27.03.07

Gedanken im Burggarten....

Bevor mich jetzt jemand furchtbar beneidet, dass ich an einem wunderschönen Nachmittag ein wenig im Burggarten gesessen bin und gelesen habe: vorher stand, wie auch an den meisten anderen Tagen in den letzten Wochen, bis weit nach Mitternacht am Computer sitzen. Zwar sollte ich bereits etwa die Hälfte der "alten" CeiberWeiber-Seite gesichtet haben - aber da steht mir eben noch die andere Hälfte bevor :-)

Und die "neu" will auch wachsen und darf nicht verwaisen, ergo siehts dann so aus: man ein paar Sachen für die "neue", mal ein paar Dateien der "alten" durchchecken und mit reduziertem Design ins Netz stellen, sofern sie für dauerhaft gut befunden werden. Das neue System bedingt, dass wir genau nachvollziehen können, welche Artikel sofort sehr gefragt sind - Sieger von gestern & heute ist eindeutig der offene Brief deutscher Persönlichkeiten an EU-Ratspräsidentin Angela Merkel wegen des drohenden Krieges gegen den Iran.

Direkt darunter ist eine Meldung, die das Herz vieler Gewaltopfer höher schlagen lassen sollte, da Justizministerin Maria Berger einiges vorhat, das die Stellung der Opfer stärkt und ihnen mehr Hilfe zugute kommen lässt. Aber wie gesagt, der mögliche Iran-Krieg ist unser Spitzenreiter. Ist ja auch wichtig und ein gutes Zeichen, dass es so viele bewegt.... Nur sind halt Gewaltopfer oder Gender Budgeting Themen, die in einem Frauen-Webmagazin besonders wichtig sind. Und wenn wir beim Budget sind: die Grünen fordern Frauenministerin Doris Bures, die ab 2009 nur mehr gegenderte Staatshaushalte haben will, dem Doppelbudget 2007/2008, das diese Woche dem Parlament vorgelegt wird, die Zustimmung zu verweigern.

An der "deutschen Skandalrichterin", wie der Boulevard gerne schreibt, können wir auch nicht vorbei, da gerne der Blick auf "nichtmuslimische" Gewalt gegen Frauen verstellt wird. Selbst Alice Schwarzer dient der Sache der Frauen nicht wirklich, wenn sie eine "Unterwanderung" des Rechtssystems vermutet, nur weil eine Richterin so zynisch ist zu meinen, eine Frau müsse wissen, worauf sie sich einlässt, wenn sie einen Muslim heiratet (Koran erlaube Züchtigung usw., es gibt auch ganz andere Koranstellen...).

Islam oder Patriarchat? ist daher die logische Frage, und im Burggarten fiel mir ein, welche Konsequenzen frau noch aus der richterlichen Logik ziehen kann: da etwa 20% aller Frauen Gewalt in Beziehungen erfahren, muss doch endlich auf jedem Standesamt und in jeder Kirche eine Warnung aushängen: ACHTUNG, EINE BEZIEHUNG ZU EINEM MANN KANN IHRE SEELISCHE UND KÖRPERLICHE GESUNDHEIT GEFÄHRDEN! Da viele Paare ohne Trauschein zusammen sind, muss derlei auch in Lokalen und am Arbeitsplatz und überall, wo Mann und Frau sich begegnen angeschlagen sein.

Absurd? Mag sein, aber das entspricht der Haltung der Rechtssprecherin, dass das Opfer an Gewalt schuld ist, weil es ja nicht eine Beziehung mit einem potentiellen Täter hätte eingehen müssen. In Wahrheit müssen Gerichte (und Polizei und andere Stellen) die garantierten Menschenrechte einer Frau wahren, zu denen auch gehört, körperlich unversehrt zu bleiben. Und den Aufenthaltsort, den Beruf, die Familie frei zu wählen, sich frei zu bewegen, das Postgeheimnis gewahrt zu haben, den eigenen Besitz unangetastet, nicht eingeschüchtert und bedroht zu werden - um nur ein paar der Gesetzesverletzungen aufzuzählen, derer sich Gewalttäter schuldig machen (in kulturübergreifender Männersolidarität Nichtmuslime ebenso wie Muslime).

Von wegen dummer Richter(innen) sprüche ist es auch wahrlich nicht notwendig, "Unterwanderung" an die Wand zu malen. Wir kennen es doch alle, aus der Praxis nichtmuslimischer Richter (innen) im Umgang mit nichtmuslimischen Opfern und nichtmuslimischen Tätern. Gerne wird entschuldigt und verharmlost, was auch Medien vorzeigen, in dem sie oft passive Formulierungen anwenden, als habe ein Täter keine Entscheidungsfreiheit über seine Handlungen. Da wird einer Frau schon mal abgesprochen, dass Vergewaltigung schlimm für sie sein kann, weil sie kein "behütetes Bürgertöchterl" ist, das es anscheinend in den Fantasien von Rechts-Herren gibt (die sicher ganz klassische Rollenteilung daheim haben).

Ansonsten verlinke ich gerne zu den Texten und Seiten anderer, aber momentan wärs heavy, auch noch nach Empfehlenswertem zu suchen, also sorry :-) Bei uns ist noch z.B. erwähnenswert eine Story über Europäerinnen, die im 19. Jahrhundert (und teils davor) in den Orient reisten. Dies erforderte Wagemut, da auch viele Männer vom Orient fasziniert waren, ihn aber doch nie selbst sahen (naja, auch eine Frage von Geld und Möglichkeiten - die meisten Menschen mussten sich recht und schlecht über die Runden bringen....). Wir beschreiben Mary Eliza Rogers, die ihren Bruder nach Palästina begleitete und sowohl die Männer- als auch die Frauenwelt kennenlernte, Elizabeth Craven, die auf eigene Faust in die Türkei und weiter reiste (was viele Männer kaum glauben konnten).

Weiters Lady Hester Stanhope, die den Libanon einem behüteten Leben in England vorzog, Mary Wortley Montagu, die ein paar Jahre in der Türkei verbrachte und die Pockenimpfung nach England brachte, und Lady Anne Blunt, die Tochter von "Computerpionierin" Ada Lovelace. Zugleich erschien übrigens ein Porträt Lady Annes in der Zeitschrift "Cavallo", das die Fachjournalistin Betty Finke vom "Araber Journal" insofern erstaunte, als die Redakteurin wollte, dass sie es erst durchcheckt, ehe es veröffentlicht wird.

Lady Annes Mutter wird (nicht nur in diesem Artikel) gerne zugunsten des Grossvaters Lord Byron unterschlagen, der seit 13 Jahren tot war, als sie geboren wurde. "Cavallo" (wo das Bild eines Hengstes der Lady Anne schon mal zur Stute wird :-) zufolge war Lady Anne einfach der "Damenkränzchen" müde und wollte in den Orient, auch Fehlgeburten riskierend und ihr einziges überlebendes Kind einer Amme überlassend. Tatsächlich kann sich eine Frau, die mehrere Sprachen spricht, sich arabisch beibringt, virtuos Geige spielt, malt und schreibt, wohl nicht allzu sehr bei Damenkränzchen gelangweilt haben, da ja Fähigkeiten auch Zeit zum Entwickeln brauchen.

Fehlgeburten erlitten auch andere, der Tod von Säuglingen wenige Tage nach der Geburt war häufiger als heute, und Ammen waren durchaus eine Möglichkeit (zumal auch deswegen gereist wird, weil Ehemann Wilfrid an Tuberkulose erkrankt war und damals südlichere Gefilde als Allheilmittel galten). Für "Cavallo" blieb Lady Anne einfach im Orient nach ihrer Reise von 1878 (so eine Gefühlskälte gegenüber der Family daheim in England!), obwohl sie erst nach der Scheidung 1906 vor allem in einem Gut bei Kairo lebte, das die Blunts in den 188er Jahren kauften. Lady Anne war immerhin die erste Europäerin, die den Nejd bereiste, Zentralarabien, wo zahlreiche (Männer-) Expeditionen zuvor gerade mit heiler Haut davonkamen oder verdursteten oder von Beduinen attackiert und zum Teil getötet wurden...

& was es sonst so Neues bei den Ceiberweibern gibt: selber entdecken :-)

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