29.03.07

EADS auf der Nudelsuppe?

Glaubt man dem, was (wenige) PosterInnen auf den Webseiten der Tageszeitung zur Verteidigung der Rumpolds sagen, deren saftige Rechnungen für Eurofighter-Lobby wir hier zerpflücken, dann ist EADS auf gut österreichisch "auf der Nudlsuppn daherg'schwommen". Völlig naiv begab sich ein Riesenkonzern, der das grösste Passagierflugzeug der Welt herstellt (wenngleich mit Verzögerungen), vollkommen in die Hände der gefinkelten erfolgreichen Agentur "100% Communications" (Erika und Gernot Rumpold aus dem blauorangen Umfeld).

Wenn ahnungslosen TouristInnen in Wien schon mal vier Euro für einen dünnen, eigentlich gratis verteilten Stadtplan abgeknöpft werden, dann haben wir derlei einfach ein paar Nummern grösser, wie es einem grossen Konzern angemessen ist. 96.000 Euro pro Pressekonferenz seien bei ihr "üblich", meint Erika R. im Eurofighter-Ausschuss. Während ich mir den Kopf zerbreche, ob ich jemals über eine Presseveranstaltung gestolpert bin, die sich diesen Dimensionen annähert, klärt sich die Lage.

Es war ein relativ kurzer Termin am 17.7.2002 in der Wiener "Sky Bar", wo ich schon Pressekonferenzen, Hearings und Studienpräsentationen erlebte und kein Veranstalter mehr als ein paar Hundert Euro Rechnung hatte, obwohl die Location nicht gerade billig, aber am Vormittag eben keineswegs ausgelastet ist. EF-Vertreter Rauen musste eine Stunde nach dem anvisierten Beginn schon wieder woanders sein. Wer ohnehin für Lobbying und PR mehr als fürstlich bezahlt wird, verrechnet die Tätigkeiten um die PK sicher nicht extra. Was braucht es dann noch? Ein paar Kopien (vielleicht), Hochglanzmaterial und Give-aways (stellt vermutlich EF).

Kontakte zu Landeshauptleuten und MinisterInnen kosteten 120.000 bzw. 140.000 Euro (gabs für Erstere ein Sonderangebot?), obwohl EADS, anders als an Interviews interessierte JournalistInnen, ja "Gegengeschäfte" zu bieten hat. Von den Landeshauptleuten erinnert sich nur ein Ex genau und weiss, dass er Kaffee auf Kosten des Gastgebers servierte. Ein anderer ist sich nicht sicher, aber wenn, dann war es ein ganz kurzes Gespräch. Ein dritter lässt ausrichten, dass angerufen wurde, er ein Treffen aber ablehnte.

Dann haben wir eine Sicherheitskonferenz um wohlfeile 340.000 Euro, fast so günstig wie Limousine und Armani- oder Versacefummel, womit sich Frau E. R. gerne zeigt. "Topfachexperten" waren dabei, sagt sie dem Ausschuss. Was soll das denn sein? Entweder sind es Topexperten oder Fachleute, die Verdoppelung wirkt verräterisch, denn man hätte natürlich gerne Namen. Ich denke da an Sicherheitstagungen, die bspw. in der Diplomatischen Akademie stattfinden und wo ich das eine oder andere Mal auch zuhörte.

Da gibt's immer ein (bereits vorher Bekanntes und Bekanntgemachtes):
WELCHER TITEL?
WELCHE REFERENTEN/INNEN?
WELCHE TITEL DER VORTRÄGE?
WEBSEITE ZUR VERANSTALTUNG?
REGISTRIERUNG: TEL./MAIL/WEB?
WANN?
BEGINN?
ENDE?
WO?
EVENTUELLE TEILNAHMEGEBÜHR?
AN WEN GING DIE EINLADUNG? (SICHER AUCH AN MEDIEN)
BUFFET?

UND DANACH: TAGUNGSDOKUMENTATION & PRESSESPIEGEL!

Komisch nur, dass sich niemand an eine "Sicherheitskonferenz" erinnert, die mit "Topfachexperten" stattfand, deren Namen offenbar wie so vieles für Frau R. "Geschäftsgeheimnis" ist. Hier wird ja nicht der Pressesprecher von Partei xy gefragt, ob am 5. Mai 2002 eine Pressekonferenz war (was man vermutlich nicht so genau weiss, wenn man pro Woche für mehrere PKs zuständig ist).

Sicherheitskonferenzen gibt es, anders als Pressekonferenzen an sich, nicht wie Sand am Meer, in Österreich schon gar nicht. Vielleicht war Potemkin einer der "Topfachexperten" oder gar der Eröffnungsredner? Um 340.000 Euro kann man viele "normale" Sicherheitskonferenzen durchführen und, schätze ich mal, auch eine NATO-Sicherheitstagung sponsern.

Wir haben also - und das müssen wir annehmen, nachdem die Rumpolds all jene klagen, die "Fantasie"- oder "Scheingeschäfte" vermuten und gegen ihre Gegner auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen wollen - einen klassischen Fall von "auf der Nudlnsuppn dahergeschwommen". EADS hielt Österreich anscheinend für eine Bananenrepublik im hintersten Dschungel, wo alles ganz anders zugeht als beispielsweise an den Konzernstandorten Deutschland und Frankreich.

Dort konnte man, besonders mit Geschäften im Gepäck, ohne weiteres mit Politikern und Wirtschaftsvertretern reden, ohne dass die Euro-Tausender nur so strömen mussten. Auch ergaben Pressekonferenzen an Orten, die Eingeborene für diesen Zweck auswählen, keine exorbitant hohe Summe. Fast möchte man annehmen, die Landeshäuptlinge wurden EADS als finstere Kannibalenführer geschildert, denen man sich nur mit viel Fingerspitzengefühl und monatelangen Verhandlungen nähern kann.

Noch gefährlicher war die Mission nur in Wien, wo die Dörfer der Kannibalenhäuptlinge (Ministerien) relativ eng beieinanderliegen, sodass es wirklich schwer war, sich in einem um 200.000 Euro eingerichteten Büro mit einem Computer so lange zu verstecken, bis die Götter günstig gestimmt wurden. So gesehen ist es nur verständlich, wenn Frau R. schon mal 39.000 Euro pro Tag an Honorar erhielt und die Rumpolds zwischen März und Juni 2002 ein Honorar von 940.000 Euro verrechneten. Die Lobbying-Gespräche im Monat Juni 2002 sollen 384.000 Euro wert gewesen sein. Was heisst Gespräche, das war sicher auch so eine Hochrisikosache im tiefsten österreichischen Dschungel, wo Fremde auf einheimische, wenngleich teure FührerInnen angewiesen sind...

PS: Wer 100% Communications nun per Telefonbuch oder Web sucht, wird nicht viel Glück haben.


PPS: Weiterer Ceiberweiber Text: die 96.000 Euro-Pressekonferenz, fein säuberlich in ihre Bestandteile zerlegt :-)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

sehr gute zusammenfassung dessen, was man im detail auf der pilz-homepage nachlesen kann!!!!
auch mich wundert immer, wofür die experten, lobbyisten extra kassiert haben sollen (als referenten?), die ohnehin das interesse hatten, den EF zu verkaufen, wofür landeshauptleute u. minister bezahlt wurden, die ohnehin für derartige kontakte zu wirtschaft u. medien bezahlt werden, warum ministerialräte etc. für arbeit im rahmen ihrer tätigkeit honorare bekommen...
wer da wieviel bekommen hat?
vieles in diesen rechnungen ist derart lächerlich, abgeschrieben aus einem handbuch f. kostenerstellung, von mal zu mal die textbausteine inclusive der grammatischen fehler kopiert.

EADS ist NICHT auf der nudelsuppe dahergeschwommen, sie können mit den rumpolds zufrieden sein. "irgendwie " wurde irgendwer "nachbearbeitet", es kam das resultat heraus, das gewüscnht war, der abschluss.
da sind 6 mill. für eine agentur wirklich nur peanuts!

und an wen sind die provisionen gegangen?

Anonym hat gesagt…

je genauer man die details liest,
desto abstruser wird es, die stellten schon die "auswahl der location" in rechnung usw.

alexandra bader hat gesagt…

lieber francesco, gebe dir recht. mittlerweile hat pilz ja (unter dem punkt "scheinrechnungen" eine liste von verrechneten, aber nicht mit einzelzahlen belegten posten, bei denen einem die spucke wegbleibt.

mir kommt es immer mehr so vor, als müsste bereits für die fähigkeit zu lesen und zu schreiben dick geblecht werden (siehe "anwesenheitsliste!" der pressekonferenz).

ich werde für die ceiberweiber-seite noch was schreiben speziell zur auflistung der pressekonferenz-bestandteile (aber die ärgsten anderen "stilblüten" zitiere ich auch), weil ich sowas halt auch aus erfahrung beurteilen kann.

mir kommt es so vor, als wolle jemand IMITIEREN, was zu einer pk oder zu lobbying oder zu simplen grafischen werbemassnahmen gehört.

briefkastenfirmen haben ja wenigstens eine adresse - aber diese "firma" hier?!