01.04.07

Verrückte Welt

Ich wollte nicht wieder Meldungen zu einem möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Krieg sammeln - da hängt man nämlich erst recht lange im Web, weil ja Infos abseits des Medien-Mainstreams erst gefunden und dann auf deutsch zusammengefasst werden wollen. Aber angesichts dessen, was uns so etwa vom ORF vorgesetzt wird, bleibt mir wohl nix anderes übrig :-).

Da war (ich glaube am Freitag abend, 30.3.) zu hören, dass das Zeigen der gefangenen BritInnen "psychologische Kriegführung" sei und dass die maritimen Grenzen zwischen Iran und Irak "eindeutig" seien. Was von Letzterem zu halten ist, weiss Craig Murray, ehemals britischer Botschafter in Usbekistan und früher im Aussenministerium zuständig für Marineangelegenheiten, mithin also ein Experte.

Zur "psychologischen Kriegführung" muss auch ich an die Bilder von Abu Ghraib und Guantanamo denken und übergebe an Terry Jones von den Monty Pythons. Besser, als er im Guardian kommentierte, was demütigend ist und Menschenrechte verletzt, könnte ich es auch nicht ("Call That Humiliation?"). Jones schreibt nämlich derart (über die Gefangene Faye Turney): What is so appalling is the underhand way in which the Iranians have got her "unhappy and stressed". She shows no signs of electrocution or burn marks and there are no signs of beating on her face. This is unacceptable. If captives are to be put under duress, such as by forcing them into compromising sexual positions, or having electric shocks to their genitals, they should be photographed, as they were in Abu Ghraib. The photographs should then be circulated around the civilised world so that everyone can see exactly what has been going on.

Man zog den Gefangenen keine Plastiktüten über den Kopf, man liess auch ihre Angehörigen nicht fünf Jahre im Ungewissen, ob sie noch leben - kurzum, man behandelt sie nicht nach den in Abu Ghraib und Guantanamo verwirklichten westlichen Standards. Nunja, lässt sich ergänzen, und WENN sie sich auf iranischer Seite befanden (bei nicht ganz klaren Grenzverläufen ist, das hab' ich aus Murrays Texten, nach internationalen Konventionen die Mitte zwischen dem Festland als Grenze zu betrachten), dann ist es zwar nicht sehr nett, aber durchaus legal, SoldatInnen festzunehmen.

Zuerst war ja davon die Rede, dass sie ein IRANISCHES Schiff untersuchten, ehe sie aufgegriffen wurden, dann verschwand der Zusatz IRANISCH aus den Berichten. Der Guardian zeigt übrigens (davon können sich österreichische Medien was abschauen), was Meinungsvielfalt ist, siehe das Iran-Dossier mit ganz unterschiedlichen Kommentaren. Als Alternative bieten sich auch englischsprachige russische Portale an, die neben russischen Nachrichten Kommentare aus aller Welt spiegeln. Bei einem dieser Portale erfährt man gerade, dass der Iran ankündigte, demnächst "Fortschritte" im Bereich des Atomprogrammes bekanntzugeben.

Das nennt man wohl Öl ins Feuer giessen (wenngleich jeder Staat das Recht hat, Atomkraftwerke zu bauen, da sie sich bislang leider nicht weltweit ächten liessen). Mittlerweile schreibt auch die Jerusalem Post, dass Karfreitag (6. April) der Tag des ersten Angriffes der USA auf den Iran sein kann. Zwar beruft man sich auch hier auf russische Aussagen, doch kann dieses Zitieren bedeuten, dass genau darauf vorbereitet werden soll. Bisher war ja in den USA, in Kanada und in Israel in Medien offen zu lesen, dass der Iran attackiert werden soll.

Am Wochenende haben amerikanische Flugzeuge angeblich (und wieder einmal) iranischen Luftraum verletzt. Tony Blair könnte demnächst im Gefängnis sein, ist ein iranischer Kommentar zum Konflikt mit den Briten. Im Text wird auf den bekannten Journalisten und Dokumentarfilmer John Pilger verwiesen, der am 1.2.2007 den Artikel "Iran: A war is coming" veröffentlichte. "The war on Iran" nennt Michel Chossudovsky seinen neuesten Text vom 1.4.2007, in dem er die amerikanischen "war games" im Persischen Golf beschreibt: The maneuvers coupled with the unfolding "Iran Hostage Crisis" constitute an act of provocation on the part of the Anglo-American military alliance.

Chossudovsky erwähnt auch die russischen Vermutungen und meint dazu: While the Russian report must be taken seriously, there is, however, no corroborating evidence, which would enable us to pinpoint the exact timeline of a military attack on Iran. Moreover, there are several important factors which suggest, from a military organizational standpoint, that unless we are dealing with a case of sheer political madness, the Pentagon is not ready to launch an attack on Iran. Also kein Grund zur Panik? Nun, ebenso wie die Jerusalem Post und andere darauf einstimmen, dass es bald losgehen könnte, gibt es Aufforderungen, der Iran möge als erster gegen amerikanische Schiffe losschlagen (in der Annahme, Russland würde abgefangene US-Kommunikation an den Iran weiterleiten).

Zu den Stimmen der Vernunft gehören die Veteran Intelligence Professionals for Sanity. Sie meinen u.a.: The British are refusing to concede the possibility that its Marines may have crossed into ill-charted, Iranian-claimed waters and are ratcheting up the confrontation. At this point, the relative merits of the British and Iranian versions of what actually happened are greatly less important than how hotheads on each side-and particularly the British-decide to exploit the event in the coming days.

There is real danger that this incident, and the way it plays out, may turn out to be outgoing British Prime Minister Tony Blair's last gesture of fealty to President George W. Bush, Vice President Dick Cheney, and "neo-conservative" advisers who, this time, are looking for a casus belli to "justify" air strikes on Iran. Bush and Cheney no doubt find encouragement in the fact that the Democrats last week refused to include in the current House bill on Iraq war funding proposed language forbidding the White House from launching war on Iran without explicit congressional approval.

Der Iran hat der Atomenergiebehörde in Wien bekanntgegeben, dass er nun Informationen über Anlagen zurückhalten wird, weil Angriffe der USA und Israels befüchtet werden. Nicht zu Unrecht, sprechen doch Szenarien davon, dass unterirdisch liegende Anlagen mit "Mini-Nukes" bombardiert werden sollen. Nun wollen wir den Reigen der Links beenden mit einem Hinweis auf einen Kommentar von Justin Raimondo von Antiwar.com (einer Webseite, die ich bereits während des Kosovokrieges 1999 entdeckte, wie manch andere Seiten auch...).

Zum Weiterlesen auch: Wird der Iran am Karfreitag angegriffen? auf der Ceiberweiber-Seite....

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

der ORF ist auch sonst lustig. so weiß man beim ORF gewiss, daß das urteil über den "australischen taliban" mit nur 9 monaten MILDE ausgefallen ist

alexandra bader hat gesagt…

stimmt, das hab ich glatt vergessen....fiel mir auch auf, einerseits war das ganze fragwürdig (wie eigentlich ja guantanamo überhaupt), andererseits wurde jemand 5 jahre festgehalten und soll froh sein, wenn davon "nur" 9 monate angeblich rechtens waren (was ist mit den restlichen 4 jahren und 3 monaten? pech gehabt? soll froh sein, dass er freikommt und still sein?)