07.12.07

Politik, Medien und Privatleben

Diese Woche gab es in der Zukunftswerkstätte, einem Veranstaltungsort der SPÖ für inhaltliche Diskussionen, der leider nicht mehr fortbestehen soll, Diskussionen über Politik(erInnen), Medien und Privatleben. Ich war an beiden Abenden dort und habe natürlich auch bei den Ceiberweibern berichtet siehe 3.12. und 4.12. 2007.

Diese Art Journalismus, der über reine, ohnehin oft spannende Politik hinausgeht, kannte ich bislang nur als Medienkonsumentin, also wie alle anderen auch. Wobei ich aber doch auch jene teilweise kenne, die "Gesellschaftsjournalismus" machen und für deren Bereich Politik nicht von den Inhalten her interessant ist, sondern wenn sich AkteurInnen bei Events zeigen, ihr Privatleben in Teilbereichen offenbaren ("Homestory") bzw. es gegen ihren Willen offenbart sehen. Hier ist übrigens gerne von mutmaßliche Beteiligte fragen, von Rücksichtnahme auf Kinder und davon die Rede, dass nur das geschrieben wird, was beweisbar ist, sofern es einen eklatanten Widerspruch zur Programmatik einer Person darstellt.

Also wenn jemand mit traditionellen Familienwerten wahlkämpft, auch oft mit Familie auftritt und in Wahrheit die Welt längst nicht mehr so heil ist. Das ist nachvollziehbar, fällt es doch in die Kategorie von Politikern, die Promillegrenzen beschließen und dann betrunken autofahrend erwischt werden. Ansonsten aber wird, man höre und staune vielleicht als LeserIn, Privatleben respektiert. Oft fällt dies sichtbar schwer, etwa wenn es in den Fingern juckt, einen Politiker, der oft wenig Achtung vor den persönlichen Grenzen anderer Menschen zeigt, der auch vor Wehrloseren nicht halt macht, die nicht den Bereichen Politik, Medien und Verwaltung angehören, als homo- oder bisexuell zu "outen".

"Warum macht ihr da nichts draus?", fragten die BesucherInnen der Diskussionen anwesende Journalistinnen danach. Es wurde recht ehrlich Antwort gegeben, wobei ich die "KollegInnen" aus anderen Medien unterstützte. Zum einen geht es rein pragmatisch darum, dass niemand gerne Klagen bekommt (und Medien schon mal Vorhaltungen machen, "was du uns wieder gekostet hast", auch wenn die Journalistin / der Journalist bestmögliche und ansonsten auch weitgehend ungeklagte Arbeit liefert). Zum anderen kann es ja, gerade wenn wir an diese Geschichte denken, auch sein, dass jemand einer Journalistin /einem Journalisten zuerst bereitwillig Auskunft gibt, etwas mit dem "gehabt" zu haben, dann aber abspringt.

Dazu kann dann noch die Behauptung kommen, von "den Medien" irgendwie gelegt worden zu sein, als ob ein erwachsener Mensch nicht in etwa einschätzen kann, welche Folgen es haben könnte, mit "den Medien" zu reden. Wichtiger wiegt aber, dass hier auch andere Menschen involviert sind, die unter so einer Situation, wenn sie denn wirklich besteht, ohnehin leiden werden. Sollen sie die Kränkung auch noch offiziell und öffentlich haben? Wenn jemand formal heterosexuell, also verheiratet ist, dann ist bei unserem Beispiel eine Frau die Leidtragende, die ohnehin die Jahre über für die Karriere eines Mannes immer wieder zurückgesteckt hat.

Schließlich hätte ein "Outing", das vielleicht sogar antidiskriminierend gemeint war (nach dem Motto: "Ich bin schwul und das ist gut so", mit dem der Berliner Bürgermeister Wowereit mit seinem Privatleben umgeht), einen diskriminierenden Effekt. Es wäre unvorstellbar, dass die Heterosexualität eines Politikers Schlagzeilen macht, dass hierfür immer wieder nach Beweisen gesucht wird, um der Gerüchteküche mal nachzugehen. Anders verhielte es sich, wäre Homosexualität die Norm (dann würde etwa Haiders Ex-Partei FPÖ auch nicht gerade aktuell Homosexuelle als verkappt pädophil diffamieren, sondern hätte Angst, Kinder heterosexuellen Männern anzuvertrauen). Die abweichende Heterosexualität hätte dann den Hauch des Sensationellen und wäre Ziel von Recherchen.

Solange es kaum PolitikerInnen gibt, die sich offen als schwul oder lesbisch bezeichnen, wird mit zweierlei Mass gemessen. Es kann ja nicht sein, dass österreichweit nur ganz wenige Schwule und Lesben politische Ämter innehaben, zumal ja seit Ewigkeiten immer wieder Gerüchte über "Scheinehen" samt Kindern kursieren, die in manchen politischen Milieus erforderlich sind, um an eine Karrierer überhaupt denken zu können. Diese Menschen hatten es früher nicht unbedingt leichter, da Medien zwar nichts über das Privatleben von Politikern (-innen gab es nur wenige) berichteten, aber durchaus parteiinterner Druck entstehen konnte.

Bei einer Diskussion wurde dies am Beispiel eines allerdings heterosexuellen ÖVP-Landeshauptmannes mit Freundin illustriert, dem seine "Parteifreunde" mit dem scheinheiligen Hinweis auf "die Medien" zusetzten, die damals in den 80er Jahren aber ganz sicher keine einzige Zeile geschrieben hätten. Was meinen Zugang als Journalistin betrifft, so interessiert mich weder, ob mir ein Politiker / eine Politikerin gute Gartentipps geben kann oder sich als BeziehungstherapeutIn bewähren würde, sondern wie sie / er die jeweilige Aufgabe erfüllt. Umgekehrt würde ich von GärtnerInnen und BeziehungstherapeutInnen auch nicht erwarten, nebenbei gute PolitikerInnen zu sein.

Freilich war ich ja lange Zeit selbst in einer Partei, in der es wie in jedem anderen Arbeitsumfeld auch (also wie bspw. in den Redaktionen) "menschelt". Es sollte nie zu auffällig sein, auch nicht scheinbar unter sich, weil ja doch auch etwas nach außen getragen werden konnte, wenn keine Presse anwesend war. Dennoch gab es natürlich einiges, worüber viele Bescheid wußten und wovon zumindest manches sicher auch bei den Medien bekannt war, die es allerdings nie erwähnten. Über eine Person gab es sogar Gerüchte über Sex mit unter 14jährigen Mädchen, was, wenn es so leicht beweisbar gewesen wäre, doch eindeutig die Grenze des Zulässigen überschritten hätte. Allerdings weiss man nie, ob nicht Behauptungen in die Welt gesetzt werden, um einer Person indirekt beizukommen, bei der es direkt viel schwieriger ist.

Ich habe nie Interesse verspürt, mal bei Medien nachzufragen, was sie denn über wen wußten, als ich selbst Journalistin war. Denn der "menschliche" Bereich ist allemal noch ein sympathischer Zug an jeder Organisation, mag es in ihr auch sonst noch so hart zugehen. Von daher kann ich mir aber doch in etwa vorstellen, wie es beispielsweise Ministerin Kdolsky und ihrem neuen Partner ging, als das bißchen an Privatheit, das beim Job der Ministerin rein zeitlich möglich ist, in Medien breitgetreten wurde. Da PolitikerInnen auf Medien angewiesen sind, kann es da eigentlich auch keine direkte Gegenwehr geben, obwohl zumindest mitbetroffene Personen vollen Schutz ihrer Privatsphäre genießen müßten, was ja ein an sich unteilbares Menschenrecht ist.

Wäre ich mitbetroffen wie Kdolskys "Neuer", dann würde ich wohl Jäger zu Gejagten machen und mich energisch zur Wehr setzen, da ich ja selber Öffentlichkeit herstellen kann. Zudem bin ich, wie mir eine nette Journalistin kürzlich schrieb, in der Medienszene eine Art "heißes Eisen", die Person, deren Name tabu ist, eben weil ich oft medienkritisch schreibe, wenn ich den Eindruck habe, es finden Inszenierungen statt. Die Ignoranz ist also weniger Nichtbeachtung als vielmehr "die schon wieder", wenn ich darstelle, was mit Berichterstattung anderswo bezweckt wird. Die Vorstellung, wie das "heiße Eisen" herumgeworfen wird, damit es am Ende bei einer landet, die mich kennt, hätte aber etwas Amüsantes.

An der Stelle von Kdolskys Partner würde ich diese Journalistin dann auf den politischen und öffentlichen Druck hinweisen, unter dem die Ministerin steht, und vermuten, dass dieser Druck einfach noch auf einer anderen Ebene gesteigert werden soll. Aktuell ist Kdolsky damit konfrontiert, dass Transparency International die Korruption in Österreich untersucht hat und da das Gesundheitsweisen negativ auffällt. Von mir bekäme die Journalistin die Information, dass TI keineswegs neutral agiert, sondern zum National Endowment for Democracy gehört, das für "philantropischen Imperialismus" bekannt ist, was man eigentlich wissen sollte.

Das NED entstand in den 80er Jahren unter einer Executive Order von Präsident Reagan und ist eine Art "Privatisierung" von CIA-Aktivitäten. Es werden NGOs gefördert, Organisationen wie Reporter Ohne Grenzen, die auch in Österreich als Kämpfer für Pressefreiheit auftreten (was aber nicht meine journalistische Freiheit meint, denn als ich gezielt und existenzbedrohend verleumdet wurde, schwiegen sie wie alle anderen), und die "Farbrevolutionen" in ehemals kommunistischen Ländern. In westlichen Demokratien kann man in Aktionen der NED-Familie sowas wie einen Versuch sehen, das Vertrauen der Menschen in ihre Regierungen zu schwächen, in dem Kritikpunkte übertrieben dargestellt werden.

Starke souverän agierende Regierungen in der EU bedeuten, müßte sich so eine Journalistin anhören, dass auch die EU stärker auftritt, was ja wohl keine rechte Freude bei manchen Kreisen in den USA aufkommen läßt. Offenbar, würde ich folgern, hat die Kritik von Transparency International der Ministerin weniger als erwartet zugesetzt, sodass es jetzt anderswie probiert wird. Vermutlich käme bei solchen Kontern, noch dazu von einer selbst publizierenden Person, die sich alles Mögliche ausdenken kann, weder in den Redaktionen noch anderswo große Freude auf.

06.12.07

Nachts im Parlament

Am 5.12.2007 bzw. eigentlich schon am 6. Dezember konnte man via Web mitverfolgen, wie über den EUFOR-Einsatz des Bundesheeres im Tschad diskutiert wurde. Die FPÖ stellte einen Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos, weil dieser angeblich damit die Neutralität verletze. Ausgerechnet die "NATO-Partei" unterstellt so ziemlich der letzten Person, der man dies zu Recht nachsagen könnte, eine Affinität zur NATO.

Das Plenum begann viele Stunden zuvor mit einer Fragestunde mit Frauen- und Medienministerin Doris Bures, bei der sie sich zur Unabhängigkeit des ORF und zu Qualitätsansprüchen bekannte. Wie der ORF selbst seine Unabhängigkeit sieht, zeigt die Art und Weise, wie auf orf.at über den Misstrauensantrag berichtet wird: "Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) darf weitermachen. Der Nationalrat lehnte kurz nach 1.00 Uhr Nacht einen von der FPÖ eingebrachten Misstrauensantrag gegen den Ressortchef ab."

Darf weitermachen? Seit wann ist dafür maßgebend, was die FPÖ fordert? Über Misstrauensanträge gegen andere MinisterInnen wird nicht in diesem beinah enttäuschten Tonfall berichtet. Es geht aber in dem Stil weiter: "FPÖ-Wehrsprecher Peter Fichtenbauer begründete sein Begehr damit, dass mit dem Einsatz im Tschad die österreichischen Soldaten fahrlässig gefährdet würden. Darabos selbst verteidigte einmal mehr die geplante Mission." Immerhin wird dann erwähnt, dass der Minister humanitär argumentiert und meint, es wäre "ein Verbrechen an der Menschlichkeit" wegzusehen.

"Unterstützt wurde er auf der Regierungsbank auch zu nächtlicher Stunde - neben dem Verteidigungsminister saßen Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Infrastrukturminister Werner Faymann (SPÖ) sowie Frauenministerin Doris Bures (SPÖ)." Vermutlich ist das symbolisch notwendig, wenn der Widerstand gegen den Einsatz auf einer unehrlichen Ebene läuft, was der Minister auch mehrmals ansprach - und wir können annehmen, dass auch die abwesenden MinisterInnen Schmied, Berger und Buchinger ihren Regierungs- und Parteikollegen nicht im Stich lassen.

"Das BZÖ fand jede Menge Punkte, warum Misstrauen gegen Darabos angebracht sei und schloss sich der FPÖ an. Vor allem kritisiert wurde, dass die Kosten für den Tschad-Einsatz nicht absehbar seien und diese auch noch dem Bundesheer mit seinem ohnehin kargen Budget umgehängt würden." So endet die Nachricht des ORF, die doch deutlich mit der Kritik am Minister und seiner Politik sympathisiert. Wir dürfen gespannt sein, wie über die Fragestunde am 6.12. mit Außenministerin Ursula Plassnik berichtet werden wird, bei der es auch stark um den Tschad-Einsatz ging. Die Ministerin verteidigt die Mission ebenso und war auch an ihrem Zustandekommen beteiligt - allerdings bislang ohne Misstrauensantrag.

Aber der 6.12. bedeutet ja einen weiteren langen Plenartag, an dem der FPÖ noch etwas einfallen könnte (oder auch eingeflüstert wird). In der nächtlichen Debatte argumentierte Minister Darabos mehrfach mit dem humanitären Aspekt (u.a. damit, das Frauen vergewaltigt werden) und wunderte sich einmal mehr über die ganz andere Haltung von Medien und Opposition, die in keinem der anderen teilnehmenden Ländern ähnlich ist. Er verwies auf die Einstimmigkeit in der EU, die ja von der UNO ersucht wurde, Hilfsmaßnahmen im Tschad durch Peaecekeeper abzusichern. Die Grüne wandten dazu ein, dass dass EU-Parlament aber nicht so einmütig abstimmte, da die Grünen dagegen waren.

Die Grünen hätten ihren Anspruch auf moralische Autorität und Humanität verspielt, meinte Darabos zur fortwährenden Kritik. Seitens der SPÖ legte Klubobmann Josef Cap noch nach, indem er auf den Zusammenhang zwischen Asylgerichtshof-Debatte, die am Vormittag geführt wurde, und Flüchtlingen in Afrika hinwies. Einerseits soll als die Politik der Regierung menschenverachtend sein, andererseits aber ist man so menschenverachtend, Flüchtlinge im Stich zu lassen. Da distanzierte sich Peter Pilz dann doch recht deutlich vom xenophob motivierten Misstrauensantrag der FPÖ...

Ergänzung: Strache sieht das Ganze ganz anders als ich (gewissermaßen diametral entgegengegesetzt), wie eine Presseaussendung verrät:
"Offenbar drückt etliche Abgeordnete in SPÖ und ÖVP das schlechte Gewissen wegen des unverantwortlichen Tschad-Einsatzes", meinte heute FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache. Anders sei es nämlich nicht zu erklären, dass gestern nur 115 Abgeordnete der Regierungsparteien für diesen Kriegs- und Kampfeinsatz gestimmt hätten. Insgesamt hätten 34 Abgeordnete für den FPÖ-Antrag gegen die Entsendung unserer Soldaten nach Afrika gestimmt. (Anmerkung: Strache meint den Misstrauensantrag spät nachts)

Strache bezeichnete die mitternächtliche Debatte als hochinteressant. Hier seien die Emotionen zwischen Rot und Schwarz hochgegangen. Massenweise hätten sich SPÖ-, ÖVP- und Grün-Abgeordnete vor der Abstimmung über den Tschad-Einsatz und über den Misstrauensantrag gegen den Verteidigungsminister gedrückt, um sich bloß nicht deklarieren zu müssen. Peter Pilz wiederum habe sich dezidiert gegen den freiheitlichen Misstrauensantrag ausgesprochen und habe somit offenbar nichts gegen einen parteiischen Kampfeinsatz an der Seite der Franzosen. Pilzens Neutralitäts- und Glaubwürdigkeitslack sei damit endgültig abgeblättert.

Beim Misstrauensantrag habe zudem kein einziger ÖVP-Minister Verteidigungsminister Darabos auf der Regierungsbank gestützt. Obwohl Außenministerin Plassnik für den Kriegseinsatz federführend mitverantwortlich sei, habe sie sich in dieser Phase gedrückt und durch Abwesenheit geglänzt. Dies lasse einige Schlüsse über das Koalitionsklima zu, meinte Strache.
Wie sehr Strache am Boden der Realität ist oder doch nicht, zeigte ja auch eine Auseinandersetzung mit der SPÖ-Abgeordneten Bettina Stadlbauer, die sich darüber empörte, dass er Müttern die Schuld an Misshandlungen und Missbrauch von Kindern durch Männer gibt. Eben nach dem Motto, es sind immer die Frauen schuld am Verhalten von Männern - und getreu den Aktivitäten der FPÖ für "mehr Männerrechte".

Im "Falter" gibt es am 5.12. einen Kommentar von Minister Darabos zum Tschad-Einsatz

Ceiberweiber zu dieser Thematik u.a.:

Warum werden Österreichs Truppen von Rebellen bedroht? (explizit als Einzige neben den Franzosen)
Welchen Zweck hat die US-Studie zum Tschad-Einsatz? (Der Background des Autors offenbart keineswegs uneigennützige Interessen)
Anneliese Rohrer im "Kurier" gegen Minister Darabos (Beispiel für platte Medien-Argumentation)

Dazu passend: Gender und Peacekeeping und auch Asylpolitik, Sicherheit und Klimawandel

Im Web kann man Parlamentssitzungen übrigens hier verfolgen:
www.parlament.gv.at
www.ots.at

28.11.07

Hier wird schon wieder gebloggt :-)

Aber im Moment ist sooo viel los :-)

Somit formuliere ich auch alles in Artikeln bei den Ceiberweibern und habe keine "Gedankenüberschüsse" mehr :-)

Außer vielleicht, dass ich mich umorientiere, leichten Herzens jeden Bezug zu den Grünen hinter mir gelassen habe, was ich mir nie so einfach hätte vorstellen können und auch nicht so plötzlich.

Dies ist aber keineswegs so leicht, da sich zwar Perspektiven auftun, ich aber im Moment auf der Stelle trete. Durchaus hoffnungsvolle Perspektiven, doch wenn aufgrund der Umstände alles im Stocken ist, wird mir viel an Geduld abverlangt und ich wünsche mir mit jeder Faser, es wäre schon anders.

Mal kann ich das besser ertragen, mal schlechter; letztlich drehe ich jeden Abend oder jede Nacht eine Runde durch die Landschaft, bei der ich mich ausheule.

Dann fasse ich doch wieder optimistische Gedanken, versuche das Meine zu tun (nach Nächten, in denen ich kaum einschlafen kann), und dann bleibt wieder alles beim Alten.

Mal bin ich gerne bei Terminen, weil es ablenkt und die Zeit vergeht, mal wünsche ich mich von dort weit weg und brauche Kraft für Smalltalk.

Wenn ich Zeitung lese oder ORF konsumiere, bin ich immer noch oft entsetzt über die Art der Berichterstattung; bin es vielleicht sogar noch öfter und thematisiere es auch, ungebrochen, weil es notwendig ist.

Nun einfach eine Auswahl, alles Produkte des letzten Monats - dann wird auch klar, dass ich wirklich viel geschrieben habe:

CEDAW, die UN-Konvention gegen die Diskriminierung der Frau, wurde von Österreich 1982 ratifiziert. Frau gedachte mit einer 25 Jahr-Feier im Bundeskanzleramt.

Frauen, Männer und Gewalt befasst sich mit der Vielschichtigkeit von Gewalt.

Gender, Krieg und Raketen ist auch ein Gewaltthema.

Gewalt, Beziehungen und der "Fall Luca" ist ein Gespräch mit Rotraud Perner.

Stimmen gegen Gewalt ist eine Aktion der SPÖ-Frauen mit unter die Haut gehenden Texten.

Gegen Gewalt an Schulen ist eine Aktion, die im November gestartet wurde.

Kürzlich gab es ein Fundraising-Dinner für Frauen im Kosovo.

Verteidigungsminister Norbert Darabos war bei einer Diskussion, über die ich berichtet habe....

...und wird von Medien wegen des Tschad-Einsatzes des Bundesheers im Rahmen einer EUFOR-Mission heftig kritisiert.

Die Art und Weise, wie Medien Macht über die Politik ausüben, finde ich gar nicht gut....

....da ich ein ganz anderes journalistisches Selbstverständnis habe....

01.10.07

Perspektiven 2010 - Live-Blog

Diesmal wird etwas anders gebloggt - es kommen immer wieder kurze Einträge, aber alle unter diesem Titel (da mein Blog ja aus regelmäßigen längeren und nicht vielen kleineren Beiträgen besteht).
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Wir befinden uns im Wiener Prater - "wir" wörtlich zu nehmen - rundum eine Menge Leute, vor allem ÖVP, aber auch Medien und BloggerInnen (im Speziellen). Im Ernst Happel-Stadion gibts einen VIP-Bereich, wo normalerweise wohl weniger Personen sind. Es ist dichtgedrängt, alles wartet gespannt auf den Beginn. Und auch durstig, möchte ich anmerken - die Bars haben erst nach der Veranstaltung geöffnet. Die BloggerInnen haben aber eine Flasche Mineral bekommen, die sie sich teilen :-)
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Auf unseren Tischen liegt ein gefaltetes Pappding mit Linsen "hier reinschauen!", man sieht dann auf Distanz ganz gut, was z.B. am Laptop steht. Es wirbt für perspektiven2010.at, "reinschauen, durchklicken & durchblicken". Immer wieder gibt es Applaus, der einen Beginn suggeriert, welcher dann aber doch nicht kommt. Von dem, was vorab bekannt wurde, ist wohl die Zustimmung der ÖVP zur eingetragenen Partnerschaft das "Auffälligste" (willkommen im 21. Jahrhundert).
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Wieder Applaus, er gilt großer blonder Frau, kann nur Ursula Plassnik sein, dann auch Wolfgang Schüssel im weißen T-Shirt.
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Nun beginnt's, Moderator redet launig über Fußball, was mich persönlich so überhaupt nicht interessiert. "Wenn Sie's nicht lustig gefunden haben" - nein, fand ich nicht. Aber, aha, man darf die Sessel mit nach Hause nehmen (schade, dass ich mit dem Rad da bein :-)
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Auftrag der Perspektivengruppe war Blick in die Zukunft, was auch durch ein "superdynamisches" Video veranschaulicht wird, in dem die Hauptmitwirkenden gezeigt werden. Einigermaßen "gegendert" scheint das Team der 16 Verantwortlichen für Themen zu sein (ich kanns nicht sofort nachschlagen und auch nicht beim Video mitzählen :-)
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4 stellvertretend für alle 16 auf der Bühne, wir erfahren, dass auch ExpertInnen eingeladen wurden zb Männerforscher Erich Lehner oder Rotraud Perner. Gendergerechtigkeit muss bei familienpolistischen Maßnahmen gegeben sein. Diskussion mit Wirtschaft über Vereinbarkeit, auch Bereiche wie Eltern und Schule, es war für Vertreter der Wirtschaft manchmal "gewöhnungsbedürftig".
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Diskussionen zu Papierentwurf im Bereich Wirtschaft in allen Bundesländern, ges. 1200 TeilnehmerInnen, auch ExpertInnen, zusätzlich zur Diskussion auch Fragebogen. "Wirtschaftsfreundliche Gesamtstimmung" soll erreicht werden. Erfolg kommt nicht nur aus harten Fakten, sondern auch aus der Stimmung. Leistungsorientierung und Eigenverantwortlichkeit soll angesprochen werden. Zusammenfassung der 16 Papiere war "Spagat" für Josef Pröll, da einander die einzelnen Bereiche tw. widersprachen.
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Querdenken und Zulassen ist immer Mut, nicht nur bei Wahlen. Bei Fragen der Integration und Sicherheit wurden auch VertreterInnen anderer Parteien eingeladen. Reden mit Amnesty, Caritas, Roma-Vertretern und Polizei war sehr interessant. Leute fanden es gut, dass die ÖVP wieder "Volkspartei" im eigentlichen Sinn wird. Beschleunigte Asylverfahren gefordert und Zugang zum Arbeitsmarkt; Sicherheit ist auch soziale Sicherheit, nicht nur Innere und Äußere.
Wenn etwas in die Programmatik der ÖVP übernommen wird, ist es auch ein Garant dafür, dass es umgesetzt wird.
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Beim Thema Schule waren LehrerInnen im Sommer zum Diskutieren bereit - Polemik gegen Ministerin Schmied, deren "Wahnsinn" in Sachen Schule beendet werden müsse. Die ÖVP geht davon aus, dass es auch sehr gute Hauptschulen gibt, was weiterhin so bleiben soll. Die Arbeitsgruppe zum Thema Familie war, erfahren wir weiters, jenes mit dem meisten Zulauf, ein komplexes Thema. Es solle "leicht verständlich dargestellt" werden, ein Paradigmenwechsel, zu neuen Rollenbildern. Auch Männer sind in der Kindererziehung gefragt. Wirtschaft müsse motiviert werden, noch mehr Maßnahmen zu besserer Vereinarbeit zu treffen. Vereinbarkeit ist ein Männerthema, weg vom nur ernährenden Vater hin zum erziehenden Vater.
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Mehr Sicherheit und bessere Rahmenbedingungen für die oft nicht ganz freiwilligen Ein-Personen-Unternehmen. Sollten leichter Start Up-Kredite bekommen; dennoch gibt es bereits jährliche 30.000 Neugründungen. Im internationalen Vergleich ist Ö da noch etwas hinten, aber es wird aufgeholt. Auch die kleinen Unternehmen tragen viel zum wirtschaftlichen Erfolg bei.
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Nun spricht Pröll: Platzwahl für Präsentation deswegen, weil hier Menschen quer durch alle Schichten hergehen, Fußball, Konzerte etc. Bedankt sich besonders bei Parteiobmann Willi Molterer, dann auch bei Klubobmann Wolfgang Schüssel, dann die MinisterInnen Bartenstein, Hahn und Kdolsky und Plassnik. Bartenstein ruft Gelächter hervor, scheint ein Gerücht zu sein.
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Am 1.10.2006 etwas wahr geworden, mit dem viele nicht gerechnet hatten, lange Gesichter. Auch für Pröll schmerzlich gewesen, ÖVP wurde Zweiter hinter der SPÖ. Freut sich über die vielen lachenden optimistischen Gesichter heute hier. Hervorragende Regierungsverhandlungen unter Federführung von Schüssel. SPÖ konnte viele ihrer Versprechen nicht halten, während ÖVP der Motor der Umsetzung ist. Arbeit in Koalition "schwierig genug" und doch hat Partei den Mut, den Auftrag zu geben für Nachdenkprozess. Alles wird sofort tagespolitisch begutachtet, was mehr als 10.000 Menschen erarbeiteten.
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Bedankt sich bei Drexler und Bundespräsident Fischer für Beteiligung an Neutralitästdebatte. Gusenbauer war ein Jahr nach Wahl mit wenigen zusammen, ÖVP ist es mit vielen aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten. Politik entlang der Lebensverläufe der Menschen machen, Antworten finden, Menschen unterstützend in Übergangsphasen begleiten. Menschen wollen kein von Politik und Staat reglementiertes Leben, aber Unterstützung, wenn es schwierig ist. Freiheit und Selbstbestimmung ist den Menschen wichtig, kam auch immer wieder auf den Tisch in den Arbeitsgruppen.
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Ergebnisse sind keine Ministerratsvorlage, manches ließe sich schnell umsetzen, manches langfristig, und manches ist ganz einfach zu früh. Gerechtigkeit, Freiheit, Sicherheit, Nachhaltigkeit als Leitsätze. Partei des entschlossenen Rechtsstaats, des offenen Patriotismus, der Liebe zu den Seinen (Nationalismus: Hass auf die anderen). Ja zum Leben, Achtung und Menschenwürde im Mittelpunkt. Gegen "Abtreibung auf Krankenschein", wenn das jemand fordern sollte.
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Familie neu definieren: dort wo Kinder sind, wo Eltern und Kinder Verantwortung übernehmen. Die Ehe nach wie vor beste Form dafür, aber auch andere Formen verdienen Respekt und Anerkennung. Revolution in der Steuerpolitik - sowas wie der 15. Monatsgehalt für Familien (auch für Selbständige), durch Familiensplitting. Steuerliche Absetzbarkeit von ukKinderbetreuung wichtiges Thema, da Wahlfreiheit für Frauen in Zukunft entscheidend, ob sie Kinder bekommen. Kindergarten ist in Wien teurer als Studienbeitrag, 66.000 Beamte, aber kein Gratis-Vormittagskindergarten.
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Kinderfreundliches Österreich: Welche Signale an Frauen? Vereinbarkeit greift zu kurz als Begriff. Wenn sich die Männer in ihrem Selbstverständnis in der Kindererziehung nicht grundlegend ändern, nicht die "männliche Rüstung" ablegen, gibt es nur ein Kind. Wir Männer, sagt Pröll, sind auch dazu aufgefordert, etwas zu einem familien- und kinderfreundlichen Österreich beizutragen. Gratiswillkommenspaket: keine Kosten für Staatsbürgerschaftsurkunde, gratis Parken mit Mutter-Kind-Pass usw.
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Gleichgeschlechtliche Partnerschaften: nicht dagegen stellen, wenn Menschen in diesem Bereich füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Nicht die Ehe öffnen, aber eigene Möglichkeit auf dem Standesamt eröffnen, ohne Adoptionsmöglichkeit. Ehe schützen, Diskriminierung beseitigen, Kinder beschützen ist hier die Leitlinie.
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Bildung und Schule: Pröll will nicht für alle Kinder das Gleiche, sondern für alle das Beste. Der Kindergarten soll zum Lerngarten werden, offenbar die Antwort auf die "Kinderbildungseinrichtungen" der SPÖ. Bekenntnis zur Leistung und Absage an Leistungsverweigerung, nun ist die Studienzeit gemeint.
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Arbeitsmarkt-Dynamik ist Pröll aus der Landwirtschaft ein Begriff, wo sich ja besonders viel geändert hat. Grundbildungsstufen reichen heute nicht mehr aus, lebenslanges Lernen ist erforderlich. Bildungsvorsorge, Bildungskonten und -Schecks, Flexicury etc. sind wichtige Ideen, die die ÖVP aufgreifen soll. Wirtschaft-Herausforderungen: besonders Mitarbeiterbeteiligung, jeder soll Chance haben, Eigentum zu erwerben. Kein Volkseigentum, sondern Volk von Eigentümern (naja, bei der bisherigen Benachteiligung von Frauen werden sie auch weiterhin weniger besitzen, wenns da nicht auch Maßnahmen gibt....)
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Wirtschaftliches Scheitern soll kein Stigma mehr tragen, Unternehmen ist immer besser als Unterlassen. Staatsquote unter 40% als Ziel, mehr Geld den Menschen, weniger Geld dem Staat, Steuersystem vereinfachen. "Flat Tax für KMUs", wie Schüssel es nannte, bedeutet mehr unternehmerischen Spielraum. Höchststeuersatz soll in die Disskusion kommen, es sind 350.000 Personen (die Glücklichen :-)
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Kein Wirtschaften ohne Werte, Export der ökosozialen Idee, diese Werte sollten international stärker zum Tragen kommen, Globalisierung beeinflussen.
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Lehrlinge müssen angemessen entschädigt werden, mind. 500 Euro, damit auch sie Grund zum Optimismus haben. Sozialstaat darf nie zur Disposition stehen, Menschen brauchen Sicherheit in den Übergängen des Lebens. Nicht nur Verteilungsgerechtigkeit, auch Generationen-, Bildungs-, Beteiligungsgerechtigkeit. Eine Bilanz für Österreich erstellen und sehen, wo wir stehen, bspw. im Bereich Pflege sehen, wo Ehrenamt und wo professionelle Pflege eine Rolle spielen.
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Abgleiten in Armut durch Bildung verhindern, früh ansetzen, präventiv agieren. Kampf gegen Altersdiskriminierung steht als nächstes an, wobei nicht die Anzahl der Alten, sondern die zu geringen Anzahl an Kindern das Problem ist. Ja zum Leben OHNE Infragestellen der Fristenregelung - aber auf das zurückkommen, was einst gesagt wurde: Bedenkzeiten, flankierende Maßnahmen, Trennung zwischen beratendem und Abbruch vornehmendem Arzt. Nicht Stigmatisierung, sondern Hilfe sind das Thema.
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Hospize stehen für die Ideale der ÖVP, Menschen sollen niemals durch die Hand von Menschen sterben, aber man soll sie begleiten. Gesundheit ist ein zentrales Thema, wo neue Wege skizziert wurden. Das System der Zukunft soll den Hausarzt zur Drehscheibe haben, mehr Gemeinschaftspraxen und weniger Spitäler und Ambulanzen. Zentralere Steuerung auch in der Finanzierung, hier die Vorstellungen gemeinsam weiterentwickeln.
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Klimaschutz ist die zentrale globale Herausforderung, nicht rein nationales Thema. Steuerung des Staates durch ökologische Kriterien bei der Vergabe von Steuermitteln. 10.000 Dächer-Programm der Photovoltaik; Gemeinden sollen sich überlegen, was sie an Energiesparen und Klimaschutz realisieren können. Umweltpolitik im ländlichen Raum: dies kann auch ein Raum für Zuwanderung sein, Faszination ländlicher Raum leben, Aufwertung der Bezirkshauptmannschaften, regional auch Modelle des Zusammenlebens der Generationen sorgen.
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Österreich in Europa und der Welt: ÖVP = DIE Europapartei, Europa ist faszinierendes Projekt. Aber auch punktuell unterschiedlicher Weg etwa in der Gentechnik. Türkeibeitritt: in jeder Diskussion zentrales Thema, wo Pröll war. Das Land soll an europäische Werte herangeführt werden, vielleicht auch Alternative zum Vollbeitritt. Wenn aber nach Ende der Verhandlungen die EU Vollbeitritt will, dann soll es eine Volksabstimmung darüber geben.
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Integration: Linke verleugnen Probleme, Rechte hetzen. Asyl = Anspruch, aber kein Anspruch bei Verletzung von Demokratie und Rechtstaat, Würde des Menschen, Gleichbehandlung der Geschlechter. Wir wollen entscheiden, wer wann wie zu uns kommt mit "Österreich-Card".
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Bürger und Politik: Bürger von Betroffenen zu Beteiligten machen. Wählen mit 16 schon umgesetzt, E-Voting schon bei den EU-Wahlen, jeder Zehnjährige sollte einen Laptop haben. Situation mit Koalition ist für viele unbefriedigend, daher Überlegung, über Mehrheitswahlrecht zu diskutieren. Dies bedeutet nicht Einführung, sondern einfach Diskussion, da es unterschiedliche Konzepte gibt.
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Pröll beschreibt Programm als "Rucksack", der manchmal schwer ist, in den Molterer aber bei Bedarf hineingreifen kann, und der ihm jetzt (in einem Rucksack???) überreicht wird. Spricht von der "Kraft des Konservativen", die nicht nur bewahrt, sondern auch Neues schafft, das in ein paar Jahrzehnten "bewahrenswert" ist. Die Aufgabe eines Konservativen ist es, sich zu entwickeln.
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Auch Willi Molterer erinnert sich an den unangenehmen Wahlabend. Wie er redet erinnert tatsächlich ein wenig an einen Pater, auch wenn "Hände falten, Goschn halten" sicher nicht die passende Bezeichnung für die Perspektivengruppe ist. Deren Resultate lobt er wegen Fülle, Tiefe und Faszination der "für Österreich richtigen Ideen", die eine Bereicherung für das Land seien. Nicht jeder wird sofort für die Vorschläge Applaus bekommen haben, was auch nicht Sinn der Sache war, sondern es ging um das "richtige Ergebnis". Pröll (Nachfolger in spe? :-) hat Auftrag der Partei angenommen und erfüllt.
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"Im Morgen denken" als Herausforderung, etwas denken, was man noch gar nicht richtig sieht und auch Fehler zu machen. Was Neues wagen und Widerspruch ernten. Im Heute verhaftet, wenn kein Widerspruch und nichts Neues. Auch für Parteiobmann kein einfacher, aber ein richtiger Weg. Diese Perspektivengruppe ist der Mut zur Zukunft und hat Ideenpool geliefert, den keine andere Partei hat. Wer hat außerdem den Mut zu so einer Diskussion? Er dankt seiner Partei, dass sie für diesen Prozess stark genug ist, ihn nicht nur aushält, sondern auch anstrebt.
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Man wird nicht für die Bilanz gewählt, man braucht auch die Perspektive. Im Jetzt handeln, im Morgen denken und auf die Menschen zugehen sind ihm ganz großes Anliegen. In der Tagesarbeit ist man enorm gefordert in Tempo, Tiefe, Komplexität von Entscheidungen, daher oft nicht ausreichend Zeit, mit den Menschen zu reden und den Weg mit ihnen zu gehen. Offen sein für das, was Menschen sagen, zuhören können, nicht zu schnell Antworten parat haben, ehe die Menschen die für sie wichtigen Fragen stellten.
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Ergebnisse KEINE Diskussionsgrundlage, sondern ein KLARER Auftrag zur Umsetzung in politische Realitäten. Einladung für Jänner 2008 zum Perspektivenprozess in der Partei. Bereits diese Woche wird einiges bei Klubklausur diskutiert, manches wie E-Voting auch schnell in Anträge umgesetzt. Unteilbarer Umsetzungsauftrag, wobei manches unterschiedlich schnell geht. Konkretisiert werden sowohl eingetragene Partnerschaft als auch Familiensplitting, es werden keine Rosinen herausgepickt.
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BürgerInnen viel mehr zutrauen als es die SozialdemokratInnen tun; vertraut Menschen mehr als dem Vater Staat, da der Mensch im Mittelpunkt stehen soll, der sein Leben gestaltet. Ja zur Leistung sagen bedeutet auch Ja zur Solidarität sagen. Ja zur Sicherheit und Ja zur Freiheit. Datenschutz darf aber kein Täterschutz werden. Die Sicherheit der Menschen in diesem Land muss im Mittelpunkt stehen. Wir müssen uns um schwierige Fragen kümmern, wo niemand hinsehen will, Probleme bei Integration und sozialer Sicherheit. Dort muss geholfen werden, wo Hilfe notwendig ist.
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2010 wird die Nr. 1 nicht aus "Selbstherrlichkeit" angestrebt, da Volkspartei die bessere Alternative für Österreich ist. Wir trauen den Menschen und uns zu, Verantwortung zu übernehmen und den besseren Weg für Österreich zu gehen. "Bleibt uns auf den Fersen" als Abschlussappell an die Perspektivengruppe. (APPLAUS! APPLAUS! ENDE...)

PS (von daheim aus :-): Am Ausgang bekamen alle das Programm in die Hand gedrückt, das die Perspektivengruppe erarbeitete. Zuhause dann die Nachrichten, wieder einmal über die Abschiebung von integrierten Familien ("integrierter" als manche, die kein Asyl suchen) - hier ist Handlungsbedarf, mit oder ohne Perspektivprozess....

Ausser mir bloggten noch Heinz, Georg und Tom und natürlich die omnipräsente Perspektivengruppe. Nachtrag: es gibt auch einen Bericht bei den Ceiberweibern, besser gesagt eine Analyse der Ergebnisse , und dazu auch die Bilder, die ich am Abend gemacht habe...

26.09.07

V wie... Vergleiche

Wird es nun neuerliche Sanktionen gegen den Iran geben oder gar den von vielen aufgrund von beobachteten Vorbereitungen vorhergesagten Angriff? Oder: wird Bush wieder Mitglieder des UN-Sicherheitsrates erpressen wie im Fall Irak? Auf jeden Fall sprach der iranische Präsident Ahmadinejad keineswegs Unvernünftiges vor den Vereinten Nationen. Er kritisiert Menschenrechtsverletzungen, was man ihm eigentlich nur dann guten Gewissens zurückwerfen kann, wenn man sich selbst nicht an solchen beteiligt.

Sehen wir uns nur mal im von Saddam Hussein befreiten Irak um - nicht nur deswegen interessant, weil derIrak vor dem Iran auf der Zielliste stand. "The evil has landed" als Medienschlagzeile in New York zur Ankunft Ahmadinejads und die Hitler-Vergleiche auf Protestplakaten sollten uns daran erinnern, dass derlei Gleichsetzungen mit dem Modellfall der "humanitären" Intervention im Kosovo begannen:

Milosevic = Saddam = Ahmadinejad = Hitler

Im Irak haben 1,8 Millionen Menschen nicht ausreichend zu essen. Sie sind Flüchtlinge im Land und werden von der mit 2,5 Millionen Flüchtlingen überforderten Regierung nicht versorgt. Dazu kommen von Syrien und Jordanien aufgenommene Flüchtlinge, wobei diese Ländern mittlerweile sdie Einreise von Flüchtlingen beschränken, weil sie nicht mehr versorgen können.

Mittlerweile gibt es, nicht verwunderlich, auch eine Cholera-Epidemie.

Anmesty kritisiert, die internationale Gemeinschaft lässt Flüchtlinge im Stich.

Man spricht von mehr als einer Million toter IrakerInnern durch den seit 2003 geführten Krieg, was jedoch nur eine Mindestschätzung ist, da eine Million Menschen vermisst wird und Tausende nicht identifiziert sind. Klar, man kommt damit ja gar nicht nach.

Der "Body Count" der US-Truppen sei viel höher, wird vielfach im Web gemunkelt. So hoch wie hier behauptet aber wohl auch wieder nicht: 73.000 Tote.

Blackwater steht für zehntausende Söldnertruppen, die keinerlei Gesetz unterstehen, deren Morde keine Konequenzen haben. Die Firma gehört einem rechten Fundichristen und ist sowas wie Bushs Prätorianergarde geworden. Unter anderem arbeitet man für die US-Botschaft im Irak.

Das Global Policy Forum, dsas Konsultativstatus bei der UNO hat, zeichnet ein anderes Bild vom Irak als viele Medien in ihrer Berichterstattung bevorzugen.

Dazu gehört der in westlichen Medien nahezu völlig ausgeblendete Krieg gegen die Gegner der Besatzung, der von den Besatzungstruppen mit massiver militärischer Gewalt geführt wird. Hunderte als Hochburgen des Widerstands angesehene Städte und Dörfer wurden deswegen angegriffen. Seit Beginn dieses Jahres werden die Operationen in und um Bagdad noch ausgeweitet, jeweils vorbereitet und begleitet durch tagelange massive Bombardements, so daß nachher ganze Stadtteile in Schutt und Asche liegen. Den Angriffen gehen meist die vollständige Abriegelung der Städte und die Unterbrechung der Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten voraus. In Tal Afar, westlich von Mossul, wurde mit einem 2,50 Meter hohen und 18 Kilometer langen Wall die gesamte Stadt umschlossen; nur Einwohner mit speziellen Identifikationskarten erhielten die Erlaubnis, die wenigen Durchgänge zu benutzen.

Die Besatzungstruppen verfolgen mit diesen Methoden die Absicht, die Zivilbevölkerung zum Verlassen der Städte zwingen und den Widerstand zu isolieren. Meist gibt das Gros der Bevölkerung dem Terror nach. Auf die Bleibenden nimmt das Militär dann keinerlei Rücksicht mehr, die Gebiete gelten als »Feuer frei«-Zonen, zu denen Journalisten keinen Zugang haben. Hilfskonvois wird der Zugang in die umkämpften Gebiete ebenfalls meist verwehrt.

Häufig waren sogar Krankenhäuser Angriffsziele. Einige wurden restlos zerstört, andere als Militärbasen mißbraucht. In Tal Afar blieb UN-Berichten zufolge das städtische Krankenhaus sechs Monate lang von US-Truppen besetzt. Da auch Rettungssanitäter und Ambulanzen beschossen wurden, war eine medizinische Versorgung der zahlreichen Verwundeten in den angegriffenen Städten oft kaum mehr möglich. Unterbunden wurde dadurch auch die Berichterstattung der Krankenhäuser über die Zahl ziviler Opfer und über Verletzungen, die auf den Einsatz geächteter Waffen wie Napalm oder Weißer Phosphor hinweisen.

Die vielen Proteste der irakischen Regierung gegen das rücksichtslose Vorgehen der Besatzungstruppen blieben bei den örtlichen US-Kommandeuren ohne jede Wirkung.

Die von der Armeeführung verordneten Einsatzregeln (»Rules of Engagement«) geben der Vermeidung eigener Verluste oberste Priorität und lassen daher den Soldaten weitgehende Freiheiten bei der Anwendung von Gewalt. Im Zweifel bedeutet das: »Erst feuern, dann fragen.« Oft führen schon geringfügig falsche Reaktionen von Autofahrern in der Nähe von Militärkonvois oder von Passanten an Checkpoints zum Schußwaffeneinsatz. Noch größer ist die Gefahr für Iraker bei Razzien.

Der Bericht spricht auch von zahlreichen willkürlichen Morden durch US-Truppen. Nur wenige Massaker werden international bekannt. Die Washington Post hat aber Militärakten über Fälle aus der Zeit bis Februar 2006 durchgesehen. Demnach wurden Tausende Iraker unter fragwürdigen Umständen getötet, doch die Militärjustiz untersuchte nur einen kleinen Teil der Fälle.

Um eigene Verluste zu minimieren, setzen die Besatzungstruppen in immer stärkerem Maße die Luftwaffe ein. Gemäß Militärangaben, die die Autoren einsehen konnten, stieg die Zahl der Luftangriffe im Jahre 2005 um das Fünffache. 2006 waren es bereits 10.500 Einsätze von Kampflugzeugen zur »Luftunterstützung«, fast 30 pro Tag. Da überrascht es kaum, daß, wie eine im letzten Oktober veröffentlichte Studie ergab, bis Juni 2006 etwa 78.000 Iraker Opfer von Luftangriffen wurden. Und auch diese Gewalt nimmt zu: Im März 2007 flog die US-Luftwaffe schon durchschnittlich 48 Angriffe pro Tag.

Ein wichtiges verdrängtes Thema sind auch die Gefangenenlager, in denen jede/r landen kann, auch Kinder:
Ausführlich widmet sich der Report der willkürlichen Gefangennahme zehntausender Iraker und den Verhältnissen in den Gefängnissen, Lagern und Verhörzentren. Die Zahl der als Widerständler verdächtigten Gefangenen hat stark zugenommen. Im März des Jahres waren es nach offiziellen Angaben 18.000 in Lagern der Besatzungstruppen und 20.000 in Haftanstalten der Regierung – insgesamt viermal so viele wie im März 2005. Hinzu kommen Gefangene, die in geheimen Einrichtungen festgehalten werden. Die meisten Gefangenen bleiben – ohne förmliche Anklage – durchschnittlich ein Jahr unter fürchterlichen Bedingungen eingesperrt, über 1.300 sind schon länger als zwei Jahre gefangen. Nach UN-Angaben sind unter den Gefangenen auch zahlreiche alte Menschen und 200 Kinder und Jugendliche, die jüngsten von ihnen erst zehn Jahre alt. »Kein Iraker ist vor willkürlichem Arrest sicher«, so das Fazit der Autoren. UN-Organisationen und Rotes Kreuz haben nur zu den zentralen Gefängnissen Zugang und auch dies nur eingeschränkt. Mißhandlungen und Folter gehören nach wie vor zum Alltag.
Dazu passend auch ein Artikel im Blog von Karl Weiss über den noch verdeckten Skandal im Abu Ghraib-Skandal - die sexuelle Folter von Kindern. Seymour Hersh, der die - im Text gezeigten - Bilder von Abu Ghraib an die Öffentlichkeit brachte, sah noch Schlimmeres, das jedoch unter Verschluss gehalten wird. Akribisch recherchiert hat der Spiegelfechter den "Irak in Zahlen".
Wir sind die Guten, ihr seid die Schlechten,
so einfach ist das mit den Menschenrechten.
Reinhard May, Guatanamo Bay
Und wie ist das nun mit dem Iran und dem Kriegsvorwand?
Der Iran wird als Gefahr für die Welt gesehen (vielleicht um den Boden für einen neuen Krieg für Bush zu ebnen?) und viele Worte wurden über den Verstoss des NPT (Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen) verloren. Aber wenn wir sehen wie die Dinge wirklich sind, ist die Wahrheit anders. Iran hatte Kernkraftwerke vor der IAEA (Internationale Atomenergiebehörde) geheim gehalten, sie dann aber zur Inspektion geöffnet. Die IAEA hat bestätigt, keine Spuren militärischer Aktivitäten gefunden zu haben, auch wenn sie nicht ausgeschlossen werden konnten. Zur Erinnerung, der NPT erlaubt allen Ländern, unter der Kontrolle der IAEA, ein ziviles Nuklearprogramm zu entwickeln. Ein Recht von dem Teheran Gebrauch macht, um seine Aktionen zu rechtfertigen.
schreibt die Humanistische Partei der Schweiz und fügt hinzu:
Trotz der Einführung des NPT, der die Länder verpflichtet ihr Arsenal abzubauen und nicht zu erweitern und auch nicht mit neuen Technologien zu verstärken, haben die USA zugegeben, dass sie 10500 Bomben haben, Russland 20000, Gross-Britannien 185, Frankreich 450 und China 400. Ausserdem wurden Indien und Pakistan zu Nuklearmächte nach der Einführung des NPT, während Israel nie zugab über Nukleararsenale zu verfügen. Diese Länder gaben nie die Einwilligung zum NPT.
Auch die NATO hat nach wie vor eine Doktrin, die den Einsatz von Atomwaffen vorsieht - wobei jene, die in Europa stationiert sind, bis in den Iran reichen:
The nuclear forces based in Europe and committed to NATO continue to provide an essential political and military link between the European and North American members of the Alliance. We noted with appreciation the continuing contribution made by the United Kingdom’s independent nuclear forces to deterrence and the overall security of the Allies, and reaffirmed the value of this capability.
So wird das Dokument der Nuclear Planning Group zitiert. 2005 scheiterte auch eine Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags. Während die eine Staaten den NPT verletzen, indem sie weitere Atomwaffen bauen, verletzen ihn andere wie Deutschland durch nukleare Teilhabe. Dies bedeutet, dass die USA die Verfügungsgewalt über in Europa gelagerte Atomwaffen dem "Gastland" übergeben. In Deutschland sind, nach Abzug der in Ramstein stationierten Nukes, noch 20 Stück auf der Basis Büchel lagernd. Tornado-Kampfjets der Bundeswehr üben ihren Einsatz. Der grüne Abgeordnete Nachtwei kritisiert das Vorhandensein dieser Nuklearwaffen:
Zum jetzt bekannt gewordenen Abzug der Atomwaffen vom US-Stützpunkt Ramsteinin der Pfalz erklärt Winfried Nachtwei, abrüstungspolitischer Sprecher und Erstunterzeichner der Europäischen Parlamentarier-Initiative "Abzug derUS-Atomwaffen aus Europa":

Deutschland muss jetzt atomwaffenfrei werden. Auch wenn bisher Regierungsstellen jede Auskunft verweigern: Die von dem Berliner Abrüstungsexperten Otfried Nassauer bekannt gemachte Nachricht vom bleibenden Abzug der Atomwaffen aus dem US-Stützpunkt Ramstein ist glaubwürdig und hoch erfreulich. Der Abzug der mutmaßlich circa 130 Atomwaffen aus dem größten Atomwaffenlager war lange überfällig. Umso unverständlicher ist, dass die Koalitionsfraktionen noch vor wenigen Monaten den Antrag der Grünen zum Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland im Bundestag ablehnten.

Die Bundesregierung muss handeln und den Weg zum Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland freimachen: Auch das letzte Atomwaffenlager in Deutschland am Standort des Jagdbombergeschwaders 33 in Büchel muss geräumt und dienukleare Teilhabe der Bundesrepublik beendet werden.

Ein solcher Schritt wäre von besonderer Bedeutung für die internationale Glaubwürdigkeit der deutschen Nichtverbreitungspolitik, die bisher durch die US-Atomwaffen in Deutschland beeinträchtigt wurde.

Zugleich würde damit die durch nichts zu rechtfertigende Zumutung an die deutschen Tornado-Besatzungen beendet, die bisher immer noch den Einsatz von Atomwaffen - und damit Massenvernichtung - üben beziehungsweise dafür eingeplant sind. Wenn sich die Tornadobesatzungen demgegenüber verweigern würden, wären sie völlig im Recht.
Anzumerken bleibt, dass der Zuspruch zur Initiative im EU-Parlament eher mager ist - zu harschen Worten gegenüber dem iranischen Programm zur friedlichen Nutzung der Kernenegie aber sicher viele bereit sind.

Und zum NPT allgemein:
1995 wurden die Atomwaffenstaaten massiv kritisiert, weil sie auch 25 Jahren nach Abschluss des Vertrags weiter an ihren Atomwaffen festhielten. Damit sind sie ihren Abrüstungsverpflichtungen nicht gerecht gworden, obwohl fast alle Nichtatomwaffenstaaten ihren Verpflichtungen nachweislich nachgekommen sind, indem sie auf nukleare Sprengkörper verzichteten und die Kontrolle ihrer nuklearen Anlagen durch die IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) zugelassen haben. Die meisten Staaten stimmten der unbefristeten Verlängerung des NVV nur deshalb zu, weil sie den Vertrag durch Befristung und zusätzliche Bedingungen nicht weiter schwächen wollten. Inzwischen sind einige der damaligen BefürworterInnen eher skeptisch und stellen ihre Entscheidung bezüglich der unbefristeten Verlängerung in Frage - vor allem deswegen, weil es keinen Druck mehr für die Abrüstung gäbe.
Der Spiegelfechter vergleicht ebenfalls, und zwar das Kriegsgetrommle bei der UNO gegen den Iran mit jenem 2002 gegen den Irak unter dem Titel "Short Memory". Nicht so sehr Bush mit Bush sondern Bush (2002) mit Merkel (2007). Herzlich Willkommen, grausamer Diktator befasst sich mit den Reaktionen auf Ahmadinejad in New York, etwa auf seine Rede an der Columbia University. Dass er im Holocaust eine Frage sieht, die die Wissenschaft klären soll, erinnert an westliche Holocaustleugner, die immer noch "Beweise" für Gaskammern haben wollen. "Israel von der Landkarte löschen" sagte er jedoch nie, auch wenn es ihm immer noch vorgehalten wird.

Seltsamerweise gibt es keinen Iran-Experten, der diese Äußerung bestätigen kann. Ursprung dieser Formulierung ist eine falsche Übersetzung der New York Times, die sich dabei auf recht blumige Interpretationen zweier Dolmetscher beruft und die fragliche Übersetzung in Teilen auch als falsch anerkannt hat. Um das auch in Österreich mal im Web klarzustellen, sei wiederum zitiert:
Der angebliche Ausspruch fiel am 16.10.2005 auf einer Konferenz im Innenministerium. Nach einer Übersetzung des MEMRI Instituts (Middle East Media Research Institut), das die Rede genau aus dem in Iran gesprochenen Farsi übersetzt hat, hörte sich das Zitat völlig anders an (2). Ahmadinedschad hatte dabei lediglich einen Ausspruch des verstorbenen Religionsführers Ayatollah Khomeini zitiert: »Unser verehrter Imam hat gesagt, dass das Besatzungsregime einmal aus den Seiten der Geschichte verschwinden muss.« Es ist klar, dass, wenn auch nicht ausgesprochen, mit dem Besatzungsregime Israel gemeint ist. Die Wörter “Saneh roozgar” mit “Landkarte“ zu übersetzen, ist laut Farsi-Muttersprachlern schlicht falsch.

Die beiden Worte bedeuten soviel wie Szene oder Zeit oder im metaphorischen Sinn: “Arena der Zeit” oder “Seiten der Geschichte.“ “Mahv shodan” und “mahv kardan” haben in Farsi eine unterschiedliche Bedeutung. Die erste Wendung kann mit “verschwinden”, übersetzt werden, während die beiden anderen Wörter “ausrotten” oder “eliminieren” bedeuten. Bemerkenswert ist, das MEMRI beileibe nicht zur proiranischen Seite gezählt werden kann, im Gegenteil. Das MEMRI wurde von einem ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier gegründet und ist eigentlich eher für Analysen bekannt, die israelischen und amerikanischen Falken in die Hände spielen, diesmal schwebten wohl Tauben durch die Räume des MEMRI.

Der britische Guardian Journalist Jonathan Steele, der anfangs selbst die falsche NYT-Übersetzung verwendet hat, forschte ebenfalls nach (was als Journalist eigentlich seine gottverdammte Pflicht, aber heutzutage schon fast eines Pulitzerpreises würdig ist) und bekam sowohl von BBC-Sprachexperten als auch von anderen unabhängigen Experten genau die Übersetzung, die das MEMRI veröffentlicht hat.
Und sonst?
Kein Terrorismus auf dem Apfelfest kann man nicht vorenthalten: arbeitslose Jugendliche wurden festgenommen, weil sie ähnliche Chemikalien wie die "Bleichmittelbomber" besorgten und wohl einen Anschlag auf das Apfelfest vorhatten - in der Berichterstattung in über 200 Artikeln fehlt das Wort Terror gänzlich. Weil es keine Muslime / Konvertiten sind? Das passt irgendwie gut zu unseren Betrachtungen über Medien und Terror - wobei es auch darum geht, bei welcher Gewalt keine Panikmache einsetzt....

22.09.07

So waren die Grünen einmal

Parteichef Van der Bellen weiss nicht, wo sich die Grünen befinden, wenn Journalisten danach fragen: "Manchmal frage ich mich selbst....Nein, ich weiss nicht, wie ich ihre Frage beantworten soll." Er weiss aber, verrät er dem Standard, dass er Kritiker Voggenhuber "nicht braucht". Das ist durchaus nachvollziehbar, ist der EU-Abgeordnete Voggenhuber doch einer von jenen, die undurchsichtige Entscheidungsprozesse, eine undurchdringliche Clique um Van der Bellen und einen stetig wachsenden PR-Apparat, aber kaum mehr Politik beklagen.

Zuvor gab es diese Meldung: "Hart ins Gericht geht die Grüne Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny mit den parteiinternen Kritikern. Im Gespräch mit der APA sagte Sburny am Dienstag (18.9.), dabei handle es sich um den Versuch einzelner, sich zu "profilieren". "Das goutiere ich nicht, das schadet dem Gesamten und ist politisch unklug". Die Bundesgeschäftsführerin sieht darin eine "Mobilisierung einiger weniger, die glauben, zu wenig Einfluss zu haben". Sie kündigte an, das Gespräch mit den Kritikern suchen zu wollen.

Ausgelöst hatte die parteiinterne Diskussion wieder einmal der EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber, der am Montag im STANDARD-Interview gemeint hatte, dass in einem "geheimen Machtzirkel" Entscheidungen getroffen würden und sich die Partei auf eine "stromlinienförmige Gruppe" verenge. Kultursprecher Wolfgang Zinggl ortete "strukturelle Probleme" und forderte eine Rückbesinnung auf eine "pluralistischere Ausgestaltung". Der Vorarlberger Klubchef Johannes Rauch kritisierte die Parteiarbeit als "zaghaft, zögerlich und defensiv" und Bundesrat Stefan Schennach prangerte die "designte Darstellung" der Partei an.

In dieser Kritik kann Sburny "keinen besonderen Nutzen" für die Grünen sehen. Die Wähler würden klare Positionen und nicht öffentliche Streitereien der Grünen erwarten. Dass es in einer größer werdenden Partei auch Kritik gebe, sei "ganz normal". Diese sollte ihrer Auffassung nach aber intern und nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden und man habe auch in den Gremien darüber diskutiert. ... Auch inhaltlich kann Sburny die Kritik nicht nachvollziehen. Gegen den Vorwurf, wonach nur eine kleine Gruppe der Parteiführung alles entscheide, "verwahre ich mich entschieden", sagte die Bundesgeschäftsführerin."

Gestern tagte ein angeblich routinemäßig einberufenes grünes Gremium, genannt erweiterter Bundesvorstand, dem sowohl Voggenhuber als auch die Abgeordneten Zinggl und Grünewald sowie der Vorarlberger Johannes Rauch fernblieben. Dies, obwohl sie öffentlich mehr oder minder klar Unmut kundtaten, was vielleicht für Außenstehende so aussieht, als wollten sie keine Auseinandersetzung. Freilich wissen Grüne und Ex-Grüne, dass Diskussionen mit der Machtclique eher Beschäftigungstherapie als Dialog sind. Preschten diejenigen, die weniger aus Idealismus als wegen der Karrierechancen in den Grünen waren, doch immer vor mit einem Infragestellen demokratischer Entscheidungsfindung und von wesentlichen Inhalten der Partei.

Anfang der 90er Jahre konnte sich die Parteibasis fast jeden Tag in mindestens einem Medienprodukt als letzter Dreck beschimpfen lassen, weil sie "Reformen" im Wege zu stehen wagte. Schliesslich möchte man zumindest ein wenig mitreden, wenn sich schon in der Freizeit die Hacken ablaufen soll für Personen, die einen für den letzten Dreck halten. Unter "Reformen" wurde verstanden, die Grünen als "Brückenkopf" (so in einem Papier bezeichnet) ins parlamentarische System zu gestalten, mit Mandaten vor allem für QuereinsteigerInnen und wenig an der Basis verankerte und/oder angepasste "Grüne", die nirgendwo anecken. Die Grünen wurden nach und nach immer mehr übernommen und umfunktioniert, sodass eigentliche Grüne noch in kleineren Gemeinden oder in Bezirksvertretungen, teils auch im Landtag tätig sind.

Sehr heiss umkämpft war stets Wien, da man von hier aus klarerweise auch viel leichter Einfluss nehmen kann auf die Bundesebene und das "Herz der Macht". Welche Methoden dabei gegenüber Menschen angewandt wurden, die sich ehrenamtlich engagierten und kaum Medienzugang hatten, zeigt ein Schreiben nach einem Bundeskongress 1992 am Traunsee, bei dem allem Druckmachen zum Trotz die Parteistatuten nicht in Richtung einer Aufgabe der Trennung zwischen Amt und Mandat geändert wurden: "Und so beschloß in Gmunden eine Minderheit (!), zukünftig bestimmte Menschen der eigenen Partei nicht zu einer demokratischen Partei zuzulassen.....Erwachsene Menschen beschließen, sich selbst zu beschränken.

Dies gibt es nur noch bei den Grünen...Dahinter stecken selbstverständlich ganz andere Gründe. Es ging um Peter Pilz. Eine demokratische Wahl hätte Peter Pilz als Bundessprecher nicht verhindern können. Die Baaders in den Grünen wußten dies. Um jeden Preis mußte das verhindert werden, koste es, was es wolle....Was die Salzburger VertreterInnen der Bürgerliste - mit Ausnahme von Herbert Fux - bewog, für die Unvereinbarkeit des/der Bundessprecher/in zu stimmen, kann nur vermutet werden. Eine Solidarität mit Johannes Voggenhuber allein kann es wohl nicht gewesen sein. Tatsache ist, daß Johannes Voggenhuber sich nun wohl gänzlich im Parlamentsklub isoiiert hat. Damit muß er nun wohl leben. Viele SympathisantInnen der Grünen hat Johannes Voggenuber mit seinem Auftritt schwer enttäuscht. Er hat dem 'grünen Projekt' keinen guten Dienst erwiesen, Damit muß er nun wohl leben."

Kommt das nicht irgendwie bekannt vor? Es ging damals auch noch tiefer:

"Der Name Alexandra Baader steht für einige selbsternannte 'BasisaktivistInnen'. Sie hat in der Öffentlichkeit nie einen Hehl daraus gemacht, sagen wir es vorsichtig, dass sie Peter Pilz nicht mag. Um ihn zu verhindern, würde sie einen Pakt mit jedem eingehen." Ich, deren Nachname nicht zufällig immer falsch geschrieben wird, kandidiere angeblich immer für alles, ohne gewählt zu werden, und kam um ein Haar 1991 in den Wiener Landtag. "Als Trostpflaster bekam sie bei der letzten Landesversammlung eine Delegiertenstimme. Das Ergebnis ist bekannt. Eine Stimme fehlte für die Zweidrittelmehrheit. Damit müssen die Grünen nun leben."

Die Trennung zwischen Amt und Mandat, genannt Unvereinbarkeit, sorgte bislang dafür, dass ParteisprecherIn nur sein kann, wer nicht zugleich ein Mandat innehat. Damals wurde medial pausenlos getrommelt, dass Peter Pilz doch der ideale Parteichef sei, allein ist er Mitglied des Wiener Landtags, was eben unvereinbar war. Es war also nicht die böse Minderheit, die eine Lex Pilz beschloss, sondern eine Minderheit wollte mit allen Mitteln eine Lex Pilz anstelle bisheriger Statuten setzen. "Die Muster sind klar: persönliche Rache, Eitelkeit, Frustration, Neid, Profilierungssucht oder schlichter Verfolgungswahn einiger 'BasisaktivistInnen' führen das 'grüne Projekt' immer nahe an den Abgrund."

Nunja, was macht man, wenn einer sowas in die Hand gedrückt wird, im Schreiben einer angeblichen steirischen Delegierten namens "Marina Braun", wohnhaft in der Schörgelgasse in Graz? Angeblich kam es als Brief an die Parteizeitschrift, aber mir war klar, dass es in Wien entstanden sein musste, denn die SteirerInnen bestätigten, dass es keine "Marina Braun" gab. Sie suchten sogar die angegebene Adresse auf, einem Brief nach zu urteilen, den sie wütend an die Wiener Grünen schickten.

Wer Literatur über Geheimdienste kennt, stösst darin auf den Begriff der "Schwarzen Propaganda", was einer existenten oder erfundenen Person zugeschriebene Lügen bezeichnet. Diese sollen rasch ihre Wirkung entfalten, da mit etwas Abstand klar ist, dass alles nur heisse Luft war. Es nutzt die Gutgläubigkeit von Menschen aus, die sich nicht vorstellen können, dass jemand völlige Erfindungen in die Welt setzt, um anderen zu schaden oder um etwas zu erreichen (nach dem Prinzip funktionieren auch viele Terrorwarnungen oder die Bin Laden-Videos, mit denen man stets Law and Order-Politik und militärische Abenteuer forcieren kann). Unbedarfte denken, wo Rauch ist, muss doch auch Feuer sein - und regieren entsprechend, und wenn damit eine Person diskreditiert wird, begibt sie sich in eine Spirale fremdbestimmter Verhaltensweisen, weil sie natürlich auch auf die Umgebung und deren verändertes Verhalten reagiert.

Ich liess mir das damals gar nicht so intensiv durch den Kopf gehen, sondern erdachte eine Strategie, die den Effekt umgekehrt und den Versuch der Einschüchterung als extrem lächerlich erscheinen lässt. Ich nahm an, ich sollte diesen Brief, der auf den ersten Blick vor allem mich in Verruf bringen sollte, schamhaft verstecken und mich davor fürchten, was denn als Nächstes kommt. Also tat ich das Gegenteil: er wurde via Steiermark an das linke Blatt "akin" geschickt, weil dort alles abgedruckt wird. Ebenfalls via Steiermark, diesmal gefaxt, gelangte ein Abschnitt, der Voggenhuber betraf, als Leserbrief zu einem Streitgespräch Pilz-Voggenhuber ins "profil". Und der Brief wurde verteilt, sodass einige nette ehrliche Menschen empört reagierten und mich unterstützten.

Manch Basisgrüne waren besorgt, dass mir jemand wirklich Übles wollen muss, wenn dieser diffamierende Brief überall auftaucht. Einmal erklärte ich gerade einer Bezirksrätin, mit der ich schon lange befreundet war, wie Marina Braun in akin und profil gelangte, und wir brachen immer wieder in Gelächter aus. Da kam ein anderer Bezirksrat und meinte, ich müsse aufpassen, dieser Brief sei überall. Ich brachte grad heraus "was glaubst du denn, wer dafür gesorgt hat, dass er überall erscheint", bevor wir vor Lachen nicht mehr konnten. Nicht nur das Verbreiten an sich, sondern die ebenfalls verdeckte Art und Weise war es wohl, die woanders in Wien dafür sorgte, dass Leuten so gar nicht zum Lachen zumute war.

Später in jenem Jahr forderte Pilz, noch nicht Parteichef, via profil die erste amerikanische Militärintervention in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, in Bosnien, wobei er dezidiert als Vertreter "der Friedensbewegung" angesprochen wurde. Er selbst war dann auf Tauchstation, die Medien waren "dicht" für kritische / empörte Stellungnahmen aus den Grünen, obwohl sie etwa bei Kritik an Johannes Voggenhuber stets bereit waren, sie abzudrucken und auch selbst Stimmen von der Basis recherchieren. Damit nicht genug wurden die KritikerInnen selbst angegriffen, wobei sich durch die Statements wie ein roter Faden zog: Pilz mag nicht recht haben, er ist aber ein sympathisch unsicherer "Tabubrecher", und die Kritiker sind ja nicht integer in ihren Motiven.

Wie bitte? Und dann ging der rote Faden auch noch weiter zu Medienkommentaren, als ob das eine gemeinsame Aktion ist, und man versuchte Leuten etwas einzureden /sie auszuhorchen. Ich verband alle Zitate miteinander, schloss auch "Marina Braun" ein und sprach von einer konzertierten Aktion. Man liess mir ausrichten, ich würde mich "isolieren", wenn ich "Gespenster" sähe - was ja bestätigt, dass es Gespenster gibt. Allzu viel Auswahl gibt es nicht hinsichtlich der Kräfte, die Zustimmung zu einer US-Militärintervention in Europa forcieren wollten - und auch nicht als potentielle Urheber von "Marina Braun" und derlei Machenschaften.

Womit wir bei dem Faktum wären, dass ich die Grünen natürlich anders sehe als jene Leute, die sonst so verdrängt wurden oder sich zurückzogen. Damals las ich dann auch einiges über Geheimdienste und deren Operationen, eben auch über Terror unter falscher Flagge und allgemeine Desinformationen und Kampagnen - sodass naheliegend war, mich dann auch selbst mit internationaler Politik unter diesem Aspekt zu beschäftigen. Das bedeutet zwar, dass ich mich auch mit anderen Themen befasse als andere, die wie ich im Herzen immer grün bleiben werden - nicht aber, dass ich zu der Welt dieser anderen keinen Bezug habe.

Zum besseren Verständnis empfehle ich übrigens "Übernahmeszenarien in Politik und Wirtschaft" von Peter Dexter in der deutschen Epoch Times - die Beschreibungen klingen beklemmend, sind aber durch und durch realistisch...

Nur fällt es mir schwerer, einen Weg zu sehen, der den Grünen das zumindest in grossen Teilen zurückgibt, was sie einmal waren. Es ging einst darum, andere Politik zum machen und anders Politik zu machen. Es war davon die Rede, unterdrückte Anliegen der Bevölkerung, von NGOs, die man früher anders bezeichnete, auf die parlamentarische Ebene zu bringen. Das Progamm der Grünen sollte unbequem und in gewisser Weise radikal sein, an die Wurzeln von Problemen gehen, dabei nach vernetzten Lösungen suchend. MandatarInnen sollten nur jene werden, die den Charakter hatten, Verführungen der "Macht" zu widerstehen und die den Bezug zur Parteibasis nicht verloren.

Es sollten Menschen sein, die selbst der Basis enstammen, die also wussten, wie es war, für grünalternative Ideen einzutreten auch wenn einem scharfer Wind ins Gesicht bläst - buchstäblich (Aktionen bei jedem Wette, Infostände bei jedem Wetter, Veranstaltungen, Diskussionen besuchen) und metaphorisch (Medienboykott, wenn man unbequem Dinge veritt, die andere negieren wollen). Und genau so war es in den Anfangsjahren auch, ehe die Karrieristen auftauchten, deren Teilnahme an den Grünen anderswo ausgeheckt wurde, fern der Plena, der Infostände, der Arbeitskreise und des Zusammenseins an der Basis.

Bald durfte "die Basis" weiterhin "hackln", unbezahlt natürlich, aber wem Mandate offenstanden, das wurde fern von ihr entschieden, Regiefehler inbegriffen, wenn es bei Abstimmungen und Wahlen dann doch etwas anders lief. Dies hatte zur Folge, dass Idealisten selten wurden, unter den Abgeordneten wie im bezahlten Apparat, was sich natürlich fundamental auf die Tätigkeit und Befindlichkeit einer Partei auswirkt. Wurde irgendwo anders ausgemacht, dass gewisse Beschlüsse der Bundeskongresse sabotiert werden sollen (etwa jene in Sachen EU-Beitritt), so konnte man sich drauf gefasst machen, dass Dinge verschleppt, verschlampt, falsch durchgeführt wurden und dass man diffamiert wurde, wenn man die Sabotage durchkreuzte, was ich als Referentin in Wien tat.

Ich hätte 1993 / 1994 aufbereiten sollen, was im Parlamentsklub zum Thema EU-Beitritt recherchiert wird - dann hätte ich aber meine Zeit damit verbracht, vor leeren Ordnern rumzusitzen. Vielleicht nicht lange, da Ziel der Blockade ja war, dem zuständigen Abgeordneten Voggenhuber den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Dies hätte Peter Pilz wieder ins Parlament gebracht und mich für Pilz in den Wiener Landtag. Es hätte bereits 1992 geschehen sollen, was im "Marina Braun"-Brief verklausuliert zum Ausdruck kam, der sich mehr gegen Voggenhuber als gegen mich richtete, auch wenn es auf den ersten Blick umgekehrt wirkte.

Da ich 1993 schon recht konkete Vorstellungen von den "Gespenstern" hatte, wollte ich die Sabotage sabotieren, was mir auch recht gut gelang - und dem Preis, von den Grünen (u.a. von der heutigen Geschäftsführerin und Abgeordneten Sburny) wie der letzte Dreck behandelt zu werden, wobei sie sich weder um Arbeitsrecht noch um bis heute ausstehende Bezahlung von Arbeitszeiten kümmerten, sodass nur ein Teil der Tätigkeit bezahlt wurde. Wenn man bei den Grünen also an der Umsetzung von Beschlüssen mitwirkt, die die Machtzirkel nicht haben wollen, kriegt man einen Tritt in den Arsch und muss die Partei verlassen.

Mit den Herren der Grünen legt sich niemand an, Medien schon gar nicht, sodass die Grünen in einem rechts- und rechenschaftsfreien Raum mit Menschen tun können, was sie wollen. Man kann ja gehen - um den Preis, seine Partei, sein Projekt aufzugeben, was gerade jenen schwerfiel, die sich seit den frühen achtziger Jahren grünpolitisch engagierten. Was bleibt, ist eien "Partei" ein "als ob"-grün, gegen das Regierungsparteien ein Muster an Lebendigkeit sind und wo längst NGOs das übernommen haben, was eigentlich Grüne tun sollten. Aktive tagesaktuelle Auseinandersetzung mit vielen Themen aufgrund ihrer Wichtigkeit, dass sich hierzu andere Stimmen erheben, ist kaum je Sache der Grünen gewesen.

Es gibt immerhin Presseaussendungen, eine Sache von einer Viertelstunde, die mit einem "mittleren Unternehmen" von 80 Personen, so (Wirtschafts) Professor Van der Bellen über den Klub, leicht zu bewerkstelligen sein müssten. Abseits vom Prokuristenzugang sollte man eigentlich erwarten, dass Grüne es etwa bei Angriffen auf den Islam und auf Muslime nicht bei Ausendungenbewenden lassen, zumal ja auch Stimmung auf der Straße gemacht wird - von der FPÖ, nicht im positiven Sinn von den Grünen...

"Der erweiterte Bundesvorstand der Grünen am Freitagabend ist laut Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny im Zeichen "einer sehr offenen und lebendigen Diskussion" gestanden. Jene, die die derzeitige Parteilinie zuletzt massiv kritisiert hatten, fehlten allerdings", meldete der ORF gestern. "Sämtliche Kritiker, die die Parteiführung in den vergangenen Tagen mit Angriffen nicht verschont haben, blieben am Freitag lieber zu Hause. So fehlten etwa Johannes Voggenhuber, Wolfgang Zinggl, Johannes Rauch und Kurt Grünewald bei der Sitzung."

"Ausgelöst hatte die jüngste parteiinterne Diskussion einmal mehr Voggenhuber, der am Montag in der Tageszeitung "Standard" gemeint hatte, dass Entscheidungen bei den Grünen in einem "geheimen Machtzirkel" getroffen würden und die Partei zu "stromlinienförmig" sei. Doch auch Kultursprecher Zinggl ortete "strukturelle Probleme" und forderte mehr Pluralismus. Vorarlbergs Clubchef Rauch kritisierte die Parteiarbeit als "zaghaft, zögerlich und defensiv", und Bundesrat Stefan Schennach prangerte die "designte Darstellung" der Partei an."

Aber jetzt kommt's:

"Ein Thema war etwa Bildungssprecher Dieter Brosz. Ihm war vorgeworfen worden, den Delegierten vor dem Treffen die Parteilinie per SMS vorgegeben zu haben. Die Grünen bekräftigten, er habe nur Standpunkte der Parteispitze als Diskussionsgrundlage verbreitet. Laut Sburny wurde Brosz am Freitag mit 20 von 22 Stimmen zum "geschäftsführenden Parlamentarier" (was er schon die ganze Zeit war, Anmerkung) gewählt, Gegenstimme habe es keine gegeben. Wer noch immer behaupte, Brosz sei nicht legitimiert, handelt aus Sburnys Sicht aus "Unkenntnis vor Bösartigkeit"."

Säße ich jetzt mit den "Grünen von damals" zusammen, würden wir uns wohl vor Lachen nicht mehr einkriegen. Irgendjemand würde prusten "das ist doch wie im Ultra-Reformstatut", einer einstigen Parodie auf Statutenänderungen, die die Parteireform forcieren sollten. Einleitend hielten die unbekannten Verfasser fest:

Vorbei sollen die Zeiten sein, wo wir uns mit lästigen, bürokratischen, hemmenden Statuten aufhalten! Wir haben erkannt, dass 'Basisdemokratie ungemein zeit- und ressourcenaufwendig' ist (Zitat Pilz). Resultat: 'Es ist zu einer negativen Auslese zugunsten jener, die nichts anderes zu tun haben gekommen.' (Pilz) .....Wozu als noch so tun, als ob wir eine andere Partei wären? Ehrlich - wer von uns hat sich jemals etwas unter 'anders' vorstellen können? Eben! Da sind wir lieber konsequent und gestalten alles um: Angefangen beim Bundeskongress - 'Abstimmungen so wenig wie möglich, weil in einem Gremium von fast 200 Leuten schwer sachliche Entscheidungen fallen können.' (Eva Lichtenberger) - bis hin zum Bundesvorstand - 'Wir müssen diejenigen, die am besten unser Projekt in die Praxis umsetzen können, in die dafür geeigneten zentralen Positionen wählen können.' (Pilz)"

"Wir entwickeln eine Strategie in Richtung der jungen Leute, von denen feststeht: 'fast alle von denen, die FPÖ gewählt haben, entscheiden sich nicht zwischen ÖVP oder SPÖ und der FPÖ, sondern zwischen Freiheitlichen und uns. Die sind oft gar nicht so weit von uns weg.' (Pilz) Als Abschiedgeschenk an die Basisdelegierten - es ist schließlich ihr letzter Bundeskongress - dürfen sie selbst beschließen, dass ihre Tage gezählt sind. Schließlich sind unsere Funktionäre 'ein kleines Spektrum am Rand der Wählerschaft - und viele, die grün wählen, würden sich in der heutigen Organisation kaum wiederfinden' (Pilz)."

§ 2 - Grundsätze: "ersatzlose Streichung der Punkte im Statut, zu ersetzen durch: § 2 (1) Die Grüne Alternative ist eine projektorientierte Rahmenpartei." (diese Bezeichnung war ernst gemeint und wurde in der Parodie aufgegriffen :-)

In § 10 - Der Bundesvorstand - sollte eine bahnbrechende Einfügung gemacht werden: Absatz 7 geändert auf "zwischen einer Tätigkeit in der Grünen Alternative, die nicht mit einer Tätigkeit im Landtag oder Nationalrat oder in einem Landtags- oder Nationalratsklub verbunden ist, und der Funktion des Bundesvorstandsmitgliedes besteht Unvereinbarkeit.' (beste Köpfe!!)."

In § 11 wird aus den BundesgeschäftsführerInnen der "Bundesparteiobmann", den der Bundesausschuss aus den Mitgliedern des Bundesvorstandes wählt, die ja alle als MandatarInnen oder Angestellte einem Klub angehören müssen. "Zwischen einer Tätigkeit als Bundesparteiobmann und einer Nicht-Tätigkeit als Abgeordneter im Landtag oder Nationalrat besteht Unvereinbarkeit." Da es um den allerbesten Kopf unter den besten Köpfen geht, ist diese Einschränkung nur logisch.

Na, das klingt doch irgendwie nach dem "geschäftsführenden Parlamentarier"!

Vielleicht sollten die Grünen ja wieder einmal Statuten gegen die Krise ändern:

"Zwischen der Tätigkeit im Bundesvorstand und der Nichttätigkeit als geschäftsführender Parlamentarier besteht Unvereinbarkeit."

"Zwischen der Tätigkeit im Erweiterten Bundesvorstand und der Nichttätigkeit als geschäftsführender Parlamentarier besteht Unvereinbarkeit."

"Zwischen der Tätigkeit als Bundessprecher und der Nichttätigkeit als geschäftsführender Parlamentarier besteht Unvereinbarkeit."

"Aufgabe der Bundestagung ist es, zwischen Bundessprecher, Bundesvorstand und Erweitertem Bundesvorstand zu koordinieren." - man sieht sich ja sonst nie :-)

Notwendig erscheint aber auch diese Klarstellung:

Zwischen einer Tätigkeit als geschäftsführender Parlamentarier und als parlamentarischer Geschäftsführer besteht Unvereinbarkeit. (man wills ja auch nicht übertreiben mit der Machtkonzentration :-)

Achja, das Schluswort hat Frau Sburny:

"Für alle, die das nicht gewusst haben", habe es die endgültige Klärung der Aufgaben mancher kritisierter Funktionäre gegeben, so Sburny. Sie könne "jeden verstehen, der seinem Ärger Luft macht. Trotzdem ist es ärgerlich, die Debatte öffentlich zu führen", hatte sie vor der Sitzung gemeint.

Wie die Grünen wurden, wie sie sind - das ist hingegen ein ganz ernster Beitrag, der wie durch den erwähnten Artikel über "Übernahmeszenerarien" besser verstanden wird...

19.09.07

Politische (Musik) Videos

Diesmal widmen wir uns der Musik - es gibt ganz tolle Songs, zu denen manchmal auch die Videos super sind :-)

Reinhard Mey ist nicht nur mit Guantanamo Bey immer aktuell, sondern auch mit "Sei wachsam":

"Ein Wahlplakat zerrissen auf dem nassen Rasen,
Sie grinsen mich an, die alten aufgeweichten Phrasen,
Die Gesichter von auf jugendlich gemachten Greisen,
Die Dir das Mittelalter als den Fortschritt anpreisen.
Und ich denk' mir, jeder Schritt zu dem verheiß'nen Glück
Ist ein Schritt nach ewig gestern, ein Schritt zurück.
Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen,
Sie nennen es das Volk, aber sie meinen Untertanen.
All das Leimen, das Schleimen ist nicht länger zu ertragen,
Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen:
Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:
Halt du sie dumm, -- ich halt' sie arm!"

"Wir ha'm ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat garantieren.
Was hilft's, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren,
Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln
Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?
Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich,
Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich!
„Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!"
„Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!"
„Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!"
„Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen."
Sie zieh'n uns immer tiefer rein, Stück für Stück,
Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück!"


"Doch sag die Wahrheit und du hast bald nichts mehr zu lachen,
Sie wer'n dich ruinier'n, exekutier'n und mundtot machen,
Erpressen, bestechen, versuchen, dich zu kaufen.
Wenn du die Wahrheit sagst, laß draußen den Motor laufen,
Dann sag sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd."

"Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!" - diese Zeile aus dem Refrain sollten sich jene merken, die wegen Überwachungsgerede noch zaghafter werden, als sie es ohnehin schon sind. Besonders absurd ist, wenn jene von CIA und NSA-Spionagekapazitäten reden, die ganz sicher nie für diesen Dienste interessant sind.

Hannes Wader, Konstantin Wecker, Reinhard Mey sangen gemeinsam "Es ist an der Zeit" bei einer Demo gegen den Irakkrieg im Jahr 2003. Ein Fan hat die Aufnahme mit Bildern versehen ins Web gestellt:

"Dich haben sie damals genauso belogen
Du hast ihnen alles gegeben
deine Kraft deine Jugend dein Leben."


Serj Tankian verbindet tolle Musik mit politischen Texten und Videos:
The Unthinking Majority - Spielzeugsoldaten kämpfen um Öl: "making more Dollars"
Empty Walls - 9/11, Irakkrieg, Abu Ghraib-Szenen im Kindergarten nachgespielt - als Video vielleicht verstörend, aber wir muten den Kindern in Afghanistan und im Irak REAL Krieg zu.
Ein Promotionsvideo der anderen Art zu "Elect the Dead" - Tankian spielt alle Rolle, von Inteviewer bis zum Pizzaboten, und bringt die neue CD auch beim eigenen Label "Serjical Strike" heraus.

Ebenfalls politisch ist das Lied "De La Rey" von Blok van Berk, es beschreibt den Kampf der Buren gegen die zahlenmäßig überlegenen Engländer, ein heute eher tabuisiertes Kapitel südafrikanischer Geschichte und wird sehr kontrovers diskutiert. Führe die Buren nochmal, wird an General Koos De La Rey appelliert, der eigentlich Pazifist war und nicht kämpfen wollte. Man kann sich leicht vorstellen, dass Rassisten und Rechtsextremisten unter den "weißen" Südafrikanern" dieses Lied eines Folksängers auch lieben - selbst wenn sie die letzten waren, an die er dachte.

"On a mountain in the night
I lie in the dark and wait
In the mud and the blood
As cold rain clings to my pack

And my house and my farm were burnt to the ground so they
could capture our land
But the flame and the fire that once burned now burn
profundly within my heart."

So lautet eine Passage in englischer Übersetzung, bei der im Video brennendes Holz und ein Pferdegerippe gezeigt wird, ein Mann, der auf seinen Äckern steht und nicht aufgeben will, auch wenn seine Farm niedergebrannt und Frau und Kind in ein Lager verschleppt wurde, wo viele Menschen starben. Gewöhnungsbedürftig sind auch bewaffnete Männer, die einander als Buren und Engländer belauern - doch wird immer gezeigt, dass niemand gerne kämpft und dass es stets Angst und Sorge um die verschleppten Angehörigen gibt. So wollen es "White Power"-Leute aber ganz sicher nicht betrachten...

Kein Musikvideo, aber umso mehr politisch sind Berichte, wonach Student Andrew Meyer an der University of Florida mit 40.000 Volt-Elektroschocks misshandelt wurde. weil er Senator John Kerry Fragen stellte. Nach zwei Stunden Kerry- Vortrag durfte das Publikum etwas sagen. Mayer wollte wissen, warum die Demokraten nicht gegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl 2004 (Wahlmaschinen...) Einspruch erhoben. Ca. 30 Sekunden konnte Meyer reden, ohne dass ihn Polizei zum Schweigen aufforderte, doch er wollte noch wissen, was es mit Kerrys kolportierter Mitgliedschaft bei der Geheimgesellschaft Skull & Bones auf sich hat, dr auch Bush angehört.

Er sprach etwa eine Minute, dann zerrte ihn Polizei weg und warf ihn zu Boden und verpasste ihm Elektroschocks - das Publikum war untätig, detto Kerry, manche applaudierten sogar. Freilich waren viele so fassungslos, dass sie nur dassassen und sich tags darauf bei einer Demo Luft machten. "Don't tase free speech" war auf einer Tafel zu lesen, da die Schocker "taser" heissen. Ein CNN-Bericht zeigte Ausschnitte aus dem Video, das jemand drehte, fragte aber, ob Meyer vielleicht ein "troublemaker", also bezogen auf die Diskussion ein Querulant war.

Und wenn es so wäre? Es gibt absolut keine Rechtfertigung für das Verhalten der Polizei und das Schweigen Kerrys, der einfach zuschaute. Wer öfter bei Veranstaltungen ist, kennt Menschen, die Koreferate halten, was bei ein paar Minuten beginnt, sich aber auch durch Unmut im Publikum klären lässt. Schwer vorstellbar, dass nicht auch amerikanische Studenten rufen "hey, lass uns auch mal, hör auf!". Meyer hielt das Buch "Armed Madhouse" von Greg Palast hoch, während sich die Polizisten auf ihn warfen.

"Kerry, true to character, stood immobile." Greg Palast in seinem Blog

Hat Amerika ein Zweiparteiensystem? Wie gross muss die Komplizenschaft der Demokraten mit den Republikanern sein, dass ihr Präsidenschaftskandidat von 2004 sich so feige oder gleichgültig verhält? Immerhin gab es am 18.9. Proteste an der University of Florida, und Berichte im Web....

Neu @ Ceiberweiber:
Läuft der Iran-Countdown?
Ann Coulter in den USA - eine schreckliche Journalistin