter", schreibt Martina Salomon am 28.8. in der "Presse".

Darabos "dürfe" (wie großzügig!) die USA kritisieren, schreibt "Reaktionär" Andreas Unterberger in der "Wiener Zeitung (wohl weil sich manche Medien zu weit aus dem Fenster lehnten mit ihrer Ablehnung): "Eine andere Frage ist, ob Norbert Darabos klug handelt. Seine Attacke nützt jedenfalls seiner Partei: Antiamerikanismus findet hierzulande in einer Rechts-Links-Allianz ja seit langem satte Mehrheiten.... Jenseits der vordergründigen Stimmungsmache stünde Österreich aber vor allem die Erinnerung gut an, dass nur der Schutzschild der USA dem Land Jahrzehnte blühender Sicherheit ermöglicht hat. Gerade ein Burgenländer - auch ein jüngerer - sollte die Erinnerung nicht ganz verlieren, wie es nur wenige Kilometer entfernt zugegangen ist."

Wir sind ein souveräner Staat, der Herrn Unterberger ganz schön viel Kohle rüberschiebt, damit er die "Wiener Zeitung" leitet - und das ist der Dank? "Man sollte Darabos daher empfehlen, künftig vor seinen Äußerungen die normalerweise brillanten Analysen seines Heeresnachrichtenamts zu lesen. Oder zumindest den beklemmenden Russland-Bericht im jüngsten "Economist"." Sind diese Analysen deswegen so brillant, weil das HNA den USA und der CIA so nahesteht?

Als der CIA fernstehende Journalistin, was offenbar ebenso betont werden muss ist wie ein Minister, der seinen Amtseid ernst nimmt, erinnere ich mich an die brillante Analyse "Hufeisenplan" zur angeblichen ethnischen Säuberung des Kosovo, ein Desinformationspapier (eine Erfindung) des HNA. Es trug dazu bei, dass der NATO-Angriff, der auf öffentliche Ablehnung stiess, propagandistisch unterfüttert und als "humanitäre Intervention" beschönigt werden konnte. "Das HNA, bis 1971 Nachrichtengruppe, war trotz Neutralität der CIA und dem (deutschen) Bundesnachrichtendienst immer eng verbunden. Also auch logisch, daß diesmal alle Infos weitergegeben wurden. Zuerst mal mittels Lagebericht im Oktober 1998 an Vertreter der (österreichischen) Bundesregierung: mögliche Luftschläge würden die Position von Milosevic stärken, weil mit einem Zusammenrücken der Serben zu rechnen sei, soll es geheißen haben."

So beschrieb ich am 28.4.1999 eine Neutralitätsverletzung, um die Rolle des HNA zu erläutern, und war mehr als skeptisch gegenüber einer so vom "profil" beschriebenen Operation Hufeisen: "Der Beginn der 'Operation Hufeisen', wie Belgrad die militärische 'Endlösung' der Kosovo-Frage nannte, war für Ende März angesetzt. Wenige Tage, bevor sie anlaufen sollte, kam ihr die NATO-Offensive zuvor. Westliche Regierungen brachten für die Rechtfertigung der Bombenschläge gegen Jugoslawien immer wieder vor, sie hätten Informationen über eine bevorstehende serbische Großoffensive. Die brisanten, nun enthüllten Geheimdienstberichte dürften wesentlicher Teil ihrer Entscheidungsgrundlagen gewesen sein. Und kaum jemand war über die 'Operation Hufeisen' so gut informiert wie das HNA."

Wie es um Unterbergers Brillanz bestellt ist, wenn er sich an der Brillanz des HNA hochzieht, dessen Papiere von mir mit einem Federstreich entlarvt werden, wenn sie Unsinn sind, mag jede/r selbst beurteilen. Jedenfalls bewundert er einen der CIA nahestehenden Geheimdienst, der eigentlich der Wahrung unserer Neutralität dienen sollte. Unterberger bezieht (siehe Blogeintrag 22,8,2007, "Neoliberal...") 122.250 Euro brutto (plus Kollektiv- vertragserhöhungen) im Jahr, kann er weitere 1.000 Euro brutto für seine eigenen Versorgungsleistungen nutzen, bekommt eine Jahresprämie über 14.000 Euro brutto, wenn die verkaufte Auflage um lächerliche 1,5 Prozent steigt. Dazu kommen noch Handy, Laptop, ein Garagenplatz für das Auto und das Recht, nach eigener Entscheidung auch in anderen Medien zu publizieren.

Unterberger kann sich entscheiden, wem seine Loyalität gilt, den USA oder seinem Arbeitgeber Republik Österreich. Er kann seinen Vertrag jederzeit lösen - Kanzler Gusenbauer wird wohl kaum etwas dagegen haben.

Der Standard wiederum befragt Außenministerin Ursula Plassnik:
"Wie erklären Sie sich die russlandfreundliche Haltung der SPÖ?
Plassnik: Ich würde Sie bitten, dazu die SPÖ zu befragen. Ich bin nicht der Interpret und das Sprachrohr der SPÖ. Ich bin Außenminister der Republik Österreich und formuliere die Linie in diesen Themen. Wir sollten großes Interesse daran haben, es gemeinsam und umsichtig zu tun...

Standard: Die USA haben relativ scharf auf die Aussagen von Verteidigungsminister Darabos reagiert und erklärt, diese wären "nicht hilfreich". Was ist Ihre Meinung?
Plassnik: Norbert Darabos hat dafür begeisterte Kommentare in Moskau ausgelöst. Von den Reaktionen abgesehen: Ich habe über dieses Thema schon vor Monaten in der Bundesregierung gesprochen. Ich habe auf die verschiedenen Aspekte dieses Themas hingewiesen und es bei meinen EU-Kollegen schon im März zur Sprache gebracht. Nicht zur Begeisterung aller. Das ist eine Frage, die die europäischen Sicherheitsinteressen betrifft.

Ich habe darum meine tschechischen und polnischen Kollegen ersucht, uns informiert zu halten. Aber eines ist auch klar, es handelt sich um ein Problem, das zwischen Partnern in der Nato stattfindet und das auf der Ebene Nato-Russland und bilateral zwischen Washington und Moskau behandelt werden sollte. Das geschieht in der Zwischenzeit auch."

Wieso russlandfreundlich bei einem eigenständigen Urteil nach seinen Aufgaben als Verteidgungsminister? Hier klingt wieder durch, dass amerikafreundlich Pflicht ist und alles andere lästige Abweichung. Wie österreichfreundlich ist eigentlich der "Standard"? Immerhin bringt er am 27.8. 2007 auch einen Kommentar von Gerhard Mangott und Martin Senn, in dem erklärt wird, was es mit dem "Raketenschild" auf sich hat: "Die Schelte war deutlich - in den USA wie in Tschechien. Das auf die Errichtung von Raketenabwehrkomponenten (MD) im östlichen Europa gemünzte Darabos-Diktum vom "provokativen Akt" erregte die Gemüter. Zu unrecht allerdings, denn die MD-Vorhaben der USA kommen tatsächlich einer Provokation gleich - als militärisch-technische Gefährdung der nuklearen Schlagkraft Russlands, als ein Akt, der russische Großmachtsensibilitäten berührt und damit auch die euroatlantischen Beziehungen zu Moskau zusätzlich belastet."

"Was zunächst die geplante Errichtung eines hochleistungsfähigen X-Band-Radars in Tschechien betrifft, so erlaubt es diese Anlage den Vereinigten Staaten, sämtliche landgestützte Interkontinentalraketen (ICBMs) Russlands zu erfassen, die bei einer nuklearen Eskalation auf die amerikanische Ostküste gerichtet wären. Wenn dieser Schirm in Tschechien zudem mit einer Radaranlage auf einer seegestützten Plattform in der Nähe der Aleuten (Alaska) vernetzt werden sollte, könnten auch gegen die Westküste gerichtete russische ICBMs erfasst werden. Diese Fähigkeiten der MD-Radartechnologie ist für Moskau besonders Besorgnis erregend, da das nuklearstrategische Arsenal Russlands traditionell mehr aus landgestützten ICBMs besteht. Anders gesagt: Die Stationierung von russlandnahen Radaranlagen erlaubt den USA einen strategisch nutzbaren, ständigen und präzisen Kontrollblick auf russisches Territorium."

Das bedeutet, dass die USA auch über technische Entwicklungen bei russischen Raketen auf dem Laufenden bleiben. "Bezüglich der Stationierung von Abfangraketen in Polen ist zunächst festzuhalten, dass weniger die derzeit anvisierte Stückzahl an Abfangraketen (zehn) als vielmehr deren wahrscheinliche quantitative Aufstockung und qualitative Weiterentwicklung maßgeblich zur Besorgnis Russlands beitragen. Die eigentliche Bedrohung für Russlands nukleare Schlagkraft liegt aber darin, dass es sehr wohl - auf Grund der Datenerfassung betreffend Flugkurven und -geschwindigkeiten - möglich ist, russische Interkontinentalraketen durch in Polen stationierte Raketen abzufangen. Zudem legen auch vorgesehene technologische Weiterentwicklungen die Vermutung nahe, dass die Raketenabwehrkomponenten sich vorrangig gegen Russland richten.

In Planung sind Abfangraketen, die in der Lage sind, mehrere nukleare Gefechtsköpfe gleichzeitig abzufangen. Iran - gegen dessen nuklear bestückte Raketen die Abwehranlagen ja angeblich vor allem schützen sollen - ist aber auch auf lange Sicht nicht in der Lage, mehrfach bestückte ICBMs herzustellen. Und chinesische ICBMs sind zwar mit Mehrfachsprengköpfen ausgestattet, bleiben aber in ihrer auf mögliche US-Ziele ausgerichteten Flugkurve für in Europa stationierte Abfangeinrichtungen außer Reichweite. Besonders brisant ist schließlich auch, dass die Nutzung seegestützter Raketenabwehranordnungen auf Aegis-Zerstörern einen wesentlich effektiveren Schutz vor iranischen Raketen bieten würde, ohne das strategische Arsenal Russlands herauszufordern."

Grad hab ich gestern was ins Web gestellt zum Thema "Wie 'patriotisch' und neutral ist die ÖVP?", da erfreut uns deren "Perspektivengruppe" mit der Forderung nach Abschaffung der Neutralität (plus des Nationalfeiertags, wenn wir schon dabei sind). Gerechterweise muss gesagt werden, dass dies für den Leiter der Gruppe, Umweltminister Josef Pröll, ebenso absurd ist wie für die sofort reagierende SPÖ.

Damit meint man vielleicht auch der heiklen Frage nach der Rechtsgrundlage der Untätigkeit im Umgang mit der CIA in Östereich auszuweichen (sowas hat eben keine Grundlage, im Gegenteil). Bekanntermaßen gilt bei einem NATO-Betritt das NATO-Truppenstatut, demzufolge man fremde (Militär-) Dienste aus Bündnisstaaten dulden müsse. Allerdings ist das Statut beispielsweise keine Basis für Echelon in Deutschland: "Aufgrund der deutlichen Verlegung auf Wirtschaftsspionage, wie es unter anderem aus Aussagen des ehemaligen CIA-Chefs James Woolsey (zuvor übrigens in Wien stationiert, Anmerkung) hervorgeht, sei laut dem brandenburgischen Landesdatenschützbeauftragten Alexander Dix die NSA kein rein militärischer Geheimdienst. Insofern sei auch das Nato-Truppenstatut, das Aufklärung zur Sicherung der eigenen Truppen erlaubt, nicht die passende Rechtsgrundlage. Zudem verstoße Echelon nicht nur gegen deutsches, sondern auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht."

Auch die CIA ist, das wird die Perspektivengruppe erraten, kein militärischer Geheimdienst. "Zwischen Recht und CIA" vom Friedensratschlag Kassel beleuchtet den Mißbrauch des Statuts für die Folterflüge. Die JuristInnen gegen Atomwaffen (ILANA) stellen fest, dass CIA-Entführungen ein die territoriale Souveränität Deutschlands verletztenden Akt sind: "Bei der Festnahme von Personen und deren Transport zu Haftanstalten durch Bedienstete des US-Auslandsgeheimdienstes CIA handelt es sich um staatliche Hoheitsakte der Regierung der USA. Soweit diese Hoheitsakte auf dem Territorium fremder Staaten – in diesem Falle Deutschland – vorgenommen werden, ohne dass eine entsprechende vorherige Einwilligung der Regierung des betroffenen Staates eingeholt wurde, verletzt dies das Gebot der Achtung der territorialen Souveränität.

Aus der territorialen Souveränität über ein Gebiet folgt das Recht, die eigene Staatstätigkeit in diesem Gebiet zu entfalten. Jeder Staat hat danach das Recht, von jedem anderen Staat die Achtung seiner Gebietshoheit zu verlangen.....Die territoriale Souveränität ist darüber hinaus aber auch bereits dann schon verletzt, wenn die CIA ohne Zwischenlandung mit Gefangenen den Luftraum über Deutschland durchquert, ohne etwa in Ramstein zwischenzulanden. Nach allgemeinem Völkerrecht, das u.a. in Artikel 1 des Chicago-Abkommens von 1944 geregelt ist, hat jeder Staat im Luftraum über seinem Hoheitsgebiet „volle und ausschließliche Lufthoheit“. Jeder Einflug in den deutschen Luftraum bedarf daher der ausdrücklichen Genehmigung..."

Wären wir in der NATO, würde dann wohl auch ganz ungeniert mit hier landenden Maschinen entführt werden; bei 5% muslimischer Bevölkerung finden sie bestimmt genug potentielle Opfer, zumal die CIA sowieso eine geheime Liste von Leuten hierzulande führen soll, derer sie gerne habhaft würde. Da die deutsche Regierung nicht einmal gegen offensichtliche Hoheitsverletzungen vorgeht, sollte uns nicht wundern, dass Menschen, die den Übergriffen fremder Staaten angesetzt sind, von ihr kein Mitgefühl und vor allem auch keine Handlunben zu erwrten haben, sonst würde langsam eine Antwort der deutschen Regierung auf den offenen Brief am Merkel vom 10.8.2007 eintrudeln.

Apropos Muslime: In Österreich ist der Islam seit 1874 (1912 modizifiert) eine anerkannte Religionsgemeinschaft, bei der k.u.k.-Armee gab es Imame, auf dem Militärfriedhof von Pola sind Christen, Juden, Muslime einträchtig nebeneinander beerdigt. Religionsfreiheit steht, wie in jeder Demokratie, in der Verfassung und bedeutet auch, dass keine anerkannten Religion gegenüber der anderen diskriminiert werden darf. Der Islam ist mit 400.000 AnhängerInnen die zweitgrößte Religion im Land, nach der Katholischen und vor der Evangelischen. Der Bau von Gotteshäusern unterliegt, wie jedes andere Gebäude auch, formalen Bauvorschriften, kann aber nicht untersagt werden. In Österreich gibt es zwei Moscheen mit Minarett, in Wien und in Telfs.

In Kärnten leben 11.000 Muslime, die keineswegs den Bau einer Moschee mit Minarett planen. Der Kärntner Landeshauptmann Haider ist Verfassungsjurist und will, obwohl er weiss, dass ihm der Verfassunsgerichtshof das Gesetz aufgeben wird, den Bau von Moscheen verbieten. Er liegt bereits wegen der zweisprachigen Ortstafeln im Clinch mit dem VfGH. Diese wesentichen Infos fehlen fast gänzlich im Bericht der deutschen "Welt" , die auch gleich die UserInen fragt, ob es einen "schleichende Islamisierung in Österreich" gäbe. Man muss eingeloggt sei, um mitzumachen, so ist spontaner Protest nicht möglich, aber die meisten UserInnen meinen, Ja. (heute morgen: 73%).

Die Chuzpe der "Welt" muss man haben, in einem Artikel alles vorenthalten, was UserInnen wissen müßten, und dann scheinheilig fragen - daneben Berichte über Streit um Moscheebauten in der BRD, wo der Islam nicht staatlich anerkannt ist, was Millionen Menschen deutlich zuweist, dass sie in spirituellen Dingen nur zweiter Klasse sind. Es geht in Österreich einzig um die Wahrung der Verfassung, wie ich bei den Ceiberweibern schrieb: "Auch verstehen viele nicht, dass in der österreichischen Verfassung festgelegte Religionsfreiheit und die staatliche Anerkennung des Islam nicht das Geringste damit zu tun haben, ob Christen überall in arabischen Ländern Kirchen errichten dürfen. Sonst könnte man auch sagen, in Afrika werden Frauen genital verstümmelt, also sehen wir nicht ein, warum sie in Österreich beim Einkommen nicht diskriminiert werden sollen (weg mit Gleichberechtigung aus der Bundesverfassung).

Haider will wieder einmal die Souveränität Österreichs in Fragen stellen, an der Verfassung als wesentlicher Grundlage rütteln - und bedient sich eines Themas, wo er emotionalisieren kann. Wie leichtgläubig Menschen sein können, hat ja im letzten Wahlkampf einer der Führer von FPBZÖ unter Beweis gestellt, indem er unbesehen glaubte, Omar Al Rawi (LAbg. SPÖ Wien) setze sich für Halbmonde statt Gipfelkreuze auf Österreichs Bergen ein. Das Ganze findet auf dem Rücken von 400.000 Menschen statt, deren Rechte der Verfassungsgerichtshof wahren wird müssen." Manche wollen es aber nicht kapieren, wie ein Bericht in der "Presse" am 27.8.2007 zeigt: "Man kann dem Islam kritisch gegenüber stehen, sehr kritisch sogar, wie etwa der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari. Er geht mit muslimisch dominierten Staaten insofern hart ins Gericht, als der Islam in Bezug auf andere Religionsgemeinschaften bei deren
"Recht und Raum zur Ausübung ihres Glaubens weltweit noch viel schuldig" bleibe. Daher: "So lange Christen sich in fast allen islamischen Ländern verstecken müssen, sollten Muslime in Ländern wie dem unseren auf städtebaulich dominante Moscheen verzichten", so der Bischof.

Wo sind neben den städtebaulich dominanten katholischen Kirchen denn derartige Moscheen? 5,6 Millionen Katholiken haben 8000 Kirchen, also eine auf 700 Personen. Bei Muslime kommen 2000 Menschen auf einen Gebetsraum (von 2000) und zwei Moscheen. Die Katholischen Kirche und ihr sehr verbundene Politiker haben übrigens auch so ihre Probleme mit dem verfassungsmäßig (Europäische Menschenrechtskonvention) garentierten Recht auf den Schutz des Privatlebens. Es geht niemanden etwas an, ob Ministersin Kdolsky geschieden ist und wer ihr neuer Partner ist - immerhin wird auch schon in Postings im Online-Standard auf Artikel 8 EMRK verwiesen.

Wie Privat ist das Leben, fragen die CeiberWeiber, und auch, warum sich viele der Kdolsky-KritikerInnen nicht über Heinz-Christian Strache empören, der keinerelei Unrechts- und Schuldbewusstsein wegen seiner früheren Neonazi-Kontakte oder einem Mandatar würdiges Verhältnis zur Zeitgeschichte zeigt. Aber wegen "Händchenhalten und Schmusen" ("Österreich"), das wie bei NormalbürgerInnen zum Privatleben von PolitkerInen gehört oder gehören sollte, wird über Rücktritte geredet? Wieder einmal die Frage: was steht in der Bundeverfassung?

PS @ Sommergespräche heute 20.05 ORF 2 mit Vizekanzler Molterer (ÖVP): es wird gemeinsam von mehreren kommentoert unter sommersgespraeche.blogspot.com, Mitmachen ist ganz einfach, wenn man schon einen Blogger-Account hat (und es ist auch nicht schwer, sich anzumelden), Ich mache mit :-)

22.08.07

Neoliberal, konservativ, amerikahörig: "Medienfreiheit" in Österreich

"Klimalegendenbildung vor ewigem Eis" nennt sich ein Kommentar im "Standard" am 21.8.2007 von Vera Lengsfeld (früher Abgeordnete CDU/CSU und Bündnis 90/Grüne, nun Autorin)"Zwei Tage ihrer kostbaren Regierungszeit verbrachte Angela Merkel mit ihrem Umweltminister und einem Tross Journalisten bei den Gletschern hinter dem Nordpolarkreis, um von hier aus ihre neue Klimaoffensive zu starten. Die Weltklimageschichte, die Angela Merkel mit Deutschland in der führenden Rolle zu machen eisern entschlossen ist, soll selbstverständlich jeden mitnehmen. Alle sollten hierher kommen, sprach die Kanzlerin nach ihrer Landung in Ilulissat in der Nähe der Gletscher."

Eine ehemalige Politikerin von Grüne (Klimaschutz?) bzw. CDU/CSU geht da aber scharf mit Merkel (CDU) ins Gericht. Und es setzt sich fort: "Erst tragen die tapferen Deutschen durch eifrigen Polartourismus zum Anstieg des CO² und damit nach Ansicht der Klimakatastrophisten zum Abschmelzen der Gletscher bei, anschließend wird mit deutschen Windrädern, deutschen Solarzellen und deutschem Mist, Verzeihung – deutscher Biomasse, der Klimawandel kompromisslos bekämpft....Es ist unglaublich, aber wahr, dass ausgerechnet eine Naturwissenschafterin in unserem aufgeklärten Zeitalter die Legende der politischen Beeinflussbarkeit des Klimas zementiert und zum Glaubensdogma zu erheben droht."

Der "Standard" entdeckte diesen Angriff auf den Klimaschutz und Ziele der EU (und auf eine deutsche/europäische Demonstration von Interesse an arktischen Bodenschätzen, so nebenbei) im Blogeintrag vom 18.8.2007 auf der Achse des Guten, einem Zusammenschluss von neoliberalen Journalisten um Henryk Broder, die sozial Schwache ebenso verachten wie den Umweltschutz, die gegen Muslime in der Gesellschaft auftreten und von amerikanischen Neocons schwärmen. Dabei sind sie ganz schön weit rechts angekommen, wie ein Artikel von Thomas Rothschild im "Freitag" ausführt (Thanks to steinbergrecherche.com). Anlass war eine Preisvergabepraxis, wo ein "militanter Konservativer (Herausgeber und Chefredakteur des "Focus" Helmut Markwort), dem anderen, eben Broder, eine Ehrung verleiht. Zur "Achse des Guten" meint Rothschild:

"Das Credo dieser Online-Gemeinschaft formuliert deren Mitglied Hannes Stein so: "Diese Leute denken, dass der Kapitalismus eher eine gute Sache ist. Sie finden, dass liberale Demokratie und Marktwirtschaft zusammengehören wie Yin und Yang. Sie halten Karl Popper in Ehren und haben Friedrich von Hayeks Klassiker "Der Weg zur Knechtschaft" verschlungen, in dem begründet wird, warum jede Variante des Sozialismus, und sei sie noch so gut gemeint, ins gesellschaftspolitische Desaster führen muss. Die Vorstellung, dass Kündigungsschutz sozial, gut und edel sei, löst bei diesen Leuten Lachkrämpfe aus. Sie weigern sich hartnäckig, ihren Müll zu trennen. Unter den bunten Pace-Fahnen der Friedensbewegung hält man vergeblich nach ihnen Ausschau. Noch verrückter: Diese Außenseiter äußern offen ihre Sympathie für Amerika. George W. Bush gilt ihnen nicht als Kreuzung von Schimpanse und Adolf Hitler.

Sie waren für den Krieg gegen Saddam Hussein; dabei interessierte sie wenig, ob es im Irak wirklich Massenvernichtungswaffen gab. Es ging ihnen eher um die Beseitigung einer besonders widerlichen Diktatur, in der Hoffnung, dass dadurch die Tore zu einer Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens aufgestoßen werden könnten.
Nicht Armut, sondern Tyrannei halten solche Ketzer für die Wurzel des islamischen Terrors. Heute fordern sie die Befreiung des Iran von den Mullahs - möglichst noch, bevor dieses Land die Atombombe fertig gebaut hat. Sie demonstrieren im Geiste mit den Taiwanesen für die Unabhängigkeit von Festland-China.

The Central Intelligence Agency owns everyone of any significance in the major media."
--William Colby, former CIA Director,
quoted by Dave Mcgowan,
Derailing Democracy (aus The CIA and the Media)

Ach ja, und um das Fass voll zu machen, ist diese Randgruppe auch noch ausgesprochen israelfreundlich. Sie registriert sehr genau, wenn einer der festangestellten Moscheeprediger der palästinensischen Autonomiebehörde wieder einmal zur Beseitigung des ›zionistischen Gebildes‹, zum Völkermord an den israelischen Juden aufruft. Mit einem Wort, der liberale Underground hierzulande steht den Neokonservativen in Washington ziemlich nahe. Paul Wolfowitz ist einer ihrer Helden. Mit der klugen Condoleezza Rice würden sie alle gern mal essen gehen
."

Ist damit nicht auch die Blattlinie des "Standard" gut beschrieben?

"Der Wirtschaftsminister verspricht Überraschungsgast und Jungunternehmerin Alice Größinger, dass Selbstständige künftig ihr erster Angestellter billiger kommen wird. Im Gespräch mit Petra Stuiber bekräftigt er seine Kritik an spar-unwilligen Ländern." So lief das "Sommergespräch" mit Minister Bartenstein, am 22.8. im "Standard" veröffentlicht, wobei das Wort "spar" mit der Webseite einer Supermarktkette verlinkt, also bezahlte Werbung war. Am 20.8. war Sozialminister Buchinger zum Gespräch geladen, das den Titel "Wir waren immer die rote Brut" bekam. "Der Linke und der Kapitalist: Der eine fordert soziale Balance und Vermögenssteuern, der andere warnt vor Kapitalflucht und zweifelt, ob sich Leistung noch auszahlt. "Clash of Cultures" zwischen Minister Erwin Buchinger und Unternehmer Herbert Putz" (Wienerberger).

Fällt was auf? Bartenstein bekommt keine Teilzeit arbeitende Alleinerzieherin beigesellt, Buchinger aber auch einen Unternehmer (dem am Rande bemerkt auch der Bau einer Siedlung am Wienerberg zugeschrieben wurde, die verschiedene Bauträger realisierten, die aber mit dem Wienerberger Konzern wenig zu tun hat ausser dass dessen Standort in der Nähe ist - der Unternehmer wird also dem Minister gegenüber noch erhöht). Wenn wir kurz den "Standard verlassen, finden wir in der "Wiener Zeitung" amn 20.8. als Kommentar von Chefredakteur Andreas Unterberger:

"Sollten sich im Herbst Buchinger & Co mit den Träumen von saftigen Lohnerhöhungen durchsetzen, wird das die Preise antreiben.Was dann auch die Zinsen in die Höhe treiben wird. Was dann einen echten Kurs- und Konjunkturabsturz auslösen wird. Aber das liest man
noch nicht beim Friseur." Die Websuche nach Einkommen und Unterberger fördert viele Angriffe auf eine auch nur leichte Besserstellung derer zutage, die wenig verdienen oder gar das Pech haben, keinen Erwerb zu haben. Eigentlich wollte ich aber das im Detail zitieren, was etwa der Gedenkdienst thematisiert:

"Unterberger solle „die Wiener Zeitung zum Vorbild im Umgang mit Lesern und in der Zeitung behandelten Personen machen." Und er solle der Zeitung „eine möglichst intensive Marketing-Präsenz verschaffen". Das scheint gelungen zu sein, seit Unterberger Herbert Schaller, prominenter Verteidiger von Holocaustleugnern, einen Gastkommentar im Staatsblatt schreiben ließ. Nach deshalb einsetzender Kritik an Unterberger droht der jetzt seinen Kritikern mit Klage. Der durch die Klagsdrohung bedrängte „Verein Gedenkdienst" wird in dieser Angelegenheit jetzt von der SPÖ unterstützt. Besonders pikant: Die „Wiener Zeitung" gehört der Republik, „vertreten durch den Bundeskanzler", wie es im Firmenbuch heißt.

Somit ist SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer für Unterberger zuständig. Allerdings: Aufgrund von Unterbergers Vertrag, BESTENS ABGESICHERT. So verdient Unterberger - der einst vehement gegen Privilegien im geschützten Bereich anschrieb - bei der geschützten Werkstätte „Wiener Zeitung" 122.250 Euro brutto (plus Kollektivvertragserhöhungen) im Jahr. Zudem hat der vehemente Verteidiger der Schüssel'schen Pensionskürzungen für normalverdienende ASVGler das Privileg, dass er monatlich weitere 1.000 Euro brutto für seine eigene Versorgungsleistungen nutzen darf. Eine Jahresprämie über 14.000 Euro brutto gibt es, wenn die verkaufte Auflage um lächerliche 1,5 Prozent steigt. Dazu kommen noch Handy, Laptop, ein Garagenplatz für das Auto und das Recht, nach eigener Entscheidung auch in anderen Medien zu publizieren. Der Vertrag läuft bis 30. April 2010, erfolgt keine fristgerechte Auflösung, verlängert er sich automatisch um weitere fünf Jahre."

Ginge es mit gerechten Dingen zu, müsste Unterberger auf einen Mindestlohn von 1000 Euro brutto zurückgestuft werden, da er anderen ja gerade mal wenns sein muss dieses Einkommen zugesteht. Oder man sorgt dafür, dass alle erwachsenen ÖsterreicherInnen im Jahr 122.250 Euro brutto (plus Kollektivvertragserhöhungen) bekommen, weitere 1.000 Euro brutto für eigene Versorgungsleistungen, Jahresprämie über 14.000 Euro brutto (wenn sie keinen allzugrossen Mist bauen), Handy, Laptop, ein Garagenplatz für das Auto und das Recht, während der Arbeitszeit auch für einen anderen Arbeitgeber tätig zu sein.

So waren aber die permanenten neoliberalen Medienkommentare von Unterberger und vielen anderen sicher nicht gemeint. Bezeichnenderweise lassen sich vor allem jene über sozial Schwache oder gar ein richtiges Grundeinkommen aus, die ihre gesicherte und gut dotierte Position vor allem dem Dienst für den Neoliberalismus (sei es in Medien, sei es in der Politik) zu verdanken haben. Unterberger wendet sich auch gleich der "Achse des Guten" gegen Klimapolitik: "Österreichs Klimaforscher wollen zig Millionen mehr zur Erforschung des Klimas. Irgendwie ist das rätselhaft: Haben sie doch gerade "mit 90-prozentiger Sicherheit" Klimakatastrophen gleich bis zur nächsten Jahrhundertwende prophezeit. Und die europäische Politik hat deswegen (und wegen der Boulevard-Medien) auch schon Billionen teure Maßnahmen beschlossen, die Europa bald in eine Wirtschaftskatastrophe stürzen werden. Was wollen die Klimaforscher also da jetzt noch teuer erforschen, wenn sie ja schon alles wissen? Oder haben gar jene recht, die von Anfang an Zweifel an den apokalyptischen Prognosen hatten, da die Forscher doch nicht einmal das Wetter des nächsten Monats vorausahnen können?"

Die scheinbare Fürsorge für die EU trügt: diese wird gerne geprügelt, die USA hingegen werden gehätschelt. Nebenbei: würde auch Lesen zum über 100.000 Euro-Job gehören, wüsste Herr Unterberger, dass mehr über die Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis oder in Afrika bekannt ist als in den Alpen und sich die Forderung nach mehr Forschung daraus erklärt. Für mehr als 100.000 Euro im Jahr kann Recherche offenbar unmöglich verlangt werden, denn diese ergäbe, dass die Alpen längst in internationalen Sammlungen über Klimawandel-Indikatoren vorkommen.

Ein weiteres Beispiel für das Anbeten des Neoliberalismus ist Conrad Seidl am 18.8.2007 auf Seite 30 im Standard: "Deswegen ist es so entscheidend, dass die Pensionsanpassung die Lebenswirklichkeit berücksichtigt und die Kaufkraft auf dem Niveau erhält, das sie beim Pensionsantritt hatte - eine Teilhabe am Wohlstandszuwachs ist für die Pensionisten ohnehin nicht drin. Sie tragen ja zum aktuellen Wirtschaftswachstum nichts mehr bei." Für Seidl zählt nur bezahlte Arbeit, er negiert, dass unser System auf unbezahlter Arbeit besonders von Frauen aufgebaut ist und dass sich PensionistInnen häufig entweder bei der Betreuung von Enkeln engagieten oder in Vereinen. Würden all jene, die unbezahlt arbeiten, für eine Woche die Hände in den Schoss legen, würden Seidl und Co. sehen, was vom Wirtschaftssystem" ohne die angeblich "unproduktiven "Kräfte übrig bleibt.

"You could get a journalist cheaper than a good call girl, for a couple hundred dollars a month."
--CIA operative, discussing the availability and prices of journalists willing to peddle CIA propaganda and cover stories.
Katherine the Great
, by Deborah Davis (aus The CIA and the Media)

Während Unterberger, von der Bundesregierung bezahlt, immer wieder auch dezidiert SPÖ-Vorschläge durch den Kakao zieht (und von vielen schlicht als "Reaktionär" bezeichnet wird), werden bei Minister Buchinger Worte auf die Goldwaage gelegt. Er wagte zu sagen, dass es den einfachen Menschen in Kuba besser gehe als in der Dominikanischen Republik (im Interview mit Chilli). Ein ÖVP-Bundesrat muss dazu gleich eine Anfrage einbringen, nachdem die "Kronen Zeitung" berichtete. Wenig Spielraum für SPÖ-Regierungsmitglieder auch angesichts einer neoliberalen, konservativen, amerikahörigen "freien" Presse.

Hingegen wird selbst ein Reaktionär von einem angeblich Liberalen in Schutz genomen, wenn jemand zu fragen wagt, ob er der richtige Mann am richtigen Ort ist: "Unterberger soll bleiben" schrieb Gerfried Sperl am 16./17.6.2007 im "Standard", denn seinetwegen könne man die "Wiener Zeitung" nicht mehr so einfach weglegen: "Vor allem wegen der Kommentare des Schriftleiters selbst und wegen der Gastkommentare, die sich zu einer Plattform des österreichischen Konservativismus entwickelt haben. Als im Jänner ein Text vom Anwalt des britischen Holocaust-Leugners David Irving erschien, gellten aus den linken Revieren die ersten Schüsse. Daraus ist zwar keine "Hetzjagd" geworden, wie einzelne rechte Verteidiger Unterbergers meinen, aber Jagdszenen sind das zweifellos. Jede Partei ist machtbewusst. Auch in der ÖVP wäre ein betont linker Redaktionschef nicht beliebt. Es gibt genug Beispiele für schwarzes "Mobbing" (Franz Morak über die linken Angriffe auf Unterberger). Vor allem im ORF, aber auch gegenüber Printjournalisten."

Seltsam, wo doch alle Medien drei Merkmale aufweisen: (neo) konservativ, neoliberal, amerikahörig. Dass es auch Reportagen über die Opfer einer noeliberalen Gesellschaft gibt und diese nicht immer sozialvoyeuristisch sind, kann darüber nicht hinwegtäuschen. "Nur wenige Kommentare des Kollegen in der Wiener Zeitung könnte ich unterschreiben. Aber das ist medialer Pluralismus." Wie bitte? Bis auf die Sache mit dem Irving-Anwalt passt fast alles auch nahtlos in den "Standard" (oder die "Presse", oder den "Kurier", oder das "Profil" usw). "Unterbergers Stimme" sei "zusammen mit einigen seiner Kolumnisten eine wichtige Abrundung des Meinungsspektrums dieser Republik". Und wo in diesem Rund haben nicht neoliberale, nicht neokonservative, nicht amerikahörige Meinungen Platz?

Man kann auch hier Buchinger prügeln bzw. ihm zeigen, dass er nur ja nicht glauben soll, als Minister Spielraum zu haben: "Die Linke sollte wissen, dass die Verteidigung dieser Breite auch ihre eigenen publizistischen Positionen schützt. Darüber sollte sich auch Sozialminister Erwin Buchinger den Kopf zerbrechen, bevor er sich den linken Heckenschützen anschließt. Möglicherweise färbt die Machtausübung bereits ab. Denn es gibt nur wenige Politiker, die sich als Regierungsmitglieder jene Offenheit bewahren, die der Journalismus selbst ebenfalls braucht." Und es gibt nur wenige Journalisten, die sich Offenheit, Rückgrat und Integrität bewahren.

"Die Wiener Zeitung ist nach wie vor ein Unikum der westlichen Presselandschaft." Die österreichische Medienlandschaft mit ihrer Einförmigkeit der Meinungen und Themen, der Einhelligkeit beim Tabuisieren von Themen und Meinungen ist ein Unikum der westlichen Presselandschaft. "Solange Unterbergers Vertrag läuft, soll er bleiben, was er ist. Seine vorzeitige Abberufung wäre ein negatives Signal in einem Land, das demokratische Defizite hat." Zumindest dann, wenn nur er den Sessel räumt und kein gewaltiger frischer Wind in der gesamten heimischen Medienlandschaft weht, der Unterstes zuoberst kehrt.

Eine Fülle weiterer Beispiele, die zu diesen Ausführungen passen, finden sich im Blog (etwa in den Einträgen im Monat August 2007....).

12.08.07

Die weite Welt nach Ion Holender und Georg Hoffmann-Ostenhof

Embedded journalism abseits der Kriegsschauplätze in zwei aktuellen Beispielen: In "Österreich" kommentiert Operndirektor Ion Holender gerne alles und jedes, was passend sein kann oder doch ein Zeichen dafür, dass man seinen Senf nicht überall "berufsfern" dazugeben sollte. Am 11.8.2007 befasst er sich mit "eiskalten Kriegszaren, sechs Jahre nach 9/11". Er kritisiert (zu Recht) "Riesengeschäfte" mit dem Krieg gegen den Terror, womit er natürlich die Rüstungsindustrie meint. Er befürchtet auch, das "große, fette Beispiel der amerikanischen Firmen" werde bald auch in Rußland Schule machen.

9/11 sei "mit Sicherheit nicht" eine "Eigeninszenierung der Amerikaner" gewesen, behauptet Holender, kritisiert aber auch, dass "die Ursachen des Anlasses unbeleuchtet bleiben", die Folgen aber lebendig gehalten werden. Herr Holender, woher nehmen Sie Ihre Sicherheit? Haben Sie sich jemals mit 9/11 befasst, statt sich auf Medien mit embedded journalists zu verlassen? Können Sie vielleicht die 60 9/11-Fragen an die US-Botschaft in Wien beantworten, die dort nur schweigend quittiert werden? (Kann irgendjemand im Bereich Medien und Politik diese Fragen beantworten?)

Im "profil" vom 13.8. 2007, das bei mir als Noch-Abonnentin am Sonntagmorgen vor der Tür lag, fragt Georg Hoffmann-Ostenhof, ob Bush doch Recht hatte: "Der heilige Krieg und Bin Laden werden in der moslemischen Welt zunehmend unpopulär." Ob das gut oder schlecht ist, fragt sich in dieser Form: "Ist das der Anfang vom Ende der islamischen Terrorwelle?" Im Irak seien mehr Gebiete unter amerikanischer Kontrolle, die Situation beruhige sich, liest man staunend im Gegensatz zu internationalen Berichten. Auch in Großbritannien lassen sich die Leute keine Irakkriegsbären aufbinden, sondern unterstützen den Labour-Rebellen und Kriegsgegner George Galloway.

Nach altvertrautem Muster beruft sich Hoffmann-Ostenhof auf den "Spiegel", der ein "Tabu brach", indem er behauptete, Frieden im Irak sei möglich. Wir haben 9/11-Märchen des "Spiegel" in bislang Folge 1 & 2 zerpflückt. (Spiegel und profil spielen oft ähnliche Rollen bezogen auf ihr Land, etwa bei Kovosokrieg 1999 in der Verbreitung des Desinformationspapiers "Hufeisenplan" für eine ethnische Säuberung, der dem NATO-Krieg propagandistische Rechtfertigung verlieh.) Das "profil" vom 13.8.2007 zitiert in einem Artikel zum Rummel um Natascha Kampusch deren Ex-Medienberater Dietmar Ecker: "Ich habe damals (2006) verstanden, wie die Amerikaner ihre Kriege medial vorbereiten. Es gibt Geschichten, bei denen selbst in Qualitätsmedien die Reflexionsphase ausbleibt. In dieser Zeit kann man ihnen alles reindrücken."

Falsch beobachtet, Herr Ecker, es mag in Österreich so sein, doch etwa in britischen Medien ist sofort Reflexion zugelassen, sodass auch unterschiedliche Standpunkte in die Berichterstattung einfliessen. Und ich kann Ihnen viele Beispiele nennen, wo unser winziges Magazin Ceiberweiber (ohne embedded journalists) offenbar das einzige Qualitätsmedium Österreichs war, etwa eben beim Kosovokrieg. Hier stand als allererstes (in diesem Fall überhaupt), was vom "Hufeisenplan" zu halten ist, und zwar am 28.4.1999: "Exklusiv - Der Spionagebericht, der die NATO zum Handeln zwang" titelt das "profil" diese Woche. Ja, genau, das Medium, indem vor drei Jahren oder so von massenweise sowjetischen Waffenlagern ebenso exklusiv die Rede war. Gefunden wurden dann, wenn überhaupt, Mülldeponien. Motiv vermutlich: kann doch nicht sein, daß nur die Amis - für Gladio - Waffendepots in Österreich angelegt haben. Wobei, diesmal war, scheint's , nicht die CIA mit ihrem riesigen Apparat aktiv, auch nicht die National Security Agency, die weltweit größten Lauscher, Horcher und Aufklärer, sondern - das vergleichsweise bescheidene österreichische Heeresnachrichtenamt....

Anfang Jänner nun wurde nicht nur unsere Regierung, sondern auch die der anderen EU-Staaten und die USA von einer sog. "Aktion Hufeisen" informiert. Das HNA will ausgespäht haben, daß dabei neun Divisionen, sechs davon Sonderpolizei, Ende März die Albaner aus dem Kosovo vertreiben wollten. Ende Jänner warnte man wieder davor, mittels Luftkrieg eine Lösung anzustreben, im Februar meinte man, militärische Schläge ohne politisches Konzept würden die Lage im Kosovo nicht verbessern. "Die UCK könnte dazu motiviert werden, wieder verstärkt tätig zu werden." Man sah auch voraus, was nicht so schwer war, daß die Albaner den Rambouillet-Vertrag unterschreiben würden, "die Serben" aber nicht.

Das Profil schreibt weiters: "Nach dem Beginn der NATO-Angriffe begann die systematische Massenvertreibung der Albaner aus dem Kosovo: So sieht die Weltöffentlichkeit die Chronologie des Balkankriegs. Auch die Regierung in Belgrad versucht das Bild zu vermitteln, die humanitäre Katastrophe sei eine Folge der NATO-Offensive. Westliche Geheimdienste können das allerdings widerlegen. Schon Monate vor Kriegsbeginn verfolgten und dokumentierten sie detailliert die Aktivitäten der jugoslawischen Armee - und kamen zu der Erkenntnis, daß Milosevic die Großoffensive im Kosovo minutiös vorbereitete und die Deportation der Albaner seit längerem systematisch plante.

Der Beginn der 'Operation Hufeisen', wie Belgrad die militärische 'Endlösung' der Kosovo-Frage nannte, war für Ende März angesetzt. Wenige Tage, bevor sie anlaufen sollte, kam ihr die NATO-Offensive zuvor. Westliche Regierungen brachten für die Rechtfertigung der Bombenschläge gegen Jugoslawien immer wieder vor, sie hätten Informationen über eine bevorstehende serbische Großoffensive. Die brisanten, nun enthüllten Geheimdienstberichte dürften wesentlicher Teil ihrer Entscheidungsgrundlagen gewesen sein. Und kaum jemand war über die 'Operation Hufeisen' so gut informiert wie das HNA." (Zitat Ende)

Am 29.4.1999 schrieb ich: Daß die "Operation Hufeisen" nunmehr - angeblich - enthüllt wird, könnte ein Hinweis darauf sein, daß es eine Operation wirklich gibt: "Roots", die CIA covert action zur Destabilisierung des Balkan, von der der leider nicht namentlich bekannte "Insider" sprach (siehe Tagebuch 27.4.). Ein Ablenkungsmanöver also, damit niemand darüber allzu sehr nachdenkt...

Weitere Fundstücke aus unseren damaligen Berichten: 9.5.1999, Hoffmann-Ostenhof gegen Kriegsgegner Johannes Voggenhuber, Kandidat bei den EU-Wahlen, der seine Kritik inserieren musste, weil Medien sie nicht brachten. 12.5.1999, Neues zur Bombardierung der chinesischen Botschaft, ein Fehler?!

Wieder zurück ins Jahr 2007: Nun werden Terrorexperten zitiert, die Bin Laden sowas wie Autoritätsverlust bescheinigen und meinen, er sei von den USA "zum Übermenschen" aufgebaut worden, mache aber nur "leere Versprechungen". Kritische unembedded journalists werden bei Aussagen wie dieser stutzig und fragen sich, ob uns da ein leerer aufgebauter Übermensch verkauft werden soll. Nicht umsonst handeln zwei der 60 Fragen an die US-Botschaft von Bin Laden: war er am 10.9.2001 in Behandlung im Militärspital von Peshawar/Pakistan? Ist Bin Laden im Dezember 2001 nahe der afghanischen Grenze gestorben (was mehrfach berichtet wurde)?

War Bin Laden ein Patsy, ein Sündenbock nach aussen hin, Ziel einer sogenannten STING Operation, wo gezielt ein Image aufgebaut wird, Situationen geschaffen, mediale Erwähnungen lanciert werden? Beim Artikel haben wir auch "die wichtigsten Anschläge seit 9/11" aufgelistet, u.a. London 7/7, das mit seinen Antiterrorübungen zur exakt gleichen Zeit an den exakt gleichen Orten mit der exakt gleichen Annahme wie das reale Geschehen genau betrachtet werden sollte (Video Ludicrous Diversion), und bei den missglückten Anschlägen die "liquid bombers" des Sommers 2006, die dem ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan Craig Murray von Anfang an spanisch vorkamen. Bei den Anschläge auf Vorortezüge in Madrid 2004 vor den Parlamentswahlen hatten die späteren Angeklagten enge Beziehungen zu den Sicherheitskräften.

Ehe sich Hoffmann-Ostenhof zu Terrorthemen äußerte, machte er uns beispielsweise den EU-Beitritt schmackhaft. Allerdings ohne so genau zu wissen, worum es da eigentlich geht, was sich etwa in einer Diskussion im Mai 1993 mit dem damaligen Parlamentsabgeordneten der Grünen Voggenhuber zeigte. Ich war damals unembedded political activist und stellte Hoffmann-Ostenhof Fragen in der Art von "Man kann ja für den EU-Beitritt sein, aber verraten Sie uns doch bitte mal, was Sie an Artikel soundso des Maastricht-Vertrags gut finden?" Während ich dies für ein paar Artikel tat, sackte Hoffmann-Ostenhof immer mehr in sich zusammen und viele hatten das rare Vergnügen, einmal nicht eine Übermacht von EU-Fans gegen eine Person sprechen zu sehen bzw. eine der vielen reinen Befürworterrunden.

Woran ich mit dem "profil" war, wusste ich da ohnehin schon, gab es doch im Sommer 1992 einen Tabubruch nicht hinsichtlich eines Irakfriedens, sondern hinsichtlich der Forderung nach einer amerikanischen Militärintervention in Bosnien. Im neutralen Nachbarstaat Jugoslawiens, Österreich, in dem auch viele Menschen aus dem nun zerfallenden Land leben, konnte eine Unterstützung für derlei bislang Undenkbares wohl am besten herbeigeführt werden, in dem einem Grünen der Tabubrecher-Part zugeschrieben wurde. (Später bemerkten deutsche Grüne mit Entsetzen, dass der Kosovokrieg durch ihre Partei ermöglicht wurde, da es bei einer anderen Regierungsform viel viel stärkere Proteste gegeben hätte.)

Peter Pilz war als Parteichef in spe vorgesehen und, warum auch immer, für die Tabubrecher-Rolle, den Part der medialen Bühne übernahm das "profil". Anfang August 1992 ging die Sache über die Bühne und einige dachten, sie träfe der Schlag. Von Pilz, sonst angeblich so mutig und konfliktfreudig, war längere Zeit nichts zu sehen oder zu hören: auf Tauchstation. Einige Grüne übten schriftlich und in internen Diskussionen Kritik, forderten den Parteiausschluss von Pilz, der die Grundsätze basisdemokratisch und gewaltfrei verletzte, schrieben Leserbriefe und bemerkten zu ihrem Erstaunen, dass derlei bis auf ein paar Zeilen der Stellungnahme eines Vorstandes nicht veröffentlicht wurde. In den Monaten zuvor war immer wieder Kritik an einem anderen Grünen bereitwillig gedruckt und in Artikeln verwendet worden: an Johannes Voggenhuber, der Anfang 1992 zum Rücktritt als Mandatar gebracht werden sollte (was bedeutet hätte, dass ihm Peter Pilz nachfolgt, der damals im Wiener Landtag war, und ich für Pilz nachgerückt wäre).

".... mir nur mehr erklärbar als immer kopflosere Flucht
aus der eigenen Vergangenheit (aber wohin???)..."

Johannes Voggenhuber, 12.8.1992,
schriftliche Stellungnahme zu Peter Pilz,

die ins Schwarze traf, da er nun massiven
koordinierten Anfeindungen ausgesetzt war



Nun aber waren die Medien "dicht", außer für jene Abgeordnete, die Pilz halbherzig und zaghaft irgendwie ein bisschen recht gaben. Zugleich gab es schriftliche Stellungnahmen gegen die Kritiker, durch die sich ein roter Faden zog, der sich auch in Medienkommentaren wiederfand: Pilz hat vielleicht nicht recht in der Sache, aber es ist sympathisch, wie unsicher er ist; seine Kritiker handeln hingegen nicht aus integren Motiven. Als ich fein säuberlich zusammenstellte, wie das alles zusammenpasst, war Funkstille angesagt - man richtete mir aber aus, ich "sähe Gespenster" und würde mich damit "isolieren". Aha, dann gibt es also Gespenster, dachte ich mir bei dieser und anderen kryptischen Warnungen. Mir war auch bekannt, dass viele, die mal zum inneren Kern der Grünen gehörten oder Zugang hatten, von "es gibt Hintermänner" sprachen, was an "Du-weißt-schon-wer" für Lord Voldemort im Harry Potter erinnert, nur dass hier die meisten keine konkrete Vorstellung hatten und es auch nicht rausfinden wollten, im Gegensatz zu mir.

Embedded journalism kratzt in vielen Fragen nur an der Oberfläche; bewusst, während jene, die einfach nur naiv sind, gar nicht weiter denken WOLLEN. So erklären sich wohl auch Kommentare, bei denen allzu laut überlegt wird, ob vielleicht CIA-Folteropfer vor ihren furchtbaren Erfahrungen auch schon irgendwann mal unbeherrscht geweseen sind. Offenbar darf man, wenn man etwa Khaled El Masri heisst, auch nicht mit der Ehefrau streiten, denn dann ist man selber schuld, wenn einen die CIA kidnappt. Werte Redakteure bei Süddeutsche, Welt, Bild, Zeit, Spiegel, profil, Kurier, Presse, Salzburger Nachrichten, Standard, Heute, Österreich, Kronen Zeitung, ORF, ARD, ZDF usw. usf (und natürlich alle Politiker, die nichts besonderes dran finden):

Wie wär es mit eigenen Erfahrungen? Folter und Entführung? Einmal? Oder darf's zweimal sein? Vielleicht mit ein bisschen Guantanamo dazu? Oder auch nur das, was die CIA auch für nichtmuslimische BürgerInnen westlicher Länder im Angebot hat: Existenzverlust? Im Paket mit Rufschädigung? Auf Wunsch auch mehrmals, gibt's auch mit Draufgabe Wohnungsverlust! Haben Sie persönliche Beziehungen, die Ihnen viel bedeuten? Auch da gibt es Abhilfe, man kann alles kaputtmachen mit den richtigen Mitteln! Brauchen Sie ein wenig Bananenrepublikfeeling hinterher? Dann versuchen Sie, von wegen Verfassung, Menschenrechte, Souveränität, Verletzung Ihrer Rechte Hilfe zu erhalten! Wenn Sie immer noch nichts gecheckt haben: es gibt auch, auf besonderen Wunsch, das Spiel: können Sie Ihre körperliche Unversehrtheit wahren?

Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihre nächste CIA-Dienststelle, c/o American Embassy Vienna, z.B. an Mr. Scott F. Kilner, Stellvertretender Botschafter und CIA-Agent ("naming names", "geheim" vom 31.3.2007, Seite 26, Zeitschrift ging als PDF an die Bundesregierung)

Aber Vorsicht: hinterher fühlen Sie sich, genau wie andere CIA-Opfer, um einiges anders als Menschen, deren Pauschalurlaub durch Kakerlaken im Hotelzimmer oder Algen am Strand versaut wurde (auch wenn Sie bislang Khaled El Masri, Murat Kurnaz und andere so behandeln, als sei ihnen nur derlei widerfahren).

Schliesslich noch ein Trost: Auch Angela Merkel muss da noch einiges dazulernen....

PS: Beispiel für strange journalism: "Österreich" will, dass Frauen Heimchen am Herd werden, die sich gutsituierte ältere Männer aus Berechnung angeln (eigentlich wollte Uschi Fellner mit der Zeitung die politisch interessierte Frau ansprechen, und das wurde dann daraus. Auch diestandard.at wird erwähnt, die nach dem Kosovokrieg und dem Wahlkampf 1999 als Gegenprojekt zum Ausbau der CeiberWeiber zu einem Magazin gestartet wurde.)

Und der "Kurier" ergeht sich in Mutmaßungen über eine Klischeegeneration 50plus, die sogar schon mit Internet und Handy umgehen kann (was denkt man denn in der Redaktion, was diese Altersgruppe in ihrem Job braucht?)

Webtipp: Nachrichtenportal mit alternativen und Mainstream-Quellen: netnews.de

10.08.07

Angela Merkel und die CIA-Folterflüge

Das Thema der "extraordinary renditions", so die "Fachsprache", ist noch lange nicht ausgestanden, da Europaratsermittler Dick Marty in Interviews bereits davon spricht, dass wieder Folterflieger unterwegs sind. Nichts besonderes dran meint wohl auch der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble, der dagegen ist, Amerikaner außerhalb der USA vor ein Gericht zu stellen (beispielsweise als Folterer; wie so ein Verfahren ausgehen würde, kann man sich ausrechnen). Bei mutmasslichen Tätern in welchen Breichen auch immer wird aber wohl die Gercihtsbarkeit in dem Land wirksam, wo sie ertappt wurden.

Zweierlei Maß also und nur ein weiterer von vielen Rücktrittsgründen: Ob Abschaffung des Völkerrechts im Frieden, Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchungen, faktische Aufhebung des Fernmelde- und Brief- sowie des Bankgeheimnisses, Aufhebung der Unverletzlichkeit der Wohnung, Kommunikationssperren für Verdächtige, Beweislastumkehr, maximale Überwachung durch biometrische und konventionelle Kameras, Erfassung der Fingerabdrücke eines jeden Bürgers, Ermittlungen ohne Anfangsverdacht, RFID-Chips in Reisepässen, Anti-Terror-Dateien, Ausweitung des Kombattanten-Status, Tötung ohne Notfall- oder Notwehrsituation, Einsatz der Bundeswehr im Innern, präventive Inhaftierung, Verbot von IT-Sicherheitswerkzeugen und Zertifizierung von Sicherheitsdienstleistern oder oder oder - die Bürger bekommen zurecht Angst vor seinen Vorstellungen einer freien Gesellschaft.

In den USA wird mittlerweile die Antikriegsbewegung damit bedroht, dass der Besitz von Personen konfisziert wird, die den Erfolg des Irakkrieges "gefährden". In Deutschland wurde ein Stadtsoziologe verhaftet, weil Worte in Bekennerschreiben zu Brandanschlägen an seine Formulierungen erinnern, die gewiss nicht nur ihm selbst geläufig sind. Hier ist also das demokratische Recht auf Protest strafbar, dort wissenschafliche Arbeit. Und all das unter anderem wegen dem Phantom Al Qaida?

Aber ja, denn deswegen wurden ja auch Menschen aus Europa entführt, gefoltert, festgehalten. In Webpostings zeigen manche Empörung und durchschauen das Spiel; andere meinen, man könne doch die Guantanamo-Häftlinge nicht einfach freilassen, da Bush, der bekanntlich immer recht und noch nie gelogen hat, von "Killern" spricht. Der Hinweis auf fehlende Beweise ficht diese Leute nicht an und ebenso wenig, dass fair trial und nicht Folter für alle in der Europäischen Menschenrechtskonvention steht, die hierzulande Standard ist.

Da verliert man dann schon mal die Geduld und rät zu einer Runde Guantanamo oder eine Folterausflug als Bewusstseinserweiterung. Vielleicht hilft sowas, die Universalität von Menschenrechte zu begreifen. Die Ursache für die aktive Komplizenschaft von 14 Staaten bei Verschleppungen ist übrigens NICHT 9/11 und NICHT angeblicher Terrorverdacht, sondern die auch davor übliche Duldung von CIA-Aktivitäten. Dies ist auch Thema eines Offenen Briefes an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die aufgefordert wird, sich in ein CIA-Oper hineinzuversetzen.

Es ist bewusst nicht die Geschichte von Khaled El Masri, der die Deutsche Regierung jedwede Geste der Entschuldigung, des Bedauerns oder der Wiedergutmachung verweigert. Sondern eine der ganz normalen Interventionen der CIA in eine Partei, die das Leben derer weitreichend verändert, die bewusst oder unbewusst Widerstand leisten. Sie sind permanenter Sabotage und Diffamierung ausgesetzt, auch in ihrem Privatbereich und erkenenn, wenn sie wissen, wer dahintersteckt, dass ihr Staat sie nicht schützt. Sie sind Freiwild, staatenlose Staatsbürger, "Ausländer im Ausland", so die US-Sicht, und nicht von der amerikanischen Verfassung geschützt.

Der sie im Stich lassende Staat demütigt nicht nur seine BürgerInnen und BewohnerInnen, sondern auch sich selbst, indem er einen fremden Staat über sich selbst setzt, also einen Putsch geschehen läßt. Er verletzt die Menschenrechtskonvention und die eigene Verfassung und die AmtsträgerInnen verletzen ihren Eid. Wenn so ein Verhalten als normal empfunden wird, obwohl es den Rechtsstaat und die Eigenstaatlichkeit auflöst, dann ist der Weg nicht weit zum Dulden von Entführungen oder der aktiven Mithilfe. Denn da läßt man sich ja von der CIA, die sich immer auf Geheimhaltung beruft, irgendwas vorsetzen, das meistens nicht überprüft werden kann, und schon ist es ja nur ein fanatischer Muslim, den man insgeheim gerne loswird.

Medienberichte machen mittlerweile die Zugehörigkeit zum Islam bereits zum potentiellen Terrorverdacht, was erst dann als bizarr erkannt wird, wenn wir uns das mal mit Christen vorstellen und bei jedem Namen "der bekannte Christ", "die Kirchen besuchende Christin" dazudenken. Dann wird dem traumatisierten Khaled El Masri sein letztliches Ausflippen vorgeworfen, nachdem er mutig überall als Zeuge zur Verfügung stand und versuchte, die CIA zu klagen (wegen "state secret" zurückgewiesen, was die CIA zu einer illegalen Organisation macht, da jedwede staatliche Verwaltung / Behörde rechenschaftspflichtig ist.

Lasst euch doch mal ein bißchen entführen und foltern, aber ohne zu wissen, ob ihr da je wieder lebend rauskommt, denke ich mir bei manchen Artikeln, wo die Autoren offenbar schon stolz darauf sind, das Wort Trauma zu verwenden. Vom Posttraumatischen Stress haben sie aber sichtbar keine Ahnung, sonst würden sie nicht so ambivalent mit einerseits aber andererseits rumschwafeln, und auch nicht von CIA-Willkür und Freiwildsein in der Praxis. Der Brief zielt darauf ab, dass die deutsche Regierung eine Geste gegenüber El Masri setzen muss, will sie ihn nicht im psychischen Sinne auf dem Gewissen haben. Opfer einer Organisation zu sein, die niemand aufhält, vor der alle den Schwanz einziehen, die mit dir machen kann, was sie will, bedeutet den Verlust der Welt und des Vertrauens in die Welt.

Es ist schlimm genug, nach normalen zerstörerischen Erfahrungen mit der CIA zu Staatsvertretern zu gehen, die nicht das geringste unternehmen wollen, auch wenn sie Menschenrechtsverletzungen zugelassen haben. Aber wie arg muss es erst für El Masri gewesen sein, bei dem noch die Komponente der Gefangenschaft, Entführung, Folter, Angst um sein Leben dazukam, der sich nirgendwo hin in einen CIA-freien Raum zurückziehen und seine Schritte überdenken, zur Ruhe kommen konnte. Die Welt kann nur dann wiederhergestellt werden, wenn die Proportionen wieder stimmen, wenn Verbrechen Verbrechen ist und Entführung Entführung und Verbrechen. Wird Angela Merkel Khalel El Masris Welt wieder zurechtrücken?

07.06.07

Gipfel-Desinformationen

Nun reicht es den DemonstrantInnen: beim g8-tv wird von Desinformation gesprochen, sodass sich VertreterInnen von Mainstream-Medien wahrlich nicht zu wundern brauchen, wenn sie nicht immer freundlich behandelt werden oder man sich von ihnen wegdreht. Nicht aus Angst, im Fernsehen erkannt zu werden und auch nicht aufgrund von Vorurteilen gegenüber Medien (wie gerade ein Reporter bei n-tv vor einer Sitzblockade behauptet) - die drinnen im goldenen Sicherheitskäfig würden sich auch nicht gefallen lassen, Opfer von verbreiteten Falschinformationen zu werden.

Außerdem spricht der Korrespondent vor Ort launig vom "Wegspritzen" der DemonstrantInnen per Wasserwerfer, als ob es sich um Staub auf einer Terrasse handelt und nicht um Menschen. Vermutlich war der Herr Journalist noch nie auf der anderen Seite und hat erlebt, wie Wasserwerfer und Tränengas beispielsweise gegen Menschen eingesetzt wurden, die gegen einen Aufmarsch Rechtsextremer demonstrierten...

Im "Mediengau Rostock" entlarvt der "Spiegelfechter" als medienkritischer Blog die Lüge von den 1000 Verletzten am Samstag, den 2. Juni. Man muss sich fragen, wozu Zeitungen auch bei uns (etwa Kurier oder Österreich am 4. Juni) eigentlich Redaktionen oder gar Korrespondenten vor Ort haben, wenn die "Recherche" darin besteht, uns Enten aufzubinden. Eigentlich hätte jede/r, die/der sich als JournalistIn betrachtet, bei "1000 Verletzten" erstmal stutzig werden müssen und zumindest mal einen Versuch unternehmen sollen, die Zahl zu überprüfen.

Aber wahrscheinlich wird über Aktionen von unten, über die Zivilgesellschaft in einer oberflächlichen Weise ohne das simpelteste mitgebrachte Basiswissen berichtet. Niemand würde sich Fehler in der Wiedergabe von Protokollarischem, von Beschlüssen und zu Personen gehören Titeln innerhalb des Heiligendammer Zaunes leisten. Was aber jene Bereiche betrifft, über die Medien eigentlich besonders informieren sollten, weil dort weniger Macht und Öffentlichkeit besteht, herrscht blanke Ahnungslosigkeit. Dies wird mit Klischees kompensiert und dadurch, dass eine Falsch-Agenturmeldung von allen abgeschrieben wird.

Gäbe es nicht gut organisierten Protest unter Beteiligung auch medienerfahrener NGOs und Gruppen, und gäbe es nicht fern von Heiligendamm aufmerksame BloggerInnen und MacherInnen alternativer Medien, so würde der hahnebüchene Unsinn im Mainstream nie korrigiert werden (eine der Korrekturen fand auf der Webseite des ZDF statt). Mittlerweile wurde auch bekannt, dass als "autonome" Provokateure agierende Polizeispitzel Methode haben. So versuchte einer, andere zu Gewaltaktionen anzustiften und wurde dann enttarnt - leider aber entfernt, ehe man seine Identität dokumentieren konnte, sodass er weiterhin eingesetzt werden kann.

US wants to take lead on climate change
CNN-Headline am 7.6.2007

.... aber das tun sie doch schon :-)

Da Falschinformationen über die Proteste via "Newsticker" im Internet verbeitet werden, liefert das Satiremagazin "Titanic" nun einen "Newsticker" über das Geschehen hinterm Zaun. Das erinnert an eine Schullandwoche und ist vielleicht nicht mal so ironisch gemeint :-):

16.00: Eintreffen der G8-Staats- und Regierungschefs, offizielle Begrüßung
16.15: Zuweisung der Zimmer und Betten; Streit, wer oben schlafen darf
16.30: erste gewalttätige Krawalle am Sicherheitsszaun (alle gegen Putin)
18.00: Speisesaal: Zusammentreten der Arbeitsgruppe "Bekämpfung des Hungers", Nachschlag landet in Putins Gesicht
18.30: Spülküche: gemeinsames Spülen und Abtrocknen; Bush versucht sich zu drücken, schon wieder Krawalle
19.00: Fernsehzimmer: gemeinsames "Heute"-Gucken unter Aufsicht von Sicherheitskräften
19.10: Bush verschlechtert erneut Klima (Stinkbombe), Einsatz von Gummigeschossen
20.00: Kaminzimmer: gemütliches Beisammensein, Jungs ärgern Mädchen (Merkel heult), Einsatz von Tränengas (alle heulen)
22.00: Licht wird gelöscht, Kissenschlacht (alle gegen Bush, offenes Ende)
23.56: jemand schmiert heimlich Zahnpasta unter Türklinken (Blair?)

Heute will ich mir doch einen halbfreien Tag gönnen, daher biete ich euch einfach unkommentiert ein paar weitere Links zum Selberinformieren:

Auseinandersetzung mit der Berichterstattung von n-tv
Wie die Polizei Falschmeldungen streut
Video "Gipfelstürmer" über Genua 2001 und Provokateure
Gewaltexzesse der Polizei
Bei den CeiberWeibern: Die Diskreditierung des Protestes
Indymedia-Nachrichtenticker (Demos, Verhalten der Polizei)

Und ganz generell:
Spiegelfechter
Politblog
(bei beiden Blogs posten die UserInnen viele weitere interessante Infos und Links)

PS: Gerade in meiner Mailbox gelandet:

Hallo zusammen,

rund um Heiligendamm werden derzeit Einheiten der Bundeswehr gesichtet, zur Unterstützung der Polizei bei der Dokumentation von … ja von was denn eigentlich?

Den Einsatz der Bundeswehr in Inneren Deutschlands verbietet das Grundgesetz. Macht Euch selbst ein Bild. Nachfolgend ein Link zu G8 TV.

Weiterhin verdichten sich Hinweise, dass einzelne „Autonome“, die beim G8 Gipfel Steine warfen und Andere dazu anstifteten, von den Sicherheitsbehörden eingeschleuste V-Männer waren. Hier einige Quellen:

1. * 2. * 3.

Außerdem gibt es am 7.6. 2007 ab 17 Uhr beim TU-Neubau am Wiener Karlsplatz eine Solidaritätsaktion für die Demos von Heiligendamm...

Nicht zu vergessen ein Hetz-Kommentar von Hans Rauscher im "Standard" gegen die Demos - er hat gut lachen als Globalisierungsgewinner, denn mit schlecht recherchierten, einseitigen, klischeebeladenen Texten, die immer für brutale Weltwirtschaft und für die Interessen der USA eintreten, lebt es sich nicht schlecht als Journalist...

PPS: Der Kotau der Medien vor den Mächtigen wird von n-tv auf Neue vorgeführt, nachdem ich meinen Eintrag gemacht habe. Da wird mehrmals gemeldet, dass eine Halbierung des Austoßes an Treibhausgasen bis 2050 ERWOGEN wird. Käme so eine Meldung von den G8-GegnerInnen (die munter medial diffamiert werden durch ungeprüfte Übernahme von Behauptungen der Polizei-Pressestelle, etwa dass sie Molotowcocktails einsetzen wollen), würde man NACHDENKEN durchaus wagen.

Dabei käme dann bei durchschnittlich gebildeten JournalistInnen in etwa heraus:
1. Bis 2050 ist das Grönlandschelf manchen Prognosen nach geschmolzen, da wird diese späte Maßnahme dann auch nichts mehr am Anstieg der Ozeane und an Verlangsamung oder Abschaltung des Golfstroms ändern, da wird durch das Auftauen des Permafrostes massenhaft Methan in die Atmosphäre gelangen, das ein Vielfaches schädlicher ist als CO2, und apropos Methan: solange keine Reduzierung der industrialisierten Landwirtschaft inkludiert ist (die u.a. aus methanproduzierenden Kühen in Massenhaltung besteht), ist das ganze sowieso Unsinn.
2. Ist der Temperaturanstieg um zwei Grad ohnehin bereits durch den bisherigen Ausstoss an Treibhausgasen bedingt, der bis 2049 so weitergehen soll (also wird ein Temperaturanstieg um weitere Grad in Anspruch genommen).
3. Lebt von Gipfeldame und -herren anno 2050 sowieso niemand mehr.
4. ERWÄGEN ist so unverbindlich wie nur möglich....