02.09.07

Alle auf eine: die Troubles von Ministerin Kdolsky

Kdolsky ist für ÖVP Belastung“ schrieb kürzlich die "Kronen Zeitung", was ja auch zu Umfragen passt, die ihr ein Beliebtheitsminus um die Ohren knallen. Sie übertrifft darin Minister Darabos, und beiden ist gemeinsam. dass Medien negativ über sie berichten und auch entsprechend kommentieren.

Nicht nur Werbung wirkt, auch Artikel und Kolumnen - ich kenne derlei auch aus einer "innerparteilichen" Perspektive, da dies auch bei den Grünen zu beobachten ist. Eigentlich bekam ich in jener Zeit des politischen Engagements auch den ersten Zugang zu Medienkritik, denn mir wurde klar, dass bestimmte Personen (eher angepasst von den Inhalten her und meist auch im Auftreten) in den Himmel gelobt wurden, besonders wenn sie die eigene Parteibasis beschimpften. Wer unbequem war und die Grünen wirklich oppositionell und eigenständig wirken liess, wurde mit negativen Bezeichnungen punziert, die sich bald auch in der Partei wiederfanden, dort von Medien aufgegriffen und verstärkt wurden, dann wieder zur Basis fanden usw.

Mich wundert daher gar nichts, was Kdolskys "Beliebtheitswerte" betrifft. Ihr werden die Dominostein- Folgen von Aussagen zum Vorwurf gemacht, die sie tätigen musste, da "Heute" und "Österreich" bereits süffisant über ihr Privatleben spekulierten. Kaum jemand wird sich aber hinsetzen und weitere Berichte oder Kommentare mit Datum und JournalistInnennamen auflisten, sondern man wirft ihr vor, was in Verantwortung der Medien liegt. Da ich weiss, dass eines jeden Menschen Privatsphäre von der Menschenrechtskonvention geschützt ist, widerstrebt es mir, überhaupt auch etwas zu Kdolsky zu sagen und daher doch auch die "Erwähnungsspirale" weiterzudrehen.

Es muss aber sein und kann hilfreich sein: Erstens sollte jeder Mensch, der in der Freizeit keine Gesetze verletzt, in Hinblick auf sein Privatleben im Beruf in Ruhe gelassen werden. Wurde Frau Kdolsky mit Koks erwischt, hat sie nach Kinderpornos gesurft, ist sie aus der ehelichen Wohnung weggewiesen worden, ist sie betrunken am Steuer eingeschlafen (was so manch ein Mandatar einer aussterbenden Politikergeneration nicht für einen Rücktrittsgrund hält)? Nichts dergleichen. Wenn ich die zugegeben eher oberflächlich konsumierten und etwas widersprüchlichen Medienberichte richtig verstehe, so befand sich sowohl die Ministerin als auch "ihr Neuer" in der Auseinanderlebe-Phase, als sie einander kennenlernten.

Zweitens gilt bei Frauen offenbar ein anderer Maßstab als bei Männern - und dieser ist so streng, dass halbwegs "korrektes" Agieren von Frauen Rücktrittsgrund sein soll, aber ganz sicher sehr unkorrektes Verhalten von Männern nicht von Ämtern abhält. Die "Ganze Woche" schrieb in der Nr. 36/99 über den FPÖ-Industriellen Thomas Prinzhorn, der nur wegen des Vetos von Bundespräsident Klestil, der Schwarzblau nur mit Widerwillen und ein paar Änderungen angelobte, nicht Minister wurde: "Sonja, sozusagen die dritte Ärztin-Mutter in der Reihe der Prinzhorn-Frauen. lebt nun in einer Art Dreiecksbeziehung mit Rosa und Thomas." Sonja hat einen damals 18 Monate alten Sohn, Rosa zwei Kinder im Alter von 4 und 6 Jahren mit Prinzhorn. "Mit der Treue ist das so eine Sache" war der Titel des Artikels.

Um Schwarzblau war dann im Jahr 2000 natürlich viel Rummel, sodass ich mich sicher nicht an jeden Bericht erinnere, aber ich denke, vehementer Protest von Vincenz Liechtenstein und Co., die jetzt Unterschriften für Kdolskys Rücktritt sammeln, wäre mir aufgefallen. Übrigens stellen sie das unter das Motto "Mut machen zu Ehe und Kindern" - wird mehr geschnackselt, wenn "die Frau mit der Rubensfigur" (c Medien) weg ist?

Die Rechtskonservativen hätten übrigens auch in Deutschland missionarischen Handlungsbedarf. In der aktuellen "Emma" lesen wir über den "Pascha des Monats", Minister Horst Seehofer, CSU, der sowohl Ehefrau als als Geliebte (mit Baby) hat und sich Chancen auf den CSU-Vorsitz ausrechnet: "Dass er die Neue vier Jahre lang hinhält, ihr SMS am Heiligabend schickt, sie schwängert und bis zum Wochenbett im Glauben lässt, mit ihr werde er eine neue Familie gründen, ist unüblich. Dass so ein Mann es auch nach der Geburt des Kindes nicht für nötig hält, auch nur ein Wort über seine Verantwortung (wie z.B. Geld) für das Kind zu verlieren, ist schofel." Vollkommen unverständlich aber, dass er trotz allem CSU-Chef werden will.

Eine Anmerkung noch zur gerne von "Progressiveren" belächelten ÖVP: gerade dort gibt es viele "Kdolskys", Frauen, die sich weder das Leben noch die Freude am Job verbieten lassen. Ich brauche nur an Veranstaltungen oder Besuche im Club Alpha denken und frage mich sofort, was wohl die Herren (und nur sehr wenige Damen) Moralapostel zu diesen Frauen sagen würden. Nicht wegen der "Moral", denn darum geht es, wie die beiden Männerbeispiele ohne Proteste zeigen, ja in Wahrheit nicht.

Es geht gegen weibliche Selbstbestimmung, gegen Selbstbewußtsein und auch dagegen, dass sich (immer mehr) Frauen ihre Beziehung aktiv selbst aussuchen. Wer finanziell unabhängig ist, braucht auch nicht in einer Partnerschaft zu bleiben, wo man nebeneinander herlebt. Mit anderen Worten: Männer müssen sich mehr anstrengen, sich weiterentwickeln, können Frauchen daheim nicht mehr als selbstverständliche Gegegebenheit nehmen.

Neu @ Ceiberweiber: Wie die Grünen zu einer Parodie ihrer selbst wurden - offenbar wurde eine Satire auf Parteireformbestrebungen in den 90er Jahren nun verspätet in die Tat umgesetzt :-)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der mediale Umgang mit dem Privatleben der Frau Kdolsky ist ja tatsächlich einigermaßen widerlich. Einige Punkte gibt es jedoch anzumerken:

Wer, wann immer es seiner persönlichen Agenda zu frommen scheint, lautstark mit seinem Privatleben an Öffentlichkeit und in die Medien drängt (indem er z.B. eine Schulklasse vor laufender Kamera mit der für diese sicherlich aufregenden Enthüllung "Natürlich habe ich Sex!" konfrontiert), darf sich nicht wundern, wenn er die Geister, die er rief, nicht mehr so einfach los wird (eine ganz ähnliche Diskussion gab es übrigens damals um den schönen KHG).

Hinter der penetranten Selbstinszenierung der Frau Kdolsky kann man ja tatächlich Selbstvertrauen vermuten: es ist jedoch weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für letzteres. Ich persönlich fühle mich von Menschen - gleich welchen Geschlechts - welche von sich selbst nur in Superlativen (Top-Anästhesistin, Fach-Expertin ...) zu reden in der Lage sind, abgestoßen.

Und daß die Frau Kdolsky das von Ihnen geforderte Selbstbestimmungsrecht der Frauen über deren eigenen Körper ihren Geschlechtsgenossinnen nicht so recht zugestehen will (siehe ihre Aussagen um die "Pille danach"), sollten sie ebenfalls nicht übersehen. Machtgier, Eitelkeit und Arroganz machen eben auch vor der Geschlechtergrenze nicht halt.

Mir wäre es lieber, wenn die Männer in etlichen Belangen weiblicher würden. Aber Karriere scheinen nur "männlicher als die Männer" auftretende Frauen zu machen: schade eigentlich.

Anonym hat gesagt…

du hast mir aus der Seele gesprochen.
Es ist wirklich widerlich, wie die Kdolsky von den Medien ausgenommen wird. Dafür bleibt der Strache im Hintergrund. Der hat für mich Gründe um zurückzutreten, wegen seiner sache. Aber darum schert sich keiner so wirklich außer "ÖSterreich" die es auch nur so halbherzig tut.

Und ja, wir Frauen sind immer die bösen. Wann wurde ein Mann jemals so fertiggemacht.

alexandra bader hat gesagt…

@ kreter: ich kenne so termine, wo politikerInnen medienleute dabeihaben, da wird nicht alles für die kameras oder zum mitschreiben gesagt, sondern in erster linie wendet man sich an jene personen, bei denen man zu gast ist. und so wird kdolsky auch zu den kids gesagt haben, dass sie auch sex hat.

im übrigen fände ich an einer solchen aussage auch dann nichts schlimmes, wenn sie direkt an die medien gerichtet wäre - wer glaubt denn ernsthaft, politikerInnen seien asexuelle wesen?

ob kdolsky selber in einem interview (standard) sagt, sie sei "top"-irgendwas, wage ich zu bezweifeln - man fasst interviews beim transkribieren auch zusammen, weil niemand wie gedruckt spricht.

@ weltbeobachterin: ja, leider werden frauen immer noch mit ganz anderem mass gemessen als männer. und besonders krass sind die unterschiede, wenns ums private geht. man stelle sich sich doch eine ministerin auf den spuren von seehofer oder prinzhorn vor:

sie hat also entweder: ehemann und geliebten, von letzterem ein baby

oder: sie lebt mit zwei männern zusammen, hat kleine kinder von beiden.

das geschrei der moralapostel, die bei männern nichts an "vielweiberei" finden, wäre so laut, dass wir alle aus österreich fliehen müssten, damit unsere ohren nicht platzen-...

Anonym hat gesagt…

eben, habe bisschen die Seehofergeschichte verfolgt

Ich glaube die Männer fürchten sich halt vor starken Frauen.