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15.08.07

Embedded Bullshit

Der "Kurier" (Simon Kravgna, Wilhelm Theuretsbacher) schenkt Verteidigungsminister Darabos am 15.8.2007 so richtig ein. Auf den ersten Blick denkt man sich vielleicht nur, interessantes G'schichtl, es gibt ein "Alpha-Handy" für Notfälle, und das stellte sich als gebraucht heraus, da die Nummer nicht neu war. Darabos wird gerade allenthalben bespöttelt, weil er die Eurofighter "besuchen" fuhr, in den Fliegerhorst in Zeltweg/Steiermark. Er hatte es von Anfang an medial nicht leicht, da er Zivil- und nicht Präsenzdienst abgeleistet hatte und der Vorstellung, auf einen Menschen zu schiessen, nach wie vor nichts abgewinnen kann.

Der Empörung nach zu schliessen darf das patriarchal-konservative Österreich wohl auch nie eine Verteidigungsministerin oder Bundespräsidentin haben (Oberbefehlshaberin) haben. Die Herren Journalisten sind in Sachen Kriegsgerät oft detailverliebt bis zur letzten Schraube, lassen aber nun jede Sorgfalt fallen: Dieses Alpha-Handy ist nämlich "jenes Mobilfunkgerät, mittels dessen der Verteidigungsminister binnen Sekunden über Leben und Tod entscheiden muss. Etwa wenn ein Passagier-Jet mit einer Horde Islamisten an Bord den Stephansdom im Visier hat. Dann gilt es am Alpha-Handy zu entscheiden: Abschuss oder nicht.".

Interesanterweise stand bei den Ceiberweibern am 13.8.2007 etwas ganz anderes zu lesen, O-Ton Darabos: "Die Abwehr einer Bedrohung aus der Luft im Sinne eines strafrechtswidrigen Angriffes fällt hingegen in den Zuständigkeitsbereich des Innenministers. Diesbezüglich werden Militärpiloten - da das Bundesministerium für Inneres weder über geeignete Mittel noch über entsprechendes Personal verfügt - ausschließlich im Rahmen des sicherheitspolizeilichen Asisstenzeinsatzes nach den für die Polizei geltenden Bestimmungen (Sicherheitspolizeigesetzt, Waffengebrauchsgesetz) und unter der Letztverantwortung des Bundesministers für Inneres tätig. Dieser kann in solchen Situationen einen Waffengebrauch nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen freigeben."

Der "Passagierjet mit der Horde Islamisten an Bord" spielt in Darabos' Träumen, aus denen ihn zufälligerweise ein Unbekannter nachts per Anruf auf dem "Alpha-Handy" gerissen hatte, keine Rolle: "Die aussschließliche Fokussierung auf den Abschuss oder nicht Abschuss einer besetzten Passagiermaschine findet keineswegs meine Zustimmung (allein schon deshalb, als andere Szenarien weitaus mehr Realitätsgehalt haben; auch hier ist das jeweilige Vorgehen selbstverständlich im Rahmen der Gesetzgebung klar geregelt) - und in diesem Punkt sind wir vermutlich einer Meinung." Warum muss der "Kurier" also wieder 9/11 ins Spiel bringen, das für Darabos, aber auch Kanzler Gusenbauer nicht auf Österreich übertragen werden kann?

Darabos ist heute der teuerste Pfuscher der Republik. Schon nach einem halben Jahr hat er sich im Pfuscher-Ranking gleich neben Herbert Haupt und Hubert Gorbach eingereiht. Peter Pilz, 10.8.2007, Tagebuch

Genau diese Unübertragbarkeit drückt sich auch mit der Zuständigkeit Innenministerium aus, was im Gegensatz etwa zur Aktivierung von Art. 5 des NATO-Vertrags durch die USA nach 9/11 steht (als handle es sich um den Angriff eines Nicht-NATO-Staates und der Bündnisfall sei eingetreten). Indirekt will der "Kurier" daher klarstellen, dass auch für die österrreichische Regierung 9/11 ein militärischer Angriff auf die USA war bzw. zu sein hat (die Alternativen sind: Terroranschlag oder inside job). Da ruft nun also jemand auf dem Alpha-Handy nachts an und weiss offenbar, wen er auf diese Weise erreicht, sehr seltsam. Zuvor gehörte diese Nummer, so "Kurier"-Recherchen, einem seit Jahren pensionierten Brigadier.

"Vielleicht wäre ein neues Alpha-Handy jetzt aber auch mal drinnen", beendet der "Kurier" das Kapitel Darabos - nicht ohne vorher zu verraten, dass man selbstverständlich die Nummer hat, unter welcher der Minister im Notfall zu erreichen ist. Was soll das? Darabos ist eine Null im Vergleich zur Macht und den Beziehungen des "Kurier"? Autor Theuretsbacher befasst sich ansonsten mit Stapo und Co. und schreibt über die manchmal auffliegenden Aktivitäten ausländischer Geheimdienste. Darüber spricht er auch gerne, der erfahrene Journalist mit Connections, insbesondere wenn sich jemand jünger und weiblich dafür interessiert. "Kann man mit denen (CIA) auch Kontakt aufnehmen?" , fragte ich ihn einmal vor ein paar Jahren nach seinen spannenden Erzählungen. Ich werde nie vergessen, wie er mich dann musterte - für naiv und harmlos hielt er mich jedenfalls nicht mehr, da er sich wohl dauernd fragte, wieso ich ihn dies frage :-)

Die "Presse" wiederum befasst sich mit dem ersten Jahrestag der Kür von Alexander Wrabetz zum ORF-Generalintendanten. Norbert Mayer klagt in einem Kommentar: "Alles beim ORF ist heute Proporz, auf breitester Basis. Daraus wird dann eben eine Anstalt der Mittelmäßigkeit. Wo aber bleiben heute die Kritiker des ORF? Man erinnere sich an die Diskussion im Frühsommer des Vorjahres. Lindner muss weg, Mück muss weg, hieß es, der ORF gehöre entpolitisiert. Was aber ist geschehen? Neue Farben braucht das Land. Der grüne Ex-Politiker und Stiftungsrat Pius Strobl, der Wrabetz zur Mehrheit verholfen hatte, wurde von diesem an eine wesentliche Schaltstelle der Macht gehievt, eine postmoderne Rotation sozusagen. Unter Rot, Schwarz und Blau nannte man das Freunderlwirtschaft. Dass inzwischen auch die Grünen diesem Prinzip lustvoll huldigen, zeigt wohl auch der Fall Wabl. Man lässt sich die Oppositionsrolle abkaufen. Ein Hoch dem Regenbogen!"

Wabl wird als Gusenbauers Klimabeauftragter übrigens 70 Euro die Stunde verdienen, so die "Kronen Zeitung" heute (macht mehr als 10.000 im Monat, sofern als 40 Stunden-Job gedacht). Ist er das auch wirklich wert? Und Strobl sein Direktorengehalt, natürlich - da sich der ORF-Klatsch gerne über ihn beschwert. Mich kann nichts überraschen oder erschüttern, sage ich in solchen Fällen, ich kenne den Pius doch! Ein Trost für euch: auch er kann nicht alles haben und auch nicht jede, oh ja, nicht alle Frauen finden Männermachtgehabe und Ränkeschmieden bewunderswert :-)

Alternativprogramm zum ORF: Okto.tv, heute war dort z.B. Hagazussa TV sehenswert (wird wiederholt, keine Bange, und kann bei I-Tunes downgeloaded werden)